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1
[...] wie unsinnig ist es, wenn wir unsere Gesellschaft in Frage stellen wollen, ohne zugleich die Grenzen der Sprache zu bedenken, mittels deren wir sie in Frage zu stellen vorgeben.
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2
Willst Du Kenntnis erwerben, musst du an der die Wirklichkeit verändernden Praxis teilnehmen. Willst du den Geschmack einer Birne kennen lernen, musst du sie verändern, dass heisst, sie in deinem Mund zerkauen.
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3
Dieser Text zitiert «eine gewisse chinesische Enzyklopädie», in der es heisst, dass «die Tiere sich wie folgt gruppieren:
a) Tiere, die dem Kaiser gehören,
b) einbalsamierte Tiere, c) gezähmte,
d) Milchschweine, e) Sirenen, f) Fabelwesen, g) herrenlose Hunde, h) in diese Gruppe
gehörige, i) die sich wie Tolle gebärden,
k) die mit einem ganz feinen Pinsel aus
Kamelhaar gezeichnet sind, l) und
so weiter, m) die den Wasserkrug zer-bro-chen haben, n) die von weitem wie
Fliegen aussehen».
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4
Mein Herr
Ich will Poet werden, und ich arbeite daran, mich sehend zu machen. Das wird ihnen völlig unverständlich sein, und ich bin bei-nahe ausser Stande, es ihnen zu erklären.
Es geht darum, durch die Entregelung der Sinne das Unbekannte zu erreichen. Die Leiden sind ungeheuerlich, aber man muss leiden, wenn man als Dichter geboren ist.
Es ist falsch zu sagen: Ich denke. Man sollte sagen: Es denkt mich. Verzeihen Sie das Wortspiel. Ich ist ein Anderer. Von Herzen einen guten Tag.
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5
Wenn man über das «Unvorstellbare» schreibt, darf das Schreiben vor allem kein herrschaftliches, didaktisches und spe-kulatives sein. Man muss versuchen, beim Schreiben Raum für das Schweigen derer
zu lassen, die nicht Sprechen konnten: Das ist ein Schreiben «ohne Macht». Es muss das Unermessliche, das Unreduzierbare
des Menschen aufscheinen lassen, jenseits aller Kräfte und Gewalten, die versucht haben, ihn zu reduzieren beziehungsweise sogar auszulöschen. Es gibt also eine un-
auflösliche Verbindung zwischen der höchsten ethischen Forderung, sich dafür zu
entscheiden, Wort zu halten, indem man den anderen reden lässt, anstatt ihn zu töten, und der höchsten Forderung an das Schreiben, das Schreiben ohne Macht.
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6
Es war einmal ein Rotschopf, der hatte weder Augen noch Ohren. Er hatte auch keine Haare, so dass man ihn an sich grundlos Rot-schopf nannte. Er konnte nicht sprechen, denn er hatte keinen Mund. Eine Nase hatte er auch nicht.
Er hatte sogar weder Arme noch Beine. Er hatte keinen Bauch, er hatte keinen Rü-cken, er hatte kein Rückgrat, er hatte auch keinerlei Eingeweide. Nichts hatte er! So dass unklar ist, um wen es hier eigentlich geht.
Reden wir lieber nicht weiter über ihn.
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7
Eines Tages schleifte ein zorniger Mann seinen Vater durch seinen eigenen Obstgarten. «Halt!» rief der stöhnende alte Mann schliesslich, «Halt! Ich habe meinen Vater nur bis zu diesem Baum geschleift.»
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8
Ich blicke der Frau, die ich in den Armen halte, nicht mehr in die Augen, sondern schwimme durch sie hindurch mit Kopf, Armen und Beinen und sehe, dass hinter den Augenhöh-len eine unerforschte Region, die Welt des Zukünftigen liegt, und hier herrscht keinerlei Logik. [...] Ich habe die Wand eingerissen [...] Meine Augen sind nutzlos, denn sie geben nur das Bild des Bekannten wieder. Mein ganzer Körper muss ein bleibender Lichtstrahl werden, der sich mit immer grösserer Schnelligkeit bewegt, nie stillsteht,
nie zurückblickt, nie schwindet. [...] Deshalb schliesse ich meine Ohren, meine Augen, meinen Mund.
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9
Die Gestaltpsychologie hat uns gelehrt, dass zu jedem Wahrnehmen nicht nur ein Nicht-Wahrnehmen gehört, sondern dass solcher Ausschluss, solche Selektivität
für das Wahrnehmenkönnen konstitutiv (be-stimmend, grundlegend, wesentlich, P.R.) ist. [...] Wir sehen nicht, weil wir nicht blind sind, sondern wir sehen, weil wir für das meiste blind sind; entsprechend heisst, etwas sichtbar machen, im gleichen Akt etwas anderes unsichtbar machen. Keine aisthesis ohne anaisthesis — nicht einmal im einfachsten Wahrnehmen.
Was so innerhalb eines Sinnes gilt, trifft auch auf das Verhältnis zwischen den Sinnen zu. Das Wahrnehmungsfeld des Sehens beispielsweise ist ganz anders struk-turiert als das des Hörens. Während das
visuelle Feld eines des Überblicks, der Überschau, der Beherrschung ist und eine prin-zipiell homogene, isotrope und von einem Punkt aus beherrschbare Struktur aufweist, ist das Feld des Hörens zumindest bipolar verfasst und überdies vektoriell und ereignis-haft strukturiert.
Wegen dieser Unterschiedlichkeit der Sinnfelder bedeutet die Bevorzugung eines Sinnestyps vor den anderen eine nicht bloss ästhetische, sondern zugleich anästhet-
ische Entscheidung: Sie drängt die andere
Struktur ins Abseits, in die Latenz, oft gar
ins Vergessen.
Die abendländische Bevorzugung des Sehens ist ein klassischer Fall dafür und besonders einschneidend wegen ihrer Fortsetzung im Ideal der Theorie, die ja eben jenes «Betrachten» ist, das ganz und gar auf Distanz und Überschau setzt — im Unterschied etwa zum Betroffensein und Involviertsein des Hörens. Infolge dieses Distanz- und Überlegenheitspathos kann sich die Theorie dann ja auch fatal immun verhalten gegen das, was sie der Realität antut. Und das ist nicht wenig. Foucault hat in Surveiller et punir (1975) gezeigt, wie nötig eine Kritik am abendländischen Visualprimat und Panop-tismus wäre. Denn wo das optische Weltver-ständnis regiert, da gerät die Welt zu einer gigantischen Überwachungsanstalt vor dem grossen Auge des Geistes, und diese Gesetz-lichkeit reicht von der Strafanstalt bis zu den Weltszenarien der Wissenschaft.
[...] Was ich bislang bezüglich des ein-fachen Wahrnehmens dargestellt habe, gilt ebenso für höherstufige, inhaltlich aufge-ladene Wahrnehmungsformen. Gerade den Grundbildern, die unseren Wirklichkeits-zugang leiten, — unsere «archetypischen» Schemata (die ich freilich als durchaus kulturelle und soziale Prägungen verstehen möchte) — ist in drastischer Weise eine immanente Anästhetik gesellt. Und bei diesen Grundbildern wird das Verhältnis von Ästhetik und Anästhetik vollends schmerzlich relevant. Denn wer diese Bilder, die unsere individuelle und gesellschaftliche Wirk-lich-keit durchherrschen, nicht irgendwann in ihrer Spezifität und Massivität vor Augen bekommen hat, der wird, in ihrem undurchschauten Glanz sich sonnend, ein Leben lang nach ihrer Pfeife tanzen müssen.
Ich denke etwa daran, wie Bilder von Mann und Frau, von Geschlechtlichkeit und idealem Zusammenleben, die uns in der
familiären und sozialen Kindheit eingesenkt wurden, unser Wahrnehmen und Verhalten fortan imprägnieren und bestimmen. Stets handeln wir im Duktus solcher Grundbilder. Gerade als unbewusste sind sie wirksam. Eben indem diese Bilder — die doch ihrer Kon-stitution nach ästhetisch sind — die Tarnkappe des Anästhetischen überzogen, in an-ästhetischer Latenz sich begeben haben, wurden sie «verbindlich», d.h. zwingend. Solche Bilder sind Fallen. Sie haben zuge-
schnappt, als man an sie sich hielt. Nachher wird man mit Wittgenstein sagen:
«Ein Bild hielt uns gefangen. Und heraus konnten wir nicht, denn es lag in unserer Sprache, und sie schien es uns nur unerbittlich zu wiederholen.» — Aber wie gelangt man ins Nachher, wie kommt man aus diesen Bildern heraus?
Am ehesten wohl über Bilderfahrung und Bildarbeit, die sich daran macht, diese vorgängige Prägung zu exponieren und
ihre Anästhetik zu durchbrechen. Man darf sich dieses Hervorholen der Grundbilder freilich nicht zu leicht vorstellen. Denn die Bilder sind untereinander verflochten und stützen sich wechselseitig. Man muss mit einem Dickicht dieser Grundbilder und
mit lateralen Kraftbeiständen rechnen, sobald das Potential eines dieser Grundbilder be-droht ist. Eine schlagartige Veränderung im Ganzen wird einem in den seltensten Fällen geschenkt, die verbleibende Alternative aber, die sukzessive Durcharbeitung, bleibt schwierig und langwierig. Auch die ästhetische Psychoanalyse hat kein Ende.
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10
Das Mannigfaltige muss gemacht werden, aber nicht dadurch, dass man immer wieder eine höhere Dimension hinzufügt, sondern vielmehr schlicht und einfach in allen Dimen-sionen, über die man verfügt. [...] Das Rhizom selber kann die unterschiedlichsten Formen annehmen, von der verästelten Ausbreitung in allen Richtungen an der Ober-fläche bis zur Verdichtung in Zwiebeln und Knollen. [...] Jeder Punkt eines Rhizoms kann (und muss) mit jedem andern verbunden werden. [...] Ein Rhizom [...] verbindet unaufhörlich semiotische Kettenglieder, Machtorganisationen, Ereignisse aus Kunst, Wissenschaft und gesellschaftlichen Kämpfen. [...] Es gibt in einem Rhizom keine Punkte oder Positionen. Es gibt nur Li-nien. [...] Ein Rhizom kann an jeder Stelle unterbrochen oder zerrissen werden. [...] Es ist vielleicht eine der wichtigsten Eigenschaften des Rhizoms, immer vielfältige Zugangsmöglichkeiten zu bieten. [...] Rhizomorph sein bedeutet, Stränge und Fasern zu produzieren. [...] Wir sind des Baumes überdrüssig geworden. [...] Bildet Rhi-zome und keine Wurzeln, pflanzt nichts an! Sät nichts aus, sondern nehmt Ableger!
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11
Ein Bild will nichts aussagen. Wenn das sein Vorhaben wäre, wäre es tatsächlich dem
Wort unterlegen, und müsste von der Sprache aufgehoben werden, um eine Bedeutung, eine klare mittelbare Bedeutung zu erlangen. Zwischen der figurativen Ordnung und der Sprache gibt es einen Spielraum, der durch nichts auszufüllen ist. [...] Die soge-nannte «Darstellende Kunst» kann nicht mehr als einfache Wiederholung eines vorher existierenden Modells verstanden werden, sondern nur als ein ursprüngliches Double, das jede Sicherheit erschüttert: die der Identität des «Gegenstandes», sowie jene des Subjekts, indem es jedes «Wirkliche» durch seine aussergewöhnliche und faszinie-rende Präsenz verdoppelt.
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12
Ja, Poesie beruht auf einer ausgesprochenen nichtlinearen Anwendung von Sprache [...]. Ich kann mir gut vorstellen, dass
die wissenschaftliche Kultur sich in Zukunft sehr viel mehr von so etwas wie Poesie leiten lassen wird.
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13
Dichten ist ein viel mächtigeres Werkzeug der Erkenntnis als etwa die Philosophie.
Weil sie immer der dynamische Prozess von Set-zung und Abweichung, von Bewusstsein
und Intuition ist. [...] Eine erste Zeile
wird gesetzt in einem Reimgedicht; die Notwendigkeit des Reimes reisst Himmel
und Erde auf, ein undefiniertes Wissen und Gewissen tritt in Funktion, und es resultiert ein Text, den der Dichter gar nicht hat schreiben wollen.
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14
Sie müsste zunächst sagen, sie müsste
beginnen zu sagen und sich nicht sagen zu lassen, dass sie nichts zu sagen hat! Sich nicht in der Schule einreden lassen, dass die Frauen gemacht sind, um zuzuhören, um
zu glauben und um nichts zu erfinden. Sie müsste es wagen zu sagen, was sie zu
sagen hat über die Gabe, über eine gewisse Möglichkeit zu geben, die keine Gabe wäre, die nimmt, sondern eine Gabe, die gibt.
Von ihrem Genuss sagen, und Gott weiss, dass sie davon zu sagen hat, und zwar so, dass es ihr gelingt, sowohl die weibliche als auch die männliche Sexualität freizusetzen, und den Körper zu «dephallozentrieren», den Mann von seinem Phallus zu befreien, ihn zu einer erogenen Flächigkeit zu bring-en und zu einer Libido, die nicht stupide
um das Denkmal herum angeordnet wäre, sondern die erscheinen würde als eine bewegte, eine verteilte, also genau so fähig zu all diesem Anderen in sich. Das ist sehr schwierig: am Anfang muss man die Zensur-systeme loswerden. [...] Man muss damit aufräumen und gleichzeitig erklären, was jede Wissenschaft an Macht mit sich bringt: aufzeigen, an welchem Punkt in der Kultur Wissen immer Komplize der Macht ist; dass dort, wo das Wissen ist, immer auch ein Gewinn an Macht gemacht werden kann: zeigen, dass alles Denken bis heute immer organisiert gewesen war durch diesen Vorteil, durch diesen Mehrwert an Macht, der demjenigen zukommt, der weiss.
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15
Nach manchen missglückten Versuchen, meine Ergebnisse zu einem solchen Ganzen zusammen zu schweissen, sah ich ein,
dass mir dies nie gelingen würde. Dass das beste, was ich schreiben konnte, immer
nur philosophische Bemerkungen bleiben würden; dass meine Gedanken bald erlahm-ten, wenn ich versuchte, sie, gegen ihre
natürliche Neigung, in eine Richtung weiter zu zwingen. Und dies hing freilich mit der Natur der Untersuchungen selbst zusammen. Sie nämlich zwingt uns, ein weites Gedankengebiet, kreuz und quer, nach allen Richtungen hin zu durchreisen. Die philoso-phischen Bemerkungen dieses Buches sind gleichsam eine Menge von Landschafts-skizzen, die auf diesen langen und verwickel-ten Fahrten entstanden sind.
Die gleichen Punkte, oder beinahe
die gleichen, wurden stets von neuem von verschiedenen Richtungen berührt und immer neue Bilder entworfen. Eine Unzahl dieser waren verzeichnet, oder uncharak-teristisch, mit allen Mängeln eines schwachen Zeichners behaftet. Und wenn man diese ausschied, blieb eine Anzahl halbwegs
übrig, die nun so angeordnet, oftmals
beschnitten, werden mussten, dass sie dem Betrachter ein Bild der Landschaft geben konnten. So ist also dieses Buch eigentlich nur ein Album.
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16
Die Menschen werden, jeder für sich, in Zellen sitzen, mit Fingerspitzen an Tastaturen spielen, auf winzige Bildschirme starren und Bilder empfangen, verändern und senden. Hinter ihrem Rücken werden Roboter Dinge heran- schaffen, um ihre verkümmerten Körper zu erhalten und zu vermehren. Durch ihre Fingerspitzen hindurch werden die Menschen miteinander verbunden sein und so ein dialogisches Netz, ein kosmisches Übergehirn bilden, dessen Funktion es sein wird, durch Kalkulation und Komputation unwahrscheinliche Situationen ins Bild zu setzen, Informationen, Katastrophen her-beizuführen. Zwischen den Menschen werden künstliche Intelligenzen eingeschaltet sein, die durch Kabel und ähnliche Nervenstränge hindurch mit den Menschen dialogisieren. Es wird daher funktionell sinnlos sein, zwischen «natürlichen» und «künstlichen» Intelli-genzen (zwischen «Primatengehirnen» und «Sekundantengehirnen») unterscheiden zu wollen. Das Ganze wird funktionell ein kybernetisch gelenktes, in seine Elemente unzerlegbares System sein: Eine schwarze Kiste.
Die Stimmung, die dort herrschen
wird an jene gemahnen, die wir in unseren schöp-ferischen Augenblicken erleben. Die Stimmung des Aus-sich-Herausgehens, des Abenteuers, des Orgasmus. Das telematische Übergehirn wird eine immer weiter um sich greifende, sich erneuernde und verdichtende Aura von technischen Bildern aus-strahlen und ein universales Schauspiel ab-geben. Allerdings kein grossartiges, sondern ein kleinartiges Schauspiel. Denn die Ausstrahlung des Übergehirns wird sich nicht nach aussen ins Nichts, sondern nach innen auf lauter winzige Terminals richten. Ein Mosaikschauspiel, ein Spiel mit Steinchen. Das Übergehirn wird nach innen spielen,
es wird träumen. Ein universales Schauspiel als Zusammensetzspiel von winzigen Vorstellungen. Eine schwarze Kiste aus lauter schwarzen Kammern. [...]
[...] Die Situation ist aber ernüchternd. Solange nämlich an den Gehirnen und Fingerspitzen der künftigen, telematischen Menschen Säugetierleiber hängen, [...] werden diese leiden und sterben.
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17_1
Nach dem Reich der Lebewesen beginnt
das Reich der Maschinen. Durch Kenntnis und Freundschaft der Materie, von der die Naturwissenschaftler nur die physikalisch-
chemischen Reaktionen kennen können,
bereiten wir die Schöpfung des mechanischen Menschen mit Ersatzteilen vor. Wir werden ihn vom Todesgedanken befreien und folglich auch vom Tode, dieser höchsten Definition logischer Intelligenz.
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17_2
1 Der Körper muss aus seinem biologischen, kulturellen und planetarischen Behäl-ter ausbrechen, da die überflutenden Informationen, der unvorstellbare Informationsschub vom Körper nicht mehr aufgenommen und kreativ verarbeitet werden kann. Information wird zur Prothese, die den
veralteten Körper abstürzen lässt. Der Cortex sucht seine letzte Zuflucht in der Spezialisierung, aber die Anhäufung von Informatio-nen hat jeden Zweck eingebüsst. Gedächtnis führt zu Nachäffung, Nachdenken reicht nicht mehr aus. Könnte es nicht gerade
der Höhepunkt der menschlichen Erkenntnis sein, den Körper als veraltet zu erkennen und zu einer Mensch-Maschine-Schnittstelle zu erweitern?
2 Von Bedeutung ist die Freiheit der Form. Die Freiheit den Körper zu modifizieren und zu verändern, sein eigenes DNA-
Schicksal bestimmen zu können. Zusammen-gestückelte Menschen mit zahllosen Kör--perschrittmachern, synchron reguliert von pulsierenden Bildern.
3 Ein hohler Körper wäre ein besserer Wirt für technologische Komponenten. Die Strategie sollte es sein ihn auszuhöhlen,
zu verhärten und zu entwässern; also Körper radikal neu zu gestalten, möglichst ohne Organe, damit er besser mit miniaturisierten Robotern bevölkert werden kann. Interne Überwachungssysteme, kristallgrosse Roboter sind denkbar, die im Körper für Ord-nung sorgen.
4 Technisch wird es keine Geburt mehr geben, und es gibt auch keinen Grund mehr für den Tod (die Verfügbarkeit von Ersatz-teilen vorausgesetzt). Der Tod ist eine veraltete evolutionäre Strategie. Technologie be-friedigt den Körper und die Welt; der Körper wird wohl seine Mobilität aufgeben, da er
an ein maschinelles Netzwerk angeschlossen wird, und mehr und mehr anästhetisiert.
5 Der elektronische Raum wird eher
zu einem Medium der Handlung als zu einem der Information: Er verbindet den Körper mit seinen Maschinen zu einer immer grösser werdenden Komplexität und Interaktivität. Teleoperationssysteme mit Teleautomaten.
6 Bilder sind keine Illusionen mehr wenn sie interaktiv werden; sie werden zu handelnden Agenten. Phantomkörper sind hohl. Es sind virtuelle Ersatzkörper. Phantome projizieren den Körper und statten ihn mit Macht aus. Der Körper bringt die beste
Leistung, wenn er als Bild handelt. Körper sind vergänglich. Bilder sind unsterblich.
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Wir sind Knoten in einem Netz, in welchem Fäden zusammenkommen und auseinanderfliessen. Die Stellung eines jeden Knoten verschiebt sich ständig, je nach Intensität. Das ganze Netz schwingt, wogt, verdichtet sich an einigen Stellen und wird an anderen wieder dünner. Jedes «Ich» ist ein einzigar-tiger Knotenpunkt und ist von allen übrigen Knotenpunkten im Netz durch seine Stellung und die in ihm gelagerten Informationen unterschieden. Das was einst «Ich», die «Identität», das «Selbst» genannt wurde, ent-puppt sich als Knoten von Relationen. Ich bin, was immer ich in Bezug auf andere bin. Wir sind die Summe der Verhältnisse, die uns mit anderen verbindet, und wenn wir Schritt für Schritt diese Beziehungen ab-strahieren, dann bleibt, wie bei der berüchtigten Zwiebel, nichts mehr übrig.
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Das Orten von weit verteilten Früchten sowie die Orientierung in den Baumkronen ganz allgemein bedingt spezialisierte
Sinnesorgane.
Es ist mehr als wahrscheinlich, dass das gesamte Denken des Menschen in diesen Problemen seinen Ursprung genommen hat, ja, dass die ursprüngliche Fortbewegung
im Geäst die unentbehrliche Grundlage auch für unsere höchsten und komplexesten Denkakte bildet.
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So wenig als möglich sitzen; keinem Gedanken Glauben schenken, der nicht im Freien geboren ist und bei freier Bewegung — in dem nicht auch die Muskeln ein Fest feiern. Alle Vorteile kommen aus den Eingeweiden.
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Neurophysiologisch betrachtet ist Sehen
das Komplizierteste, was in unserer Kognition abläuft. Visuelle Wahrnehmung ist eine An-stren-gung unseres neuronalen Apparates, die weit über jene Anstrengung hinausgeht,
die uns das sogenannte Denken abverlangt. Sehen ist kein Abbilden der Realität, sondern eine Konstruktion visueller Modelle von (genauer: für) Wirklichkeit. Diese Konstruktion ist nur möglich, wenn unser Körper sich im Raum bewegen und Erfahrungen machen kann; wenn unser Gedächtnis Vergleichs-daten liefert; wenn wir mit anderen inter-agieren. Visuelle Wahrnehmung ist durch lange stammesgeschichtliche Entwicklung bei allen Menschen weitgehend vergleichbar. Aber das spricht nicht dagegen, dass es sich um eine Konstruktion und nicht um
Realitätsabbildung handelt. Unsere visuellen Wirklichkeitsmodelle sind soziale Konst-ruktionen, die sich im Kopf jedes einzelnen vollziehen. [...]
[...] Wo immer über ein einzelnes Kunstwerk gesprochen wird, redet man über das Kunstsystem, und zwar als Sozialsystem wie als System von Kunstwerken. [...]
Wenn wir mehr (= differenzierter)
sehen wollen, brauchen wir mehr Unterschei-dungsangebote. In diesem Sinne brauchen Kunst-werke Vermittlungsangebote als
Ausdifferenzierung möglicher Beobachterperspektiven, um im Sehen wie im Kommunizieren eine differenziertere Rolle spielen zu können. Aber Sehen und Reden «erreichen» nie «das Kunstwerk»: sie konstruieren vielmehr eines.
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Das Experiment kann misslingen. Das belegt nicht nur der australische Performance-
Künstler Stelarc mit seiner Vision des ausge-höhlten, entwässerten Körpers. Gilles Deleuze und Félix Guattari beschreiben sehr präzis das Missverständnis, wenn anstelle eines
ge-wünschten «organlosen Körpers» (oK) ein ausgehöhlter Körper entsteht: Die Schwie-rigkeit mit den Organen, mit dem Organismus. Das schwierige Modell des oK verdient
eine nähere Betrachtung, weil mit ihm das Geheimnis der Poesie beleuchtet und eine Lebens- und Arbeitsstrategie in Praxis
beschrieben wird.
Der oK ist keineswegs das Gegenteil der Organe. Die Organe sind nicht seine Feinde. Der Feind ist der Organismus, die Organisation der Organe: Für Antonin Artaud, auf den sich Deleuze und Guattari explizit berufen, ist das das «Gottesgericht», das theo-logische System, von dem die Ärzte profi-tieren und ihre Macht beziehen. Für Paul Virilio wäre es vielleicht die «Dressur des Blicks». Kurz: Der Organismus ist keineswegs der Körper, der oK, sondern eine Schicht auf dem oK, das heisst ein Phänomen der Akku-mulation, der Gerinnung und der Sedimentierung, die ihm Formen, Funktionen, Verbindungen, Organisationen aufzwingt. Schichten sind Bindungen, Zangen. «Binden sie mich, wenn sie wollen.» Der oK ist die eisige Realität in der sich diese Ablagerungen, Sedimentierungen, Gerinnungen,
Faltungen und Umklappungen ausprägen, die einen Organismus bilden und ein Sub-jekt und eine Signifikation. Der oK heult: «Man hat mir einen Organismus gemacht! Man hat mich zu unrecht gefaltet! Man hat mir meinen Körper gestoh-len!» Er schwankt ständig zwischen den zwei Polen, zwischen den Oberflächen der Faltungen, um die
er herumgeklappt wird, und der Konsistenzebene, die eisige Realität, auf der er sich entfaltet und dem Experimentieren öffnet. Und wenn der oK eine Grenze ist, wenn
man ihn immer angestrebt hat, so liegt das daran, dass es hinter jeder Schicht eine andere gibt und jede in eine andere eingefügt ist. Denn man braucht viele Schichten und nicht nur Schichten des Organismus, um das Gottesgericht abzuhalten. Dieser Prozess kann in ganz verschiednen Ge-sellschaftsformationen geschehen, und
durch ganz unterschiedliche Gefüge, durch
perverse, künstlerische, wissenschaftliche, mystische, oder politische Gefüge, die nicht
denselben Typus von organlosem Körper haben. Mit der notwendigen Klugheit, der Kunst der Dosierung muss vorgegangen werden: Man geht nicht mit Hammerschlägen vor, sondern mit einer ganz feinen
Feile. Man erfindet Selbstzerstörungen, die man nicht mit dem Todestrieb verwechseln darf. Den Organismus aufzulösen hat nie bedeutet, sich umzubringen, sondern den Körper für Konnexionen zu öffen. Man sollte folgendes tun: Sich auf einer Schicht einrichten, mit den Möglichkeiten experimentieren, die sie uns bietet. Dort nach einem günstigen Ort suchen, nach Bewegungen der Entgrenzung, nach möglichen Fluchtlinien, sie erproben, hier und da Zusammenflüsse von Strömen sichern und immer ein kleines Stück Neuland haben. Nur durch ein ge-wissenhaftes Verhältnis zu den Schichten gelingt das. Wir befinden uns in einer Gesellschaftsformation; wir müssen zunächst schauen, wie sie für uns, in uns und da, wo wir uns befinden, gelagert ist; wir müssen die Schichten bis zum grundlegenden Gefüge zurückverfolgen, von dem wir umschlossen sind; das Gefüge ganz vorsichtig ins Wan-ken bringen, um es auf die Seite der Konsistenzebene übergehen zu lassen. Nur dort er-weist sich der oK als das, was er ist, nämlich als Konnexion von Begehren, Konnexion von Strömen und als Intensitätskontinuum. Man hat sich seine eigene kleine Maschine gebastelt und ist bereit, sich je nach Umständen an andere kollektive Maschinen anzuschliessen. Man muss also genügend Organismus bewahren, damit er sich bei jeder Morgendämmerung neugestalten kann. Ahmt die Schichten nach! Man erreicht den oK und seine Konsistenzebene nicht, wenn man wild drauflos stratifiziert. Deshalb
begegneten wir anfangs dem Paradox dieser finsteren, ausgehöhlten Körper.
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Der schwammige Begriff «Geist» bezeichnet den Komplexitätsgrad von Organismen. [...] Die Organismen sind Akkumulatoren verdrängter Drücke. [...] Der Organismus ist ein geschichtetes Gedächtnis, das aus überlagerten Verdrängungen aufgebaut ist, etwa wie geologische Formationen. [...] Die den Organismus oberflächlich umhüllen-den Schichten akkumulieren die äusseren und inneren Einflüsse, die der Organismus im Laufe seines Lebens verdrängt hat, und bilden einen Panzer. Beim Menschen sind diese Einflüsse grösstenteils kulturell. Sie geht um einen Muskelkrampf, um die in--divi-duelle Haltung, darum, was die «Persön-lichkeit» genannt wird.
Je starrer der Krampf, desto stärker die Persönlichkeit.
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Somit verspürt jeder Körper alles, was in
der Welt geschieht, so dass jemand, der alles sieht, in einem jeden einzelnen lesen könnte, was überall geschieht und sogar, was geschehen ist oder geschehen wird, indem er in dem Gegenwärtigen das nach Zeit und Ort Entfernte bemerkt. Aber eine Seele kann in sich selbst nur das deutlich Vorgestellte lesen; sie kann nicht auf einen Schlag auseinanderlegen, was in ihr zu-sammengefaltet ist; denn diese Fältelung geht ins Unendliche.
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Mobilität und Motilität des Körpers erst führen der Wahrnehmung jenen Reichtum zu, der für die Ichbildung unabdingbar
ist. Diese Dynamik der Fortbewegung zu ver-langsamen oder gar ganz zu beseitigen, Verhalten und Bewegungen aufs Äusserste zu fixieren, führt zu schwersten Störungen der Person und zu Schädigungen ihrer Realitätstüchtigkeit. Der Verlust kinetischer und taktiler Eindrücke, von Geruchseindrücken, wie sie die direkte Fortbewegung noch liefert, lässt sich nicht durch das Vorbeiziehen der Bilder an der Windschutzscheibe des Autos, auf der Kinoleinwand oder gar dem kleinen Fernsehbildschirm ersetzen. Dieser illusorische Ersatz ist gleichwohl zu einer «Spitzenindustrie» der Elektronik geworden. [...]
[...] Letztenendes ist es natürlich der Begriff des Mediums, der verschwindet, verschwinden muss: Die ausgetauschte Rede, der reziproke und symbolische Austausch negiert die Vorstellung und Funktion des Mediums, des Intermediären. Der Austausch kann ein technisches Dispositiv einschliessen (Ton, Bild, Wellen, Energie usw.), wie auch ein körperliches Dispositiv (Ges-ten, Sprache, Sexualität) — aber in diesem Fall spielt es nicht mehr die Rolle eines Mediums, im Sinne eines autonomen, von einem Code beherrschten Systems.
Reziprozität wird erst möglich durch die Destruktion des Mediums als solches. «Der Brand eines Mietshauses gibt den Menschen Gelegenheit, ihre Nachbarn kennenzulernen.»
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Vergleicht man Kafkas tiefsinnigen Gedanken über die ohnmächtige Empörung
des Menschen gegen das «Gesetz»: «Die Erbsünde, das uralte Unrecht, das der Mensch begangen hat, besteht in dem Vorwurf,
den der Mensch macht und von dem er nicht ablässt, dass ihm ein Unrecht geschehen ist, dass an ihm die Erbsünde begangen wurde», — vergleicht man diesen Gedanken Kafkas mit Adolf Wölflis Gedanken vom Betroffensein des Menschen durch einen «wohlgereimten Fluch», um den ein Hauch von Trauer ist, so hat dieser Gedanke zwar gegenüber Kafkas ein versöhnlicheres Gesicht. Aber
die unbeantwortete Frage bleibt: Warum müssen die Menschen schuldig werden und warum einige auch noch verrückt?
[...] Die Sehnsucht nach Versöhnung [...], die wohl auch Wölfli im Sinne hatte als er an seinem «grossen» Trauermarsch dachte: einen Marsch, der die Sehnsucht aller armen Verrückten nach Erlösung zum Ausdruck bringt, die wie die Armen in Brechts Dreigroschenoper im Dunkel abseits des
sozialen Lebens, und auch noch im Dunkel der Psychose sind, und die von den Reichen und den Sich-Bereichernden (nicht nur
materiell, sondern auch zum ästhetischen Genuss) ausgebeutet werden.
[...] In einer solchen Situation kann man sich dann wohl fragen, ob nicht Verrücktsein auch zu einer Kunst werden kann und ob nicht überhaupt der Psychiater den Kranken in der unabwendbaren Not der Psychose helfen sollte, Verücktseinkönnen
zur Kunst zu machen (die Verpflichtung, den Kranken zu helfen, verrücktsein zu können). [...]
Das braucht ja nicht immer grosse «sichtbare» Kunst zu sein. «Kunst» aber bekommt hier einen sehr ernsten Sinn und deren nur ästhetischer Genuss wird dabei tief fragwürdig.
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27_1
Für Plinius steht die Zeichnung am Ursprung aller bildenden Künste.
Er erzählt die Geschichte von der Tochter eines Töpfers, die in einen jungen Mann verliebt ist, der eines Tages zu einer langen Reise aufbrechen muss. Während der Abschiedsszene [...] befinden sich die beiden Liebenden in einer Kammer, die durch ein Feuer (oder eine Lampe) beleuchtet wird. Das Licht wirft somit den Schatten der beiden an die Wand. Um die bevorstehende Abwesenheit ihres Geliebten zu bannen und eine physische Spur seiner gegenwärtigen Anwesenheit zu bewahren, also in diesem von Angst und Begehren bis zum Zerreissen gespannten Moment, kommt das Mädchen auf den Gedanken, die Silhouette des Geliebten, die sich auf der Wand abzeichnet mit Kohle nachzuzeichnen. Sie will in diesem letzten, lichtdurchzuckten Moment die Zeit töten und den Schatten desjenigen festhalten, der noch da ist, aber bald fort sein wird.
Die Geschichte ist damit nicht zu Ende: Der Töpfer — so fährt Plinius fort — trug dann Lehm auf diese Zeichnung auf und fer-tigte durch eine Art Schattenabguss ein Relief an. Daraufhin brannte er es im Ofen mit anderen Töpferwaren und erzielte
somit das erste Basrelief aus Ton.
Dieser Ursprungsmythos wird in den letzten Jahren von Kunst- und Filmhisto-rikern gerne zitiert, um jene mediale, anthropologische, körperbezogene Dimension der Kunst wieder ins rechte Licht zu rücken. Wichtig scheint, dass es sich um eine Zeichnung handelt, welche die Kammer in ein Atelier verwandelt, und damit um die unmittelbare Umsetzung eines Gefühls und eines Gedankens. Die Liebe ist es, die sich hier direkt ihr Medium sucht. Die Liebe ist der Motor, die Zeichnung ihr Medium.
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27_2
Das abstrakte Empfinden vermittelt eine gewisse Distanz zu den zweckmässigen kollektiven Sehgewohnheiten. Darin liegt
vermutlich seine Bedeutung für die schöpferische Persönlichkeitsentwicklung und damit für die kulturelle Erneuerung. Wer die gewohnten Dinge neu sehen kann, erhält damit eine gewisse individuelle Freiheit.
Das haben schon die Griechen bemerkt. Nur so lässt es sich erklären, dass nach der «Naturkunde» von Plinius in ganz Griechenland freigeborene Knaben «im Zeichnen, das heisst in der Malerei auf Buchsbaumholz, unterrichtet wurden, [...], wobei immerfort verboten war, Sklaven darin Unterricht zu erteilen.»
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[...] ein reines ausgeschnittenes Segment mit klar definierten Ecken irreversibel und unzer-störbar; alles, was es umgibt, wird ins Nichts gestossen, bleibt unbenannt, während alles, was in seinen Bereich eintreten darf, Dasein, Licht und Aufmerksamkeit erhält.
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Sieh nämlich Menschen wie in einer unterirdi-schen, höhlenähnlichen Wohnung, die einen gegen das Licht geöffneten Zugang längs der ganzen Höhle hat. In dieser seien sie von Kindheit an gefesselt an Hals und Schenkeln, so dass sie auf demselben Fleck bleiben
und auch nur nach vorne hin sehen, den Kopf aber umzudrehen der Fessel wegen nicht vermögen. [...]
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Nachdem der junge Kampfflieger 1998 in seine F16C eingestiegen ist, setzt er einfach seinen Helm auf und klappt das Sichtgerät herunter, um sein Super Cockpit System zu aktivieren. Die virtuelle Welt, die er sieht, ahmt auf exakte Weise die äussere Welt nach. Verschwommene Umrisse des Bodens werden scharf nachgezogen und in drei Dimen-sionen von zwei winzigen Kathodenstrahl-röhren dargestellt, die auf seine individuelle Sichtferne fokussiert werden. [...] Seine Kom-passrichtung wird durch ein breites Zah-lenband auf der Horizontlinie dargestellt, seine projizierte Flugbahn ist eine leuchtende
Bahn, die in die Unendlichkeit geht.
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Hilde Zaloscer geht in ihrer Arbeit von der Grundthese aus, dass jede Kunstform sich einem Gesamtentwurf unterordnet, dieser aber letztlich theologisch-philosophischer Herkunft sei. Jede Änderung der Form zum Beispiel der auffällige Wechsel von der Drei-dimensionalität in die Zweidimensionalität,
in der Zeitspanne vom zweiten bis zum fünf-ten Jahrhundert, sei durch eine Änderung des Weltbewusstseins bedingt. Wird die Drei-dimensionalität und Naturtreue der Plastik der früheren Idole und Totenmasken, als Bestreben nach Identität von Urbild und Abbild, respektive von Vorbild und Nachbild inter-pretiert, im Bestreben das physische Weiterleben der irdischen Erscheinung zu garan-tieren (das heisst, die Plastik fungiert als Stellvertreter des Toten für das Weiterleben), so drückten die neuaufkommenden Formwerte — die Wahl des Mediums der Malerei selbst, die bewusste Wahl der Zweidimensionalität und das Formprinzip der Frontalität in der Gesichtsdarstellung — eine neuaufkommende Geisteshaltung aus. Interessant ist die Beschreibung der Bedingungen, ihre Komplexität und Verwobenheit, die zu diesen neuen Formwerten geführt habe. Hilde
Zaloscer beginnt mit den Bemerkungen der ökonomischen und sozialen Destabilisierungen, die der Umbruch vom absinkenden Hellenismus zum aufkommenden (und aus ihm hervorgehenden) Christentum bewirkt hat. Die wirtschaftliche Krise, die Barbarengefahr, vielleicht auch der östliche Einfluss riefen eine allgemeine Weltfluchtstimmung hervor, eine Suche nach Bleibendem, Grösse-rem. Wie von Plato vorgeahnt, habe sich
eine neue Form des Gottesglaubens (die
Vorstellung einer transzendenten Gottheit) angebahnt, mit ihr die Vorstellung von
der Trennung von Körper, der stofflich und elend, und der Seele, die allein göttlich sei. Plato bezeichnete den Körper als quälendes Gefängnis der Seele; aber auch ihr Diener. Die Reinigung des Körpers, seine Kontrolle war Mittel zur Läuterung der Seele. Dieser Gedanke wurde vom Christentum weitergeführt. Diese Abkehr von der diesseitigen stofflichen Welt habe einen Rückgang der Naturwissenschaften bewirkt, ein Absinken des logisch-diskursiven Erkennenwollens. Eine Geringschätzung des Diesseitigen habe eine intuitiv-mystische Durchdringung der Welt gefördert. Auch für Plotin sei die Materie die Quelle allen Übels und Elends. Kurz: Eine körperfeindliche Haltung habe sich breitgemacht, und propagiert sei eine asketische Lebenshaltung bis hin zum
Märtyrertum: Das Mönchstum war im Aufwind. Es ist also anzunehmen, dass diese immer stärker werdende Entstofflichungs- und Abstraktionswelle ihren Niederschlag in der Kunst fand: Hilde Zaloscer sieht das in der Aufgabe der Plastik. An ihre Stelle tritt
die Malerei. Begünstigt sei dies durch das «Bilderverbot» worden, das sich keineswegs um das Versagen jedweder bildlicher Wiedergabe gedreht, sich vielmehr gegen die Götzen und den Götzendienst gerichtete habe. [...] Das politische Umfeld zeigt sich exemplarisch am 725 nach Christus ausgebrochenen grausamen Bürgerkrieg, der als «Bilderstreit» in die Geschichte eingegangen ist. Unterstützte der Staat anfänglich den aufkommenden Bilderkult (die Herrschenden konnten so auch die niederen Schichten unter Kontrolle bringen), wurde dem Staat zunehmend die Macht der Kirche, der Klöster lästig, und so erliess 726 Kaiser Leo III. ein Edikt, das den Bilderkult kurzerhand verbot. Die ideologischen Vertreter der Bilderfeinde (Ikonoklasten) beriefen sich auf das Alte Tes-tament mit seinem Bildverbot, sie setzten das Bild dem Idol gleich und betrachteten den Bilderkult als Götzendienst. Diese philos-ophische, intellektuelle und politische Elite
war gegen die Anbetung der toten Materie, gegen die Anbetung von Götter- und Götzen-bilder. Die Bilderfreunde (Ikonodulen), die mehr die unteren Schichten vertraten (wir ahnen hier, dass die Einstellung zum Bild immer schon klassenprägend und klassengeprägt war) widersetzten sich, durch
einen allmählichen differenzierten internen
Prozess, der Behauptung von der Identität von Abbild und Urbild, von Bild und Person. Ihre These fusste auf platonischen Gedank-engängen, die an Stelle des Prinzips der Iden-tität das der Ähnlichkeit postulierten. Das Verhältnis der Ikone zu ihrem Vorbild sei die gleiche Beziehung wie zwischen den Erschein-ungen und der Welt der göttlichen Ideen;
sie seien in diesem Sinne nicht substanzgleich, sondern das Bild sei nur Abglanz, Ab-druck, Schatten, Spiegelbild, Siegelabdruck des Siegelstempels: So habe jedes Urbild
sein Abbild in sich selbst enthalten. Künstlerische Produktion wird als Nachahmung der Nachahmung verstanden und entsprechend klassiert. Nach einem hundertjäh-rigen blutigen Krieg um die Macht und den vorder- oder hintergründigen Streit um
die Bedeutung und Funktion des Bildes, sie-gten die Mönche und Bilderfreunde.
Die dominante Macht der Kirche, die starke Hierarchisierung und Reglementi-erung fällt besonders auch in Bezug zu den Ikonen auf. Diese primär nicht als Kunstwerke, denn als Kultgegenstände aufgefass-ten «heiligen Geräte», waren in ihrer Produktion selbst strengster Kontrolle und Reglementierung unterworfen. Nach Vorbildern aus Malbüchern, mit präzisesten An-gaben, wurde in einem kultischen, liturgis-chen Akt, durch Fasten und Beten und Seg-nung des Malmaterials, die heilige Handlung vollzogen und erst durch die Beschriftung der Ikone, durch die Weihe des Bis-chofs war die Ikone nun Träger des Göttlichen und erlangte den Ruf, nicht von Menschenhand erschaffen zu sein.
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32
Das Göttliche d a r f nicht nur abgebildet werden, im Gegenteil es v e r l a n g t
gleichsam, seiner Natur nach, nach der
Abbildung. [...] Das Bild steht nur in einem Ähnlichkeitsverhältnis zum Urbild. [...] Das Bild soll niemals Nachahmung der empirischen Welt sein, sondern Resultat einer inneren geistigen «Schau». [...] Das Natur-bild verliert an Bedeutung und Wichtigkeit und mit der Zeit entsteht aus einem Anscha-uungsbild ein Denkbild.
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33
Ganz wie ein Frosch hüpfen
Dann gibt es aber auch die wichtige Frage der Wiederholung. Und gibt es das überhaupt? Ist das Wiederholung oder ist es Beharrlichkeit? Ich neige zu glauben: Es gibt gar kein solches Ding wie Wiederholung;
und wirklich, wie kann es gehen? Jedes Mal
in den hunderten von Malen, wenn ein Journalist sich über mein Schreiben und meine Wiederholung lustig macht, hat er immer das-selbe Thema, nämlich: Wiederholung. Aber einmal begonnen das auszudrücken, irgen-detwas auszudrücken, dann kann es keine Wiederholung geben. Denn das Wesentliche dieses Ausdrucks ist Beharrlichkeit. Und wenn man beharrt, dann muss man betonen. Und wenn man betont, dann ist es nicht möglich, solange man lebt, dass man genau für dasselbe, dieselbe Betonung benutzt. Wir wollen aber ernstlich über den Unterschied zwischen Wiederholung und Beharrlichkeit nachdenken. Jeder kann von einer Geschichte über ein Verbrechen gefesselt sein, denn wie oft er auch die Zeugen dieselbe Geschi-ch-te erzählen hört, die Betonung ist unterschiedlich. Das ist was das Leben ausmacht, dass die Betonung verschieden ist, egal
wie oft man dieselbe Geschichte erzählt, wenn sie lebendig erzählt werden soll, dann ist
die Betonung verschieden. Es muss so sein.
Es ist genau wie ein Frosch hüpft. Er kann niemals über die genau die gleiche Entfernung, oder die genau die gleichen Weiten seinen Sprung machen. Vogelgesang kommt vielleicht der Wiederholung am nächsten. Aber wenn man gut zuhört, dann ändert auch der Vogel seine Betonung. Das ist der Aus-druck des Menschen: Dasselbe zu sagen, be-harrlich, die Betonung zu verwandeln.
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34
Plinius berichtet im Buch 35 seiner Historia Naturalis von einem Malerwettstreit: Appelles reist nach Rhodos, um seinen berühmten Zeitgenossen Protogenes kennenzulernen, trifft in dessen Haus neben einer vorbereiteten großen Tafel aber lediglich eine alte
Frau an, die anbietet, dem abwesenden Hausherrn eine Nachricht zu übermitteln. Appelles greift zu einem Pinsel, malt auf der bereitstehenden Tafel eine sehr dünne, farbige Linie und lässt ausrichten, diese sei von ihm. Als Protogenes nach Hause kommt, er-kennt er bei genauerer Inspektion der Tafel die meisterliche Hand Appelles’. Er greift seinerseits zum Pinsel und malt eine noch feinere Linie von anderer Farbe in die erste Linie hinein. Die Bedienstete bekommt dieses Mal den Auftrag, das Ganze Appelles zu zeigen, sollte dieser in seiner Abwesenheit wiederkommen, und hinzuzufügen, dies sei, was er suche. Als Appelles erneut Protogenes’ Haus besucht, sieht er das Bild mit Erstaunen und teilt die Linien mit einer weite-ren Linie von einer dritten Farbe. Schließlich kehrt Protogenes wiederum heim, erkennt seine Niederlage an und sucht Appelles auf, um sie ihm einzugestehen. [...]
Wie viele Linien würden wir wohl auf dem Bild sehen?
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35
Unsere heiligsten Überzeugungen, unser Unwandelbares in Hinsicht auf die obersten Werte sind Urteile unserer Muskeln.
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36
Ja, ja, ich weiss, es gibt viele wie uns, die
die Welt anschauen, aber die Welt schaut nicht zurück.
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37
Träumereien aus einer Phänomenologie der Einbildungskraft:
S. 7 Hier heisst es gegenwärtig sein, in der Gegenwart des Bildes, in der Minute des Bildes: wenn es eine Philosophie der Poesie gibt, dann muss diese Philosophie entstehen und wieder entstehen, aus der Gelegenheit eines dominierenden Verses, aus der totalen Hingabe an ein isoliertes Bild, im genauesten Sinn aus der Ekstase der Bildneuheit.
S. 13 Das Bild hat die Tiefen berührt, bevor es die Oberfläche bewegt. [...]
Es schlägt Wurzeln in uns selbst.
S. 53 Zunächst muss man [...] Zentren der Einfachheit suchen. [...]
Man muss die Primitivität des Schlupfwinkels berühren.
S. 86 Wir rühren hier an das Paradox der Erst-maligkeit einer altgewohnten Handlung. Durch die häuslichen Arbeiten wird dem Haus nicht so sehr seine Ursprünglichkeit wie-dergegeben als recht eigentlich sein Ursprung.
S. 88 Aber welche Freude [...], wenn
er die Bedeutsamkeit der unbedeutenden Dinge erkennt!
S. 96 [...] auf dem Kulminationspunkt
eines lebendigen Bildes ist immer ein Exzess.
S. 102 Immer ist einbilden grösser als leben. [...]
Wer einen Schatz eingräbt, gräbt sich mit ihm ein.
S. 109 Fernand Lequenne, der Freund der Pflanzen, sieht, als er mit seiner Frau Mathilde spazieren geht, ein Grasmückennest in einem Schwarzdornstrauch: «Mathilde kniet nieder, streckt einen Finger aus, streift
das feine Moos, lässt den Finger in der Luft. [...] Plötzlich ergreift mich ein Schauer.
Die weibliche Bedeutung des Nestes in der Gabel zwischen zwei Ästen enthüllt sich
mir plötzlich. Der Strauch gewinnt einen solchen menschlichen Gehalt, dass ich rufe: Rühr es nicht an, vor allen Dingen, rühr
es nicht an.»
S. 115 Das Leben beginnt für den Menschen mit einem guten Schlaf, und alle Eier in
den Nestern werden gut gebrütet. Die Erfah-rung der feindlichen Welt — und infolge-dessen unsere Abwehr- und Angriffsträume — sind späteren Datums. In seinem Keim
ist jedes Leben Wohlsein. Das Sein beginnt als Wohlsein.
S. 117 Tatsächlich beginnt das Leben weniger mit einem Aufschwung als mit einer Drehung.
S. 120 Der Mensch entsteht aus dem Stein.
S. 161 Die warme Innerlichkeit ist die Wurzel aller Bilder.
S. 165 Alle kleinen Dinge erfordern
Langsamkeit.
S. 173 Ein Bild entfaltet seine ganze Kraft erst in der Isolierung.
S. 176 Claudel schreibt in Die nf
grossen Oden:
«So wie man kleine Spinnen oder ge-wisse Insektenlarven sehen kann, die
wie kostbare Steine schön versteckt sind
im Futteral aus Watte oder Seide, so ist
mir ein Wurf junger Sonnen gezeigt worden,
die noch ganz verwirrt waren in den kalten Falten des Spiralnebels.»
S. 183 Violane (blind) — Ich höre...
Mara — Was hörst du?
Violane — Ich höre die Dinge mit
mir existieren.
S. 187 Bei der Analyse der Unermesslichkeitsbilder würden wir in uns das reine Sein der reinen Einbildungskraft realisieren. Dann träte klar zutage, dass die Kunstwerke Nebenprodukte dieses Existentialismus
des imaginierenden Seins sind.
S. 197 Für Baudelaire besteht die poetische Bestimmung des Menschen darin, der Spiegel der Unermesslichkeit zu sein, oder noch genauer, die Unermesslichkeit gelangt im Menschen zum Bewusstsein ihrer selbst.
S. 199 Alle grossen Wörter, alle von einem Dichter zur Grösse aufgerufenen Wörter sind Schlüssel des Universum, des doppelten Universums: des Weltraums und der mensch-lichen Seelentiefe.
S. 212 Alles lässt sich zeichnen, sogar das Unendliche.
S. 213 Das Dasein des Menschen lässt sich nicht fixieren.
S. 214 Die Anschauung sagt zuviel Dinge
auf einmal.
S. 226 Das Wort genügt nicht, die Idee genügt nicht, ein Schriftsteller muss uns dabei hel-fen, den Raum umzukehren, uns von dem was man beschreiben könnte, zu entfernen, um besser die Hierarchie unserer Ruhe
zu erleben.
S. 232 Die Philosophie macht uns zu rasch reif. [...]
S. 233 Man muss sich also «entreifen».
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38
Von der Strenge der Wissenschaft
[...] In jenem Reich erlangte die Kunst
der Kartographie eine solche Vollkommenheit, dass die Karte einer einzigen Provinz den Raum einer Stadt einnahm und die Karte des Reichs den einer Provinz. Mit der Zeit befriedigten diese masslosen Karten nicht länger, und die Kollegs der Kartographen erstellten eine Karte des Reichs, die die Grösse des Reichs besass und sich mit ihm in jedem Punkt deckte. Die nachfolgenden Geschlechter, die dem Studium der Kartographie nicht mehr so ergeben waren, waren der Ansicht, diese ausgedehnte Karte sei unnütz, und überliessen sie, nicht ohne Verstoss gegen die Pietät, den Unbilden der Sonne und der Winter. In den Wüsten des Westens überdauern zerstückelte Ruinen der Karte, behaust von Tieren und von Bettlern;
im ganzen Land gibt es keine anderen Überreste der geographischen Lehrwissenschaften.
Suarrez Miranda: Viajes de varones prudentes, IV.Buch, Kapitel XI.V, Lerida, 1658.
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39
Ordnung ist selten. Sie ist eine Insel, eine Inselgruppe.
Die Unordnung ist der Ozean, aus dem die Inseln aufgetaucht sind. [...] Die Brandung nagt an den Ufern. Die Unordnung ist die Bestimmung aller Systeme — und ihr Ausgangspunkt. [...] Man kann den Wunsch haben, an die beiden Ränder der Existenz
zu gelangen, die eigene Geburt und den eige-nen Tod. Dazu muss man die Insel verlassen und sich ins Meer stürzen.
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40
Das Bewusstsein der Welt fällt nicht mit un-serem Bewohnen der Welt zusammen.
Nähe ist nicht Bewusstsein von Nähe. [...] Verbindungen, die nicht bloss Gedanken sind. [...] Im Verstehen finden wir Sinn.
In diesem Sinn rufen wir das Leben und
den Anderen nicht an, sondern benennen
es lediglich.
[...] Die Gegenwart des Antlitzes [...]
Dem Nächsten von Angesicht zu Ange-sicht gegenüberstehen heisst, nicht töten
zu können. [...] Der Erste ist der Andere. [...] Alle Menschen sind füreinander verantwortlich, und ich mehr als alle anderen. [...] Die Unmöglichkeit, ihn im Geheimnis des Todes alleine zu lassen. [...] Vor dem Eros war schon das Antlitz; Eros ist nur zwischen Antlitzen möglich. [...] Der Mensch erschliesst sich nur einer Beziehung, die
nicht Macht ist. [...] Sie ist eher Beziehung zu einer Tiefe als zu einem Horizont. [...]
[...] Durchlöcherung des Horizontes [...]
Im Antlitz des Anderen behauptet sich der unendliche Widerstand gegen unsere Macht, eben gegen diesen Mordwillen, den er herausfordert, ganz nackt.
[...] Die Nacktheit des Antlitzes [...]
Können Dinge ein Antlitz haben?
Ist nicht Kunst ein Tun, das Dingen ein Antlitz verleiht? [...] Schaut uns die Häuserfassade an? Inwiefern ist das Sehen des Antlitzes nicht mehr Sehen, sondern Hören und Sprechen? Inwiefern kann ich mir selbst als Antlitz begegnen? [...]
[...] Verbündeter der Geschlagenen, der Armen, der Gehetzten: Das heisst genau nicht, sich in die Ordnung eingliedern: Das ist absolut störend. [...]
[...] Damit die Andersheit, die die Ordnung stört, nicht sogleich an der Ordnung
teilnimmt, damit der Horizont des Jenseits offen bleibt, muss die Demut des Erscheinens bereits Abwesenheit sein. Damit das Sichlosreissen von der Ordnung nicht
Teilnahme an der Ordnung werde, muss dieses Sichlosreissen, in einem ausserordent-lichen Anachronismus, dem Eintritt in diese Ordnung vorausgehen. Erfordert ist ein Rückzug, der dem Vormarsch innenwohnt, eine Vergangenheit, die quasi nie Gegenwart war. Die Denkfigur, die die Vieldeutigkeit (oder das Rätsel) dieses Anach-ronismus — ein Eintreten, das später als der Auszug erfolgt, das folglich niemals in meiner Zeit gewesen und somit unvordenklich ist — darstellt, diese Denkfigur nennen wir
Spur. [...] Erscheinenlassen im Rückzug,
Verschwinden im Erscheinenlassen.
[...] Urmodus der Kommunikation [...]
Kommunikation bedeutet nicht die Anwesenheit des Ich bei sich in der Gewissheit, das heisst einem ununterbrochenen Aufenthalt im Selben, sondern Risiko. [...] Gefährlich leben bedeutet nicht Verzweiflung, sondern die positive Grosszügigkeit der Ungewissheit. [...]
[...] Eine Hand berührt die andere, die andere berührt die erste; die Hand
wird also berührt und berührt das Berühren, eine Hand berührt das Berühren.
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41
Das Niedere wurde für immer zu meinem Ideal. Wenn ich jemand verehrte, so war es der Geknechtete, doch wusste ich nicht, dass ich, einen Geknechteten verehrend,
zu einem Aristokraten wurde.
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42
«Das Konzept ‹Supertheorie› ersetzt das Konzept ‹Kritik›, steht auf dem Zettel mit der Nummer 7/25a95m10. Das Kärtchen ist
Teil einer etwa 20 000 Einträge umfassenden Kartei, die der Soziologe Niklas Luhmann (1927 – 1998) im Laufe von über 30 Jahren in sechsmal vier Karteikästen abgelegt hatte. Dieser sagenhafte Zettelkasten ist organisiert wie ein riesiges Netzwerk, und er war das Archiv, aus dem Luhmann sein Lebenswerk geschöpft hat.
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43
Überhaupt gibt es in der Realwelt keine
Beliebigkeit. Die Unterstellung von Willkür heisst vielmehr immer: Beobachte das System, dem du Willkür ansinnst; und dann wirst du sehen, dass deine Vermutung
nicht zutrifft. Belieben ist, so gesehen, also nichts anderes als ein Begriff für die Weisung:
Beobachte den Beobachter. [...]
[...] Alles Beobachtbare ist Eigenleis-tung des Beobachters, eingeschlossen
das Beobachten von Beobachtern. [...]
Alles Beobachten ist Grenzziehung, ein Schnitt durch die Welt, eine Verletzung des «unmarked space».
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44
Was immer ein Beobachter sieht, sieht er dank den Unterscheidungen, die er verwendet; und man wird ihn fragen dürfen,
warum er die Welt so (z.B. Unterschicht/Oberschicht) und nicht anders (z.B. Mann/Frau, Mehrheiten/Minderheiten, Arbeit/Kapital) anschneidet. [...]
[...] Jeden Beobachter kann man beim Beobachten beobachten und ihm zurufen: «Ich sehe was, was Du nicht siehst!» — näm-lich den «blinden Fleck» seiner Betrachtung. [...]
[...] Was es nicht mehr gibt: eine
Beobachterposition, von der aus Allgemeinverbindliches definitorisch festzulegen wäre. Was bleibt, ist das Beobachten des Beobachters. [...]
[...] Funktionale Differenzierung löst die alteuropäische gesellschaftliche Lebens-ordnung ab. Die Banden, die die Einzelnen an ihren Stand geknüpft und die Stände oder Schichten untereinander in eine hierarchische Ordnung gebracht haben, sprengen die funktionale Differenzierung der Gesell-schaft in Teilsysteme. Keine übergeordnete Instanz regelt das wechselseitige Verhältnis von Wissenschaft, Wirtschaft, Kunst, Recht usw. [...] Das rein selbstbezügliche Operie-ren der einzelnen Funktionssysteme ist es, das die Ordnung der
modernen Gesellschaft ausmacht. [...] Die Wirtschaft orientiert sich nun ausschliess-lich an der systemeigenen Unterscheidung von Gewinn und Verlust, die Wissenschaft
an derjenigen des wissenschaftlich Wahren und Unwahren. Die Funktionssysteme werden «für ihre Eigendynamik freigestellt»: kein übergreifender Ordnungs-rahmen garantiert, dass dem rechtlich Richtigen auch wissenschaftliche Wahrheit oder politische Opportunität zukommt. Man kann nun auch Verbrecher lieben. [...]
[...] Überhaupt kann man nicht genug bedenken, dass wir nur immer uns beob-achten, wenn wir die Natur und zumal unsere Ordnungen beobachten.
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45
Ein Werk, dessen wesentliche Darstellungsmittel Fläche, Linie und Farben sind, fordert vom Beschauer einen selbständigen schöpferischen Akt in Form von Rückprojektion aus der planen Ebene in den dreidimensiona-len Raum der Realität. [...]
Wesensmässig steht das Bild der Schrift näher. [...] Beide, Schrift und Bild, gehen von der Fläche aus, beide sind «Symbolisationen», semantische Zeichen, gleich ob Schrift oder Bild, die für etwas anderes stehen. [...]
Die Raumfrage ist eine der entscheidenden Fragen der bildenden Kunst.
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46
Ich habe in meinem Vortrag über Ethik zum Schluss in der ersten Person gesprochen: Ich glaube, dass das etwas ganz Wesentliches ist. Hier lässt sich nichts mehr konstatieren: ich kann nur als Persönlichkeit hervortreten und in der ersten Person sprechen.
Für mich hat die Theorie keinen Wert. Eine Theorie gibt mir nichts.
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47
Ich bin hier , und es gibt nichts
zu sagen .
[...]
Was wir brauchen ist Stille ;
aber was die Stille will
ist, dass ich weiterrede
.
[...]
Aber nun
gibt es Stille und die Wörter
erzeugen sie, helfen mit
diese Stille zu erzeugen .
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48
Wenn die gerade Linie die kürzeste Verbindung zwischen zwei schicksalhaften und
unvermeidlichen Punkten ist, dann werden die Abschweifungen sie in die Länge ziehen; und wenn diese Abschweifungen dann so komplex, so verwickelt und verschlungen werden und so schnell, dass man ihre Spur aus den Augen verliert — wer weiss, vielleicht kann uns dann der Tod nicht mehr finden, vielleicht verirrt sich die Zeit unterwegs, und wir können verborgen in unseren je wechselnden Verstecken bleiben.
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49
Ein System greift ein, um einer Sache Sinn zu verleihen, die ursprünglich keinen Sinn hat, indem es bestimmte Elemente dieser Sache in den Rang eines Signifikans erhebt. Aber in Ermangelung eines Systems kann dieses nicht-codifizierte Etwas, das dem System vorausgeht, unendlich viele Zusammenstellungen erzeugen, denen erst hinterher, dadurch, dass man ein System auf sie legt, einen Sinn zugeschrieben werden kann. Was ist dieses Nicht-Codifizierte? Es ist die Quelle jeder möglichen Information oder — wenn man will — die Realität.
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50
Einem Kind
Wirst dir einige Figuren zulegen
Hans im Glück
zum Beispiel
Mann im Mond
St. Nikolaus
zum Beispiel
und lernen
dass die Stunde sechzig Minuten hat
kurze und lange
dass zwei mal zwei vier ist
und viel viel oder wenig
dass schön hässlich
und hässlich schön ist
und
dass historisches Gelände
etwas an sich hat
Zuweilen
sommers oder so
begegnet dir in einem Duft von Blumen
einiges dessen
das man Leben nennt
und du stellst fest
dass
was du feststellst
etwas an sich hat.
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51
Gut und Böse tritt erst durch das Subjekt ein. Und das Subjekt gehört nicht zur Welt, sondern es ist die Grenze der Welt.
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52
[...] dass der Mensch verschwindet
wie am Meeresufer ein Gesicht im Sand.
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53
Den Weg zur Idee der Schönheit ist einst, so weiss er (Alberti Leon Battista 1404 – 1472, Anm. PR) von Plinius, der legendäre Maler Zeuxis mit einem praktischen, empirischen Verfahren gegangen: Er wählte die fünf schönsten Mädchen Krotons aus und bildete nach ihren jeweils schönsten Körperteilen die Frau aller Frauen: eine Kunstfigur, die die Natur übertraf und doch nach ihr erschaffen worden war.
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54
Falls im Menschen kein ewiges Bewusstsein herrschte, falls allem nur eine wild gärende Macht zugrunde läge, die, sich in dunklen Leidenschaften windend, alles vollbrächte, was wäre dann gross und was wäre dann un-bedeutend; wenn eine bodenlose Leere, die durch nichts zu sättigen ist, sich hinter allem verstecken würde, was wäre dann das Leben anderes als Verzweiflung? Falls es sich so verhielte, falls es kein heiliges Band gäbe, das die Menschheit verknüpfte, wenn so ein Geschlecht nach dem andern erwachte wie Laub im Walde, wenn ein Geschlecht das andere ablöste wie der Vogelsang im Walde, wenn das Menschengeschlecht durch die Welt ginge, wie das Schiff durchs Wasser zieht, wie der Wind durch die Wüste streift, ein gedankenloses und unfruchtbares Tun und Treiben, falls ein ewiges Vergessen immer hungrig auf seine Beute lauerte und keine Macht stark genug wäre, ihm diese
zu entreissen — wie wäre dann das Leben leer und trostlos!
«Furcht und Zittern» sind nicht der primus motor des (christlichen) Lebens, denn das ist die Liebe, aber sie sind, was die Unruhe in der Uhr ist — sie sind die Unruhe des (christlichen) Lebens.
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55
Nicht zufällig erörtern diese Seiten von Piaget mathematische Probleme, die mit den Forschungen von Gödel in Verbindung stehen. Die Strukturen enthalten einen inneren
Widerspruch, und dieser Widerspruch wird evident und eventuell lösbar, wenn sich
eine neue Struktur abzeichnet. Es bildet sich
so eine Art Pyramide, deren Fundamente nicht auf der — immer widersprochenen — Basis stehen, sondern auf jener ständigen Öffnung und Progression der Spitze, die die Pyramide in eine Spirale verwandelt [...] mit immer weiteren Windungen, je weiter man nach oben kommt.
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56
Die Aufgabe der Philosophie besteht nicht darin, uns über Unbekanntes oder Geheimnisvolles aufzuklären, sondern das was wir ständig vor Augen haben und uns deshalb vielfach nicht mehr bewusst ist, in ein anderes Licht zu rücken, so dass wir es wahrnehmen und die falschen Bilder, die unsere Gedanken in die verkehrte Richtung geleitet haben, korrigieren zu können: «Die Philosophie stellt eben alles bloss hin, und folgert nichts. Da alles offen daliegt, ist auch nichts zu
erklären. Denn was etwa verborgen ist, inter-essiert uns nicht.»
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57
Ist deine Mutter eine Landschaft oder ein Ge-sicht? Ein Gesicht oder eine Fabrik? (Godard) Es gibt kein Gesicht, das nicht eine unbekannte, unerforschte Landschaft umschliesst, es gibt keine Landschaft, die nicht mit einem geliebten oder erträumten Gesicht bevölkert wird, die kein künftiges oder vergangenes Gesicht darbietet. Welches Gesicht erinnert nicht an Landschaften, die es aufgesogen hat, das Meer und die Berge, welche Landschaft beschwört nicht das Gesicht her-auf, das
sie ergänzen, das ihr die unerwar-tete Ergänzung ihrer Linien und Züge geben würde?
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58
Der Akt, ein Blatt zu nehmen, es in zwei Teile zu reissen und auf diese Weise ein Paar
zu schaffen, ist schliesslich immer noch ein ziemlich wunderliches Ereignis.
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59
Das gern verleugnete Stück Wirklichkeit [...] ist, dass der Mensch nicht ein sanftes, liebesbedürftiges Wesen ist, das sich höchstens, wenn angegriffen, auch zu verteidigen vermag, sondern dass er zu seinen Triebbe-gabungen auch einen mächtigen Anteil von Aggressionsneigung rechnen darf. Infolgedessen ist ihm der Nächste nicht nur möglicher Helfer und Sexualobjekt, sondern auch eine Versuchung, seine Aggressionen an ihm zu befriedigen, seine Arbeitskraft ohne Entschädigung zu gebrauchen, ihn ohne seine Einwilligung sexuell zu gebrauchen, sich in den Besitz seiner Habe zu setzen, ihn zu demütigen, ihm Schmerzen zu bereiten, zu martern und zu töten. Homo homini lupus; wer hat nach allen Erfahrungen des Lebens und der Geschichte den Mut, diesen Satz zu bestreiten?
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60
Stammesgeschichtlich wurde der Krisenpunkt der Geburt dadurch begründet, dass bei den noch eierlegenden Vorfahren des Menschen [...] der Geburtskanal zum Schutze des Eies durch den einzigen stabilen Knochenring geleitet wurde. Dieser
Weg des Geburtskanals war bauplanmässig so festgelegt, dass er bei der Entwicklung zu den Säugetieren beibehalten wurde,
was bei den Vierfüsslern auch kein Problem wurde, da dieser Knochenring locker sein konnte, ohne die Statik des Skeletts zu beein-trächtigen. Als sich aber die Hinterbeine
zu den tragenden Laufbeinen entwickelten, musste dieser Knochenring, der Beckenring, wesentliche statische Funktionen über-nehmen und musste dadurch fest sein. Dies wiederum begrenzte die Grösse des Kindes bei der Geburt, was zur Folge hatte, dass
die Schwangerschaft verkürzt wurde. Möglicherweise ist dies dann ein Umstand gewesen, der wesentlich zur enormen Entwicklung des Bewusstseins beim Menschen beigetragen hat, dass er in einem embryonalen Sta-dium geboren wird und schon in diesem Stadium die Aussenreize zu verarbeiten hat. [...] Sowohl die Verlegung des Geburtster-mins, wie auch die daraus resultierende
Reifungsverzögerung sind stammesgeschicht-lich junge Bildungen und insofern vom
genetischen Programm her Zonen der Labili-tät. [...] Wenn wir diesem Grundgedanken [...] weiter folgen, ergibt sich hieraus eine Perspektive zur Erklärung der eigen-artigen Aggressivierung des Menschen im Vergleich zu seinen stammesgeschichtlichen Vorfahren.
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61_1
Schon im frühen Kindesalter (6. – 18. Monat) entwirft das in den Spiegel schauende Kind ein imaginäres Bild von der Gestalt seines Körpers. Es antizipiert eine somatische Einheit und identifiziert sich mit dieser, obgleich seine körperliche Kompetenz in diesem Stadium noch sehr mangelhaft und auf weitgehende Hilfe von aussen angewiesen ist. Der Blick — und damit die der Motorik weit überlegene visuelle Wahrnehmung — perzipiert die Einheit eines Bildes, das realiter noch fehlt und setzt sie in Beziehung zum eigenen Körper. [...] Es ist die triumph-ale Setzung eines Ideal-Ich, vermittelt durch
die Spiegel-Imago, die dem Kind als Garant jener Einheit und Omnipotenz dient, die seine körperliche Existenz ihm noch nicht ver-leihen kann. [...] Im faszinierenden Spiel zwischen Leib und imaginierter Leiblichkeit entwirft das Subjekt sein Ich als psychische Einheit. Und aus diesem Spiel der Identifizierung wird sich fortan der immense Reichtum an Phantasien entwickeln.
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61_2
Jenes Wechselspiel von Sich-Erkennen und Verkennen, von spiegelhafter Faszination und Aggression schildert bereits der römische Dichter Ovid (43 v.Ch. – 17 n.Ch.) im Mythos von «Narziss». Sechszehnjährig entdeckt der Jüngling im Gebirge eine noch «unberührte» Quelle. Aus dem Bedürfnis, seinen Durst an derselben zu stillen, «erwächst ihm ein anderer Durst», ein Begehren nach Liebe, erblickt er doch beim Trinken sein eigenes Bild im Wasser. Von diesem fasziniert, versucht er eins zu sein mit ihm als «Liebender und Geliebter». [...] Schliesslich erkennt Narziss, dass die Liebe, die
er der Spiegelung zubringt, ihm selbst gilt. In der Faszination dieser Schemen sich findend, verliert er sich aufs Neue, denn er sieht sich da, wo er selbst nicht ist. [...] Das was Identität zu verbürgen scheint, erweist sich als unerreichbar fremd. Faszination und Aggression bilden den Zirkel dieser instabilen Beziehung. [...] Eine Lösung bzw. Erlösung scheint ihm nur in der Vernichtung des einen — sich selbst — möglich, obwohl er weiss, dass diese auch den Tod des anderen fordert: «Doch jetzt sterben wir beide, vereint im einzigen Hauch.»
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62
Versuchen wir also zu klären, a) welches die Ideologie dessen ist, der fragt: «Wer spricht?»; b) welches die Ideologie dessen ist, der diese Frage durch eine andere ersetzt.
Achten wir darauf: diese Frage ist die erste, diejenige, die jedes Denken begründet, wenn die Voraussetzung akzeptiert wird, daß das, was die Frage stellt, immer etwas ist, was vor uns da ist. Aber um zu dieser Annahme zu gelangen, muß man schon die Schlußfolgerung akzeptiert haben, zu der uns die Frage geführt hat. Sonst muß die Frage als das erkannt werden, was sie
war: ein Glaubensakt, ein mystisches Postulat. Wir sagen nun nicht, daß diese Frage nicht gestellt werden könne, daß der Mensch von Natur aus nicht dazu neige, die Frage zu stellen. Das könnte man kaum behaupten, da der Mensch einige Jahrtausende lang nichts anderes getan hat. Aber wer hat es getan? Eine bestimmte Kategorie von Menschen, die nämlich, denen die Sklavenarbeit anderer die Kontemplation des Seins erlaubte und denen es diese Sklavenarbeit der anderen erlaubte, diese Frage als
die dringlichste von allen zu empfinden.
Stellen wir die Hypothese auf, daß es eine wesentlichere Frage geben kann, die nicht von dem freien Mann (der unter Bedingungen lebt, die ihm «Kontemplation» ermöglichen), sondern vom Sklaven gestellt wird, der sie sich nicht stellen kann und
der es dringlicher empfindet, sich statt «wer spricht?» «wer stirbt?» zu fragen (und der es daher dringlicher findet, sich zu rühren, nicht um zu philosophieren, sondern um
ein wassergetriebenes Mühlrad zu konstruieren, das es ihm ermöglicht, weniger schnell zu sterben und sich von dem Mühlstein zu befreien, an den er gefesselt ist).
Die Nähe zum Sein ist für den Sklaven nicht die tiefste Bindung: zuerst kommt
die Nähe zum eigenen Körper und zu dem des anderen.
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Der Mensch begegnet sich nach Heidegger im technischen Denken nirgendwo mehr selber, sondern nur noch dem «Gestell», als dem hermeneutischen Wesen der Technik. In der technisch scheinbar beherrschten Welt er-fährt der Mensch die Welt nicht mehr in ihrem Sein, sondern er erfährt sie in ihrer technischen Bedeutung. Diese Seinsvergessenheit bedenken die Menschen nicht und versuchen bloss technisch besser zu handeln.
FF
64
Auch wenn man nämlich zweifelt, lebt man; wenn man zweifelt, erinnert man sich, woran man zweifelt; wenn man zweifelt, sieht man ein, dass man zweifelt; wenn man zweifelt, will man Sicherheit haben; wenn man zweifelt, denkt man; wenn man zweifelt weiss man, dass man nicht weiss; wenn man zweifelt, urteilt man, dass man nicht voreilig seine Zustimmung geben dürfe. Wenn also jemand an allem andern zweifelt, an all dem darf er nicht zweifeln. Wenn es diese Vorgänge nicht gäbe, könnte er überhaupt über nichts zweifeln.
FF
65
Die Prägungen, welche die Kindheit einem mitgibt — obwohl man wahrscheinlich schon geprägt auf die Welt kommt, mit einem
gewissen Notvorrat, Notproviant versehen — diese Prägungen sind vielleicht dann in meine Schreibe eingegangen, in der Spiegelung quasi als Gerüche, als Töne, aber nicht frontal, weil ich das Frontale nicht liebe,
weil ich finde, dass hinter dem Frontalen die Welt erst sich ausbreitet.
FF
66
Aus dem Blickwinkel von gewissen Computer-wissenschaftlern (M. Minsky z.B.) ist Denken nichts anderes als eine Form von Rechnen. Denken ist aber mehr als Rechnen, wie die Mathematik auch. In der Mathematik gibt
es viele Dinge, die perfekt und mathematisch präzis definiert sind, ein Computer aber nicht berechnen kann.
Denken und Bewusstsein gehen weit über das blosse Rechnen hinaus. Deshalb
bin ich überzeugt: Denken ist etwas, das
auf einem Computer nicht einmal simuliert werden kann, geschweige denn gedacht.
FF
67
Ohne Zweifel Herr, fehlt hier ein ganzes Kapitel, und es ist im Buch eine Lücke von ungefähr zehn Seiten entstanden, doch
ist der Buchbinder weder ein Narr noch ein Schelm, noch ist das Buch darum nicht
um einen Deut weniger gut (zum mindesten in dieser Hinsicht); im Gegenteil, das Buch ist durch dieses fehlende Kapitel besser und vollständiger, wie ich es Euer Wohlgeboren gleich beweisen werde.
FF
68
[...] «Ungesättigt gleich der Flamme glüh und verzehr ich mich» — Nietzsche
«Über den Wolken, in den höchsten Lüften, im Delirium verbrenne ich manchmal [...] und um meinem Geist ein Asyl in der Frische zu verschaffen, baue ich aus meinem Feuer ein Schloss» — Giordano Bruno
«Ich stelle mir die Erde als Projektion im Raum vor, einer schreienden Frau gleich, deren Kopf in Flammen steht [...] vor dem Universum, zusammengesetzt aus unzähligen kreisenden Sternen, die sich verlieren und sich masslos verzehren, sehe ich nur
eine Abfolge grausamer Herrlichkeiten, deren Be-wegung selbst es erfordert, dass ich sterbe; dieser Tod ist nur ein glanzvoller Verzehr von all dem, was Freude am Existieren war, von all dem, was zur Welt kommt»
— Georges Bataille
[...] «Man muss dem Verbrennen zustimmen, man muss ihm voraus und ohne Umschweife nicht nur etwas verbrennen, sondern alles, was r uns die Dinge ausmachen, um nicht uns selbst der Gefahr auszusetzen, ganz und gar zu verbrennen». [...] den Kopf nicht nur abzuschlagen, son-dern in Brand zu stecken.
FF
69
Ich glaube, dass in diesen letzten Jahrzehnten des zwanzigsten Jahrhunderts die Psychoanalyse vor allem Denker mit bildlicher Vorstellungskraft [penseurs par images] braucht und nicht gelehrte Scholasten und abstrakte Formalisten. [...]
[...] Wenn ich zusammenfassend die Lage der westlichen Länder, vielleicht sogar der ganzen Menschheit am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts zu beurteilen hätte,
so würde ich die Notwendigkeit unterstreichen, Grenzen zu setzen; ich denke dabei
an das Bevölkerungswachstum, das Wettrüsten, die Atombombenversuche, das Über-stürzen geschichtlicher Anlässe, das wirtschaftliche Wachstum, den unstillbaren Konsum, die wachsende Kluft zwischen den reichen Ländern und den Ländern der dritten Welt, den Grössenwahnsinn bei wissenschaftlichen Projekten und wirtschaftlichen Unternehmungen, die Überflutung der Privat-sphäre durch Massenmedien, den Zwang immer wieder [...] neue Rekorde aufzustellen, die Sucht, sich immer schneller, weiter und aufwendiger [...] fortzubewegen.
[...] Grenzen müssten der Gewalt an Natur und Mensch gesetzt werden, der Verschmutzung von Luft, Erde und Wasser,
der Energieverschwendung, der Sucht, alles, was möglich ist, zu produzieren, auch wenn daraus mechanische, architektonische und biologische Monster entstehen. Grenzen müssten der Auflösung von moralischen und sozialen Werten gesetzt werden sowie
dem vermeintlichen Recht auf Befriedigung jedweder individueller Wünsche. Der fortschreitenden technologischen Entwicklung, die die körperliche Integrität, die geistige Freiheit, die natürliche Zeugung und das Überleben der Menschheit bedrohen, müsste Einhalt geboten werden.
[...] Grenzen wiederherstellen,
Beschränkungen wieder einführen, bewohnbare Gebiete, in denen sich leben lässt [...]
[...] Die Grenze ist nicht als Hindernis, als Barriere zu denken, sondern als
eine Bedingung, die es ermöglicht, Differenzierungen wahrzunehmen, Trennungen
und dadurch entstehende Grenzflächen
(interfaces) als notwendig zu erkennen.
FF
70
Ein Ich zu sein bedeutet, die Fähigkeit in sich zu spüren, Signale auszusenden, die von anderen wahrgenommen werden.
Ein Ich zu sein heisst, sich einzigartig zu fühlen.
Ein Ich zu haben heisst, sich in sich selbst zurückziehen zu können. [...]
[...] Das Bewusstsein ist eine Grenzfläche, das Bewusstsein erscheint auf der Oberfläche (des psychischen Apparates), besser noch, es ist diese Oberfläche. [...]
[...] Freud hat folgende Charakteristika im «Wunderblock»
herausgearbeitet:
«Die doppelblättrige Struktur des Ich; das obere Blatt als Reizschutz (vgl. den Panzer, das Leder, den Pelz), das untere Blatt aus Wachspapier entspricht der sensorischen Auf-nahme exogener Reize und der Eintragung ihrer Spuren auf das Wachspapier.» [...]
[...] «Das Ich ist vor allem ein körperliches, es ist nicht nur ein Oberflächenwesen, sondern selbst eine Projektion einer Oberfläche.» [...] Das heisst, das Ich leitet sich letztlich von körperlichen Gefühlen ab, hauptsächlich von solchen, die auf der Körperoberfläche entstehen.
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71
[...] die zeitliche und räumliche Integration des Ichs von der Fähigkeit der Mutter abhängt, den Säugling zu «halten» [holding]; die Identitätsfindung des Ichs hängt nach Winnicott von der mütterlichen Fähigkeit ab, den Säugling zu «pflegen» [handling].
FF
72
Das menschliche Denken beruht auf drei Fundamenten: der Haut, dem Grosshirn und der sexuellen Vereinigung, analog zu den drei Varianten der Oberfläche: der Hülle, der Haube und der Tasche.
FF
73
Für die ästhetische Theorie zeitigt das eine weitreichende Konsequenz: ihr Hauptbegriff kann nicht mehr Kreativität, sondern muss Wahrnehmung lauten. [...] Erst nachdem der Kreativismus gestürzt ist, kann die
ästhetische Theorie werden, was sie in der werkwütigen Moderne nicht sein durfte: Schule der Wahrnehmung, Lehre von Abrüstung, Anleitung zum Allgemeinen Komponieren, Kunst des Umgangs mit Kunst, Technik der Entbrutalisierung der Technik, Ästhetische Ökonomie, Logik der Schonung, Wissenschaft vom Unterlassen. [...]
[...] Ästhetik hingegen wäre die Aufklärung menschlicher Bewegungen durch ein waches Dabeisein und Darinsein. Aufgeklärte Beweglichkeit zeigt sich darum weniger in der lauten Akklamation von Kunstwerken — Kunstbedarf ist eher ein Indiz von struktu-reller Barbarei — als in dem stillen Einbau von Aufmerksamkeit in Lebensformen. Wer aber will das wirklich?
FF
74
1. Das Küssen lehren,
2. Den Mund betheren,
3. Sich nie beschweren,
4. Die Schafe scheeren,
5. Im Walde beeren,
6. Sein Brot verzehren,
7. Die Schnitze deeren,
8. Nie was verhehren,
9. Das Unglück wehren,
10. Ein Trunk in Ehren?
Wer will’s verwehren.
FF
75
[...] Elefanten wissen, wo sie zum Sterben hingehen, die Erinnerung an etwas, das
sie nicht erlebt haben, führt sie dorthin [...] Wir sind keine Elefanten oder Lachse, die stromaufwärts zum kalten Wasser schwimmen, und die Erinnerung ist kein Instinkt, aber nach einiger Zeit, wenn etwas einmal passiert ist, ein Ereignis, eine Geste, ein
ausgesprochenes oder unausgesprochen gebliebenes Wort, wird es zur Tatsache
im Körper, die vielleicht nicht physisch ist, auf die man aber zurückkommt, als wäre
sie ein Instinkt [...]
FF
76
Moränen, Muränen und Meere und Mähren /
Karfunkel und Funken und Bären und Beeren / wo stell ich das hin, und wie soll ich mich wehren?
FF
77
Für meinen Begriff ist das Politische innerhalb gewisser Grenzen schon immer eine Sache der Sprache gewesen. So gesehen be-steht nicht unbedingt ein Bruch. Aber das Politische und das Poetische, das würde ich als genau den Unterschied zwischen dem rein gesetzmässigen Kalkül und dem geheim-nisvollen, offenen Terrain verstehen, in
dem man lernt, auf den anderen einzugehen, und zwar so, dass man ihm eine Antwort entlockt.
Das erste ist Kalkül, Politik ist Kalkül, das dürfen wir nie vergessen. Deshalb
geht es ja nicht ohne den Klassenbegriff. Aber man muss ihn zum Spielen bringen. Das ist der Punkt, an dem wir nicht einfach nur Rechte lockern, sondern dazu Verantwortung in einem ganz konkreten Sinn übernehmen: wir müssen auf den andern eingehen, bis wir eine Antwort bekommen. Dazu
in der Lage sein, das will ich vorerst das
Poetische nennen, denn das bringt eine wei-tere unmögliche Dimension ins Spiel, die notwendige Dimension des Politischen. Das ist für mich heute das wichtigste. Deshalb kann ich auch davon sprechen, dass das Analytische aufgehoben wird — nicht dass
es fortgeworfen wird, sondern dass man einen neuen Weg zum Dialog findet.
FF
78
Der brasilianische Fotograf Sebastiano Salgado zeigt in seinem berühmten Buch «Arbeiter» handwerkliche Tätigkeiten,
bei denen jede Handbewegung noch das bedeutet, als was sie erscheint. Heute
gibt es ganz neue Welten, in denen die Erscheinung der Dinge kaum mehr visuell
mit den von ihnen bedeuteten Inhalten in Zusammenhang zu bringen ist.
FF
79
Rosinen mögen das Beste an einem Kuchen sein; aber ein Sack Rosinen ist nicht besser als ein Kuchen. Und wer im Stande ist
uns einen Sack voll Rosinen zu geben, kann damit noch keinen Kuchen backen, geschweige, dass er etwas besseres kann.
FF
80
Kunst ist ein Mittel, um zu einer Aktivität
des Erforschens zu gelangen. [...] Aber
meine Haltung ergibt sich daraus, dass
ich nicht Wissenschafter, sondern Künstler bin, was gleichbedeutend ist mit einer anderen Art des Forschens.
FF
81
Es ist eine böse Welt.
FF
82
Ich sage ihnen noch einmal, ich habe niemals vermocht zu leben, zu denken, zu schlafen, zu sprechen, zu essen, zu schreiben und ich habe niemals geschrieben, ausser um zu sagen, dass ich niemals etwas getan habe, niemals etwas tun konnte, und dass ich, wenn ich etwas tat, in Wirklichkeit nichts tat. Mein ganzes Werk ist nicht geschaffen worden und wird nur als dieses Nichts sein können. [...]
[...] Jede Erfahrung ist entschieden persönlich [...]
FF
83
[...] bei dem Versuch, über die eigene Arbeit zu sprechen, überkommt mich stets ein ungutes Gefühl. Mir fällt La Rochefoucauld ein, der bekanntlich davon ausgeht, dass es eine wahre Rede über das eigene Ich nicht gibt [...]
FF
84
Die Sprache untersuchen heisst nur, die Sprache befragen, sie leben zu lassen. Die Sprache ist niemals das, was gedacht wird, sondern das, in dem gedacht wird. Über die Sprache sprechen heisst nicht, Erklärungsstrukturen zu entwickeln und die Regeln des Sprechens auf genau bestimmte kulturelle Situationen zu beziehen Sondern es bedeutet, der Sprache ihre ganze konnotative Kraft zu geben, aus der Sprache ein künstlerisches Verfahren zu machen, den Inhalt durch die Kombination der Wörter mehr und mehr aufzuladen. Das Wort ist nicht Zeichen. Es ist das Sich-Öffnen des Seins selbst. Anstelle der Semiotik gibt es dann nur eine einzige Wissenschaft der Sprache:
Die Dichtung, die schöpferische écriture.
FF
85
A33
Die Schnecke baut ihr Haus nicht, sondern es wächst ihr aus dem Leib. [...]
[...] So traurig stand er da wie das Trinkschälchen eines krepierten Vogels.
FF
86
Alles was man ist, enthüllt sich als zerbrech-lich und vergänglich, und worauf wir sämt-liche Berechnungen unserer Existenz stützen, ist dazu bestimmt, sich in einer Art unbeständigen Dunst aufzulösen... Ist mein Satz abgeschlossen? [...]
[...] Das Ich ist nur bei sich, wenn es ausser sich ist.
FF
87
Keine Weise des Wahrnehmens und Beobachtens kann uns sagen, wie die Dinge sind; nur, wie sie sich im Rahmen vorgeformter Erwartungen verhalten.
FF
88
Es war ein Frühlingstag und ich war auf
dem Weg zum Kindergarten gegenüber. Da ging mir, noch auf dem Gehsteig auf unserer Seite, in mehreren Schüben, ich trat und starrte, das Geheimnis des Zählens im Zehnersystem auf.
FF
89
In erkenntnistheoretischem Interesse angestellte Selbstbeobachtungen sind schwierig zu beschreiben, und noch schwieriger ist
es, Fassungen der Protokolle herzustellen, die dem Leser nach Umfang und Übersichtlichkeit zugemutet werden können und dabei auch den Urheber noch einigermassen
befriedigen. Es wären einige Formate der Beschreibung erforderlich, in denen quasi-sinnlichen Tatsachen der Selbstwahrnehmung klar unterschieden sind von den
jede Selbstbeobachtung begleitenden «nicht direkt wahrnehmbaren», das heisst nicht quasi-sinnlichen auftretenden Orientiertheiten, von einem ständig präsenten «Mitwissen» (ein sozusagen implizites Wissen, dessen Gegenstände nicht aktuelle Gegenstände der Aufmerksamkeit sind), von
Zielgefühlen, Wünschen, «Willensregungen» etc.; und ferner natürlich von den Gedanken, die sich im zeitlich unmittelbaren Anschluss zu den wahrgenommenen Ereignissen
einstellen. Es ist selbstverständlich, dass all diese, und ähnliche Wahrnehmungen, wie sie sich in jeder Selbstbeobachtung zuhauf ergeben, eingehendst beschrieben, ana-lysiert und systematisiert werden müssen.
FF
90
Wenn Sprache kein System der Wirklichkeits-abbildung ist [...]
[...] Dann setzt man sich in Widerspruch zu den Naturwissenschaften, welche ja immer mehr zu Theorien von Zeigerausschlägen werden, von der «Wirklichkeit» fort streben und in eine Sprache hinein, die
sozusagen nur mehr eines generellen Sinnesorganes bedarf: spielt sich denn die
Erkenntnis nicht immer mehr auf dem Papier ab, und ist es nicht daher, dass mit der Wirklichkeit das Bewusstsein entbehrlich wird? [...]
[...] Noch einmal und immer wieder: Es ist die Sprache das Wirkliche, das Reale, das Einzige, das Greifbare, das Vorhandene; der Maßstab ist die Kommunikation — Nebelflecke und Sinnenseindrücke heften sich daran als «Wirklichkeit» und «Bewusstsein».
FF
91
Ist es alles
am meisten alles, und dieses
es wenig wird,
es am wenigsten dies wird
— falls es das wird.
FF
92
Listen
1 S...........
2 G.............
3 E.......
4 S................
5 S.................
6 K...........
1 T................
2 S............
3 S.............
4 M...............
5 S..............
6 B..............
FF
93
Kunst ist das, was das Leben interessanter macht als die Kunst.
FF
94
Der Mensch wird durch die soziale Welt determiniert — das ist sein «Elend»; er vermag die Determinismen zu erkennen und kann sie überwinden — das ist seine «Grösse».
Er nimmt einen Platz ein im sozialen Universum und steht über seinen Körper in Be-ziehung zur Welt. Diese spezifische Relation beschreibt Bourdieu über den Begriff des Habitus, der bei ihm eine spezifische Bedeutung angenommen hat. Durch diesen Begriff setzt er sich ab von einer Bewusstseinsphilosophie, die alle Handlungen als Resultat bewusst kalkulierter Überlegungen versteht.
Der Habitus als Sediment vergangener Erfahrungen ermöglicht es, sich gleichsam unbewusst an den im Wandel begriffenen Kontext anzupassen. Handeln ist so weder Konfrontation eines Subjets mit der Welt noch mechanische Determinierung durch ein Milieu, sondern die Bewegung von zwei «Re-alisierungen» der Geschichte, nämlich der in den Dingen objektivierten Geschichte in der Form von Feldstrukturen und der im Körper inkarnierten Geschichte in Form des Habitus.
FF
95
Es ist nicht möglich, dass ein Mensch völlig mit einem andern übereinstimmt. Mein Zuhörer versteht mich nicht wörtlich. Der Zuhörer nimmt nur teil an der Vitalität dieser Augenblicke der Erkenntnisse — beim Selberüberraschtsein von der Entdeckung dessen, was ich weiss, ohne es
bis zu diesem Augenblick zu wissen. [...]
[...] Es ist nicht Klarheit die wünschenswert ist, sondern Kraft.
Klarheit ist unwichtig weil niemand zuhört und niemand weiss was man meint, noch wie klar man das meint was man meint. Aber wenn man genug Vitalität be-sitzt um genügend zu wissen was man meint, wird zuweilen jemand und zuweilen und zuweilen werden sehr viele einsehen müssen, dass man weiss was man meint, und so werden sie zustimmen, dass man meint was man weiss, dass man das was man weiss, meint, und das ist so nahe
wie man kommen kann um einen anderen zu verstehen.
FF
96
Die philosophische Grundfrage, was ich (Subjekt) von dem, was man gemeinhin Welt (Objekt) nennt, wissen kann, beantwortet Schopenhauer quer zum erkenntnistheoretischen Auffassungsschema, wie es die gesamte abendländische Philosophie von Platon über die Scholastik bis hin zu Kant und Hegel dominierte.
Er steigt nicht ein auf die dualistischen Modelle Realismus versus Idealismus, subjektivistische oder objektivistische Position, Metaphysik gegen reine Empirie. Schopenhauer setzt auf einen doppelten Weg der Erkenntnis, ein methodisches «Sowohl als auch»: die Welt als Wille (objektiv) und Vorstellung (subjektiv).
Schopenhauer: «Man kann nur dadurch zum Ding an sich gelangen, dass man einmal den Standpunkt verlegt, nämlich statt wie bisher immer nur von dem auszugehen, was vorstellt, einmal ausgeht von dem, was
vorgestellt wird. Dies ist jedem aber nur bei einem einzigen Ding möglich, welches ihm auch von innen zugänglich und dadurch ihm auf zweifache Weise gegeben ist: Es ist sein Leib, der in der objektiven Welt eben auch als Vorstellung im Raume dasteht,
zugleich aber sich dem eigenen Selbstbewusstsein als Wille kundgibt.»
FF
97
Es ist nicht überall ganz geheuer im Land. Noch immer kann es geschehen, dass einem in der Nacht, wenn man allein unterwegs ist, plötzlich ein Reiter begegnet.
Der sitzt auf einem gewaltigen Ross, gestiefelt und gespornt, und nebenher läuft ein weisses Hündchen. Der Boden dröhnt, die Sporen klirren, das Ross rast mit aufge-rissenen Augen voran. Dem Reiter aber sitzt der Kopf verkehrt auf dem Leib, und seine Augen starren rückwärts in die Nacht. Vergebens versucht er den Kopf zu drehen. Im-merzu muss er zurückblicken, als wäre dort etwas, was er nicht aus den Augen bringt.
Das ist der Stiefelreiter. Man kennt seine Geschichte. Ein Verbrechen hat er begangen gegen Recht und Gesetz und gegen
die Menschlichkeit. Jetzt starrt er zurück in seine Vergangenheit und bringt sie nicht mehr los.
FF
98
Es geht nicht darum politische Kunst
zu machen. Es geht darum politisch Kunst
zu machen.
FF
99
Ihr glücklichen Augen, was je ihr gesehen, es sei wie es wolle, es war doch so schön!
FF
100
Mit den Kindern allein im Haus, sagt der Onkel, er wolle sich verkleiden, um ihnen eine Freude zu machen. Als er nach langem Warten noch immer nicht erschien, gingen sie hinab und sahen, wie ein maskierter Mann das
Tafelsilber in einen Sack packte. «Oh Onkel», riefen sie entzückt. «Tja, ist meine Verkleidung nicht gut?» sagte der Onkel und nahm die Maske ab. [...]
[...] So geht der hegelsche Syllogismus des Humors. These: Der Onkel verkleidet sich als Einbrecher (die Kinder lachen). Antithese: Es war ein Einbrecher (der Leser lacht); Synthese: Es war dennoch der Onkel (der Leser wird zum Narren gehalten).
FF
101
Das Wehen der Luft das Rieseln des Wassers das Wachsen der Getreide das Wogen des Meeres das Grünen der Erde das Glänzen des Himmels das Schimmern der Gestirne halte ich für gross. [...]
FF
102
Die Bilder sind das Urgestein der Kulte; sie leben länger als die Götter, zu deren Ehren sie errichtet worden sind. Religionen sind mehr oder weniger gelungene Kunstwerke. [...] Ob dieser Trieb zur Kunst dem religiösen vorausgeht oder ihm folgt, ist müssig
zu fragen, beide sind untrennbar verbunden.
FF
103
GEGEN DIE NACHT
DER NACHT
ENTGEGEN
FF
104
Während wir immer gedacht haben, wir können Gehen und Denken zu einem einzigen totalen Vorgang machen auch für längere Zeit, muss ich jetzt sagen, dass es unmöglich ist, Gehen und Denken zu einem einzigen totalen Vorgang zu machen auf längere Zeit. [...] Gehen wir intensiver, lässt unser Denken nach, sagt Oehler, denken wir intensiver, unser Gehen. Andererseits müssen wir gehen, um denken zu können, sagt Oehler, wie wir denken müssen, um gehen zu können, eines aus dem andern und eines aus dem andern mit einer immer noch grösseren Kunstfertigkeit. Aber alles immer nur bis zu dem Grade der Erschöpfung.
FF
105
Nachdem der letzte Schritt kaum gut gegangen, ruht der Fuss einstweilen, wie es gang und gäbe ist, bis der andere Fuss das Gleiche tut, wie es gang und gäbe ist, und so die Last noch weiter voranträgt, wie es gang und gäbe ist, jedenfalls bis jetzt.
FF
106
Eigentlich entdeckt der lebende Organismus dort oben, dass man keine Knochen braucht, und Muskeln auch nicht; Knochen und Muskelgewebe werden abgebaut. So ist das mit dem Leben. Sobald es einer anderen Um-gebung ausgesetzt wird, passt es sich an. (Astronaut Wubbo Ockels über die asketische Reaktion des Körpers auf einen Zustand langanhaltender Schwerelosigkeit.)
FF
107
Ich zerstöre, ich zerstöre, ich zerstöre. [...] Woher nimmt die Betrachtung ihre Wichtigkeit, da sie doch nur alles Interessante,
d.h. alles Grosse und Wichtige, zu zerstören scheint? (Gleichsam alle Bauwerke, indem sie nur Steinbrocken und Schutt übrig lässt). [...] Hat der Philosoph eben nicht neue Theoriegebäude auszuführen oder sie zu flicken, sondern «Klärungsarbeit» zu leisten, die von den Gebäuden nichts übrig lässt?
FF
108
Um diesen Terminus der Antwort richtig
zu begreifen, muss man ihn in einem starken Sinne verstehen und dazu sich auf das beziehen, was in den «primitiven»
Gesellschaften sein Äquivalent ist: Die Macht gehört demjenigen, der zu geben vermag und dem nicht zurückgegeben werden kann. Geben, und zwar in der Weise, dass einem nicht zurückgegeben werden kann, das heisst den Tausch zum eigenen Vorteil zu durchbrechen und ein Monopol aufzurichten: der gesellschaftliche Prozess ist auf diese Weise aus dem Gleichgewicht gebracht. Zurückgeben dagegen bedeutet, diese Machtbeziehung zu zerbrechen und auf der Basis einer antagonistischen Reziprozität den Kreislauf des symbolischen Austausches her-zustellen (oder wiederherzustellen). In der Sphäre der Medien verhält es sich ebenso: Hier wird zwar gesprochen, aber so, dass
nirgends darauf geantwortet werden kann. Deshalb besteht die einzige mögliche Re-volution in diesem Bereich — aber auch in allen anderen Bereichen — die Revolution überhaupt, in der Wiederherstellung dieser Möglichkeit der Antwort. Diese einfache Möglichkeit setzt die Umwälzung der gesam-ten gegenwärtigen Medienstruktur voraus.
FF
109
Es gibt in der Tat kein privates Bild mehr. Jede organisierte Gesellschaft organisiert zuerst die Wahrnehmung. [...] Der Staat, die staatliche Funktion ist zuerst die Organisa-tion der Weltsicht. Der Staat ist die Welt-anschauung, die Wahrnehmung der Welt. [...] Die Dressur des Blicks. [...] Jede Kriegsepoche bringt eine Veränderung, eine Mutation der Wahrnehmung mit sich. Die Funktion des Auges ist die Funktion der Waffe. Man experimentiert im Krieg nicht nur mit Waffen, Geschossen, Raketen [...], sondern macht immer auch Experimente des Sehens.
FF
110
Ein Insasse eines Irrenhauses wird zwecks Entlassung befragt. Die erste Frage: «Was machst du, wenn du rauskommst?» Der Insasse antwortet: «Ich beschaffe mir eine Steinschleuder und komme zurück, um
hier jedes verdammte Fenster kaputtzumachen.» Nach sechs Monaten Gummizelle wird er wieder befragt. «Also, ich werde eine Stelle suchen», war die Antwort. «Fein», sagt der Befrager. «Und dann?» «Dann kauf ich mir ein grosses Auto.» «Gut.» «Und dann werde ich ein schönes Mädchen kennen-lernen.» «Das ist ja wunderbar.» «Dann suche ich eine einsame Strasse und werde mit ihr dorthin fahren.» «Ja.» «Dann werde ich ihren Strumpfhalter packen, daraus eine Stein-schleuder machen, hierher zurückkommen und jedes einzelne Fenster kaputtmachen.»
FF
111
Hängt die Seele an einem Faden,
so vergiss das Fragen.
Unnötig sind die Sicheln
der Fragezeichen.
Die Frage ist das Efeu,
der uns bedeckt und trügt.
Sie gaukelt uns vor Augen
Prismen und Scheidewege.
Die Antwort ist genau
die Frage in anderer Maske.
Sie geht hinaus als Quelle
und kommt als Spiegel zurück.
FF
112
Ich konnte die akademische Idee nicht akzeptieren, die Absicht der Musik, der Kunst sei Kommunikation, weil ich feststellte,
dass wenn ich mit Bedacht etwas Trauriges schrieb, die Höhrer und Kritiker oft dadurch zum lachen gereizt wurden. Ich beschloss, das Komponieren aufzugeben, falls ich keinen besseren Grund dafür fände als Kommunikation. Eine Lösung gab mir eine indische Sängerin: Der Zweck der Musik, der Kunst sei es, das Bewusstsein zu ernüchtern und zu beruhigen, um es dadurch für göttliche Einflüsse empfänglich zu machen.
FF
113
Am Anfang der fünfziger Jahre traf ich die Entscheidung, alle Klänge dieser Welt anzunehmen. Davor war ich tatsächlich so naiv gewesen, an etwas wie künstliche Stille zu glauben. Dann aber ging ich an der Harvard Universität in Cambridge in einen schalldichten Raum und hörte ganz deutlich zwei Geräusche. Ich dachte, der Raum sei schuld daran, und rief den Techniker. Er forderte mich auf, sie zu beschreiben, und nachdem ich das getan hatte, sagte er: «Sehen sie, das hohe Geräusch war ihr tätiges Nervensystem und das niedrige Geräusch ihre Blutzirkulation.» Mir wurde auf einmal be-wußt, daß es Klänge und Geräusche gibt, die gänzlich unabhängig von mir existieren. Stille ergibt sich in dem Moment der Veränderung meines Bewußtseins. Es geht darum, Klänge hören zu lernen, und nicht so sehr darum, eigene Musik zu machen und in den Vordergrund zu stellen. Seitdem dreht
sich meine Arbeit um genau dieses Problem. Wenn ich ein neues Musikstück herstelle, versuche ich es so zu konzipieren, daß es auf gar keinen Fall die Stille unterbricht,
die bereits schon vorhanden ist.
FF
114
Die von technischen Medien bewirkte Veränderung der Realität hat paradoxerweise die zentrale Stellung des «Körpers» als unser erstes Medium herausgestellt. Wie hilflos die Begriffe des Körpers, des Leibes dastehen, erkennen wir im komplexen Vorgang der Wahrnehmung, in der Entwicklung unserer Handlungs- und Denkfähigkeit, in der engen Verflechtung von Bewegen und Wahrnehmen, im feinsten Augenflimmern, der Veränderung des Muskeltonus, der Berührung, des Unterbruchs eines Klangs. Nietzsche verteidigt den Körper als «Ausgangspunkt». Er forderte, sich am «Leitfaden des Leibes» zu orientieren und die Erdung des Denkens im Körper zu vollziehen. Für ihn war der Körper als Ursprung aller Werte eher Herr als Diener; die Seele dagegen ablenkende, verderbliche Illusion. Nietzsche wäre aber gegen-über heutigen Trends wohl vorsichtig, die den Körper als das, was wir zutiefst und unmittelbar sind, definieren. Der Körper ist
für ihn doch immer eine Konstruktion aus einer riesigen Vielfalt unterschiedlichster Elemente und «Lebensprozesse». Das Bild des Körpers als Einheit ist nur ein «von Auge konstruiertes Ganzes».
FF
115
In der westlichen Tradition muss der Körper im Raum fixiert werden, wenn der Betrachter das Bild überhaupt sehen soll. Von der mo-nokularen Perspektive der Renaissance bis zum modernen Kino muss der Körper still-gestellt und eingesperrt werden. Das an den Tisch gekettete Buch lässt sich als Vor-läufer des Bildschirms verstehen. Die frühe Photographie und später das Kino setzten die Tendenz zur Einsperrung fort. Durch Virtuelle Realität (VR) verschwindet nun der Bildschirm. Frontalität, rechteckige Oberfläche, Unterschiede im Grössenmaßstab
sind nicht mehr vorhanden. Gleichzeitig aber sperrt VR den Körper in einem noch nie
dagewesenen Ausmass ein. Das paradoxe der VR besteht darin, den Zuschauer sich physisch bewegen zu lassen und ihn gleichzeitig an die Maschine zu fesseln. Immer wird dabei die existierende physische Realität übersehen, ausser Acht gelassen, verlassen. Es ist der letzte Akt in der langen Geschichte der Einschliessung des Körpers.
FF
116
In der griechischen Antike wurde Kommunika-tion als mündlicher Dialog zwischen Menschen verstanden. Das hiess auch, dass phy-sische Bewegung den Dialog und den Denk-prozess stimulierte. Aristoteles und seine Schüler gingen herum, während sie philosophische Probleme diskutierten.
FF
117
Ideale zu schaffen, neue und ewige, in und von der Welt, alte und vergängliche, ist meine Aufgabe, die Roboter nicht leisten können. Dar hat mich meine Muer zur Welt gebracht.
FF
118
lso, da ist Bewegung, Formen jedweder Ge-stalt, Linien, Flächen, Volumen, Punkte und Klänge bildend, in statischen und dynamischen Zuständen, unterteilt in Farbtöne, Farb-gebungen, Strukturen, Fakturen, Konstruktion und System.
FF
119_1
Das Verständnis der ästhetischen Botschaft basiert auf einer Dialektik zwischen Akzen-tuierung und Ablehnung der Codes. [...]
Ein Charakteristikum der ästhetischen Kommunikation ist der Verfremdungseffekt. [...] Die Kunst erhöht die Schwierigkeit und die Dauer der Wahrnehmung, sie beschreibt
das Objekt, als ob sie es zum ersten Mal sähe (als ob es nicht schon Formeln gäbe, es zu
beschreiben). Der Zweck des Bildes ist es nicht, unserem Verständnis die Bedeutung, die es trägt, näherzubringen, sondern eine besondere Wahrnehmung des Gegenstandes zu schaffen.
FF
119_2
Willst du Kenntnisse erwerben, mußt du an der die Wirklichkeit verändernden Praxis teilnehmen. Willst du den Geschmack einer Birne kennenlernen, mußt du sie verändern, das heißt sie in deinem Mund zerkauen.
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120
Life... it is a tale / told by an idiot, full of sound and fury / signifing nothing.
Das Leben ist eine Geschichte, die ein Idiot erzählt, voll Lärm und Wut, und sie bedeutet nichts.
FF
121
Eine unendliche Beziehung: Sprache und Malerei verhalten sich zu-einander irreduzibel: vergeblich spricht man aus, was man sieht: das, was man sieht, liegt nie in dem, was man sagt.
FF
122
So ist meine Arbeitsstrategie mehr zu einem Wechselspiel von schichten, umschichten und umfalten, entfalten, auslegen geworden: Kein Entweder-oder. Ein Entwurf, oder prä-ziser ein ständig neuer Faltenwurf.
FF
123
Für die ästhetische Theorie zeitigt das eine weitreichende Konsequenz: ihr Hauptbegriff kann nicht mehr Kreativität sondern muss Wahrnehmung lauten. [...] Erst nachdem der Kreativismus gestürzt ist, kann die ästhetische Theorie werden, was sie in der werk-wütigen Moderne nicht sein durfte: Schule der Wahrnehmung, Lehre von Abrüstung, Anleitung zum Allgemeinen Komponieren, Kunst des Umgangs mit Kunst, Technik der Entbrutalisierung der Technik, Ästhetische Ökonomie, Logik der Schonung, Wissenschaft vom Unterlassen. [...]
[...] Ästhetik hingegen wäre die
Aufklärung menschlicher Bewegungen durch ein waches Dabeisein und Darinsein.
Aufgeklärte Beweglichkeit zeigt sich darum weniger in der lauten Akklamation von Kunstwerken — Kunstbedarf ist eher ein Indiz von struktureller Barbarei — als
in dem stillen Einbau von Aufmerksamkeit in Lebensformen.
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124
Kultur ist alles, was wir der Wildnis entreissen und im landwirtschaftlichen, aber auch
im übertragenen Sinn kultiviert, d.h. bebaut, gehegt und gepflegt haben. [...] Kultur
ist immer auch eine Kritik an Kultur. Die Welt ist entdeckt, jeder Urwald parzelliert, und dennoch gibt es eine Wildnis, die sich für einige von uns erhalten hat: das Religiöse, Gott
und die Götter. Sie entzogen sich der Kultivierung, sie bleiben fremd. [...] Kultur enthält für Adorno ein Element des Widerspruchs gegen die blinde Notwendigkeit: nämlich den Willen, sich selbst zu bestimmen durch Erkenntnis.
Heute sind wir nach Adorno einer Macht ausgesetzt, der Technik, die sich ins Ungemessene, dadurch ins Irrationale
und also in einen Bereich hinauf entfaltet, der uns göttergleich bedroht und unterdrückt. Das Wort LORD ist durch das Wort FORD ersetzt.
Geschichte ist ein Prozess, so dass das Neue, das aus den Säften der Überlieferung sich nährt, dem Alten «authentisch» gegenübertreten kann; und zum andern haben wir, wie gesagt, den Willen und das Vermögen uns selbst zu bestimmen durch Erkenntnis: Wir sind in der Lage das Neue, das sich in der Wirklichkeit anmeldet, wahrzunehmen und ins Bild zu setzen. Diese Wörter müssen wir wörtlich verstehen. Es geht um Wahrnehmen, es geht um Bilder, um Bildung, also um Kunst. Um die richtige Kunst, um die äus-serste Kunst, denn nur das, was ausserhalb der Konformität mit den herrschenden ge-sellschaftlichen Interessen geschaffen wird, was sich der wirtschaftlichen Verfügung entzieht und «authentisch» gegen die Tradi-tion steht, lässt Adorno gelten. Er ist ein
radikaler Partisan der Avantgarde. In einer Welt der Unwahrheit soll die Kunst eine künftige Wahrheit raunen. Formale Progressivität und daseinsverändernde Qualität werden in eins gesetzt. Diese Forderungen müssen und mussten scheitern und führen zu einer formalästhetischen und ideologischen Erstarrung und zu einer endlosen Repe-tition (z.B. der Erfindungen eines Duchamp). Das «Endspiel» setzt ein Ende, und jedes Stück, das dieses Ende noch einmal thematisiert, springt nicht, wie es glaubt, über
die äusserste Grenze hinaus, sondern fällt hinter Beckett, den es nachahmt, zurück. Was sich revolutionär gibt ist epigonal. [...] Was ist Kunst? Vielleicht die extremste Form des kulturellen Kampfes. Vielleicht müssen
wir noch weiter gehen, über die Grenzen hinaus und die Behauptung aufstellen: Kunst ist der Zusammenstoss mit der Kultur, nämlich der riskante Versuch in die Wildnis zurückzukehren, in die Wildnis von Erfahrun-gen, in die Wildnis der eigenen Seele, jedenfalls ins Fremde, ins Ausgesonderte, an
die Grenze des Universums und ins Innere der Dinge.
Vielleicht lebt die Kultur in und von diesem Widerspruch. Kultur kultiviert diese Welt, und die Kunst, in der sich eine Kultur am deutlichsten ausdrückt, zeigt auf, dass die Wildnis lebt. Kultur gibt es nur im Plural. Und im Schlaf. Und die Kunst? Sie ist singulär, ist Wildnis, ist Traum.
FF
125
Warum macht uns der Ozean oder das Meer seekrank? Ist nicht vielleicht Seekrankheit wie Schwindel (Kants Anthropologie bringt beide miteinander in Verbindung) eine Sehnsucht nach etwas, was uns krank macht? Wie Heimweh oder Liebeskummer könnte sie ein zutiefst ambivalentes Element enthalten: Das Meer macht uns vielleicht krank, weil Seekrankheit eine Art Heimweh ist, ein unmöglicher, enttäuschter oder unterdrückter Wunsch, dorthin zurückzukehren; Ferenczi nennt das den «thalassalen Regressionszug»: das Streben nach der in der Urzeit verlassenen «See-Existenz». Der Koitus, sagt Ferenczi, sei der Ersatz für den Wunsch zur Rückkehr in den Mutterleib und dieser wiederum ein Ersatz für das Ur-Meer, denn das Fruchtwasser verkörpert den in den Mut-terleib introjizierten Ozean.
FF
126
Ein Opernsänger trat in Parma auf, wo das Publikum sich in Sachen Oper wirklich
auskennt. Nachdem er schlecht gesungen hatte, forderte das Publikum Zugabe um Zugabe, und er dachte:« Das ist ja merkwür-dig, ich dachte, die verstehen was von Oper hier.» Schliesslich krächzte er: «Ich kann nicht mehr singen!» Und eine Stimme aus den hinteren Plätzen rief: «Und Du wirst
das singen, bis Du es kannst!»
FF
127
Die Ethnologin Margaret Mead lernte schnell die Umgangssprache vieler Stämme, indem sie auf Objekte zeigte, und auf das entsprech-ende Geräusch wartete. Einmal besuchte
sie einen Stamm, zeigte wieder auf verschie-dene Objekte und hörte immer die gleichen Geräusche:«chu mulu». Eine primitive Spra-che, dachte sie, sie haben nur ein Wort
zur Verfügung. Später erfuhr sie, dass «chu mulu» «mit dem Finger zeigen» bedeutet.
FF
128
Es ist interessant festzustellen, dass wir die unerklärlichen Dinge — d.h. die Dinge, die wir nicht begründen oder verstandesmässig nicht erfassen können, nicht sehen möchten. In anderen Worten: Etwas, das wir nicht erklären können, kann nicht gesehen werden. Wir nehmen unseren blinden Fleck nicht wahr. Nein, wir können nicht sehen, dass wir einen blinden Fleck haben.
FF
129
— Ist die Frage nach dem Ursprung des Univer-sums eine unentscheidbare Frage?
— Sind Zahlen, mathematische Formeln, Theoreme, Beweise usw. Entdeckungen oder sind sie unsere Erfindungen?
— Können wir wirklich nur die Fragen, die im Prinzip unentscheidbar sind, entscheiden?
— Wie sind Fragen zu beantworten, die prinzipiell unentscheidbar sind? [...]
— [...] Nur die Fragen, die prinzipiell un-entscheidbar sind können wir entscheiden.
— Warum?
Einfach, weil über entscheidbare Fragen schon immer durch die Wahl des Rahmens, indem sie gestellt werden, entschieden wird. Der Rahmen selbst mag sogar eine Antwort auf die von uns gestellte prinzipiell unentscheidbare Frage sein. Diese Beobachtung verdeutlicht den Unterschied zwischen diesen zwei Arten von Fragen. Antworten auf entscheidbare Fragen sind von Notwendigkeiten diktiert, während Antworten auf
unentscheidbare Fragen durch die Freiheit unserer Wahl bestimmt werden. Aber für diese Freiheit der Wahl müssen wir die Verant-wortung tragen. Dies verdeutlicht zusätzlich den Unterschied zwischen diesen Fragen: Verfahrensweisen, durch die man eine
Ant-wort auf entscheidbare Fragen erhält, mögen falsch sein, deshalb taucht in diesem Zusammenhang die Vorstellung von Wahrheit auf. Ethik ist jedoch der Bereich, in dem wir Verantwortung für unsere Entschei-dungen übernehmen. Das Antonym für Notwendigkeit ist nicht Zufall, es ist vielmehr Freiheit, es ist Wahl.
FF
130
[...] und es geht doch immer um den Kö-rper — um den Körper und seine Kräfte,
um deren Nützlichkeit und Gelehrigkeit,
um deren Anordnung und Unterwerfung. [...]
[...] Aber der Körper steht auch un-mittelbar im Felde des Politischen; die Macht-verhältnisse legen ihre Hand auf ihn; sie
umkleiden ihn, markieren ihn, dressieren ihn, martern ihn, zwingen ihn zu Arbeiten,
verpflichten ihn zu Zeremonien, verlangen
von ihm Zeichen.
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131
Beweisführung:
— Die wahren, unmittelbaren oder legitimen Beweise.
— Die mittelbaren, mutmasslichen, künstlichen Beweise.
— Die offensichtlichen Beweise.
— Die beachtenswertern Beweise.
— Die unvollkommenen oder unbedeutenden Beweise.
— Die «vollen» Beweise (die dringlichen oder notwendigen Beweise).
— Die «halbvollen» Beweise.
— Die «Hilfsbeweise » (öffentliche Gerüchte, Flucht des Verdächtigen, Verwirrung des Angeklagten beim Verhör).
FF
132
Ich halte das Rohmaterial der inneren Bilder und den Erfahrungsschatz, den wir alle
in uns tragen, für extrem wichtig in meiner Arbeit. Solche Bilder oder Stimmungen
sind reichhaltiger als ein abstrakter Gedanke. Ein Bild umfasst Dinge, von denen ich im Moment der Eingebung nicht einmal weiss, was sie bedeuten. Ich versuche dann herauszufinden, warum mir ein solches Bild bei einer bestimmten Bauaufgabe in den Sinn kommt. Denken in Bildern ist nicht das Gegenteil von abstraktem Denken. Auch bei einem abstrakten Gedanken hat man räumliche Vorstellungen. Deswegen erkläre ich auch jungen Architekten immer wieder, dass die Form eigentlich erst am Schluss kommt. Grundriss, Aufriss etc. sind wie Partituren
in der Musik. Man muss sie aufführen, und dann erst hört oder sieht man sie. Zeichnen als Abbild, das gibt es bei mir nicht. Zeichnen ist eine Sucharbeit, ein Hilfsmittel für das Denken.
FF
133
Etwas wirklich Wertvolles kann man oft nur durch scheinbar sinnloses Tun erreichen.
FF
134
Ich glaube, ich habe nie eine Gedanken-bewegung erfunden, sondern sie wurde mir immer von jemandem anderen gegeben.
Ich habe sie nur sogleich leidenschaftlich
zu meinem Klärungswerk aufgegriffen.
FF
135
Die Kurzvorbereitung:
1. Was ist meine Hauptbotschaft?
2. Was sind meine wichtigsten Argumente?
3. Welche Beispiele kann ich bringen?
4.
Was für Gefühle habe ich eigentlich bei der ganzen Sache?
Wer sich auf diese Weise vorbereitet, kann die Drei-Minuten-Rede zu einem wichtigen Instrument machen, das der eigenen Karriere förderlich sein kann.
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136
Spielregeln für «Persönliches Resource
Management»:
1.
Ungeschriebene Gesetze Ihres Arbeits-umfeldes kennenlernen
2. Lösungen statt Probleme
3. Beziehungsnetz aufbauen
4. Investition in Marktfähigkeit
5. Selbstmotivation
6. Inhalte statt Hülsen
7.
Stolpern fördert (leisten sie sich ab und zu einen Fehler)
7. Erwartungen formulieren
8. Kreative Tapetenwechsel
9. Ausgeglichenes Privatleben und Freizeit
10. Das Rezept sind Sie
FF
137
Zitiere leise für dich ein Gedicht in der
Generalversammlung einer Aktiengesellschaft, und dieses wird augenblicklich ebenso sinnlos werden, wie es das Gedicht in ihr ist.
FF
138
Vor vielen Jahren habe ich ein Mädchen
verloren, und es hört nicht auf, dass ich sie verliere.
FF
139
Verglichen mit der Klarheit, die eine mündliche Überlieferung bietet, [...] hat das Zeugnis alter Bücher zum Thema frühe Religionen nur einen geringen Wert. Denn das Schrifttum beschleunigt den gedanklichen Fortschritt in einem Mass, das die lang-same Entwicklung der Überzeugungen durch das gesprochene Wort unendlich weit
hinter sich lässt. Zwei oder drei Generationen Schrifttum können das Denken stärker verändern als zwei- oder dreitausendjähriges Leben in mündlicher Überlieferung. Aber das Schrifttum ist, wie wir heute wissen verglichen mit Presse, Radio, Film, (Internet) ein relativ konservatives, den Zeitfluss bindendes Medium. Und so taucht heute
die Frage auf: Wie viele tausend Jahre Wandel können wir uns alle zehn Jahre erlauben?
FF
140
Endlich komm ich, endlich komm ich
von mir weg, endlich komm ich in den
Zwitscherraum.
FF
141
Wir leben nicht in einer homogenen Welt, sondern in einem Multiversum, und dieses wird nicht nur von einem Typ von Wesen
besiedelt, sondern von unendlich vielen ver-schiedenen Typen. [...] Wir haben die Pluralität der Existenzweisen geleugnet. [...] Eine Umstellung erfordert die Austreibung von Grosskategorien wie «Gesellschaft», «Natur» und «Subjekt» sowie ihre Gegenstücke: «Individuum», «Kultur», «Objekt», aus unserem Weltverständnis. [...] Die Re-alität besteht aus Verknüpfungen und Verknotungen, Flows und Streams. [...]
In dieser Erzählung dreht sich alles um Gaia, eine Erde, die uns enge Grenzen auf-erlegt, weil wir ihr zu lange das Projekt der Modernisierung aufgebürdet haben.
FF
142
Der Betrachter moderner Werke lernt, dass Bilder nicht verschwinden, sondern dass sie sich auf völlig gewandelte Weise bezeugen. Sie wechseln ihr materielles Kleid, gewiss auch ihren Gehalt und dennoch sind sie wei-terhin Bilder, deren jeweilige ikonische Dif-ferenz zu sehen und zu denken gibt. So betrachtet ist das gewaltige Transformationsgeschehen in der Kunst unseres Jahrhunderts durchaus auf das Stichwort einer gewandelten Ikonizität hin zu diskutieren.
Der retrospektive Blick auf die Zeit der An-tike, auf prähistorische Artefakte, auf Volkskul-turen, auf den Bereich der sogenannten angewandten Kunst, ebenso sehr der Blick
auf aussereuropäische Stammeskunst bzw. auf die bildnerische Hinterlassenschaft ferner Kulturen verdeutlichen, dass unser — oft unausgesprochenes — Vorurteil, das Bild als Modell des «Gemäldes» oder des Tafelbildes zu messen, in die Enge führt und revisionsbedürftig ist [...] Denn tatsächlich sind viele Bedingungen des Bildes weiterhin im Spiel: Anschaulichkeit, Begrenzung (wie prekär auch immer), Ökonomie
der Mittel, Totalität u.a.. Es geht weiterhin darum, im ausgesteckten Feld der Materie einen Überschuss an Sinn zu erzeugen.
FF
143
Der Unterhaltungsvirus hat seinen Ursprung in den USA. Es liegt etwas zutiefst Amerikanisches in dem Bestreben, die spirituellen und mentalen Mängel unseres Lebens mit Un-terhaltung zu füllen. Nun hat sich das amerikanische Virus um den Globus verbreitet.
FF
144
Gibt es also keine gesellig-unterhaltsame Kunst?
— Man will vor einem grossen Bild stehen und sich klein fühlen.
— In der Kunst findet ein verlässliches Mass an Repression statt.
— Leider kann man heute nichts mehr machen, was nicht kunstverdächtig ist: Marcel, ich möchte mein Pissoir wiederhaben.
— Wo ist der Ort der Kunst?
— Was bedeutet Kunst überhaupt?
— Gegen das Zuviel an (Kunst-) Dingen in unserer Überflussgesellschaft.
— Für ein Agieren als Katalysator von Denk- und Kommunikationsprozessen im Betrachter.
FF
145
Wir arbeiten in der Dunkelheit — wir tun, was wir können, wir geben, was wir haben. Unser Zweifel ist unsere Leidenschaft,
und unsere Leidenschaft ist unsere Aufgabe. Der Rest ist der Wahnsinn der Kunst.
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146
Schrödinger hatte zwei Antworten auf die Frage «Was ist Leben?» gegeben. Erstens die, dass Lebewesen Inseln der Ordnung sind, zweitens, dass sie von einem aperiodischen Kristall bestimmt sind, der DNS.
FF
147
1 Ist Schöpfung Sublimation?
2 Befriedigt, erquickt das Werk die Leute?
3
Wird das eigene Begehren der Leute, zu schauen, befriedigt?
4
Erhebt dies die Seele, d.h. ermutigt dies ihrerseits zur Entsagung?
5
Ist das Blickzähmung? Oder Augentäuschung?
6
Was verführt, was befriedigt uns an der Augentäuschung?
7
Rivalisiert das Bild mit dem Schein, oder mit dem, was uns Platon jenseits des Scheins uns als Idee vorstellt?
8
Stellt der Maler die Quelle für etwas dar, das ins Reale zu gelangen vermag?
FF
148
Mich ergötzt und zersetzt vor Freude das
in mir ruhende musikalische Mysterium, das Reflexe in melodischen Wogen auswirft,
das mich zerfasert und meine Substanz auf reinen Rhythmus reduziert.
FF
149
Die menschliche Kommunikation ist ein Kunst-griff, dessen Absicht es ist, uns die bru-tale Sinnlosigkeit eines zum Tode verurteilten Lebens vergessen zu lassen. Von «Natur» aus ist der Mensch ein einsames Tier, denn
er weiss, dass er sterben wird und dass in der Stunde des Todes keine wie immer geartete Gemeinschaft gilt: Jeder muss für sich allein sterben. Und potentiell ist jede Stunde die Stunde des Todes. Selbstredend kann man mit so einem Wissen um die grundlegende Einsamkeit und Sinnlosigkeit nicht leben. Die menschliche Kommunikation webt einen Schleier der kodifizierten Welt, einen Schleier aus Kunst und Wissenschaft, Philosophie
und Religion um uns und webt ihn immer dich-ter, damit wir unsere Einsamkeit und un-seren Tod und den Tod derer, die wir lieben, vergessen. Kurz, der Mensch kommuniziert mit anderen, ist ein «politisches Tier», nicht weil er ein geselliges Tier ist, sondern weil er ein einsames Tier ist, welches unfähig ist,
in Einsamkeit zu leben.
FF
150
Jean Piaget formuliert sein Konzept der
Indeterminiertheit, dass es um die Anerkennung des Spontancharakters der geistigen Kulturentwicklung geht. Das was ein Individuum wird, ist weder primär von seiner Umwelt noch vom Ensemble seiner Erbeigen-schaften allein abhängig, sondern von seiner Aktivität, seiner Eigenbewegung, die über weite Strecken eigenen Regeln folgt.
FF
151
Ein alter Posthalter von 70 Jahren Alter kam einst mit zwei Schimmeln aus Russland
gefahren. Die Schimmel, die Schimmel die waren so keck und warfen den alten Post-halter in Dreck.
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152
Der menschliche Körper soll zu achtzig Prozent aus Wasser bestehen, es ist daher auch kaum verwunderlich, dass sich jeden Morgen ein anderes Gesicht im Spiegel zeigt. Die Haut an Stirn und Wangen verändert sich von Augenblick zu Augenblick wie der Schlamm in einem Sumpf, je nach der Be-wegung des Wassers, das unter ihm fliesst, und der Bewegung der Menschen, die auf ihm ihre Fussspuren hinterlassen.
FF
153
Auch dieses Kinn,
das du manchmal im Spiegel siehst,
Wird man irgendwann finden,
den Kiefer dazu,
Unter anderen Knochen.
Heute noch unrasiert.
Wird es morgen abstrakt sein,
ein weisser Bügel,
Rein wie ein Notenschlüssel aus Draht.
FF
154
Ich spreche von einer fatalen Kluft. Ich glaube nämlich, dass der Berührungsverlust und die Kälte (natur-)wissenschaftlichen Wissens eng verbunden sind mit einer ganz bestimmten Haltung, mit einer chronischen Überangestrengtheit, die diese Erkenntniskultur ihren Vertretern aufnötigt.
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155
E.T.A. Hoffmann hat die Geschichte des Kater Murr verfasst. Der Kater Murr schreibt seine Biografie auf geklaute Blätter seines Meisters Abraham. Beim Druck der Biografie stellt sich nun heraus, dass die Rückseiten z.T. mit physikalischen Problemen des Meisters belegt sind. Der Drucker bemerkte
dies aber zu spät, und so vermischen sich die Lebensgeschichte des Katers, mit Problemen der Physik und der Welt der Unterhaltung, die den Meister beschäftigen: Notizen zur Konstruktion von Springbrunnen, Wasser-spie-len und weiteren Automaten.
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156
Das Bildchen jetzt kommt niemals wieder.
FF
157
— Liebe und Krieg (Gimme Shelter)
— Lust und Mord (Midnight Rambler)
— Sex und Drogen (Brown Sugar)
— Freude und Verzweiflung (Paint it Black)
— Schuld und Sühne (Saint of Me)
— Spiel und Leidenschaft (Tumbling Dice)
—
Besinnung und Niedertracht
(Sympathy for the Devil)
— Sucht und Ruhm (Before They Make
Me Run)
—
Mann und Frau in allen Varianten und
Positionen (Some Girls, Bitch,
Ruby Tuesday, Honky Tonk Women)
FF
158
Wahrnehmung lässt sich am liebsten auf bekannte Muster ein, d.h. beim Hören eines Dur-Akkordes oder 4/4-Taktes stellt sich
ein Erkennen im muttersprachlichen Sinn ein. In der klassischen Musik kennen wir
die übliche Sonatenhauptsatzform. Helmut Lachenmann nennt dies in einem kritisch-
ironischen Sinn «Geborgenheitsästhetik», eine Kategorie von Kunst, die durch Kon-vention verführt.
FF
159
Ich ertrage die Unzerrissenen nicht, nie-mand der nicht raues Wetter durchlitten hat,
zusammengebrochen, in Stücke gerissen worden ist, sich selber wieder zusammengeflickt hat, mit breiter Naht, gezackten Stichen, nichts Hübsches. Dann strahlt etwas aus. Doch die hier glänzen nur von aussen, die Arschgeigen. Ich bin ehrlich, ich mag
sie nicht.
FF
160
Jedes Ding ist, gleichsam, in einem Raum möglicher Sachverhalt. Diesen Raum kann ich mir leer denken, nicht aber das Ding ohne Raum. [...]
[...] Ein Mensch ist in einem Zim-
mer gefangen, wenn die Tür unversperrt ist, sich nach innen öffnet; er aber nicht auf
die Idee kommt zu ziehen, statt gegen sie
zu drücken.
FF
161
Was ich Poesie nenne wird oft Inhalt genannt. Ich selbst habe es Form genannt. Es ist die Kontinuität eines (Musik)Stückes. Kontinuität heute, wo sie notwendig ist, ist eine
Demonstration des Desinteresses. [...]
[...] Die meisten Reden sind voll
von Ideen. Diese hier braucht keine zu haben. Aber jeden Augenblick kann eine Idee da-herkommen. Dann können wir uns darüber freuen. [...]
[...] Struktur ohne Leben ist tot. Aber Leben ohne Struktur ist nicht wahrzunehmen.
Pures Leben drückt sich in und durch Struktur aus.
Deutlich fangen wir an nirgendwo hinzugelangen.
Aber eins ist sicher. Wenn man etwas macht, was nichts zu sein hat, muss, wer
es macht, das Material, das er wählt, lieben und Geduld damit haben.
Sonst macht er aufmerksam aufs
Material, das etwas Bestimmtes ist, während es nichts war, das gemacht werden sollte; oder er macht aufmerksam auf sich, während nichts anonym ist. [...]
[...] Die Technik Material zu behandeln ist, auf Sinnesebene, was Struktur
als Disziplin auf rationaler Ebene ist. [...]
[...] Ich erinnere mich Klang geliebt zu haben bevor ich je eine Musikstunde nahm. Und so bestimmen wir unser Leben durch das, was wir lieben. [...]
[...] Ich weiss eine Geschichte:
«Es war einmal ein Mann der stand
auf einer Anhöhe. Eine Gruppe von Männern, die gerade die Strasse entlangkamen, bemerkten von weitem den Mann, der auf der Anhöhe stand, und sprachen miteinander über diesen Mann. Einer von ihnen sagte: er muss sein liebstes Tier verloren haben.
Ein anderer sagte: Nein, es muss sein Freund sein, nach dem er Ausschau hält. Ein dritter sagte: Er geniesst nur die kühle Luft dort oben. Die drei konnten sich nicht einigen und die Diskussion (wollen wir nachher eine
abhalten?) ging weiter bis sie die Anhöhe er-reichten, wo der Mann stand. Einer von
den dreien fragte: O Freund da oben, hast du nicht dein Lieblingstier verloren? Nein Herr, ich habe keins verloren. Der zweite Mann fragte: Hast du nicht deinen Freund verloren? Nein Herr, ich habe auch meinen Kopf
nicht verloren. Der dritte Mann fragte: Ge-niesst du nicht die frische Brise da oben? Nein Herr, das nicht. Was also stehst du da oben, wenn du nichts sagst auf all unsre
Fragen? Der Mann oben sagte:«Ich stehe hier nur.» [...]
[...] Eine Methode ist eine Kontrolle [...] Eine Struktur ist wie eine Brücke
von nirgendwo nach nirgendwo und jeder kann auf ihr gehen, Geräusche oder Töne, Mais oder Weizen. [...]
[...] Möchten Sie gerne einer Ge-sellschaft beitreten, die sich Kapitalisten AG nennt? [...]
[...] Ein jeder hat ein Lied, das gar kein Lied ist: Es ist ein Vorgang des Singens, wenn du singst bist du wo du bist. [...]
[...] Alles, was ich über die Methode weiss, ist dies, dass ich manchmal, wenn
ich nicht arbeite, denke, ich wüsste etwas, aber wenn ich arbeite, ist es ganz klar,
dass ich nichts weiss.
FF
162
Dies ist ein Vortrag über etwas und natürlich auch ein Vortrag über nichts. Darüber, wie etwas und nichts einander nicht entgegengesetzt sind, sondern einander brauchen um in Gang zu bleiben. [...]
[...] Wenn Kunst von innen kommt, was sie so lange tat, wurde sie ein Ding, das den Mann, der es schuf zu erheben schien über jene, die es beachteten oder hörten; und der Künstler wurde als Genie betrachtet oder bewertet: Erster, Zweiter, Nicht gut, bis schliesslich zur Fahrt im Bus in der U-Bahn: so signiert er stolz sein Werk wie ein Fabrikant.
Aber da sich alles verändert, geht die Kunst jetzt nach innen und es ist höchst wichtig kein Ding zu erzeugen, sondern im Gegenteil nichts. Und wie tut man das?
Man macht etwas, das dann nach innen geht und uns an nichts erinnert. Es ist wichtig, dass dieses Etwas bloss etwas ist, begrenzt etwas; dann geht es sehr einfach nach innen und wird unbegrenzt nichts. [...]
[...] «Die höchste Verantwortung des Künstlers ist es, Schönheit zu verbergen.» Die wichtige Frage ist: Was ist es, das nicht einfach schön ist, sondern auch hässlich, nicht bloss gut, sondern auch böse, nicht bloss wahr, sondern auch Illusion. Mir fällt jetzt
ein, dass Feldman von Schatten sprach. Er sagte, dass die Klänge nicht Klänge, son-dern Schatten seien. Es sind offensichtlich Klänge; deshalb sind sie Schatten. Jedes Etwas ist ein Echo von nichts. [...]
[...] denn wir haben festgestellt, dass wir durch Ausschluss innen dünn werden, auch wenn wir vielleicht aussen ein enormes Bankkonto haben. Für Etwas braucht man Kritiker, Kenner, Urteile von Autoritäten, andernfalls wird man beschwindelt; aber für nichts kann man all diesen Schnickschnack entbehren, niemand verliert nichts, denn nichts hat man in sicherem Besitz. Wenn man nichts in sicherem Besitz hat, ist man frei jedes Etwas zu akzeptieren. [...]
[...] Aber wenn einer den sichern Besitz von nichts beibehält, dann gibt es keine Grenze für das, was er uneingeschränkt geniessen kann. In diesem uneingeschränkten Genuss gibt es keinen Besitz von Dingen. Es gibt nur Genuss. Was man besitzt, ist nichts. Ist man im Zustand des Nichts, hat man das Etwas in einem verhindert:
Charakter. [...]
[...] Manchmal sagen die Leute ängs-tlich: Ich verstehe nichts von Musik aber
ich weiss, was ich mag. Doch die wichtigsten
Fragen werden nicht nur durch das Mögen, sondern das Nicht-mögen und Akzeptieren sowohl dessen, was man mag wie nicht
mag, beantwortet. Andernfalls gibt es keinen Zugang zur dunkeln Nacht der Seele. [...]
[...] Kein einziger Klang fürchtet die Stille, die ihn auslöscht. Und es gibt keine Stille, die nicht mit Klang geladen ist. [...]
[...] Wenn du es lässt, trägt es sich selbst. Du brauchst es nicht. Jedes Etwas ist eine Feier des Nichts, das es trägt. Wenn
wir die Welt von unseren Schultern nehmen, bemerken wir, dass sie nicht fällt. Wo liegt die Verantwortung?
[...] «Erde» (das ist jedes Etwas) «entgeht nicht dem Himmel:» (das ist nichts) «ob sie aufwärts fliegt oder abwärts fliegt,
der Himmel dringt dennoch in sie ein, füllt sie mit Kraft, macht sie fruchtbar, sei es zu ihrem Wohl oder zu ihrem Weh.» Meister Eckhart.
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163
Musik (Kunst) ist eine Übervereinfachung der Situation, in der wir uns tatsächlich befinden. [...] Ich habe bemerkt, dass Musik für mich dann am lebendigsten ist, wenn mich das Zuhören zum Beispiel vom Sehen
nicht ablenkt. Man sollte Musik sehr natürlich auffassen.
Keine Technik. [...]
[...] Die Präparierung der Klaviere wird auch vom Zufall bestimmt. Die verschiedenen Materialien, die es gibt werden in den folgenden Kategorien untergebracht:
P bedeutet Plastik, Knochen, Glas etc.,
M bedeutet Metall
S bedeutet Stoff, Fasern, Gummi,
H bedeutet Holz, Papier
X bedeutet anderes Material, besondere Umstände, freie Wahlmöglichkeit usw. [...] Form ist nicht zweimal das gleiche. [...]
[...] Vor Jahren fragte ich mich «Warum schreibe ich Musik?» Ein indischer Musiker sagte mir, die traditionelle Antwort in Indien sei «Um den Sinn nüchtern, und dadurch für göttliche Einflüsse empfänglich zu machen.» [...]
[...] Was ich denke und was ich fühle, kann meine Inspiration sein, doch es ist dann auch mein Paar Scheuklappen. Um zu sehen, muss man über die Vorstellung hinausgehen, und dazu muss man absolut stillstehen wie im Mittelpunkt eines Sprunges. [...]
[...] Kommunikation, falls erforderlich, ist eine Art des Aufmerksammachens auf die eigene Psychologie. Zugelassen, findet sie von selbst statt und ist letzten Endes
unvermeidlich. [...]
[...] Es gibt nicht so etwas wie Stille. Etwas geschieht immer, das einen Klang erzeugt.
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164
Zitat ist etwas, was ich schon immer hasste. Es ist eher ein Anti-Zitat, es zitiert nichts,
es ist einfach da. Jeder Stein steht für sich selbst und ist gleichzeitig nur Funktion.
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165
In Wissenschaft und Krieg gibt es Regeln
für die Behandlung von Menschen; nicht so aber in der Kunst.
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166
Was heute aus dem Gedächtniskult verschwunden ist, bezeichnet das entscheidende Problem: Die Unvermeidlichkeit der Aus-zehrung eines Erinnerungsvermögens, das nicht Bewahrung will, sondern Überwindung, nicht Konstanz, sondern Bruch, nicht Konservierung, sondern Zerstörung. Erinnerung beruht nämlich entschieden auf Zer-störung und bewirkt diese unentwegt. [...]
[...] Wer zuviel abrufen kann und soll, vermag sich nicht mehr zu orientieren. [...] Alles zu erinnern bedeutet, nichts mehr zu überblicken. [...]
[...] Gedächtnis ist weiterhin das bloss Auswendige, das Speicherbare, ein Mecha-nisches: die Welt der Archive und Datenordnungen. Erinnern dagegen ist das Inwendige, ein Lebendiges. Gedächtnis und Erinne-rung fallen prinzipiell nicht zusammen. [...]
[...] Wesentliche Tätigkeit des Erinnerns ist nicht die Gedächtnisbildung,
die dem Training der Mnemotechniken entspringt, sondern das vom Schriftsteller Marcel Proust unvergleichlich geschilderte unwillentliche Erinnern, die «mémoire
involontaire». Die Wege einer assoziativen Entwicklung und Verknüpfung des Erinnerns sind subjektiv und an eine integrale Erfahrungswelt der einzelnen Persönlichkeit gebunden.
FF
167
Die Erfahrung der Rückkehr zu dem, was
wir ursprünglich sind, heisst «den Käfig der Vögel betreten, ohne sie zum Singen zu bringen». [...]
[...] Ich bin für die Vögel, nicht für die Käfige (cages).
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168
Unmöglich einzugrenzen, ob das Licht die Dunkelheit erzeugt oder umgekehrt.
FF
169
«Was ist ihre erste Erinnerung?» wurde sie mitunter befragt. Und dann antwortete
sie: «Daran kann ich mich nicht erinnern.»
FF
170
Für die religiösen Bedürfnisse scheint mir die Ableitung von der infantilen Hilflosigkeit und der durch sie geweckte Vatersehn-sucht unabweisbar. [...] Ein ähnlich starkes Bedürfnis aus der Kindheit wie das nach dem Vaterschutz wüsste ich nicht anzugeben.
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171_1
Freud verdanken wir die weitestgehenden Ein-sichten in die Funktionsweise der Herrschaft. Gemäss seiner Auffassung des Naturzustandes erkannte Freud die Ursprünge der Kultur im primären Kampf zwischen Vater und Sohn. Die Söhne, die die Autorität des Vaters stürzen, fürchten schliesslich ihre eigene Aggression und Gesetzlosigkeit und bereuen den Verlust der herrlichen Macht des Vaters; und so richten sie Gesetz und Autorität im Vaterbild wieder auf.
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171_2
Ödipus floh aus seiner Heimatstadt Korinth, um sich dem Spruch des Delphischen Orakels zu entziehen, der prophezeit hatte, er werde seinen Vater erschlagen und mit seiner Mutter Inzest begehen. Was Ödipus nicht wusste, war, dass der Mann, den er
auf der Flucht erschlug, sein leiblicher Vater war, der ihn als Kind ausgesetzt hatte, um sich der nämlichen Prophezeiung zu entziehen. Als Ödipus die Wahrheit erfährt, dass
er seinen Vater ermordet und seine Mutter geheiratet hat, sticht er sich die Augen
aus und verbannt sich aus der menschlichen Gemeinschaft. [...]
[...] Das Bild des gefährlichen Vaters taucht auch in Freuds Mythos der Urhorde wieder auf. Am Anfang der menschlichen Ge-schichte stellt sich Freud eine Urhorde vor, regiert von einem gefürchteten Patriarchen, gegen den die Söhne aufstehen und den sie ermorden. Aus Reue schaffen sich die Söhne ein Ideal der Güte, denn sie fürchten eine Wiederkehr der Aggressivität des Vaters und ihrer eigenen Mordgelüste.
Das Ideal des guten Vaters (und seines Gesetzes) wird also — durch einen psy-chischen Akt der Verinnerlichung — von den Söhnen so geschaffen. Der schreckliche Urvater wandelt sich zum Über-Ich, und dieses Über-Ich stützt das Gesetz, das den Vatermord verbietet. [...]
[...] Die Reue der Söhne war das Ergebnis der uranfänglichen Gefühlsambivalenz gegen den Vater; die Söhne hassten ihn, aber sie liebten ihn auch.
FF
171_3
Es lässt sich plausibel behaupten, dass
die Unterwerfung unter den faschistischen Führer nicht durch das Fehlen väterlicher Autorität bedingt ist, sondern durch die Frust-ration der identifikatorischen Liebe: durch die unerfüllte Sehnsucht nach Anerkennung von Seiten eines frühen idealisierten, aber weniger autoritären Vaters. Wenn das Kind keine solche Anerkennung erfährt, wird
der Vater zum fernen unerreichbaren Ideal. Dieses Scheitern der identifikatorischen Liebe impliziert nicht das Fehlen einer Autorität. Oft geschieht es gerade dann, wenn der Vater autoritär und strafend ist. Erst
die Kombination von narzisstischer Enttäuschung und Angst vor der Autorität produziert jene Art der mit Furcht vermischter Bewunderung, die die Kritiker des Faschismus in der Liebe der Massen zum Führer feststellen. Der faschistische Führer befriedigt den Wunsch nach idealer Liebe, aber in einer Version, die auch ödipale Komponenten wie Feindseligkeit und Autorität um-fasst. Auch hier können wir sagen, dass nicht das Fehlen einer väterlichen Autorität, also die «Vaterlosigkeit», sondern die fehlende Fürsorglichkeit des Vaters zur Unterwerfung führt.
FF
172
Der soziologische Aspekt der Kunst interessiert mich nicht. Er wird allgemein überschätzt. Was wirklich zählt, ist eine der Kunst immanente Eigenschaft, die ich formal-
philosophisch als religiös bezeichnen würde.
FF
173
Der Mensch ist, was er nicht ist, und ist nicht, was er ist.
FF
174
Wenn eine Tätigkeit nur als Vorbereitung
für Ausführungen verstanden wird, dann ist es nur lähmende Vorbereitung. Eine Vor-bereitung nährt die andere, wenn sie nicht für andere, sondern für sich getan ist.
FF
175
Während einer Vorlesung zeichnete John Cage einmal ein Oval und auf halber Höhe links davon zwei parallele Linien. Er sagte: «Das ist die Struktur des Geistes. Die zwei par-allelen Linien sind das Ich. Das Ich hat durch seine Vorlieben und Abneigungen die Fähigkeit, sich von seinen Erfahrungen abzutrennen, ob diese nun von oben, der Welt der Relativität, dem Wahrnehmungssinn kommt oder von unten, dem Absoluten, dem kollektiven Unbewussten und den Träumen. Das Ich kann aber auch, anstatt sich von seiner Erfahrung abzutrennen, mit dieser mitfliessen, und das ist es, so Suzuki, was Zen will. Während ich früher Musik geschrieben hatte, um, wie Gita Sarabhai mit ihrem Lehrer in Indien sagte, den Geist zu beruhigen und zu mässigen, so dass er für gött-liche Einflüsse geöffnet wird, so beschloss
ich damals aufgrund der Vorlesungen
von Suzuki, mich eher nach aussen als nach innen zu wenden, Zufallsoperationen als Methode meiner Musik zu gebrauchen. Ich vertraute darauf, dass diese Methode dem Sitzen mit übergeschlagenen Beinen gleichkomme, dass der Geist wirklich oval sei
(in sich selbst fliessend), so dass meine Noten nicht Ausdruck, sondern Wandlung des Selbst sein würden.»
FF
176
Sprache und Denken sind nur im Gespräch. [...] Nur das gesprochene Wort kann
angemessen verstanden werden. [...]
[...] Der Mensch kann nicht beliebig viel verstehen, sondern nur das, was die Tradition ihm zu verstehen gibt. Die Tatsache, dass wir auf Vorverständnis angewiesen sind, ist eine fundamentale Bestimmung des menschlichen Daseins. [...] Heisst «in Überlieferung stehen» in erster Linie Vorurteilen unterliegen und in seiner Freiheit
begrenzt sein? [...]
[...] Gegen vorschnelle Verurteilung von Vorurteilen!
FF
177
Die Tatsache, dass die Wahrnehmung ein Tun darstellt, lässt sich bereits am anatomischen Aufbau des Sehsystems im Prima-tengehirn ablesen. Es entstehen auf der Netz-haut des Auges optische Bilder von den Sehdingen, die in Form elektrischer Impulse über den seitlichen Kniehöcker im Zwi-schenhirn zunächst zur primären Sehrinde am hinteren Pol des Grosshirns übertragen werden. Es gibt aber, wie der Neuroanatom David van Essen und seine Kollegen berichten, insgesamt 32 funktionell spezialisierte Areale auf der Hirnrinde, die visuelle Informationen verarbeiten, und davon sind 25 sogar überwiegend mit dem Sehvorgang beschäftigt. Zwischen all den Arealen sind 305
Verbindungen bekannt, die etwa ein Drittel von dem ausmachen, was in einem voll vernetzten System möglich ist. Von verschie-dener Bedeutung ist nun die Tatsache, dass keines der visuellen Hirnareale die Rolle eines Fernsehschirms im Gehirn spielt, auf dem die Information aller anderen Areale
zu einem Bild der Welt zusammengefasst wird. [...]
[...] Trotz grosser Fortschritte in
der Hirnforschung kann nicht die Rede sein, dass wir das Problem der visuellen Wahrnehmung wirklich verstanden hätten. [...]
[...] Es bestätigt sich die Erkenntnis der Psychologie, dass Wahrnehmung weni-ger ein Abbilden als ein Auswahlprozess ist. Dabei bleibt aber unklar, wie Wahrneh-mungsinhalte begriffen und in angemessenes Handeln in der Welt umgesetzt werden.
FF
178
Die Philosophie der Neuzeit ist auch dort, wo sie von Triumphen des menschlichen Geistes zu handeln scheint, weithin eine Beschreibung von Gefangenschaften.
FF
179
Immer, wenn ich über die Logik nachzudenken versuche, sind meine Gedanken so vage, dass sich niemals etwas herauskristal-lisieren kann. Was ich empfinde, ist der Fluch aller, die nur ein halbes Talent haben; als ob man von jemanden mit einem Licht durch einen dunkeln Gang geführt würde, und gerade wenn man in der Mitte ankommt, geht das Licht aus, und man ist allein
gelassen. [...]
[...] Was ist dein Ziel in der Philo-sophie? Der Fliege den Ausweg aus dem Flie-genglas zeigen. [...]
[...] Wir quälen uns in unserer
Stube vergebens ab, ein Werk zustande zu bringen, und die Mittel, es zu vollenden, liegen vielleicht vor der Tür. [...]
[...] Die Verfassung des Eingeschlos-senen ist Beharrung im Vorurteil. Wie können wir die Wahrheit sagen, und dabei diese starken Vorurteile beruhigen? [...]
[...] Ich kann mir sehr wohl denken, dass jemand jedesmal vor dem Öffnen seiner Haustür zweifelt, ob sich hinter ihr nicht
ein Abgrund aufgetan hat, und dass er sich darüber vergewissert, eh er durch die Türe tritt. [...]
[...] Wenn jemand nie aus seinem Zimmer herauskommt, so weiss er doch, dass der Raum weitergeht, d.h. dass die Mög-lichkeit besteht, aus dem Zimmer heraus-zukommen (und wenn es auch diamantene Wände hätte). Woher weiss er das? [...]
[...] Es gab einmal ein Experiment. Zwei kleine Kinder, die noch nicht Sprechen gelernt hatten, sperrte man mit einer stum-men Frau zusammen. Man wollte herausfin-den, ob sie eine primitive Sprache erfinden würden. Das Experiment ist gescheitert. [...]
[...] Ein Bild hielt uns gefangen. Und heraus konnten wir nicht, denn es lag in unserer Sprache, und sie schien es uns nur unerbittlich zu wiederholen. [...]
[...] Die Ergebnisse der Philosophie sind die Entdeckung irgendeines schlichten Unsinns und Beulen, die sich der Verstand beim Anrennen an die Grenzen der Sprache geholt hat. Sie, die Beulen, lassen uns
den Wert jeder Entdeckung erkennen. [...]
[...] Das Werk besteht aus zwei Teilen; aus dem, der hier vorliegt, und aus alle-dem, was ich nicht geschrieben habe. Und gerade dieser zweite Teil ist der Wichtigere. [...]
[...] Sagt ihnen, dass ich ein wunder-bares Leben gehabt habe.
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180
Wittgenstein pflegte eine Idee solange zu ver-folgen, bis er entweder behaupten konnte, sie stimme oder aber, dass das Leben nun einmal nicht so sei und man neu beginnen müsse. Er pflegte aber ein solch unbrauchbares Argument nicht einfach auszuklammern, sondern schloss es in sein Buch mit ein.
FF
181
Ich weiss nicht, was ein Bild ist. Ich kenne nur seinen Preis. (Zitat nach Brecht). [...]
[...] Gerade diese Unangemessenheit, Unabzählbarkeit, Unkalkulierbarkeit ist es, die uns Bilder so wertvoll machen. [...]
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182
Die Leute benehmen sich dem einen Menschen gegenüber so ganz anders als gegenüber dem anderen, dass man daran zweifeln kann, ob die Persönlichkeit überhaupt eine eigene Substanz hat und nicht in ihren Beziehungen aufgeht.
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183
«Sollte es nicht nützlich sein zu versuchen, den Willen zur Demaskierung zu demaskieren? Sie suchen nach dem, was sich hinter deinen Erlebnissen verbirgt, aber was be-seelt sie selbst?»
Man greift nach Deutungen, um des Gefühls verzweifelter Machtlosigkeit Herr zu werden. Ausserdem schafft man auf diese Weise einen grossen Abstand zwischen sich und dem Gegenstand der Deutung. [...]
[...] Sich mit sich selbst beschäftigen, an sich selbst arbeiten, um auf diese Weise weniger egozentrisch, bescheidener zu werden, führt zu gar nichts. Durch zusätzliche Aufmerksamkeit werden lebendige Wesen nicht kleiner, sondern grösser. [...] Ängste versuche ich abzuwehren, wenn ich mich selbst so wichtig finde?
FF
184
Ich habe den Bau eingerichtet und er scheint wohlgelungen, von Aussen ist eigentlich
nur ein grosses Loch sichtbar, dieses führt aber in Wirklichkeit nirgends hin.
FF
185
Tout cela n‘est pas grand’ chose,
toute la peinture, sculpture, dessin,
écriture ou plutôt littérature,
tout cela a sa place.
Les essais c‘est tout,
Oh merveille!
FF
186
Ich verstehe nicht ganz, was man in der Kunst einen Neuerer nennt. Soll ein Werk von zukünftigen Generationen verstanden werden? Aber warum? Und was hätte das zu bedeuten? Dass sie es gebrauchen könnten? Wozu? Ich sehe das nicht ein. Aber ich sehe vielmehr — wenn auch sehr dunkel — dass jedes Kunstwerk, wenn es die grossartigsten Proportionen erreichen will, vom Augenblick seiner Ausführung an mit unendlicher Geduld und Anpassungsfähigkeit in die Jahrtausende zurücktauchen, wenn möglich der un-denkbaren Nacht entgegengehen muss, welche von den Toten bevölkert ist, die sich in diesem Werk wiedererkennen werden. [...]
[...] Nein, nein, das Kunstwerk ist nicht für die heranwachsenden Generationen bestimmt. Es ist dem unzählbaren Volk der Toten dargeboten. Mögen sie es annehmen. Oder ablehnen. Aber diese Toten, von denen ich sprach, sind nie lebendig gewesen. Oder ich habe es vergessen. Sie waren so lebendig, dass man es vergisst und dass ihr Leben den Sinn hatte, sie zu jenem Ufer hinüberzuführen, wo sie auf ein Zeichen warten —
das von hier kommt — und das sie erkennen. [...]
[...] Schon ein lebendiges Gesicht bietet sich nicht so leicht dar, immerhin
erfordert es keine grosse Mühe, seine Bedeu-tung zu erkennen. Ich meine — das wage
ich zu behaupten — ich meine, es sei sehr wichtig, dass man es isoliert. Wenn mein Blick es aus allem herauslöst, was es umgibt, wenn mein Blick (meine Aufmerksamkeit) verhindert, dass dieses Gesicht sich mit der übrigen Welt vermengt, und dass es sich bloss ins Unendliche in immer unbestimmtere Bedeutungen ausserhalb seiner selbst
verliert, und wenn im Gegenteil diese Einsamkeit erreicht wird, durch die mein Blick es von der Welt abschneidet, dann wird seine einzige Bedeutung in dieses Gesicht — oder diese Person oder dieses Wesen oder dieses Phänomen — einströmen und sich darin stauen. Ich will sagen, dass
die Kenntnis eines Gesichtes nicht historisch sein darf, wenn sie ästhetisch sein will.
FF
187
Was soll denn eigentlich diese ununterbrochene Verbildlichung unseres Lebens, diese tendenzielle Verdoppelung der Realität? Dazu müssen wir den Unterschied von Origi-nal und Bild befragen.
Original und Bild sind je auf ihre Weise reicher, übertreffen einander. Die nicht schon als Bild gesehene Realität ist unbestimmt, und in der Unbestimmtheit reicher an Möglichkeiten.
Das Bild ist in gewisser Weise ärmer als das Original, weil in ihm die Perspektive,
die Konstellation, die Einheit und der Rahmen festgelegt sind. Das Bild ist insofern ärmer an Möglichkeiten, aber es übertrifft das Original gewissermassen an Wirklichkeit. Das Bild ist eindeutiger, bestimmter, entschiedener als die Realität. Es kann deshalb die
Realität an emotionaler Wirkung bedeutend übertreffen. Charakteristisch für diesen Effekt ist die «Landschaft» im Rückspiegel des Autos. Genaugenommen ist ja das,
was man draussen vor Augen hat, niemals Landschaft, nicht als solches. Damit eine vorliegende Natur zur Landschaft werde, bedarf sie der Einheit, der Perspektive, des Rahmens. All das widerfährt ihr auf einen Schlag im Rückspiegel des Autos. [...] Es zeigt sich, dass Verbildlichung eine Steigerung von Wirklichkeit darstellt. Im Bild tritt die Realität mehr aus sich heraus, wird
bestimmter, entschiedener, prägnanter und in diesem Sinne auch wirklicher. Sie wird erst im Bild eigentlich etwas Bestimmtes aus der Fülle der mannigfaltigen Möglichkeiten, in denen sie sich zeigen kann und die zunächst unbestimmt und diffus bleiben; sie wird erst im Bild eigentlich wirklich. In diesem Sinne kann man sagen, dass in der Tat die Wirklichkeit der Realität den Bildern geschul-det ist. Das unstillbare Begehren nach Bildern, von dem wir getrieben sind, erweist sich als ein Bedürfnis nach Wirklichkeit.
FF
188
Ich traue den Autoren nicht, sie lügen oft. Ich traue nur den Texten.
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189
Richard Sennett sieht in seinem Buch «Der flexible Mensch» in der Flexiblisierung
von Organisations- und Lebensformen eine Machtstrategie: Gewachsene Arbeitsformen werden ohne Wahrung historischer Konti-nuität verändert. Permanente Innovation wird als marktgerechte Strategie durchgesetzt. Sie verhindert die Identifikation mit dem Produkt. Machtzentren werden unsichtbarer, einzelne Arbeitsgruppen sollen selb-ständiger handeln. Macht wird über Zielvorgaben ausgeübt, die dann als sachlich notwendige Macht entpersonalisiert ist. Das Wesen des flexiblen Wandels soll es sein, sich von der Vergangenheit zu lösen und das
Vorausgehende entschieden und unwiderruf-lich zu verändern. Die flexible Persönlich-keit ist frei vom Wunsch, Dinge festzuhalten; sie erkennt das Fehlen langfristiger Bind-ungen als Wettbewerbsvorteil; sie passt sich flexibel an; sie nimmt Fragmentierungen eigener Wahrnehmungen und Erfahrungen im Arbeitsprozess hin; sie kann sich von
der eigenen Vergangenheit lösen.
Gegenüber der Bindungslosigkeit als Marktvorteil beharrt die Psychoanalyse
auf der zentralen Bedeutung von Bindung und Beziehung. Im Gegensatz zur permanen-ten Anpassungsbereitschaft steht die kli-nische Erfahrung, dass in manchem Scheitern, in mancher Kapitulation auch ein
Aufschrei enthalten sein kann. Fragmentierungen werden untersucht, nicht hingenommen. Gerade in der Behandlung trauma-tisierter Patienten versteht die Psychoanalyse solche Fragmentierungen, Spaltungen, Dissoziationen, usw. als verzweifelte Schutz-mechanismen, die es zu verstehen und zu überwinden gilt. Statt den Verzicht auf die eigene Vergangenheit zu unterstützen, beharrt die Psychoanalyse auf dem narrativen Zusammenhang des eigenen Lebens. Auch wenn sie kein naives Konzept von biografischer Kontinuität hat, besteht sie darauf, dass es zur eigenen Identität gehört, sein Leben als einen inneren Zusammenhang rekonstruieren zu können.
FF
190
Der Blick auf die Zeit vor der Antike, auf
prähistorische Artefakte, auf Volkskulturen, auf den Bereich der sogenannten angewandten Kunst, ebenso sehr der Blick auf aussereuropäische Stammenskunst bzw. auf die bildnerische Hinterlassenschaft ferner Hochkulturen verdeutlichen, dass unser
— oft unausgesprochenes Vorurteil, das Bild am Modell des «Gemäldes» oder des Tafel-bildes zu messen, in die Enge führt und re-visionsbedürftig ist. Die alte Bildgeschich-te besitzt einen enormen Gestaltungs-reichtum. Die moderne Parole einer Erweiterung des Kunstbegriffes ist deshalb nicht besonders originell und besagt wenig, solange sie
nicht zu zeigen vermag, wie sich Bildlichkeit neu manifestiert. Denn tatsächlich sind viele
Bedingungen des Bildes weiterhin im Spiel: Anschaulichkeit, Begrenzung, Ökonomie
der Mittel, Totalität u.a. Es geht weiterhin darum, im abgesteckten Felde der Materie einen Überschuss an Sinn zu erzeugen.
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191
— Ich bin auf Sie angewiesen, aber Sie nicht auf mich! Merken Sie sich das! [...]
— Ich freue mich heute noch, dass es
mir gelungen ist, den heutigen Tag noch zu erleben. [...]
— Wissen Sie schon, dass man ein weiches Ei nicht als Zahnstocher benutzen soll? [...]
— Kunst kommt von können, nicht
von wollen, sonst müsste es ja Wunst heißen. [...]
— Fremd ist der Fremde nur in der Fremde.
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192
Kantor sagt: Kunst ist eher eine Antwort
auf die Wirklichkeit als deren Darstellung oder Abbild.
FF
193
Die Grundregel also lautet: «Die Landschaft ist ein Konstrukt». Und mit diesem [...] Wort soll nichts anderes gesagt sein, als
dass die Landschaft nicht in den Erscheinun-gen der Umwelt zu suchen ist, sondern in den Köpfen der Betrachter.
FF
194
Ein System wird auf die Gleichwahrscheinlichkeit einer Informationsquelle gelegt,
um auf Grund bestimmter Regeln die Möglichkeit, daß alles geschehen kann, einzuschränken. Ein System ist ein Wahrscheinlichkeitssystem, das die ursprüngliche Gleichwahrscheinlichkeit einschränkt. Ein phonologisches System wählt ein paar Dutzend Laute aus, läßt sie in Oppositionen erstarren und verleiht ihnen differentielle Bedeutung. Alles das, was vor dieser Operation steht, ist die undifferenzierte Welt aller möglichen Laute und aller Geräusche, in
der jede Verbindung möglich ist. Ein System greift ein, um einer Sache Sinn zu verleihen, die ursprünglich keinen Sinn hat, indem
es bestimmte Elemente dieser Sache in den Rang eines Signifikans erhebt. Aber in Erman-gelung eines Systems kann dieses nicht-
codifizierte Etwas, das dem System vorausgeht, unendlich viele Zusammenstellungen erzeugen, denen erst hinterher, dadurch, daß man ein System auf sie legt, ein Sinn zu-geschrieben werden kann.
Was ist das Nicht-Codifizierte? Es ist die Quelle jeder möglichen Information oder — wenn man will — die Realität. Es ist das, was vor jeder Semiose steht und was die Se-miotik nicht untersuchen kann und darf, außer wenn ein System ihm Gestalt verleiht und seine Möglichkeiten einschränkt.
FF
195
Es gibt nichts zu verstehen.
FF
196
«Halt dich gerade!»
Trotz der Beiläufigkeit einer solchen Formulierung gehen ihre Wirkungen tief.
Eine solche Aufforderung zielt zugleich auf eine soziale Einstellung, eine Weltsicht und die damit verbundenen Einstellungen, Werte und Wahrnehmungsweisen. Der Körper wird zum Gedächtnis der Kultur. Über seine rituelle Konstruktion werden das Verhältnis des Körpers zu sich bestimmt und eine körperliche Geografie entwickelt. Besonders ge-sellschaftliche Institutionen wie Familie und Schule bilden Rituale aus, um den «wilden Körper» zu domestizieren. Mit ihrer Hilfe greift die «Ökonomie der Macht» in die Körper. [...] In der Erzeugung von Normalitätsvorstellungen drückt sich politische Macht aus.
FF
197
Ich möchte gern mich auf einen Augenblick mit mir selbst unterreden, um zu erfahren, ob ich selbst liebe, oder ob nur mein Name Ophelia — und ob die Liebe selbst etwas
ist, oder nur ein Name.
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198
ich nenne mich du weil der Abstand
so ver-geht zwischen uns wie Haut
an Haut wir sind nicht
zu unterscheiden zu trennen eins
und das Andere die Grenze ist
die Verletzung der Übergang
eine offene Wunde du nennst mich
ich wer von uns beiden sagt
hier hast du ein Messer
mach meinen Schnitt.
FF
199
Diese Anmaßung, das kaum mehr erträgliche der Frontalität des Bildes. Betrachten wir
die Bilder lieber von der Seite oder von hinten.
Das Bild als Gebäude aufbauen, mit Durchblicken, mit Fenster und Türen, mit Mög-lichkeiten es zu begehen.
Bilder als Bauvorhaben. Ein Mensch steht am Rand der Baugrube.
Wozu eine Bauleitung?
FF
200
Tun ist ein Mittel zum Träumen. Betrachten ist ein Mittel zum Wachbleiben.
FF
201
Das Subjekt ist ausser Stande, das masslose Disparate, das ihm zugespielt und einge-blendet wird, als Autor zu verstehen.
Die Kultur ist leer, weil sie politisiert wurde, die Politik ist vergiftet, weil sie kultur-los wurde.
FF
202
Körper, in andere Gestalten
verändert, will ich besingen.
FF
203
Wir leben in einer Gesellschaft, die immer schon unseren Blick dressiert hat. Wir
leben in einem gesellschaftlichen Einschlies-sungssystem.
Wir haben viele (unbewusste) Filter von Wertmodellen inkorporiert. Wir sind unvorstellbar verflochten und eingeflochten. Unsere Grenzen sind künstlich und ein Konstrukt, unsere Bilder und Begriffe darüber hilflos.
FF
204
In aller Ernsthaftigkeit wird in jüngster Zeit die Ansicht vertreten, dass wir mit unseren Armen und mit unserem Magen denken. Neue (neurobiologische) Forschungen haben gezeigt, dass der menschliche Magen neuronal weitaus komplexer ist, als man dies
in der westlichen Wissenschaft geglaubt
hat. Ähnlich wie man herausgefunden hat,
dass bestimmte motorische Entscheidungen oder Antworten nicht durch das Gehirn laufen, sondern in den Gliedmassen getroffen werden (im Fall von Geigenspielen
im Arm). So ist auch die Vorstellung möglich, dass der Magen eigen Entscheidungen «selbst» trifft. Wenn der Magen denkt, dann werden das ähnlich auch die Leber und
die Nieren machen. Und wenn der Arm als
geschlossener neuronaler Kreislauf funk-tioniert, dann sprechen die Organe vielleicht miteinander: Eine Art und Weise der «Körperdemokratie». Nun tendieren die neusten Bestrebungen der Computerrevolution
zur Auflösung der verschiedenen menschlichen Aktivitäten in eine vom Computer
erzeugte Aktivität durch die Entwicklung der Simulation. Alle diese Tätigkeiten können jetzt durch das Tippen auf einer Tastatur geleistet werden, während man auf einen
Bildschirm schaut, der sich dicht vor einem befindet. Die virtuelle Realität ist der letzte Akt in der langen Geschichte der Einschliessung des Körpers. Dies führt zu einer «körperlichen Monokultur» mit der Kehrseite, dass die komplexe Ökologie des Körperwissens droht zerstört zu werden. Das Potential des Körperwissens, der Körperintelligenz bleibt weitgehend ungenutzt.
FF
205
Modell, Grundkonzeptionen sind notwendig, damit wir an ihnen Realität kritisieren können. Modelle sind Modelle. Realität ist nicht fassbar, codifizierbar. Interessant sind philosophische, wissenschaftliche, theologische, psychologischer Grundkonzepte wie sie Jean Gebser in Neues Wirklichkeitsverständnis formuliert hat: Das Grundkonzept des platonischen Dialoges, also des deduktiven Denkens, das Grundkonzept der christlichen Verantwortung, also die Ich-Bewusstheit,
das von Galilei postulierte Kon-zept der Wissenschaftlichkeit: «Messen was messbar
ist, messbar machen, was es noch nicht ist», oder etwa das Konzept der Indeterminiertheit, also beispielsweise die Anerkennung des Spontancharakters der geistigen Kulturentwicklung, wie sie Jean Piaget formuliert
hat: «Das, was ein Individuum wird, ist weder primär von seiner Umwelt noch vom Ensemble seiner Erbeigenschaften allein abhängig, sondern von seiner eigenen Aktivität, seiner Eigenbewegung, die über weite Strecken eigenen Regeln folgt.» All diese Konzepte, Modelle sind Konstruktionen. Sie
sind für unser Verhalten, für unsere Art, Welt
und Realität zu sehen und zu gestalten d.h. für unser Wahrnehmen bestimmend, und sie beeinflussen jede unserer Äusserungen, jede Beziehung, bewirken die jeweils vorherr-schende soziologische Struktur und damit selbst die Art des wirtschaftlichen Denkens. Es sind Filter, und es dringt nur das ins
Bewusstsein, was diese Filter passiert. Hier vollzieht sich «Die Dressur des Blicks»,
hier setzt die Frage nach der Ästhetik und Anästhetik an.
FF
206
Sigmund Freud formulierte am Anfang unseres Jahrhunderts die wohl empfindlichste Kränkung für die Menschen: «Das Ich ist nicht Herr in seinem Hause».
Jacques Lacan hat diesen Gedanken fortgesetzt. Er bezeichnet das «wahre
Ich / je» n i c h t als Selbstbewusstsein, sondern als Subjekt des Unbewussten:
«Ich ist ein Anderer». Er stellt sich damit gegen die Herrschaftsfunktion, die Prunk- und Machtgebärden dieses «falschen Ich / moi», gegen die in ihm fest verankerten Allmachtsansprüche und die Rivalitätsbereitschaft, also gegen das ewige Baby in uns. Er entlarvt dies als Resultat und Produkt eines eben zu früh in die Welt geworfenen Wesens, das in omnipotenter Selbstliebe (Narzissmus) in der Mutterleibsregression verharren will, und sich dafür triumphal
ein Ich-Ideal setzt: Das in den Spiegel schauende Kind entwirft ab ca. dem 18. Monat
ein imaginäres Bild von der Gestalt seines Körpers, letztlich seiner Identität. Es entwirft ein Bild, ein Ideal-Ich, das ihm als Garant jener Einheit und Dauerhaftigkeit, jener Präsenz und Omnipotenz dient, die seine (kör-perliche) Existenz ihm noch nicht, nicht mehr oder vielleicht auch nie verleihen kann. Im Spiel zwischen Leib und imaginierter Leiblichkeit entwirft das Subjekt sein Ich als (psychische) Einheit. Aus diesem Spiel der Identifizierung wird sich fortan auch der immense Reichtum an Phantasien entwickeln.
FF
207
In der menschlichen Entwicklung aber auch in der künstlerischen spielt neben dem
fortschrittlichen, eben auch das regressive Element eine wichtige Rolle. Vielleicht
weil der Mensch den Einbruch von Realität in einem fötalen Zustand zu verarbeiten hat. Dieses frühe Ausgesetztsein des Menschen als Frühgeburt könnte Ursache für die enorme Entwicklung des Hirns und des Bewusstseins sein. Geboren in einem embryonalen Stadium, früh Aussenreizen ausgesetzt: Hieraus ergibt sich eine Perspektive zur Erklärung der besonderen Labilität, Kreativität und auch der eigenartigen Aggressivität des Menschen.
FF
208
Die Überbetonung des Individuellen hat im Künstler- und Geniekult seinen Niederschlag gefunden, im Bild des Künstlers als einsamer, genialer Einzelkämpfer und Virtuosen. Duchamps Forderung Tatzen zurücknehmen! bezog sich auf die Kritik einer überstei-gerten Könnerschaft, einer Selbstinszenierung dieses Virtuosen, des Handwerks und der Überbetonung des Individuellen und
der Handschri. Diese Kritik ist berechtigt.
Das bedeutet aber nicht, keine Handschri mehr zu haben oder gleich die ganze Hand abzuhacken.
FF
209
Hilde Zaloscer vertritt in ihrem bemerkenswerten Buch Vom Mumienbildnis zur Ikone die These, dass jede Kunstform sich einem Gesamtentwurf unterordnet, dieser aber letztlich theologisch-philosophischer Herkunft sei. Jede Änderung der Form, z.B. der auffällige Wechsel von der Dreidimensionalität in die Zweidimensionalität in der Zeitspanne vom zweiten bis zum fünften Jahrhundert, sei durch eine Änderung des Weltbewusstseins, der Bedeutung bedingt: Hier — nach ihrer Interpretation — mit der Hinwendung zum Geistigen. Die neuaufkommenden Formwerte — die Wahl des Mediums der Malerei selbst, die bewusste Wahl der Zweidimensionalität und das Formprinzip der Frontalität in der Gesichtsdarstellung — seien einer neuaufkommenden Geisteshaltung zuzuschreiben.
Ist es nicht ebenso möglich, dass jede neue Wahrnehmungsweise eben n i c h t
auf reflektierte oder ideologiekritische Veränderung zurückgeht, sondern auf technische Ausweitungen des Menschen? Auf Medien wie Rad, Geld, Schrift, Druck, Elektrizität, Computertechnologie? Geht es dabei nicht ebenso sehr um Austausch, Ordnung und Beschleunigung von Information, letztlich um Machtvergrösserung? Oder sind die Fragen wieder falsch gestellt?
FF
210
Wenn alles nur ein Anrennen gegen eine Grenze, gegen eine Wand ist — alles
nur Vorwand — deutet diese Tendenz, das Anrennen doch auf etwas hin. Anders
kann ich es nicht sagen.
FF
211
Mir graut vor der Beschönigung und
Behübschung.
FF
212
Es gilt ein Paradox zu realisieren; nämlich ganz nahe an einen Sachverhalt heranzuge-hen und gleichzeitig eine grosse Distanz
zu bewahren und zu schaffen.
FF
213
Diese manische Selbstvergewisserung,
als könnte das Festhalten den Prozess des Verschwindens und des Todes verhindern, oder die Isolation und Fixierung überwinden.
FF
214
Vielleicht ist es das, was mich am Bild fasziniert. Diese Einschliessung, und das was daraus entsteht. Diese Spannung, in der schon ein Stück Spiel, ein Stück Bewegung und Freiheit aufblitzt. Und auch ein Stück Trauer.
Vielleicht ist es das, was mich am fixierten Bild stört, am gerahmten, isolierten, zentrierten, stillgelegten:
Bereitgestellt zum Herzeigen, zum Anglotzen. Zum Tode verurteilt. Diese Ruhig-stellung, dieses «Du darfst dich nicht be-wegen!», mehr noch: «Du bist mir alles, aber im Grunde darfst du gar nicht sein!» Dieses Paradox. Dieses Paradox, durch das Fixieren im Bild einen Akt der Einschlies-sung und
der Befreiung zu vollziehen. Dieser Widerspruch bleibt.
FF
215
Meiner Ansicht nach darf man niemals Zitate bringen. Es ist erbärmlich, pedantisch,
primitiv; man wirkt wie einer, der eines Tages etwas gelesen hat, es gut findet und es zeigen will.
FF
216
Im künstlerischen Sammeln wird der Tod als unterschwelliger Motor des Sammelns an-erkannt. Es wird nicht gesammelt, um Vergänglichkeit zu überlisten und gegen sie anzukämpfen, sondern das Tote, das Übriggebliebene und das Unbrauchbare bestimmt die Ansammlung.
Künstler bekämpfen und verleugnen mit ihrer Art des Sammelns den Tod nicht, sie holen ihn stattdessen ins Leben, in den Fokus des Kunstwerks hinein. So paradox es ist [...] scheinen die Arrangements des Toten und Unnützen [...] recht wirksam zu
sein gegen die Angst vor dem Wenigen, das für die Zukunft vorhersagbar ist, vor dem eigenen Tod.
FF
217
Die Überwindung der Angst als Ziel der
Bildproduktion war das Lebensthema von Aby Warburg.[...]
[...] Gegenüber der an sich sehr verwandten Maskentheorie von Claude Lévi-
Strauss unterschied sich Warburgs durch die ethnologische Erfahrung geschärfte Kulturtheorie darin, dass sie nicht strukturelle Linguistik als Modell voraussetzt, sondern
die Ausdruckstheorie der Körperschemata, Gesten und Taten. [...]
[...] Warburg interessieren die eigen-willigen Stilsprünge, die während der Wanderschaft der Formmotive zur Steigerung des Ausdrucks [...] geführt haben. [...]
[...] Der Blick auf die unvorhersehbaren Eigenbewegungen [...] von Sprach- und Kunstformen nutze er mit erhöhtem Gewinn für die potentia der bildenden Kunst. [...]
[...] In der Sondierung scheinbar
peripherer Gebilde hat Warburg eine bildbezogene Parallele zu Sigmund Freuds Grundlegung einer Psychoanalyse formuliert,
die den Kern der seelischen Verfassung eines Menschen ebenfalls nicht in den zentralen Zonen der Beobachtung wie dem Gesicht oder den Kontrollbewegungen der Hände er-kannte, sondern in der nicht beherrschba-ren Nebenmotorik des «Abhubs» der Gesten und der Sprache.
FF
218
Ein Ehemann kam nach Hause und fand seine Frau im Bett mit seinem besten Freund. «He, was macht ihr denn da?», sagte der Ehemann. «Siehst du», sagte sie zu dem Mann neben sich, «ich habe dir gesagt, dass er dumm ist.»
FF
219
Die Dinge ausser
Kontrolle bringen.
Die verlogene
Harmonie, die
überall von den
Medien, in der
Industrie und der
Politik präsentiert
wird, stören.
Deshalb machen wir
diese Arbeit.
Es ist funktionelle
Arbeit. Sie soll
Unruhe verbreiten.
FF
220
Das Ich spielt doch die Rolle des dummen August im Zirkus, der überall seinen
Kren (Senf) dazu gibt, damit die Zuschauer glauben, er ordne alles an, was da vor
sich geht.
FF
221
Machen Sie eine Faust. Nun werden wir
ihre Faust verschwinden lassen. Sind Sie be-reit? Gut — öffnen Sie die Hand. Sehen
Sie? Wir können das sogenannte Ding (eine Faust) «verschwinden» lassen, weil es
eben nicht nur ein Ding ist. Hinter der Maske des Dingwortes verbirgt sich ein Prozess (der Akt des Handschliessens). [...]
[...] Die Idee des Konstruktivismus: Personen oder Systeme gestalten oder konstruieren Realität.
Die Idee der Entwicklung: Organische Systeme entwickeln sich in gesetzmässig wechselnden Phasen von Stabilität und Veränderung.
FF
222
Wo befindet sich das Bild
Das Bild befindet sich aber eigentlich nicht auf dem Papier — auf dem Papier befindet sich nur eine Anordnung von hellen und dunk-len Formen, von Linien und leeren Räumen; das Bild entsteht in dem metaphysischen «Raum zwischen» dem Papier und einem bedeutungsbildenden Organismus — Ihnen nämlich. [...] Es gibt keine Gefühle, keine Erfahrungen, keine Gedanken und keine Wahrnehmungen, die von dem Prozess der Bedeutungsbildung unabhängig wären. Erst durch den Prozess der Bedeutungsbildung wird etwas zu Gefühlen, Erfahrungen, Gedanken und Wahrnehmungen, weil wir näm-lich dieser Prozess sind.
FF
223
Grundlegend ist die Frage nach unserem Antrieb [...] es geht um ein Verständnis der Lebenskraft selbst und um die Rolle, die
uns dabei zukommt. Ob Psychoanalyse, gene-tische Biologie oder moderne «Soziobiologie», die herrschende Vorstellung über unsere biologische Realität ist — und war — im Grunde immer deterministisch und körperorientiert. Dieser Auffassung zufolge liegt der Schauplatz der Handlung im Inneren jedes einzelnen, biologisch eigenständigen Systems (des Individuums). Dieses System trägt einen angeborenen Code in sich, gemäss dem es sich in recht genau festgelegter Bahn oder Abfolge entwickelt (und der die Entwick-lung des Individuums bewirkt). Der Gedanke vom individuellen oder einzelnen Körper
als dem eigentlichen Ursprung der Lebensvorgänge steht im Widerspruch zur behavoristischen Sichtweise. Nach deren Auffassung liegt der Ursprung der «Handlung» eher in der Umwelt, auf die der Mensch reagiert. Wenn Piaget eher bekannt als verstanden ist, mag das teilweise daran liegen, dass er weder den Erb- und Reifungsfaktor noch den Umweltfaktoren den Vorrang gibt. Piaget selbst hat oft auf die Schwierigkeit hingewiesen, eine dritte Möglichkeit für andere überhaupt nur sichtbar zu machen.
Eigentlich ist Piagets Denken am Modell des offenen Systems orientiert. [...] Vielleicht sollten wir als erstes sagen, dass diese Theorie nicht von einem Energiesystem in uns ausgeht; vielmehr begreift sie uns als Teil eines einheitlichen Energiesystems, das alle Lebewesen umfasst. Diese Theorie wendet sich daher nicht in erster Linie den Verschiebungen und Veränderungen eines inneren Gleichgewichtes zu, sondern sie beschäftigt sich mit dem Gleichgewicht, das in der Welt herrscht, das zwischen
dem zunehmend eigenständig werdenden Selbst und dem weiteren Lebensfeld be-steht. Zwischen Selbst und Umwelt existiert ein Zusammenspiel, auf das beide einwirken; dieses Zusammenspiel ist das, was wir Realität nennen.
FF
224
Jenseits der Berge ist der Schrein für Rita, den alle aufsuchen, die nicht mehr weiterwissen. Rita ist die Heilige der verlorenen Sache. Die Heilige für alle, die mit ihrem Latein
am Ende sind, die von den Fakten der Welt umzingelt und eingeschlossen sind. Diese Fakten, losgelöst von jeder Ursache, hielten den blauäugigen Knaben in einem System der Unwirklichkeit fest. Würden all diese Fakten, die trügen, bei seinem letzten Atem-zug dahinschwinden? Denn seine Welt, ge-wöhnt, an das Bild als einen absoluten Wert zu glauben, hatte das wesentliche Gebot vergessen:
Du sollst Dir kein Bildnis machen, obwohl du weisst, dass die Aufgabe darin be-steht, die leere Seite zu füllen. Bete vom Grunde deines Herzens darum, vom Bild erlöst zu werden.
Die Zeit ist es, die das Licht daran hin-dert, uns zu erreichen. Das Bild ist ein Gefängnis für die Seele, deine Vererbung, deine
Erziehung, deine Laster und Bestrebungen, deine Qualitäten, deine psychische Welt.
FF
225
Krishnas Mutter, noch nicht wissend, dass
er ein Gott ist, war mit ihm zum Strand
gegangen. Krishna ass etwas Sand (wie alle Kinder), und als die Mutter zu ihm ging
und in seinen Mund sah, erblickte sie, so heisst es, das gesamte Universum.
FF
226
Die Erdoberfläche und der menschliche
Verstand neigen dazu, sich in eigenständige Kunstgebiete aufzuteilen. Verschiedene, sowohl fiktive wie reale Kräfte tauschen die Plätze — wenn es um Erd-Projekte oder,
wie ich es nenne, «abstrakte Geologie» geht, lässt sich «matschiges» Denken nicht vermeiden. Unser Geist und die Erde sind einer ständigen Erosion unterworfen: Geistige Flüsse waschen abstrakte Ufer aus, gedankliche Wellen unterspülen geistige Klippen, Ideen verwittern zu Steinen des Unwissens, und Gedankenkristalle zerbrechen zu
Splittern des Verstandes. In diesem geologischen Maisma wirken rasante Kräfte und
sie bewegen sich in sehr physischer Weise fort. Ihre Bewegung scheint äusserst träge, doch sie begräbt die Landschaft der Logik unter Gletschern der Imagination. Dieser langsame Fluss macht uns die Verworrenheit des Denkens bewusst. Innerhalb der bestehenden Grenzen des Geistes gehen Steinschlag, Erdrutsche und Lawinen nieder. Der ganze Körper wird ins geistige Sediment
hineingezogen, wo Teilchen und Bruchstücke sich als solides Bewusstsein zu erkennen geben. Der Künstler ist von einer fahlen, zer-splitterten Welt umgeben. Mit Mustern, Schemen und Unterteilungen. Ordnung in dieses chaotische Werk des Zufalls zu bringen ist ein ästhetischer Prozess, mit dem man sich bisher kaum befasst hat.
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227
Es muss gewesen sein, als ich sieben war. Dass ich eines klaren, stürmischen Frühlingstages, während mich irgendwer von hinten umfasste, im Winkel des Gartens in den aufgelassenen Brunnen sah, in den eckigen Schacht, der abwärts in die Tiefe stürzte: be-moostes, altes Steingemäuer, wuchernde Farne, schaudernd eisige Luft; und drunten auf dem Grund stand reglos und wie ein rostiger Spiegel das Wasser. Heute weiss
ich: da zum ersten Mal beschlich mich etwas, das vieles in meinem Leben bestimmte.
Wäre jene eine Sekunde eines Frühlingstages des Kindes nicht gewesen und nicht der Blick hinab in die mit kalten Mörderaugen aufgefüllte Düsternis in der Erde, womög-lich hätte ich, zwanzig Jahre alt, dem Freund die Stirn gespalten, oder ich wäre mit fünfundzwanzig in der Kolonne der Ideologen marschiert, hätte vielleicht mit dreissig mich für die Liebe geopfert, mit fünfunddreissig vor Verzweiflung den Strom des Unabänder-lichen überquert oder aber mir mit vierzig
in unserer Stadt einen Namen gemacht. Doch es ist anders gekommen. Einmal nur im nörd-lichen China am Yung-time, dem «Ewig-
Unwandelbaren», als auf seinen Wellen unir-disch weiss die Sonne flammte, überfiel mich der Rausch des Kampfes, der das Leben für nichts erachtet; sonst bin ich in allem träge geblieben und immer der unbeteiligte Augenzeuge.
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228_1
Die Dekonstruktion ist (nach Jacques Derrida) eine Lektüreweise, die in den Texten der Philosophie, an ihren «Rändern» aufzusuchen versucht, was sich ihrer Begrifflichkeit entzieht. Sie nimmt ernst, was Nietzsche meinte, als er von einem Philosophieren «mit dem Hammer» sprach. Denn das ist nicht der Hammer der Zerstörung, sondern der Hammer — das Hämmerchen —, mit dem wir prüfend gegen eine Glocke schlagen, um zu hören, ob sie einen Sprung hat. Die Dekonstruktion ist eine Lesekunst, die die Sprünge in unserem Denken und Selbstverständnis auffindet.
Der Aufweis des Sprunges in der philosophischen Schüssel vollzieht sich um Willen dessen, das heisst: aus Verantwortung
für das, was nicht in sie hineinpasst. Ein Aus-druck für es (es trägt bei Derrida viele Namen) ist das «Singuläre». Die Dekonstruktion
unterläuft und zerlegt die philosophischen Konzepte — die Konzepte wie Bedeutung, Übereinstimmung, Recht, Werk —, weil sie dem Singulären nicht gerecht werden können: dem Singulären des sprachlichen Akts, der abweichenden Meinung, der individuellen Sprache, des textuellen Ereignisses.
Was ist aber die Quelle dieser Verantwortung gegenüber dem Singulären? Eine erste Antwort von Jacques Derrida besteht in der Verweigerung einer Antwort.
Eine zweite Antwort deutet die Verantwortung gegenüber dem Singulären gleich und ausschliesslich in einem ethischen-politischen Sinn.
In wessen Namen operiert die Dekonstruktion? Es ist die Idee des Unbedingten. Die Dekonstruktion will zeigen, dass jedes philosophische Konzept auf einen unbedingten Anspruch antwortet, der dieses zugleich unendlich überschreitet: philoso-phische Konzepte sind Gefässe unbedingter Ideen, die in keinem Gefäss gefasst werden können. Für Derrida sind Wahrheit und
Gerechtigkeit wohl die wichtigsten unbeding-ten Ideen. Sie müssen wir einzuholen versuchen — zum Beispiel die Wahrheit durch Begründungen und die Gerechtigkeit durch Recht —, aber nichts kann sie einholen:
sie sprengen ihre begrifflichen Gefässe. Die manchmal kaum merklichen Risse, die dabei entstehen, ertastet die Dekonstruktion.
Wir sind niemals ganz das, was wir kulturell, geschichtlich und sozial geworden sind. Wir sind die Bewegung des Hinausgehens über alles, was wir sind. Diese Bewegung kann in ihren Spuren gelesen werden,
begreifen kann und will auch die Dekonstruktion sie nicht.
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228_2
Dekonstruktion ist keine Theorie, sondern eine Strategie. Jacques Derrida, von dem
der Begriff stammt, interessiert dabei die Fragestellung:
Was tun eigentlich Autoren (Künstler), damit sie in ihren Werken unteilbare
Wahrheiten und Absolutheiten postulieren können? Was unternehmen sie, um Grundprinzipien schlüssig rechtfertigen und behaupten zu können?
Durch einen mehrschichtigen und mehrstimmigen Kommentar versucht Derrida herauszufiltern, welche Anstrengungen, Täu-schungsmanöver und Vereinfachungen Autoren (Künstler) machen müssen, um Ein-deutigkeit und Unumstösslichkeit zu konst-ruieren. Diese Schichtarbeit nennt sich Dekonstruktion. Sie bewegt sich in Zwischen-räumen und ist als Denken selbst unterwegs in Zwischenräumen um herauszufinden,
wer und wo wir sind, wenn wir keine festen
und unveränderlichen Bedeutungen mehr annehmen.
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229
Nur dadurch, dass wir Handlungen und
Dinge als Handlungen und Dinge bezeichnen, die diese Handlungen und Dinge überhaupt nicht sind, weil sie diese Handlungen und Dinge überhaupt nicht sein können, kommen wir weiter, nur dadurch, sagt Oehler [...]
[...] Im Grunde ist alles, was gesagt wird, zitiert ist auch ein Satz von Karrer,
der mir in diesem Zusammenhang einfällt
und den Oehler sehr oft, wenn es ihm
passt, gebraucht.
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230
Wenn wir uns selbst beobachten, beobachten wir ja immer niemals uns selbst, sondern immer einen andern. Wir können also nie-mals von Selbstbeobachtung sprechen, oder wir sprechen davon, dass wir uns selbst
beobachten als der, der wir sind, wenn wir
uns selbst beobachten, der wir aber niemals sind, wenn wir uns selbst beobachten und also beobachten wir, wenn wir uns selbst be-obachten, niemals den, welcher wir zu beobachten beabsichtigt haben, sondern einen Anderen. Der Begriff der Selbstbeobachtung [...] ist also falsch. So gesehen sind alle Begriffe (Vorstellungen), sagt Oehler, wie Selbstbeobachtung, Selbstmitleid, Selbst-bezichtigung und so fort, falsch. Wir selbst sehen uns nicht, wir haben niemals die Möglichkeit, uns selbst zu sehen. Wir können aber auch einem anderen (einen anderen Gegenstand) nicht erklären, wie er ist, weil wir ihm nur erklären können, wie wir ihn sehen, was wahrscheinlich dem entspricht, das er ist, das wir aber nicht so erklären können, dass wir sagen können, so ist er.
So ist alles immer etwas ganz anderes, als
es für uns ist, sagt Oehler. Und immer etwas ganz anderes, als es für alles andere ist.
Ganz abgesehen davon, dass auch noch die Bezeichnungen, mit welchen wir bezeichnen, ganz andere als die tatsächlichen
sind. Insofern alle Bezeichnungen gar nicht stimmen, sagt Oehler.
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231
Seine Sprache, «vom tosenden Kopf hinuntergeschissen auf die Finger», war nicht eine Sprache der Kunst, sondern eine radikale Kunstsprache.
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232
Kunst ist ein Mittel, um zu einer Aktivität des Erforschens zu gelangen. Aber meine Hal-tung ergibt sich daraus, dass ich nicht Wissenschafter, sondern Künstler bin, was gleichbedeutend ist mit einer anderen Art des Forschens.
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233_1
Der Trieb zum Mystischen kommt von
der Unbefriedigtheit unserer Wünsche durch
die Wissenschaft.
Wir fühlen, dass selbst, wenn alle mög-lichen wissenschaftlichen Fragen beant-wortet sind, unser Problem noch gar nicht be-rührt ist. Freilich bleibt dann eben keine Frage mehr; und eben dies ist die Antwort.
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Wenn die Menschen nicht manchmal
unsinnige Dinge täten, würde nichts Kluges getan werden.
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234
Ich liebe diese Welt nicht. Ich liebe sie ganz entschieden nicht. Die Gesellschaft, in der ich lebe, widert mich an; die Werbung geht mir auf die Nerven; die Informatik finde ich zum Kotzen. Meine ganze Arbeit als Informatiker besteht darin, die Grundlagen, Vergleichsmöglichkeiten und Kriterien rationaler Entscheidung zu vervielfachen. Das hat überhaupt keinen Sinn. Offen gestanden, das ist sogar eher negativ; eine sinnlose Behinderung für die Neuronen. Dieser Welt mangelt es an allem, ausser an zusätzlicher Information.
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Für mich ist die Bedeutung der Pausen entscheidend. Es kommt mir in meinen Stücken auf das unsichtbare Gegenwärtige an; auf das, was anwesend ist, aber nicht ausgespro-chen wird; auf die Kräfte zwischen den Figu-ren, die in einer bestimmten Beziehung zueinander stehen.
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Wie ein Quell muss es sprudeln. So wie Ideen sprudeln, befindet sich einer in guter Gesellschaft. Dazu müsste ich, sagte der Arzt, Ihre Halsschlagader anstechen; ein breiter Längsschnitt — dann sehen Sie es sprudeln. Der Patient lachte.
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237
Für die Welt bin ich, und bin es mit Absicht, bloss ein Dilettant und ein Dandy — es ist nicht klug, der Welt sein Herz zu zeigen, und da gravitätisches Auftreten der Deckman-tel der Narren ist, ist die Narrheit in ihren erlesenen Verkleidungen von Trivialität und Gleichgültigkeit und Sorglosigkeit das Ge--wand des Weisen. In unserem vulgären Zeitalter braucht jeder eine Maske.
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238
Ethik oder die 101. Kuh
In einem Dorf gibt es 100 Bauern, die vereinbart haben, dass jeder täglich eine Kuh auf die Allmend schicken darf. Das funktioniert sehr gut über einen längeren Zeitraum.
Eines Tages jedoch sieht ein Bauer,
wie sein Nachbar nicht nur eine Kuh, sondern zwei Kühe in die vorbeiziehende Herde schiebt. Er traut seinen Augen nicht, möchte aber ganz sicher gehen. Also steht er am nächsten Morgen um dieselbe Zeit wieder am Fenster und siehe da: Wiederum sind
es zwei Kühe, die der Nachbar aus dem Stall lässt. Der Bauer ist empört, aber nicht lange. Sehr bald nämlich kommt ihm eine Idee:» Wenn das mit zwei Kühen bisher bei meinem Nachbarn gut gegangen ist, dann wird
es sicher auch nichts ausmachen, wenn ich täg-lich eine zweite Kuh auf die Allmend schicke.» Gedacht, getan — und so sind es nun 102 Kühe, die dieselbe Futtermenge
beanspruchen.
Natürlich bleibt das nicht lange unbemerkt, und jede Woche gibt es mehr Kühe auf der Weide, die für 100 von ihnen reichlich Nahrung spendet, für 120, 130 oder gar 150 jedoch nicht mehr brauchbar ist. Und so bricht nach einer gewissen Zeit das System zusammen, dessen Basis Anständigkeit,
Ehr-lichkeit und Vertrauen waren.
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Nie habe ich etwas anderes als nichts geliebt.
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Wenn das Kissen warm geworden ist, sollte man es umdrehen.
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Nimmt man den Begriff Poesie als Synonym für die Herstellung und Wirkung von Kunst, böte sich die Definition von Marcel Duchamp an, der den schöpferischen Akt als Ausdruck der Differenz zwischen einem Rest an Nichtdarstellbarkeit der künstlerischen Vision und dem ästhetischen Surplus eines ungewollt Mitdargestellten sieht. Auch für Duchamp scheint mithin das Unstimmige, der «Fehler» dasjenige zu sein, was dem künstlerischen Produkt erst Gültigkeit verschafft.
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242
Aus dem Paradies des Illusionismus vertrieben, von der reinen Bildfläche ferngehalten, verstrickt sich der Betrachter zwischen
den verwirrenden Anforderungen, die die Moderne an das Sinnesverhalten erhebt.
Der unreine Raum, in dem er steht, hat sich radikal verändert. Die Ästhetik des Diskon-tinuierlichen manifestiert sich in verän-derten Raum-Zeit-Verhältnissen: Die Autonomie der Teile, der Aufstand der Objekte und die Leerstellen werden zu produktiven Kräften in allen Künsten. Abstraktion und Realität — nicht Realismus — führen dieses erbitterte Streitgespräch. [...]
[...] Verfremdung scheint eine notwendige Vorbedingung für Erfahrung zu sein. Alles, was uns zu nahe kommt, trägt die Aufschrift: Objektiviere mich erst und verschlinge mich dann [...]
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243
Wir haben 99.9 Prozent unserer DNA mit Schimpansen gemeinsam und wahrscheinlich 50 Prozent mit Bananen. Wir sind trotzdem einzigartig und nicht Halbbananen.
Für mich ist das ein sehr erhebendes Gefühl.
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Es gibt für die meisten Leute keine Lücken, durch die man zwischen Wort und Gegenstand hindurchschauen und ins Nichts star-ren muss, als rutsche man aus seiner Haut ins Leere.
Es ist nicht wahr, dass es für alles
Worte gibt. Auch, dass man immer in Worten denkt. Bis heute denke ich vieles nicht in Worten, habe keine gefunden, nicht im Dorf-deutschen, nicht im Stadtdeutschen, nicht im Ost- oder Westdeutschen. Und in keinem Buch. Die inneren Bereiche decken sich nicht mit der Sprache, sie zerren einen dorthin, wo sich Wörter nicht aufhalten können. Oft ist es das Entscheidende, über das nichts mehr gesagt werden kann. Den Glauben, das Reden komme den Wirrnissen bei, kenne
ich nur aus dem Westen.
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Der Künstler als Verkörperung des Menschenwitzes: In der Antike beweist der geist-reiche Künstler durch seinen Witz, dass
sein Können die bloss technische Fertigkeit übersteigt. [...]
[...] Michel Foucault sieht im Autor die Schnittstelle einer Funktion, welche die Existenz, die Operation und die Zirkulation von Diskursen in der Gesellschaft über
die Maske einer Person anschaulich macht.
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Mais ce qui reste est oeuvre des poétes.
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Die Technisierung der Wahrnehmung fordert als ihren Gegenpol eine Theorie leiblicher Anwesenheit heraus.
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Die Sprache quillt aus einem unpersönlichen Schweigen, steigt durch Geplapper und Wortsalat hindurch zu geordnetem Gespräch auf; und von dem Gespräch entwickelt sie sich über Dichtung und Gebet schliesslich hin zu einem echten, persönlichen Schweigen.
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249
Real ist das, woran wir glauben. (Zusatz: Ich glaube, weil es absurd ist.)
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250
Der vollkommene Mensch ist ohne Ich, der inspirierte Mensch ist ohne Werk, der heilige Mensch hinterlässt keinen Namen.
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251
Schlecht gesehen, schlecht gesagt.
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252
«Ein Mann läuft auf der Strasse, stolpert und fällt hin: die Passanten lachen.» [...]
[...] Die Quelle des Lachens liegt hier, nach Henri Bergson in der Interferenz zwischen dem Mechanischen und dem Lebendigen, in einem Zusammenstoss zwischen einer materiellen Dynamik (der hier den vertikalen Fall des Körpers bewirkt) und einer lebendigen Dynamik (die dazu einlädt, den horizontalen Lauf fortzusetzen). [...]
Indem Bergson das Lebendige mit dem Automatischen zusammenfallen lässt, offenbart er uns nicht nur die Triebfeder
des Komischen, sondern auch eine dunkle und tiefe Wahrheit, die die Natur dessen berührt, was sich als freies und autonomes Leben ausgibt. Laufen ist im Endeffekt
vielleicht nur eine abgewandelte Form des Fallens (was im übrigen die Physik lehrt), eine scheinbar spontane Geste könnte in Wirklichkeit nur eine besonders gekünstelte Version des automatischen Handelns sein, und die Tatsache zu leben eine subtile und komplizierte Version der Tatsache, tot zu sein. [...]
Die These von Kant: «Es muss in allem, was ein lebhaftes erschütterndes Lachen er-regen soll, etwas Widersinniges sein (woran also der Verstand an sich kein Wohlgefallen finden kann)».
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Bei einem Abendessen wird dem Gast Salat angeboten. Statt sich zu bedienen setzt dieser die Salatschüssel auf den Kopf. Angsichts des allgemeinen Erstaunens rufen alle: «Aber das ist doch Salat!» Der Gast ant-wortet: «Entschuldigen Sie, ich dachte,
es sei Spinat.»
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Als ich ein kleiner Bub war, hielten wir uns im Sommer oft im Salzkammergut auf. Eines Nachmittags kündigte sich ein Gewitter
an, die Schwalben flogen ganz niedrig, und meine Eltern riefen mir zu: «Schau, es kommt schlechtes Wetter, die Schwalben fliegen
so niedrig.» Ich fragte zurück: «Ja, warum fliegen die Schwalben so niedrig, wenn schlechtes Wetter kommt?» Und darauf meine Eltern: «Wegen der Mücken, der Fliegen,
der Insekten und der Gelsen, die alle so niedrig fliegen, wenn schlechtes Wetter kommt.» Da fragte ich fürwitzig weiter: «Aber warum fliegen die Mücken und die Insekten so niedrig, wenn schlechtes Wetter kommt?» — Patsch, und ich erhielt eine Ohrfeige. Na, da wußte ich, das scheint eine sehr fundamentale Frage zu sein. Und so zog ich damals daraus die Konsequenz: Wenn du fundamentale Fragen beantwortet haben willst, mußt du dich selbst darum kümmern.
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255
Der Programmierer-Gott macht die Welt nicht ein für allemal, sondern viele Male. [...] Das Universum verhält sich wie ein Programm, bis es abstürzt oder wild wird, und dann wird die Tafel saubergewischt, und ein neues Spiel beginnt.
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Auf der Bühne des Lebens treten Psyche und Soma immer gemeinsam auf; sie können nur aufeinander bezogen sinnvoll gedacht werden und existieren nur miteinander.
Was den einen Bereich betrifft, bewirkt etwas auch im anderen. Diese besondere Art
der Zusammengehörigkeit ist in neuerer Zeit sowohl durch die theoretische Physik wie durch die dialogische Philosophie geklärt worden. Es handelt sich um Bereiche und Be-griffe, die sowohl gleichzeitig und gleichwertig zusammengehören, wie auch sich ge-genseitig ausschliessen und in mancher
Beziehung gegensätzlich und widersprüchlich sind. Mit dem einfachen entweder «psycho-...» oder «somato-...» ist es vorbei; aber auch der Weg zurück in ein diffuses Einheitsdenken ist eine Sackgasse.
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257
Woher stammt die menschliche Gewalttätigkeit? Warum gibt es sie? [...] Die neue Evolutionstheorie, die Theorie spricht von der natürlichen Auslese durch ein «egoistisches» Gen, anders bezeichnet als «in-klusive Fitness-Theorie», «Sozialbiologie» oder, umfassender als «Verhaltensökologie». Sie eroberte sich unsere Hochschulen und revolutionierte das Darwinsche Denken durch den Nachdruck, den sie auf die Tat-sache legte, dass die letzte Ursache für
das Verhalten jedes Individuums nur die Maximierung des genetischen Erfolges dieses Individuums sei, mit andern Worten: die möglichst gute Übertragung der Gene dieses Individuums auf nachfolgende Generationen. Die neue Theorie, publikumswirksam in Richard Dawkins «Das egoistische Gen» dargestellt, ist inzwischen Allgemeingut der Biologie geworden, da sie tierisches Ver-halten wunderbar erklärt. Sie macht Egoismus, sogar Mord aus Egoismus, ohne weiteres einsichtig. Und sie wurde immer überzeugender auch auf menschliches Verhalten angewendet, obgleich die Debatte immer noch sehr heiss ist. Jedenfalls ist das allgemeine Prinzip, dass Verhalten egoistischen Zielen dient, weitgehend akzeptiert. Und
die Vorstellung, der Mensch könnte durch die natürliche Auslese mit der «vorteilhaften» Eigenschaft bedacht sein, seine Feinde zu hassen und zu töten, erscheint vollkommen vernünftig, wenn auch nicht ohne Tragik.
[...] Die konkrete Ausarbeitung dieser Theorie fehlt aber: Die meisten Tiere sind nämlich nirgends auch nur annähernd so gewalttätig wie der Mensch — warum also hat sich derart aggressives Verhalten gerade bei Menschen entwickelt? Warum tötet er
den Feind, statt ihn einfach zu vertreiben? Warum vergewaltigt, foltert und verstümmelt er? Warum entdecken wir diese Verhaltensmuster bei uns selbst, aber auch bei den Schimpansen? Weshalb aber bei den verschwisterten Bonobos nicht?
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258
Nun sei gesagt, dass Kunst kein Geschäft ist; ist sie dies, ist sie eine «Schweinerei», und sonst nichts. Kunst ist eine Lebensform. Sie ist durchaus mit dergleichen wie einen Bus nehmen, Blumen pflücken, lieben, den Boden fegen, von einem Affen gebissen werden, ein Buch lesen usw. ad infinitum vergleichbar. [...] Kunst ist, wenn sie Kunst ist,
wie sie z.B. Satie gelebt und gemacht hat, ist sie nicht vom Leben isoliert.
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259
Meine Kreationen lassen sich wie Frisuren be-urteilen, sie gelingen unterschiedlich ordentlich. Das Kino ist zum Denken gemacht. Wie Duras liebe ich das Kino, weil es da nichts zu tun gibt: das Set ist wie eine Baustelle, die eine gaffende Menge anlockt, doch nichts geschieht.
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260
Um einige chronologische Anhaltspunkte zur Verdichtung der Zeit in der Geschichte zu liefern, sei daran erinnert, dass man
um 1600 begann, von Zehntelsekunden zu sprechen, um 1800 von Hundertstelsekunden, um 1850 von Millisekunden und um 1950 von Mikrosekunden (Millionstelsekunden); 1965 waren es Nanosekunden (Milliardstelsekunden), 1970 Pikosekunden (Tausendstel von Milliardstelsekunden), 1990 Femtosekunden (Millionstel von Milliardstel-sekunden), und 2020 werden wir vermutlich bei Attosekunden angekommen sein, das sind Milliardstel von Milliardstelsekunden.
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261
Wir alle haben tiefgreifende Unterdrückung und Ablehnung erlebt. In unserer Kultur
ist es üblich, dass man in seinem Kindsein zurückgewiesen wird, weil man nicht den
Erwartungen von Erwachsenen entspricht. Gleichzeitig darf ein Kind sich nicht als Opfer erleben, denn das würde dem Mythos widersprechen, dass ja alles aus Liebe
und zu seinem Besten geschieht. So wird das Opfersein zur Quelle eines unbewussten Zustandes, in dem das eigene Erleben als etwas Fremdes ausgestossen und verleugnet werden muss. Diesen Teil von sich wird
der Mensch fortan suchen, ohne sich dessen bewusst zu sein. Es ist dieses Suchen, das uns zum Verhängnis wird. [...]
[...] Unsere Wahrnehmung wird durch Prozesse geformt, die auf Gehorsam und der Identifikation mit der Macht basieren. [...]
[...] Verwöhnung hat nichts mit Liebe zu tun. Eine Mutter, die ihren Sohn verzärtelt, setzt sich gegen den Vater, wodurch er sich als der Bessere fühlt. Diese Phantasien schaden der Entwicklung des Sohnes. Es be-ginnt ein permanenter Wettkampf mit dem Vater — und mit allen, die stellvertretend
für diesen stehen. Doch die vermeintliche Stärke des Sohnes ist keine eigene innere Kraft. Sie ist nur ein von der Mutter aufgezwungenes Konstrukt. [...]
[...] Wir müssen alles fördern, was Liebe gedeihen lässt. Dies ist der Weg, wie man sich aus der Identifikation mit dem
Aggressor lösen kann. Indem man die Idealisierung reduziert, wird die Entwicklung eines eigenen Selbst und so auch von Mensch-lichkeit gefördert.
Die wirkliche Lösung besteht jedoch in dem Bemühen, dem Drang nach Grösse und Besitz Einhalt zu gebieten und Menschen stattdessen zu ihren wahren Möglichkeiten zurückzuführen, die mit Liebe, Zuwendung, Nähe und Zugang zum Schmerz in Zusammenhang stehen.
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262
Grundlage einer Entwicklung zur anti-demokratischen Persönlichkeit ist für Winnicott die Tatsache, dass viele Eltern keine gute Eltern sind. Mit einer solchen Entwicklung geht auch eine Angst vor der Frau einher,
die ihre Ursachen in der tiefen Abhängigkeit des kleinen Kindes von der Mutter hat.
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263
Freud irrte sich, als er annahm, dass das Des-truktive durch Sublimierung in konstruktive Bahnen umgeleitet werden kann. Das Destruktive ist nicht dasselbe wie die Aggres-sion, die eine berechtigte Reaktion auf eine Unterdrückung ist. Das Destruktive im Men-schen entsteht, weil das Eigene zum Fremden gemacht und dann gehasst wird. Dieser Hass muss zurückgeführt werden zu seinen Quellen, zum eigenen Opfer, das man einst war. Nur so lässt sich der wahre Aggressor identifiziern. Erst wenn wir uns mit seiner terrorisierenden Macht konfrontieren, können wir den Hass auf uns selbst und auf andere Opfer erkennen. Der Hass lässt sich nur be-enden, indem man die Trauer über die ungenügende Liebe der Eltern zulässt. Erst dann kann der Mensch kreativ werden. Freud dachte, dass das Aggressive, das Bösartige einfach umgeleitet werden kann. Dadurch erkannte er nicht, dass es einen Unterschied gibt zwischen berechtigter Aggression und Hass. Indem er beides in einen Topf warf, ver-schleierte er den destruktiven Aspekt des Ehrgeizes und unterstütze damit das, was unsere auf Erfolg und Leistung ausgerichtete Kultur fördert: Ehrgeiz und Leistung, das Schaffen von Grösse als Selbstzweck. Erfolg und Leistung beeindrucken natürlich, deshalb wird auch nicht sichtbar, dass sie dem Destruktiven dienen.
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264
Wenn wir sagen, dass das Wort «Katze» fünf Buchstaben hat, bedeutet «Katze» ein Wort und nicht mehr ein Tier. Philipp der Kanzler (1228) unterschied daher eine Verwendung des Begriffs in essendo und in significando. Da Bilder Zeichen seien, könne man auf
sie dieselbe Diochtomie anwenden: Wie das Wort «Katze» für sich selbst oder für eine Katze stehen könne, könne man das Bild
für sich oder in Bezug auf den Dargestellten (Christus) betrachten. Im zweiten Fall sei
es nur Medium, durch das die Anbetung auf den Dargestellten übergehe.
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265
Selbst unter günstigsten Umständen, selbst, sagen wir es ruhig, in den höchsten Höhen des kunstkritischen Diskurses, beantworten Theorien keine Transportfragen; Theorien ant-worten immer nur auf andere Theorien und entwickeln zu ihrer eigenen Unterhaltung verstiegene Knacknuss-Gebilde. Wenn Gilles Deleuze anlässlich der Bilder von Francis Bacon eine Logik der Sensation schreibt,
so war das seine Logik, und nicht diejenige Bacons. Aber Deleuze wusste natürlich selbst am besten, dass das Denken mit der Logik alleine nicht zu erfassen ist. Also schaffen wir dort, wo die Logik nicht greift, Platz für das Sandwich. Zäumen wir das Pferd einmal am Schwanz auf. [...] Eine logische Folge
von Ursache und Wirkung ist nicht zu erkennen. Und doch ist es das Bild, das all dies
inszeniert, zu ihm gehören all die so unlogischen Linien, die mit Fingern zeigen und grinsen. Seine Linien sind es, die etwas zeigen, aber nichts verraten. [...] All die Dinge,
die man zu sehen glaubt, sind letztlich nur bewegte Linien.
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266
In Jean-Luc Godards Film «Passion» (1982) fragt ein Mitarbeiter den Regisseur Jerzy Radziwilowicz: «Gibt es beim Filmen Geset-ze?» und dieser antwortet so knapp, wie
er nur kann: «Gibt es nicht!»
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267
Es gibt beispielsweise dieses Buch mit dem Titel: «Was ist der Name dieses Buches?» Und wenn man fragt: «Was ist der Name dieses Buches?», so lautet die Antwort: «Was ist der Name dieses Buches»? Das gehört
in diese ganz spezielle Klasse von Phänome-nen, in denen Fragen und Antworten identisch werden. Dieser Buchtitel ist ein wunder-schöner Hinweis darauf, wie wenig sich Fragen und Antworten trennen lassen. Noch pointierter finden wir das bei Ludwig Wittgenstein: «Was ist eine Frage?» Damit kann man die Leute am besten ärgern.
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268
Feuerbachs Urteil, dass seine Zeit «das
Bild der Sache, die Kopie dem Original und
die Vorstellung der Wirklichkeit» vorziehe, ist durch das Jahrhundert des Spektakels voll und ganz bestätigt worden. [...]
[...] Die Spezialisierung der Bilder der Welt findet sich vollendet in der autonom gewordenen Welt des Bildes wieder.
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269
Aber freilich [...] diese Zeit, welche das Bild der Sache, die Kopie dem Original, die Vorstellung der Wirklichkeit, den Schein dem Wesen vorzieht [...]; denn heilig ist sich nur die Illusion, profan aber die Wahrheit. Ja die Heiligkeit steigt in ihren Augen
in demselben Masse, als die Wahrheit ab- und die Illusion zunimmt, so dass der höchste Grad der Illusion für sie auch der höchste Grad der Heiligkeit ist.
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270
Robert Pirsig erzählt in seinem Buch «Zen und Kunst ein Motorrad zu warten» die Geschichte einer Studentin, die es nicht schaffte einen Aufsatz (über die Vereinigten Staaten) zu schreiben. Sie war sehr gewissenhaft,
diszipliniert und fleissig. «Grenzen sie das Thema auf die Haupstrasse von Bozeman ein.» Das die plötzliche Einsicht des Professors. Sie nickte pflichbewusst und ging
hin-aus. Aber kurz vor der nächsten Stunde
kam sie wieder, völlig niedergeschlagen
und in Tränen aufgelöst. «Sie machen eben
die Augen nicht auf!», sagte er wütend. Er dachte daran, wie er selbst von der Universität geflogen war, weil er zuviel zu sagen gehabt hatte. Ärgerlich sagte er ihr: «Grenzen sie es auf die Fassade eines einzigen Gebäudes auf der Hauptstrasse von Bozeman ein. Meinetwegen des Opernhauses. Fangen sie mit dem ersten Ziegelstein oben links an.» Mit einem verwirrten Ausdruck im Ge-sicht kam sie in der nächsten Stunde und überreichte ihm einen fünftausend Worte langen Aufsatz.
Er kam zum Schluss, dass sie offenbar eine ganz ähnliche Blockade gehabt hatte, wie er an seinem ersten Unterrichtstag. Sie war blockiert, weil sie versuchte, mit eige-nen Worten Dinge zu wiederholen, die sie schon einmal gehört hatte, genau wie er am ersten Tag versucht hatte, Dinge zu wie-derholen, die er sich vorher schon zurechtge-legt hatte. Sie wusste nicht, was sie über Bozeman schreiben sollte, weil sie sich an nichts erinnern konnte, was einer Wiederholung wert gewesen wäre. Sie kam sonderbarerweise gar nicht auf den Gedanken, dass sie sich beim Schreiben selber umschauen,
mit eigenen Augen sehen konnte, ohne
sich darum zu kümmern, was andere vor ihr gesagt hatten. Die Eingrenzung auf einen Ziegelstein beseitigte die Blockade.
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271
Bilder zählen, sie sind keine blossen Spiel-marken, doch nicht, weil sie Urbilder von etwas über, unter oder entfernt von ihnen wären: sie zählen, weil sie ermöglichen,
sich zu einem anderen Bild zu bewegen, das ebenso zerbrechlich und bescheiden wie das erste, doch von diesem verschieden ist. [...]
La vérité est image, mais il n’y a pas d’image de la vérité.
Die Wahrheit ist Bild, doch es gibt kein Bild von der Wahrheit.
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272
Der Sachverhalt besteht darin, dass unser Leben bis in den Alltag hinein und damit unsere Einstellung zur Wirklichkeit von gewissen gedanklich klar formulierten Grundkonzepten abhängen. Diese Grundkonzepte sind es, welche unsere gesamte Wirklich-keit gestalten. Grundkonzepte wie das des platonischen Dialoges, also das deduktive Denken1, wie ebenfalls das Konzept der christ-lichen Verantwortung, also die Ichbewusstheit; wie das von Galilei postulierte Konzept der Wissenschaftlichkeit, welches er in den Satz zusammenfasste: «Messen was messbar
ist, und messbar machen, was es noch nicht ist», sowie seit einigen Jahrzehnten unter anderem das Konzept der Indeterminiertheit 2. Sie alle sind für unser Verhalten, für unsere Art, Welt und Wirklichkeit zu sehen und zu gestalten, bestimmend, und sie beeinflussen jede unserer Äusserungen, jede Beziehung, bewirken die jeweils vorherrschende soziolo-gische Struktur und damit selbst die Art unseres wirtschaftlichen Denkens.
1 Ableitung des Besonderen und Einzelnen aus dem Allgemeinen. Die allgemeine Denkform der Deduktion ist dabei der Schluss. Die deduktive Methode ist nur in der Naturwissenschaft, besonders in der Mathe-matik anwendbar.
2 Konzept der Indeterminiertheit nach Jean Piaget:
Anerkennung des Spontancharakters der geistigen Kulturentwicklung.
Das, was ein Individuum wird, ist weder primär von seiner Umwelt noch vom Ensemble seiner Erbeigenschaften allein abhängig, sondern
von seiner Aktivität, seiner Eigenbewegung, die über weite Strecken eigenen Regeln folgt.
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Einem bekannten Universitätslehrer, der sein wenig anmutendes Spezialfach reichlich
mit Witzen zu würzen pflegte, wird zur Geburt seines jüngsten Kindes gratuliert, das ihm in bereits vorgerücktem Alter beschieden wurde. «Ja», erwidert er den Glückwünschenden, «es ist merkwürdig, was Menschenhände zu-stande bringen können.»
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Die Lust am Unsinn: Die Einschränkungen, die bei der Erziehung zum richtigen Denken und zur Sonderung des in der Realität Wahren vom Falschen Platz greifen müssen, sind gewaltig. Und darum ist die Auflehnung gegen den Denk- und Realitätszwang eine tiefgreifende und langanhaltende; selbst die Phänomene der Phantasiebetätigungen fallen unter diesen Gesichtspunkt. Die Macht der Kritik ist in dem späten Abschnitt der Kindheit und in der über die Pubertät
hinausreichenden Periode des Lernens meist so sehr gewachsen, dass die Lust am «befrei-ten Unsinn», sich nur selten direkt zu äu-s-sern wagt. [...] Ein guter Teil des studentischen Ulks und der Revolte gehört dieser Reaktion an. Der Mensch ist eben ein «unermüdlicher Lustsucher». [...]
[...] Die Bedingtheit des Witzes ist seine Tendenz, das lustvolle Spiel durchzusetzen, und es vor der Kritik der Vernunft
zu schützen. Die Macht des Witzes besteht in dem Lustgewinn, den er aus den Quellen des Spielens mit Worten [...] und des
befreiten Unsinnes zieht.
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Definitionen sind konventionell und lassen sich abändern.
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Computer und Mensch haben bei der Ver-arbeitung von Informationen völlig verschiedene Fähigkeiten. Es gibt deshalb keinen Grund, von Computern zu verlangen, Probleme wie ein Mensch zu lösen. Die Maschine ist äusserst schnell und im konkreten Rech-nen praktisch fehlerfrei. Aber der Mensch
hat das, was man Intuition nennt, und er kann ganzheitliche Urteile fällen. Die menschliche Intelligenz zeichnet sich durch eine enorme Vielfalt aus. Im Leben zählt viel mehr als ein akademisch hoher IQ. Etwa die so-ziale Intelligenz.
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277
Georges Bataille verstand seine Streitschrift «Die Aufhebung der Ökonomie» als Kritik am Produktionswahn des Kapitalismus, an dem auch der Kommunismus prinzipiell fest-gehalten hätte. Gegen dieses Paradigma bringt er darin ein — im wahrsten Sinne des Wortes — luxuriöses Konzept von Wirtschaft ins Spiel, das er bildhaft als eine «Ökonomie im Rahmen des Universums» formuliert. Reichtum und Energie setzt er darin gleich.
«Die Energie ist Grund und Zweck der Produktion», und es komme darauf an,
wie überschüssige Energien, die Resultat jeg-licher Produktion seien, verbraucht werden. Den Sinn einer poetischen Form einer Verausgabung, die er als eine Möglichkeit begreift, dem Zwang zur Akkumulation zu
entgehen, beschreibt er in einem Vergleich
mit der Sonnenenergie. «Der Sonnenstrahl, der wir sind, findet am Ende die Natur und den Sinn der Sonne wieder: er muss sich verschenken, sich ohne Brechungen verlieren. Ein lebendes System wächst, oder verschwen-det sich grundlos.
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278
Der Dichter Edouard Glissant aus Martinique behauptet, dass die europäischen Intel-lektuellen unter dem Zwang zu universalistischen Weltanschauungen und Theorien, zur Vereinheitlichung des Wissens neigen: [...] Deshalb nur das eine Meer in der Mitte, der eine Gott, die eine Ideologie, die eine Wahrheit und damit die verheerenden Auswirkungen in der Geschichte: Kolonialismus, Zentralperspektive. [...]
Gegen die Definition durch «Identitäts-maschinen» setzt Glissant die mögliche Kraft einer «Poetik der Beziehungen». Es sind Energien gegen die Abschaffung von kraftvollen Mannigfaltigkeiten durch die Globalisierung. Mit Bataille, Blanchot, Deleuze, Derrida, Foucault u.a. kämpft er im Jahrhun-dert der Uniformierungen dagegen und bringt das Konzept einer mondialité (Mundialität) ins Spiel, bei dem die Mitspieler aus den Peripherien, den Nischen, den Rändern der Machtterritorien kommen, nicht nur, aber auch im geografischen Sinne. «Jene, die sich hier ein Stelldichein geben, kommen immer von einem «dort drüben», aus der weiten Welt, und sie haben beschlossen, das unsichere Wissen ins Hier mitzubringen, das sie von dort abgeholt haben.» Derrida schreibt in Grammatologie: «Dieses brüchige Wissen ist keine gebietende Wissenschaft. Wir ahnen, wir folgen einer Spur.» [...]
[...] Kunst schafft nicht nur, sondern beobachtet, reflektiert auch. Der Künstler schafft Spuren und er entziffert sie: Er ist Spurenleger und Spurenleser. Spuren sind nichts Naturwüchsiges. Sie sind Imprägnierungen von Ereignissen und Bewegungen und bedurften schon in der archaischen Zeit der Jäger und Sammler eines intensiven Lernens im Entziffern, im Lesen und im Zuord-nen von Zeichen. Formen auch des The-oretisierens zu finden ist Teil der kreativen Arbeit des Künstler-Forschers.
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279
Das einfachste lebende System ist die Zelle. Eine Zelle ist ein von Membranen begrenztes, selbsterzeugendes, organisatorisch geschlossenes metabolisches1 Netzwerk.
Die Zelle ist in materieller und energetischer Hinsicht offen und der ständige Fluss von Materie und Energie wird dazu benutzt, sich zu produzieren, zu reparieren und fortzupflanzen. Die Zelle operiert fern vom Gleichgewicht, wo neue Strukturen und neue For-
men spontan entstehen können, was somit zu Entwicklung und Evolution führt. Diese Merk-male werden von zwei verschiedenen
Theorien beschrieben: der Theorie der Autopoiese (wörtlich: «Selbstmachen») und
der Theorie dissipativer Strukturen. Eine dis-sipative Struktur ist ein offenes System,
das sich selbst in einem Zustand fern von Gleichgewicht erhält. Auch wenn sich dieser Zu-stand fern vom Gleichgewicht unterscheidet, ist es gleichwohl stabil: Die gleiche
Gesamtstruktur wird trotz eines anhaltenden Flusses und einer Veränderung von Kom-ponenten aufrechterhalten. Dieser enge
Zusammenhang zwischen Struktur einerseits und Fluss und Veränderung andererseits
beschreibt Ilya Prigogine in seiner Theorie offener Systeme als dissipative Strukturen.
Diese Dynamik schliesst insbesondere die spontane Entstehung neuer Formen
von Ordnung ein: Nimmt der Energiefluss zu, kann das System an einen Punkt der Instabilität gelangen (Bifurkationspunkt), an dem es sich in einen völlig neuen Zustand verzweigen kann, in dem neue Strukturen und neue Formen entstehen können. Dieses spontane Entstehen von Ordnung an entscheidenden Punkten der Instabilität ist eines der wichtigsten Konzepte des neuen Verständnisses von Leben. Fachsprachlich nennt man es Selbstorganisation, oft spricht man einfach von Emergenz. Dieses Phänomen der Emergenz ist eines der Kennzeichen von Leben. Es gilt als der dynamische Ursprung von Entwicklung, Lernen und Evolution.
Mit anderen Worten: Kreativität — die Erzeugung von neuen Formen — ist eine Schlüsseleigenschaft aller lebenden Systeme. Das Leben greift ständig nach Neuem.
Diese Sachverhalte verhelfen uns auch zu einer Definition von Komplexität: Während das Studium von Komplexität traditionellerweise ein Studium komplexer Strukturen ist, verlagert sich der Blickwinkel heute von den Strukturen zu den Prozessen ihres Entstehens.
1 Metabolische Prozesse = Muster von Beziehungen (hier zwischen den Makromolekülen)
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280
Ich gab auf, ehe ich geboren wurde, es ist anders nicht möglich, es musste jedoch ge-boren werden, er war es, ich war darin,
so sehe ich es, er war es, der geschrien hat, er war es, der das Licht erblickt hat, ich
habe nicht geschrien, ich habe nicht das Licht erblickt, es ist unmöglich, dass ich eine Stimme habe, es ist unmöglich, dass ich Gedanken habe, und doch spreche und denke ich, ich tue Unmögliches, es ist nicht anders möglich, er war es, der gelebt hat, ich habe nicht gelebt, er hat schlecht gelebt, wegen mir, er wird sich umbringen, wegen mir,
ich werde das erzählen, ich werde seinen Tod erzählen, das Ende seines Lebens und seinen Tod, eines nach dem anderen, im Präsens, sein Tod allein wäre nicht genug, nicht genug für mich, wenn es röchelt, so wird er es
sein, der röchelt, ich werde nicht röcheln,
so wird er es sein, der stirbt, ich werde nicht sterben [...] man wird ihn vielleicht beer-digen, falls man ihn findet, ich werde darin sein, er wird verwesen, ich werde nicht
verwesen [...]
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281
Drei Jahrhunderte nach Descartes hat uns die Quantentheorie gezeigt, dass sich das klassische Ideal einer objektiven Wissenschaft nicht aufrechterhalten lässt, wenn wir uns mit atomaren Phänomenen befassen. Und in neuerer Zeit hat die Santiago-Theorie der Kognition klar gemacht, dass die Kognition an sich nicht eine Darstellung einer unabhängig existierenden Welt, sondern vielmehr ein «Hervorbringen» einer Welt durch den Prozess des Lebens ist. Somit sind wir uns nun darüber im Klaren, dass die subjektive Dimension stets in der wissenschaftlichen Praxis impliziert ist.
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282
Eine wahre Wissenschaft vom Bewusstsein müsste eine neu Art von Naturwissenschaft sein, die sich mehr mit Qualitäten als mit Quantitäten befasst und mehr auf gemeinsamen Erfahrungen als auf verifizierbaren Messungen beruht. Die Daten einer solchen Naturwissenschaft würden Erfahrungsmuster sein, die sich weder quantifiziern noch ana-lysieren lassen.
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283
«Lieber den Flug des Vogels, der vorüberzieht und keine Spur hinterlässt, als den Zug des Tieres, der sich nutzlos dem Boden
einprägt. [...] Zieh vorüber, Vogel, vorüber und lehr mich vorüberziehen!»
Ich muss euch gestehen, dass dieser Gedanke von Pessoa mich immer wieder be-troffen macht. Bei mir sieht es so aus,
dass ich immer bestrebt bin irgend welche Spuren zu hinterlassen, irgendein Werk,
ein kleines Häuschen vielleicht [...] und dann kommt einer daher, und sagt: «Die Postkutsche fuhr über die Strasse und verschwand, die Strasse wurde dadurch nicht schöner und nicht einmal hässlicher.»
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284
Wer denkt, hat eine Augenkrankheit.
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285
Von den Gestalten zu künden, die einst
sich verwandelt in neue Körper, so treibt mich der Geist.
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286
Weiber und Western
Wenn etwa, um nur ein Genre-Beispiel
zu nennen, im konventionellen Western der Held in die Weite der Prärie reitet, ist das eine mit genderspezifischen Bedeutungen aufgeladene Aktion. Der aktive und mobile, traditionell männliche Held dringt — eine Aktion, die sich als Penetration konzeptualisieren lässt — in einen weiblich semantisier-ten Raum ein, der gefahrenvoll, rätselhaft, unheimlich ist, also jenen dunklen unbekann-ten Kontinent figuriert, den nicht erst Freud mit Weiblichkeit gleichsetzte. Die Landschaft substituiert hier den Frauenkörper.
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287
«Das Verzeihen ist in den Todeslagern
gestorben». (Vladimir Jankélévitch)
«Der Sinn der Vergebung liegt in ihrer Sinnlosigkeit, in ihrer Unabhängigkeit von Zwecken, Begründungen, strategischen Kal-külen. Dass einer, der seine Familie in den Gaskammern gesehen hat, den Satz aussprechen kann: «Ich vergebe», ist demnach keineswegs verständlicher als der Satz:
«Ich vergebe nicht.» Wir verstehen, dass hier nichts zu verstehen ist.» Mit seinem Hinweis lenkt Derrida die Aufmerksamkeit auf den Punkt, an dem die Intuition und der Akt des Vergebens gemeinsam entspringen.
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288
Wenn ich aufmerksam schaue,
Seh ich die Nazuna
An der Hecke blühen!
Basho (1688 – 1694)
Eine scheinbar unbedeutende und gewöhnliche Begebenheit, die Basho beschreibt. Basho betrachtet die Blume nur. Er fühlt etwas in seinem Inneren, aber er spricht es nicht aus. Basho sieht die Nazuna, die Nazuna sieht ihn. Hier gibt es weder Einfühlung noch Mitge-fühl und auch keine Identifikation. Für ihn ist Freiheit eine unsinnige Idee. Der Mensch
ist nur frei, wenn er unpersönlich ist. Er ist frei, wenn er er selbst und doch nicht er selbst ist. Solange er diesen scheinbaren Widerspruch nicht voll und ganz versteht, steht es ihm nicht zu, von Freiheit, Verantwortung oder Spontaneität zu sprechen. Freiheit
ist ein subjektiver Begriff, der sich objektiv nicht interpretieren lässt. [...]
[...] Im Gegensatz zu Basho pflückt der westliche Dichter Tennyson die Blume. Er pflückt sie von der Stelle, wo sie wächst. Er reisst sie aus ihrem Nährboden, was
bedeutet, dass die Pflanze sterben muss.
Er analysiert sie und ist beredt: Er beschreibt den Gegenstand, er spricht über ihn, er geht um ihn herum, er hält alles fest, was seine Sinne und seinen Verstand erregt. Ist aber der ganze Gegenstand damit im Netz gefangen? Der Westen liebt es, alles in Worte zu fassen: Es ist ein Appell an das Verstehen, dieses Verstehen ist ein «wissenschaftlich objektives». Es gibt keine Gefühlstiefe, es ist ganz Intellekt und Logos.
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289
Religion leitet Giordano Bruno vom lateinischen religare (verbinden) ab, legt dies aber im Gegensatz zu Calvin nicht als das Verbindende von Mensch zu Gott, sondern als das Verbindende zwischen Mensch und Mensch aus. Unabhängig vom Wahrheitswert ihrer Glaubenssätze sind die Religionen für Bruno in erster Linie das Bindemittel, welches die Menschen in moralischer Gemeinschaft zusammenleben lässt.
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290
Die Menschen können nichts um sich
herum sehen, was nicht ihr Gesicht ist, alles spricht zu ihnen von ihnen selbst. Selbst ihre Landschaft ist beseelt.
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291
Das «Gesicht» ist im interaktiven Bereich vielleicht überhaupt das paradigmatische
Phänomen, an welchem klar werden kann, dass die Subjekt-Objekt-Trennung in der Ästhetik keinen Sinn macht.
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292
Überall also stossen wir auf eine Ästhetik von «Natur als Ursprung», Natur gerade als Gegenpol zur Kunst oder Kultur. Darin spiegelt sich die alte griechische Unterscheidung von physis und techné. Physis ist dasjenige, was von sich aus da ist und darin das Wachsende und Blühende darstellt; und techné ist dasjenige, was sein Sein einem andern ver-dankt, also hervorgebracht, beweckstelligt, im Heideggerschen Sinn «Gestell» ist. Dieser Gegensatz aber ist historisch in Auflösung begriffen. Die Natur, die in unsere Sinne fällt, ist Technonatur — ein Begriff,
der für die griechischen Philosophen undenk-bar war. Technonatur: das heisst ebenso, dass Landschaften, die wir als Natur ansehen, Erzeugnisse der industrialisierten Agrikultur sind; dass Wälder, die wir durchwandern, nicht physis sondern Plantagen der Holzindustrie sind; dass aber auch die eigene Natur, die Natur des Menschen, nicht nur zivilisa-torisch stilisiert, sondern an den Fronten
der Gen-Medizin, Prothetik und chemischen Modulation heute fragwürdig geworden
ist — bis hin zur propagierten Idee eines «postbiologischen Zeitalters.»
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293
Der Verfall der Naturästhetik hängt mit einer Verdrängung des Leiblichen aus dem Selbst-bewusstsein des Menschen zusammen.
Die Weise, in der wir Leib sind und haben, die Weise, in der unsere eigenen leiblichen und sinnlichen Spürvermögen kultiviert werden, entscheiden, ob wir weiterhin die natürliche Mitwelt und unseren Leib wesentlich in einer Ästhetik der Gewalt oder in einer Ästhetik der Allianz, der Schonung, der Achtung, der Behutsamkeit und des Sympathischen einrichten werden.
Es ist heute eine generelle Verschiebung der Aufmerksamkeit zu konstatieren, die zunehmend von der (verelendeten)
physischen Welt sich verlagert in eine imaginäre bzw. simulierte Welt. In Arbeit und Freizeit gleichermassen heisst gesellschaftliche Anwesenheit: die imaginäre Präsenz der Menschen in den Netztwerken der Medien. Dies kann man als Übergang zu einem
neuen platonischen Zeitalter interpretieren
oder als späte Rache Platons an Aristoteles:
Die platonische Höhle, in der die Menschen
dem Schattenspiel der projizierten Ideen
zusehen, wird heute durch die milliardenfache Präsenz der Bildschirme gebildet, die unsere Realität sind.
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294
Ästhetik ist wieder in einem allgemeinen Sinne, wie ihn Alexander Baumgarten entwi-ckelte, als Erkenntnisform, und zwar als sinnliche Erkenntnis zu entwickeln; das heisst aber: Die Kopräsenz von Dingen (oder Dingensembles) und sinnlich-leiblich wahrnehmenden Subjekten ist zum Ausgang einer ästhetischen Theorie zu wählen.
Für Aristoteles ist Wahrnehmung das Ineins von Wahrnehmendem und Wahrgenommenen. d.h. Dinge und Subjekte haben ihr Sein nicht in einem Für-Sich, sondern
sie treten in ihre volle Wirklichkeit gerade erst in der Wahrnehmung — dann also, wenn ein Koppelungszustand (d.i. Wahrnehmung) zwischen Ding und Ich hergestellt ist. Also: das kalt-feucht-Sein des Elementes Wasser tritt in seine Wirklichkeit dadurch, dass es als kalt und feucht gespürt wird. Das Eidos (Urbild, Gestalt) des Wassers hat gleichsam zwei Seiten: Es ist das organisierende Prinzip des Wassers, das dieses kalt und feucht sein lässt, und es tritt gleichsam aus sich heraus, indem es sich als kalt und feucht zeigt,
näm-lich als solches sich zu spüren gibt. Das nun ist fundamental. Denn eine solchermassen fundierte Naturästhetik bricht die Ontologie des in sich selbst verschlossenen Dinges auf. Auf der Linie des Aristoteles
ereignet sich das Ding-Sein immer auch im metaxü. Metaxü heisst «dazwischen». Es ist der Ausdruck für Medium.
Traditionell wird das Sich-Zeigen als Struktur des Bildes verstanden. Tatsächlich trifft dies auf alle gemachten Bilder zu.
Wir meinen aber keineswegs, dass das Sich-
Zeigen auf Bilder beschränkt wäre.
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295
Die Natur liebt es, sich zu verbergen.
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296
Das Problem bei allen Untersuchungsansätzen ist, dass Kleinkinder die Welt nicht
entsprechend den Kategorien unserer akademischen Subdisziplinen erfahren. Das frühkindliche Erleben ist einheitlicher und globaler. Den Säugling kümmert es nicht, in welchem Bereich seine Erfahrungen auf-treten. Er nimmt Empfindungen, Wahrnehmungen, Aktionen, Kognitionen, innere
motivationale und Verhaltenszustände, unmittelbar wahr: als Intensität, Form, Zeitmuster, als Vitalitätsaffekte, kategoriale Affekte, Lust oder Unlust. Dies sind die Grun-delemente des frühkindlichen subjektiven Erlebens. Erkenntnisse, Aktionen und Wahrnehmungen als solche gibt es nicht. Alle
Erfahrungen werden zu strukturierten Konstellationen sämtlicher Grundelemente
des subjektiven Erlebens umgeformt. [...] Der Säugling hat erstaunlich hohe Fähigkeiten, wesentliche Aspekte der abstrakten und globalen Qualitäten des Erlebens zu
erkennen und zu organisieren. Es ist nämlich nicht so, dass der Säugling hilflos einem Strudel abstrahierbarer Erlebnisqualitäten ausgeliefert wäre: Allmählich und systematisch ordnet er diese Aspekte seines Er-lebens, so dass er invariante Konstellationen des Selbst und des Andern identifizieren kann. Und wann immer sich eine Konstellation herausbildet, erlebt der Säugling das Auftauchen von Organisation, nur dass die Elemente, aus denen diese auftauchenden Organisationen bestehen, sich von jenen subjektiven Einheiten unterscheiden, die
erwachsene Menschen in Form von Gedanken, Wahrnehmungen, Handlungen usw. subjektiv zu erleben glauben, weil sie ihr Er-leben in diese Begriffe übersetzen müssen, um es verbal zu enkodieren.
Diese globale, subjektive Welt auftauchender Organisation ist und bleibt der grundlegende Bereich menschlicher Subjek-tivität. Ausserhalb des Gewahrseins schafft er die Erfahrungsmatrix, aus der später
Gedanken, wahrgenommene Formen, identifizierbare Handlungen und verbalisierte Gefühle hervorgehen. Er liegt auch der kontinuierlichen affektiven Bewertung aller Vorgänge zugrunde. Und schliesslich wird er zum Urquell schöpferischen Erlebens.
Jegliches Lernen und schöpferisches Tun nimmt seinen Ausgang im Bereich der auftretenden Bezogenheit. Nur dieser Erfah-rungsbereich hat an der Herausbildung von Organisation, die den Kern des Schaffens
und Lernens bildet, teil. Er bleibt auch wäh-rend der Enstehungsphasen der später
auftauchenden Bereiche des Selbstempfindens lebendig.
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297
Das Kern-Selbst-Empfinden ist ein erfahrungsgeleitetes Empfinden von Vorgängen, das wir normalerweise als völlig selbst-verständlich voraussetzen und uns nicht be-wusstmachen. Entscheidend ist hier der Begriff «Empfinden» (sense) im Unterschied zu «Konzeption», «Kenntnis», oder «Gewahrsein» des Selbst oder des Andern. Die Betonung liegt auf der greifbaren Erfahrungswirklichkeit von Substanz, Handlung, Sinneseindruck, Affekt und Zeit. Das Selbstemp-finden ist kein kognitives Konstrukt; es ist die Integration des Erlebens. Dieses Empfinden eines Kern-Selbst ist die Grundlage
für alle differenzierten Selbstempfindungen, die sich später entwickeln werden.
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298
Die Zeit ist die Substanz, aus der ich gemacht bin. Die Zeit ist ein Fluss, der mich davonreisst, aber ich bin der Fluss. [...]
[...] Ist das Bewusstsein und die Wahrnehmung in Wirklichkeit so fortlau-fend oder wirkt es nur so durch eine Illusion, ähnlich derjenigen des Bioskopes?
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299
William James bestand immer darauf, dass das Bewusstsein kein «Ding» sei, sondern ein «Prozess». Für Edelmann ist die neurale Basis dieser Prozesse eine dynamische
Interaktion neuronaler Gruppen in verschiedenen Bereichen des Cortex (zwischen Cortex und Thalamus und anderen Teilen des Hirns). Für ihn entsteht Bewusstsein aus
der enormen Zahl solcher Interaktionen zwischen Erinnerungssystemen in den vorderen Hirnbereichen und den für die Kategorisierung von Wahrnehmung zuständigen Systemen in den hinteren Hirnbereichen. [...]
[...] Crick und Koch sind der Ansicht, dass das Bewusstsein (für Sichtbares) eine Reihe statischer Schnappschüsse sei,
auf die Bewegung «gemalt» ist. Doch diese «Schnappschüsse» sind nicht gleichförmig und konstant wie Filmbilder. Um ins Bewusstsein zu treten muss eine gewisse Inten-sitätsschwelle überschritten werden, und eine gewisse Zeit andauern; hundert Millisekunden lang, grob gesagt. Das ist die Dauer eines «Wahrnehmungsmoments». Millionen von Neuronen sind daran beteiligt, schliessen Koalitionen, verschiedene Teile des Hirns «sprechen» miteinander in einem dauernden Hin und Her. Das Gefühl der Kontinuität entsteht durch die laufende Überlagerung aufeinander folgenden Wahrnehmungsmomente. Bewusstsein ist für Crick und Koch ein Schwellenphänomen.
Jede Wahrnehmung, jede Szene, wird von uns geformt.
Unsere flüchtigen Gedanken ziehen nicht umher wie wilde Rinder. Jeder Ge-danke wird geboren als Besitzer der vorangegangenen Gedanken.
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300
Vielleicht ist die erstaunlichste Empfindung, die der prähistorische Mensch uns vermacht hat, die der Vorahnung. Diese wird immer bestehen. Wir können sie als ewigen Beweis für die Irrationalität des Universums betrachten. Der Urmensch musste durch eine Welt der unheimlichen Zeichen schreiten. Bestimmt hat er bei jedem Schritt gezittert.
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301
Das Unheimliche (ist) etwas, was im Ver-borgenen hätte bleiben sollen und hervorge-treten ist.
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302
Alle Alten Meister und Grossen Geister sind unvollkommen. Alles das, die ganze Kunst, wie auch immer, ist nichts gegen den ein-zigen geliebten Menschen. [...] Wir können uns noch so viele Grosse Geister und noch so viele Alte Meister als Gefährten genommen haben, sie ersetzen keinen Menschen.
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303
Was heisst es, ein Bild, eine Zeichnung zu ver-stehen? Auch da gibt es Verstehen
und Nichtverstehen. Und auch da können diese Ausdrücke verschiedenerlei bedeuten. Das Bild ist etwa ein Stilleben; einen Teil davon aber verstehe ich nicht: ich bin nicht fähig, dort Körper zu sehen, sondern sehe nur Farbflecke auf der Leinwand. Oder ich sehe alles körperlich, aber es sind Gegenstände, die ich nicht kenne (sie schauen aus wie Ge-räte, aber ich kenne ihren Gebrauch nicht). Vielleicht aber kenne ich die Gegenstände, verstehe aber, in anderem Sinne ihre An-ordnung nicht.
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Er stellt alles vor, er stellt alles aus, weil er weiss, dass Zeigen schon Ethik heisst. «Schau dir an, was dir Angst macht.»
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Die schwerste Kunst der nobleren Tempe-ramente unserer Zeit ist dies: Eine eigene Gegenwärtigkeit zu vermögen.
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Vor 2500 Jahren nahmen griechische Philoso-phen an, Licht werde aus den Augen auf
die Objekte geworfen, um sie wie mit Fingern zu betasten. [...]
[...] Für die Behavioristen sah es so aus, als könnten Konditionierungsketten alles erlernte Verhalten, selbst Sprache, erklären. [...] Wahrnehmung und Verhalten werde von Reizen kontrolliert. [...]
[...] Hermann von Helmholtz hat die Ansicht vertreten, visuelle Wahrnehmung beruhe auf unbewussten Schlüssen und da-durch seien Wahrnehmung und Denken miteinander verknüpft. [...]
[...] Es handelt sich bei visueller
und anderer Wahrnehmung um intelligente Entscheidungsfindung auf der Basis begrenz-ter sensorischer Information. Wesentlich dabei ist, dass sensorische Signale für direkte oder sichere Wahrnehmungen nicht ausreichen; daher ist intelligentes Raten nötig, um Objekte zu sehen. Gregory vertritt in seinem Buch die Ansicht, dass Wahrnehmungen niemals völlig sichere Hypothesen über den Zustand der Aussenwelt sind. Wahrnehmun-gen sind also konstruierte Hypothesen. [...]
[...] Sprache erfordert grammati-kalische Regeln (Syntax) und eine Übereinkunft über die Bedeutung von Symbolen (Semantik). Beides ist offenbar für Sehvorgänge ebenfalls notwendig, wenn deren Syntax und Semantik auch zunächst verbor-gen sind. Um Objekte zu sehen, sind allgemeine Regeln und ein Wissen um Objekte
aus früherer Erfahrung notwendig — die weit-gehend aus aktiver manueller Erkundung stammen.
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Es gab schon Leute, die haben behauptet, alle grossen Wahrheiten seien vollkommen banal und wir müssten sie auf neue und mög-lichst paradoxe Weise ausdrücken, damit sie nicht in Vergessenheit geraten. Wer hat das gesagt? Ein Deutscher, ein gewisser Schlegel, aber mit Sicherheit haben es vor ihm bereits andere gesagt. [...]
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Stundenlang sass der Töpfer an diesem und auch am darauf folgenden Tag da und formte, zerstörte, formte wieder und wieder die Figuren, die bei den ersten Versuchen kaum als solche zu erkennen waren, doch nach und nach Gestalt annahmen, sobald die Finger
begannen, auf eigene Faust und nach ihren eigenen Gesetzen die Instruktionen, die
der Kopf ihnen gab, auszuführen. In der Tat wissen nur wenige, dass in jedem unserer Finger ein kleines Gehirn sitzt. [...] Jenes andere Organ, das wir Gehirn nennen, mit dem wir zur Welt kamen, das wir in unserem Schädel tragen und das wiederum uns trägt, damit wir es tragen, vermochte noch nie mehr zu produzieren als vage, diffuse und vor allem variierte Angaben über das, was Hände und Finger zu tun haben. Zum Beispiel, wenn dem Gehirn im Kopf die Idee eines Bildes oder einer Musik oder Skulptur oder Literatur oder Tonfigur kommt, dann drückt es seinen Wunsch aus und wartet, was passiert. Nur weil es einen Befehl an Hände und Finger ausgesandt hat, glaubt es, oder tut zumindest so, als glaubte es, dass dies allein schon ausreicht, um nach ein paar von unseren Gliedmassen ausgeführten Operationen die fertige Arbeit präsentiert zu
bekommen. Es war nie so neugierig, sich zu fragen, aus welchem Grund das Endergeb-nis dieser Manipulation, selbst bei einfachsten dieser stets komplexen Vorgänge, so wenig dem ähnelte, was es sich vorgestellt hatte, bevor es die Instruktionen an die Hände aussandte. Man beachte, dass die Finger
bei der Geburt noch keine Gehirne haben, diese bilden sich erst im Laufe der Zeit und mit Hilfe dessen, was die Augen sehen,
aus. Die Mithilfe der Augen ist wichtig, ebenso wie die Mithilfe dessen, was von ihnen ge-sehen wird. Und daher ist das, was die Finger immer schon am besten konnten, das Enthüllen des Verborgenen. Das, was im Gehirn vielleicht als eingetrichtertes, magisches oder überirdisches Wissen verstanden wird, was auch immer die Begriffe überirdisch, magisch und eingetrichtert bedeuten mögen, es waren die Finger und ihre kleinen Gehirne, die es ihm beigebracht haben. Damit das Ge-hirn im Kopf wusste, was ein Stein war, mussten die Finger diesen zuerst berühren, seine Rauheit, sein Gewicht und die Dichte erspüren, mussten sich daran verletzen. Erst viel später begriff das Gehirn, dass man
aus diesem Stück Felsen auch etwas machen konnte, das es später Messer nennen würde,
und etwas anderes, das es später Götze nennen würde. Das Gehirn des Kopfes hinkt sein Leben lang hinter den Händen her,
und selbst dann, wenn es uns scheint, als hätte es sie überholt, sind es immer noch
die Finger, die dem Gehirn die Erkundungen
des Tastsinns erklären müssen, das Erzittern der äussersten Hautschicht bei der Berührung mit dem Ton [...].
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Der Grund dafür, dass die Macht herrscht, dass man sie akzeptiert, liegt ganz einfach darin, dass sie nicht nur als neinsagende Gewalt auf uns lastet, sondern in Wirklichkeit die Körper durchdringt, Dinge produziert, Lust verursacht, Wissen hervorbringt [...]; man muss sie als produktives Netz auffassen, das den ganzen Körper überzieht.
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Diese Konstitution von verheissungsvoller Körperlichkeit von Macht, diese Ermöglichung von Lust und Begehren impliziert eine soziale Struktur, in der sich beide zumindest relativ ungehemmt ausarbeiten können. Gilles Deleuze bezeichnet diese Struktur im Anschluss an Michel Foucaults Überlegungen als Konstitution eines Immanenzfeldes oder eines Körpers ohne Organe [...] Die--
ser Körper ist sowohl biologisch, als auch kollektiv und politisch; auf ihm entstehen und vergehen die Gefüge.» [...]
[...] Eine solche soziale Konstruktion, die Lust und Begehren in sich aufnimmt, mündet bald in einem Konzept von einer emanzipativen, globalen und vielleicht sogar revolutionären «Biopolitik», wie sie Michael Hardt und Antonio Negri in ihrer (Anti-)Globa-lisierungsfibel «Empire» (2000) formuliert haben. «Das Biopolitische ist, vom Standpunkt des Begehrens aus betrachtet, nichts anderes als konkrete Produktion, menschliche Kollektivität in Aktion. Begehren erscheint hier als produktiver Raum, als die Aktualisierung menschlicher Kooperation bei der Gestaltung von Geschichte.» Statt entfremdeter Arbeit tritt am Anfang des neuen Millenniums wieder ein kreatives Miteinander auf den historischen Masterplan. Und diese Entwicklung hat eine neue (im besten Sinne kommunistische) Weltordnung zur Folge,
in der nicht mehr der unumstrittene Herrscher Kapital, sondern die sehnsuchtsvolle Masse regiert. «In der biopolitischen Ge-sellschaft kann die Entscheidung des Souve-räns das Begehren der Menge niemals negie-ren. [...] Damit sie stattfinden kann, muss sich das Politische der Liebe und dem Begehren fügen, und das heisst: den grundlegenden Kräften biopolitischer Produktion.»
Wie gesagt: «Your body is a battle-ground.» (Dein Körper ist ein Schlachtfeld). [...]
[...] Die Kritik dieses körperbewussten Programms liess nicht lange auf sich warten: Der italienische Philosoph Giorgio Agamben warf in seinem Homo Sacer (2002) dieser Konzeption einer Biopolitik vor, sie würde den Menschen auf ihren
«biologischen Nullwert», auf das nur Kreatür-liche reduzieren.
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311
Die Menschen kämpfen und unterliegen, und die Sache, für die sie kämpfen, setzt sich trotz ihrer Niederlage durch; und wenn das Ziel erreicht ist, erweist sich, dass es nicht das ist, was sie eigentlich meinten, und
dass andere Menschen zu kämpfen haben für das, was sie meinten, doch unter anderem Namen.
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312
«Der Mensch, so wie ihn Foucault beschreibt, erscheint als eine Totalität von Widerständen, die zu absoluter Befreiung befähigen, jenseits jeglichen Finalismus, der nicht Ausdruck des Lebens selbst und seiner Reproduktion ist. Es ist das Leben, das sich selbst im Menschen befreit, das sich allem Eingrenzenden und Einsperrenden entgegenstellt.» [...]
[...] Negri versucht in seiner Lebens-philosophie die physische und soziale Welt in ihrer Gesamtheit als Ausdrucksformen einer zu Grunde liegenden Lebenskraft anzu-sehen. Er ist hier weniger Foucault verpflich-tet als vielmehr Gilles Deleuze, der das Begehren als einen Ausdruck des Lebens versteht, das zwar ständig innerhalb beson-derer geschichtlicher Machtkonstellationen eingegrenzt und hierarchisch strukturiert
ist, ebenso ständig diese aber untergräbt und umgeht. [...]
[...] Deleuze gibt offen zu, dass er Henri Bergson, dem französischen Lebensphilosophen des frühen 20. Jahrhunderts, verpflichtet ist. Er ist jedoch ein «materialis-tischer Vitalist», denn es gibt ein «der Materie eigenes Leben», in dem Materie sich verflüs-sigt und fließt. Die Materie hat in der Tat
die gleiche Struktur wie das Begehren, das ständig über die Grenzen der pyramidalen Machthierarchien hinaus fließt. Daher sieht Deleuze den Nomaden als das Musterbeispiel jeglichen Widerstands gegen Macht. Der Trieb des Staates ist es zu «territorialisieren», das Begehren innerhalb der Konstellationen der Macht einzuschließen, es innerhalb eines bestimmten Territoriums niederzuhalten. Der Trieb des Nomaden dagegen
ist es zu «deterritorialisieren», Grenzen zu überschreiten, und den Hierarchien zu entwischen. «In erster Linie ist es in der Tat
die Bestimmung des Nomaden, einen glatten Raum [espace lisse] zu besetzen und zu halten.» Die moderne kapitalistische Welt jedoch ist ebenfalls durch die gleiche Ten-denz zur Deterritorialisierung gekennzeichnet: «Die Welt wird wieder zu einem glatten Raum (Meer, Luft, Atmosphäre).» [...]
[...] Hardt und Negri entlehnen von Foucault den Begriff «Biopolitik», um Herrschaftsformen zu bezeichnen, die von
innen heraus arbeiten, indem sie Individuen zu Untertanen formen und sie mit den geeigneten Beweggründen ausstatten: «Macht wird nun durch Maschinen ausgeübt, die unmittelbar die Gehirne (in Kommunikations--
systemen, Informationsnetzwerken usw.) und die Körper (in Wohlfahrtssystemen,
kameraüberwachten Tätigkeiten usw.) auf einen Zustand autonomer Entfremdung vom Sinn des Lebens und vom Wunsch nach Kreativität hin organisieren.» Aus dieser Sicht ist der Big Brother von RTL gefährlicher als der von George Orwell, weil ersterer
uns glauben lässt, es handle sich bei extrem standardisierten und manipulierten Ver-haltensformen um echt angenehme, freiwillig ausgeführte Tätigkeiten.
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Gottlieb Fichte postuliert das «absolute Ich» als höchstes methaphysisches Prinzip, aus dem heraus die ganze Welt abgeleitet sei.
Friedrich Wilhelm Schellings frühes Denksystem vollendet sich in der Ästhetik.
Im Schöpfungsakt des Genies sieht Schelling Subjekt und Objekt zu einer Einheit verschmelzen: Daher ist ihm die Philosophie der Kunst das «Allerheiligste, wo in einiger und ursprünglicher Vereinigung gleichsam in einer Flamme brennt, was in der Natur und Geschichte gesondert ist und was im Leben und Handeln, ebenso wie im Denken, ewig sich fliehen muss.»
In den «Briefen über Dogmatismus und Kritizismus» und in seinen naturphiloso-phischen Schriften geht Schelling jedoch über den subjektiven Idealismus hinaus und stellt dem «absoluten Ich» die Natur als eigenständiges Prinzip gegenüber. Verbunden mit der romantischen Bewegung, hält er reine Spekulationen für eine «Geisteskrankheit des Menschen, noch dazu die gefährlichste von allen, die den Keim seiner Existenz tötet, die Wurzel seines Daseins ausrottet.» Die Erforschung der Natur zeigt am Ende des 18. Jahrhunderts beachtliche Fortschritte, und es gehört zum Selbstverständnis vieler Gelehrter, sich ihr zu widmen. Schelling gilt als hervorragender Kenner
der neusten naturwissenschaftlichen Errungenschaften und unternimmt selbst Experimente, unter anderem mit Johann Wolfgang Goethe. «Die Natur ist der sichtbare Geist, der Geist die unsichtbare Natur», schreibt Schelling in der Einleitung zu den «Ideen zu einer Philosophie der Natur» und nimmt damit einen Kerngedanken der «Phänomenologie des Geistes» von Hegel vorweg.
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Die Kunst der Gegenwart geht davon aus, dass ihr das Publikum fehlt.
Eine neue Art der Praxis für die künst-lerische Produktion und für den Diskurs
sehe ich in den Übergängen von festen Formen
mit Namen wie «Objekt», «Bild», «Zeichnung», «Skulptur» oder sogar «Installation» in eine Qualität, die man als «künstlerisches Feld» oder «künstlerischer Raum» bezeichnen könnte.
Der Begriff meint ein Phänomen, das überaus verwaschene und problematische Grenzen zum nichtkünstlerischen Raum
hat. Die Ränder sind eine der wichtigsten kon-stitutiven Komponenten des künstlerischen Gegenstandes, denn was sonst, wenn nicht die Ränder, bestimmt seine innere Struktur? Mehr noch, eine Struktur ohne Ränder ist vom Standpunkt der klassischen Ästhetik un-denkbar — ohne Grenzlinie lässt sich nicht bestimmen, wo das Profane liegt und wo das Exklusive, wo das Leben und wo die Kunst, wo das Kunstwerk endet und wo einfach Leere beginnt. Aber ich denke, dass wir mit unserem Thema auf ein Phänomen stossen, das man ein «Feld mit undefinierten Rän-dern» nennen könnte, das nichtkünstlerische, nichtästhetisierte, profane usw. Erscheinun-gen ausserordentlich lebendig und aktiv in sich aufnimmt, ohne sie sofort in eine künst-lerische Form zu verarbeiten. Wir treffen
auf ein völlig neues Phänomen in der künstlerischen Praxis. [...] Die Ästhetik tritt hier als eine von vielen changierenden Möglichkeiten auf. Mehr noch, das ist ein Pul-sieren, durch das natürlich weder der Küns-tler noch der Betrachter den Entstehungs-moment eines künstlerischen Objektes festmachen kann.
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315
Kunst ist ein Bestandteil von Disneyland
geworden. Es sieht so aus, als wäre die Kunst als Tätigkeit zum Bestandteil der Vergnügungs- und Tourismusindustrie geworden.
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316
Was einst auf die Verbrecher beschränkt war, wird heute auf alle Bürger angewandt. Auf der europäischen Identitätskarte ist bereits ein Platz für einen digitalen Fingerabdruck vorgesehen. Wir können heute beobachten, dass und wie der Staat zu einem potenziellen Polizisten wird und der Bürger zu einem potenziellen Verbrecher. Interessant ist die Frage wie und warum sich eine liberale Demokratie in einen Kontrollstaat verwandelt. [...] Die Entstehung der Demokratie fällt
zusammen mit einer zunehmenden Kontrolle des biologischen Lebens durch die Politik. Diesen Prozess nenne ich Biopolitik. [...]
Diese Tendenz, die Giorgio Agamben
in Anlehnung an Michel Foucault als Biopolitik bezeichnet, führt zu einem totalitären Zugriff auf den Einzelnen, vor dem auch die Demokratien nicht gefeit sind: In einem Aus-nahmezustand, wie ihn etwa Guantanamo darstellt, verliert das Subjekt jegliches Recht auf Leben [...].
[...] Die Einbeziehung des nackten Lebens in den politischen Bereich bildet den ursprünglichen — wenn auch verborgenen — Kern der souveränen Macht.
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317
Ja, ja, ich weiss, es gibt viele wie uns, die
die Welt anschauen, aber die Welt schaut nicht zurück. [...]
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Die Welt hat ohne den Menschen begonnen, und sie wird auch ohne ihn enden.
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319
Es war einmal ein Kind eigensinnig und tat nicht, was seine Mutter haben wollte. Darum hatte der liebe Gott kein Wohlgefallen an ihm und liess es krank werden, und kein Arzt konnte ihm helfen, und in kurzem lag es
auf dem Totenbettchen. Als es nun ins Grab versenkt und die Erde über es hingedeckt war, so kam auf einmal sein Ärmchen wieder hervor und reichte in die Höhe, und wenn sie es hineinlegten und frische Erde darüber taten, so half das nicht, und das Ärmchen kam immer wieder heraus. Da musste die Mutter selbst zum Grabe gehen und mit der Rute aufs Ärmchen schlagen, und wie sie das getan hatte, zog es sich hinein, und das Kind hatte nun erst Ruhe unter der Erde.
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320
Wenn das ganze komplizierte Leben bei vielen unbewusst verläuft, dann hat es dieses Leben gleichsam nicht gegeben. Und gerade um das Empfinden wiederherzustellen, um die Dinge zu fühlen — und nicht, wie in der Wissenschaft, zu erkennen — um den Stein steinern zu machen, existiert das, was man Kunst nennt. Ziel der Kunst ist es, ein Empfinden des Gegenstandes zu vermitteln, als
S e h e n, und nicht als wiedererken-nen. [...] Dinge, die man mehrere Male wahr-nimmt, beginnt man durch Wiedererkennen wahrzunehmen, wir wissen davon, aber
wir sehen sie nicht (mehr). Das Verfahren der Kunst ist das Verfahren der Verfremdung, des Seltsammachens der Dinge und das Verfahren der erschwerten Form, ein Verfahren, das die Schwierigkeit und die Länge der Wahrnehmung steigert, denn der Wahrnehmungsprozess ist in der Kunst Selbstzweck und muss verlängert werden: Die Kunst ist ein Mittel, das Machen einer Sache zu erleben; das Gemachte hingegen ist
in der Kunst unwichtig.
Das Verfahren der Verfremdung bei
L. Tolstoj zum Beispiel besteht darin, dass er einen Gegenstand nicht mit seinem Namen nennt, sondern ihn so beschreibt, als werde er zum ersten Mal gesehen. In einem Fall («Leinwandmesser») spricht ein Pferd, und die Dinge werden verfremdet, indem nicht unsere Wahrnehmungsart, sondern die des Pferdes angewendet wird. [...]
[...] Kunst ist Denken in Bildern. [...] Ohne Bild gibt es keine Kunst. [...] Es erweist sich aber, dass die Bilder fast unbe-weglich sind. [...] Je tiefer man in eine Epoche eindringt, desto klarer wird einem, dass ein Dichter (Maler) Bilder, die man
für sein geistiges Eigentum gehalten hatte, von andern übernommen hat. [...] Die ganze Arbeit (dichterischer) Schulen läuft hinaus auf das Anhäufen und Kundtun neuer Verfahren der Anordnung und Bearbeitung von (Wort-) Material, und zwar bei weitem mehr auf die Neuordnung, als auf die Erfindung von Bildern.
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321
Kunst als Methode bedeutet, das Experimen-telle in den Vordergrund zu rücken. Aber anders als die Naturwissenschaften, für die Falsifikation und Verifikation die entscheidenden Kriterien sind, die zu Beweisen und überprüfbaren Ereignissen führen, orientiert sich die künstlerische Praxis nicht an der Fixierung auf Resultate als höchstes Ziel, sondern am Prozesscharakter der kreativen Tätigkeit. Künstlerischem Experimentieren geht es explizit um die Bedingungen des Möglichen, nicht um die Grundlegungen des Machbaren. Experimentieren als Verfahrensweise künstlerischer Praxis bedeutet: Strategien der Neuerung zu entwickeln. Dies aber setzt voraus, was man als Haltung in-nerer Produktivität bezeichnen könnte. Ausdruck dieser Haltung sind: Neugier, Risikobereitschaft und Kompromisslosigkeit hinsichtlich der eigenen Themen und Interessen und hinsichtlich der Arbeit am und mit dem Eigensinn der Medien. Die jeweiligen Möglichkeiten eines Mediums lassen sich zwar theoretisch reflektieren und auch analytisch genauer bestimmen. Um das Potential eines Mediums aber zu erforschen, zu erproben, es auszureizen, es zu transformie-ren, zu unterlaufen, zu hybridisieren, gegen den Strich zu bürsten, um es als Artefakt sinnlich erlebbar zu machen, dazu braucht es die konkrete künstlerische Arbeit am und mit dem jeweiligen Medium selbst.
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322
Die Nachtigall ist
wenn in der Kiefer sie haust
der Kiefer Stimme
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Waren die Stressforscher bereits daran verzweifelt, dass die Stressreaktion ihrer Ratten verschwand, sobald diese gemerkt hatten, dass das, was sie anfangs für eine Bedrohung hielten, offenbar nur ein Experiment war, so hat es ihnen gänzlich die Sprache verschlagen, als sie feststellen mussten, dass bei einem Affen immer dann, wenn sein «Freund» zu ihm gesetzt wird, kaum noch Angst und deshalb auch keine Stressreak-tionen mehr gegenüber dem bellenden Hund auslösbar sind. [...]
[...] Die Triebfeder aller Phänomene und Anstrengungen ist die Angst; und das Ziel all dieser Bemühungen ist Sicherheit. Die geeignetste Strategie zum erreichen dieser Sicherheit, so schien es für lange Zeit, ist die Schaffung materieller und geistiger Unabhän-gigkeit, also die Aneignung von Macht und Wissen. Dieser Weg scheint eine Sackgasse zu sein. Die individuelle und kollektive Anhäu-fung von Wissen und Macht ist inzwischen selbst zu einer Bedrohung geworden. [...]
[...] Wir haben die Stressreaktionen nicht deshalb, damit wir krank werden, son-dern damit wir uns ändern können. Krank werden wir erst dann, wenn wir die Chancen, die sie uns bietet, nicht nutzen.
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Der Grossteil der interessanten Informationen liegt in den Relationen der einzelnen Ele-mente, egal ob es sich um Erbgut-Bausteine handelt oder um Nervenzellen. Doch wie durch die Vernetzung und Kommunikation der 10 hoch 11 Nervenzellen im Gehirn, die mit einem Orchester ohne Dirigenten vergleichbar sind, eine Wahrnehmung entsteht, darüber wissen wir heute nur wenig. Wahrscheinlich ist diese Organisation so komplex, dass sie unser Vorstellungsvermögen übersteigt. Es ist interessant, dass wir uns nicht vorstellen können, wie das Ding funktioniert, das unsere Vorstellung erzeugt.
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Ein Ding ist wahr und der Rest sind Lügen
Die Blume, die blühte für immer nun stirbt
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Je mehr man mit der Korruption und dem Bösen in Berührung kommt, und je mehr Be-reiche des eigenen Lebens es gibt, über die man deswegen nicht nachdenken möchte oder denen man sich nicht stellen kann, oder über die man lügen muss, desto mehr wird die eigene Wahrnehmung von Realität im Allgemeinen sich verzerren. [...] In ande-ren Worten, wir haben alle jeden Grund, uns vor der Realität zu verstecken.
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Alles, was das Auge sieht, malen sie so, wie es das Auge sieht. Sie malen, was sie sehen, wir aber, was wir anschauen. [...]
[...] Denn in unserer Malerei kommt die Bedeutung vor der äusseren Form. Wenn man in Nachahmung der (fränkischen und venezianischen) Meister zu malen beginnt, wird diese ganze Bedeutungswelt enden
und die Welt der Form ihren Anfang nehmen.
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«Alle streben doch nach dem Gesetz», sagt der Mann, «wie kommt es, dass in den vielen Jahren niemand ausser mir Einlass verlangt hat?» Der Türhüter erkennt, dass der Mann schon am Ende ist, und um sein vergehendes Gehör noch zu erreichen, brüllt er ihn an: «Hier konnte niemand sonst Einlass erhalten, denn dieser Eingang war nur für dich be-stimmt. Ich gehe jetzt und schliesse ihn.»
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329
In einem seiner jüngsten (letzten) Texte deutet Kantor an, dass Kunst für ihn eher eine Antwort auf die Wirklichkeit sei als deren Darstellung oder Abbild.
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330
Zu einer besonders bedeutsamen Problematik seines Denkens schreibt Heinz Heimsoeth:
«Das heißt aber für Jakob Böhme nun etwa nicht, daß die Wirklichkeit nichts sei als ein Moment des göttlichen Lebens selber! Gegen alle pantheistische Deutung hat er scharf protestiert, und auch der Akosmismus liegt ihm fern. Wenn das Leben des Absoluten ein Selbstgebären ist in Stufen ewiger Entwicklung, so liegt das Heraussetzen der endlichen Realität doch selbst nicht mehr auf diesem Wege; nicht, damit Gottes Offenbarung selber vollkommener werde, mußte die Welt entstehen, sondern der ewige Liebeswille ließ in absoluter schöpferischer Freiheit das Mögliche wirklich und eigenkräftig werden — ohne sich selbst in diesem Akt der äußeren Offenbarung gleichsam zu verbrauchen oder ins Äußere umzusetzen. Der ewige Wille geht nicht auf in seinem zeitlichen Produkt. Die ewige oder «geistliche Natur» in Gott unterscheidet Böhme sehr scharf von unserer sinnlichen oder sichtbaren Natur, der Wirklichkeit. Die Welt ist begründet in Gott, aber sie ist nicht Gott selbst, noch Teilmoment seines ewigen Lebens.
[...] Sie offenbart an ihrem Teile den göttlichen Willen. Aber diese Offenbarung in der Zeitlichkeit und Endlichkeit ist eine andere als die ewige Offenbarung Gottes in sich selber; der Geist in sich bleibt für die Welt das ewige Mysterium. Und wiederum: die Welt des Vielen und Verschiedenen ist nicht bloße Scheinausstrahlung der göttlichen Ureinheit, sondern wirkliches Eigensein und tatsäch-liches Auseinander- und Gegeneinandertre-ten von Wesen, deren Urbilder und Essenzen in der götllichen Natur enthalten sind. Die Welt der Kreaturen hat ihre eigene Realität und ihre Art von Selbständigkeit, obgleich die einzige Seinsquelle in Gott gelegen ist.»
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[§1. Die Theorie des Leibes als Grundlegung einer Theorie der Wahrnehmung]
Der eigene Leib ist in der Welt wie das Herz im Organismus: er ist es, der alles sicht-bare Schauspiel unaufhörlich am Leben erhält, es innerlich ernährt und beseelt, mit ihm ein einziges System bildend. [...]
[...] Die äussere Wahrnehmung und die Wahrnehmung des eigenen Leibes variieren miteinander, weil sie nur zwei Seiten desselben Aktes sind. [...]
[...] Jede äussere Wahrnehmung
ist unmittelbar einer bestimmten Wahrnehmung meines Leibes synonym, so wie jede Wahrnehmung meines Leibes sich in der Spra-che äußerer Wahrnehmung auslegt. Wenn nun, wie wir gesehen haben, der Leib kein transparenter Gegenstand und uns nicht, wie dem Geometer der Kreis, gegeben ist in Ge-stalt des Gesetzes seiner Konstitution, wenn er vielmehr eine Ausdruckseinheit ist, die wir nur kennenzulernen vermögen, indem wir
sie durch Übernahme uns zu eigen machen, so muß diese Struktur sich auch der sinnlichen Welt selbst mitteilen. Die Theorie des Körperschemas ist implicite schon eine Theorie der Wahrnehmung. Wir haben aufs neue gelernt, unseren eigenen Leib zu empfinden, wir haben, dem objektiven, distanzierten Wissen vom Leib zugrunde liegend, ein anderes Wissen gefunden, das wir schon haben, da der Leib immer schon mit uns ist und wir dieser Leib sind. In gleicher Weise werden wir eine Erfahrung der Welt zu neuem Leben erweckt haben, wo wie sie uns erscheint, insofern wir zur Welt sind durch un-seren Leib und mit ihm sie wahrnehmen. Doch also ein neues Verhältnis zu unserem Leib wie zur Welt findend, werden wir auch uns selbst wiederfinden, da der Leib, mit dem wir wahrnehmen, gleich-sam ein natürliches Ich und selbst das Subjekt der Wahrnehmung ist.
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332
Eco hat gezeigt, dass die Gemeinsamkeit oder «Ähnlichkeit» keine zwischen Zeichen und dargestelltem Gegenstand, sondern eine Gemeinsamkeit der Modelle der Wahrnehmung ist, die sowohl bei der Wahrnehmung des Gegenstandes, wie bei der des Zeichens wirken: «Wenn das ikonische Zei-chen mit irgend etwas Eigenschaften gemein-sam hat, dann nicht mit dem Gegenstand, sondern mit dem Wahrnehmungsmodell des Gegenstandes. Diese Modelle der Wahrnehmung werden im Verlaufe der Sozialisation erworben und können je nach gesellschaftlicher Umgebung, Alter, Wissen sehr verschieden sein.»
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333
Inhalte des Bewusstseins bestehen hauptsächlich aus Fiktionen und Täuschungen; sie repräsentieren nicht die Wirklichkeit. Wäh-rend des grössten Teils der Geschichte der Menschheit hat stets eine kleine Minderheit über die Mehrheit geherrscht, sie ausgebeutet. Durch Gewaltanwendung, durch sub-tile Beeinflussung. Jede Gesellschaft bildet durch ihre Lebensweise und Art des Bezogenseins, Fü-hlens und Wahrnehmens ein System von Kategorien, das die Form des Bewusstseins bestimmt. Dieses System arbeitet sozusagen wie ein gesellschaftlich
bedingter Filter (sozialer Filter). Eine Empfindung kann nur dann ins Bewusstsein
eindringen, wenn sie diesen Filter passiert.
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334
«Was geschieht aber nun, wenn man ein
visuelles Bild wahrnimmt, so daß aus diesem ein geistiges Bild konstruiert wird? Man zer-legt, man vergleicht, man wandelt um, und zwar mittels einer Aktivität, deren Wurzeln einfach in der wahrnehmungsmäßigen Regu-lierung und dem wahrnehmenden Vergleich zu finden sind, die aber andererseits in ein Spiel der Begriffe integriert sind, das es ermöglicht, den Elementen Bedeutung zu geben und ebenso den so analysierenden Beziehungen. Und es ist diese Wahrnehmungsaktivität und nicht die Wahrnehmung als solche, die das Vorstellungsbild erzeugt, das Bild, das eine Art Schema oder geraffte Kopie des wahrgenommenen Objekts ist, nicht aber die Weiterführung seiner lebhaft-sinnlichen Fülle. Hinzu kommt, daß das Bild als ein Zeichen unverzüglich in das begriffliche Ver-ständnis integriert wird, wie das schon
mit der Wahrnehmungsaktivität der Fall war,
denn die Wahrnehmung kann begriffliche Bedeutung enthalten und muß nicht nur sen-somotorisch sein.»
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335
Zwei Kannibalen essen einen Clown. Meint der eine zum anderen: «Schmeckt der nicht komisch?»
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Das Grosse Werk
Die Suche nach der Materia prima ist die erste Aufgabe des Schülers. Ihr herkömmlicher Name Stein der Alchemisten beschreibt diese Substanz hinlänglich. [...] Es handelt sich tatsächlich um einen echten Stein. [...] Dieser Alchemistenstein, der Gegenstand (Subiectum) der Kunst, darf nicht mit dem Stein der Weisen verwechselt werden. Der Gegenstand wird erst dann zum Stein der Weisen, wenn er, umgestaltet und vervollkommnet durch die Kunst, seine höchste Vollendung und verwandelnde Kraft erlangt hat. [...] In alchemistischen Texten wird alles, was sich auf den Beginn des Werkes bezieht, fast immer weggelassen oder be-wusst irreführend beschrieben. [...] Das ganze Werk wird mit dieser einzigen Sub-stanz vollbracht, die man zuerst einmal
beschaffen muss, nachdem man sie erkannt hat. Dazu ist es unumgänglich, dass man ins Bergwerk hinabsteigt und den Rohstoff birgt. [...] Das Werk darf nur im Frühjahr begonnen werden. [...]
Bei der Vorbereitung des eigentlichen Werkes muss das Subjekt geläutert werden. [...]
[...] Ein weiterer Arbeitsgang ist die Vorbereitung des geheimen Feuers (Ignis innaturalis), das auch als natürliches Feuer bezeichnet wird. Dieses geheime Feuer oder Erste Agens beschreiben die Alchemisten als ein trockenes Wasser, das die Hände nicht nass macht, oder als ein Feuer, das ohne Flamme brennt. [...] Es handelt sich um ein Salz, das mittels eines Verfahrens mit viel Geschick aus Weinstein gewonnen wird. Dabei spielt auch Frühlingstau eine Rolle, der auf höchst sinnreiche und poetische Weise gesammelt und destilliert werden muss. [...]
[...] Die Materia prima kommt in einen Mörser aus sehr hartem Material und wird mit einem Stössel pulverisiert, mit
dem geheimen Feuer vermischt und mit Tau angefeuchtet. Die Mischung wird in ein
hermetisch verschlossenes Gefäss, das philosophische Ei gefüllt und auf den Alchemistenofen gestellt. Das äussere Feuer regt
die Tätigkeit des inneren Feuers an und muss klein gehalten werden. [...] Im Anfangssta-dium wird die Temperatur der Körperwärme einer brütenden Glucke angepasst. (Der Vor-gang des Brütens ist dem alchemistischen Prozess vergleichbar).
Im Ei wirken die beiden Prinzipien;
das solare, warme und männliche (Sulphur)
und das lunare, kalte und weibliche (Mercurius) aufeinander ein.
«Diese beiden [...] beissen einander grausam und in ihrer Giftigkeit und wilden Wut lassen sie niemals voneinander ab, bis zu jenem, da sie durch ihren giftigen Geifer und ihre tödlichen Wunden am ganzen Leibe bluten; und wenn sie einander schliesslich getötet haben, kochen sie in ihrem eigenen Gift, das sie nach dem Tode in lebendiges und ewiges Wasser verwandelt; doch von dieser Zeit verlieren sie in ihrer Verwesung und Putrefaktion die ursprüngliche natürliche Gestalt, um hinterher eine einzige neue, edlere und bessere Form anzunehmen.
So folgt auf den Tod, der eine Trennung darstellt, ein langer Zerfallsprozess, der so lange andauert, bis alles verwest ist und die Gegensätze sich in der flüssigen nigredo
aufgelöst haben. Diese dunkelste Finsternis, diese Schwärze der Schwärzen ist ein sicheres Zeichen des richtigen Weges. [...] Keine Zeugung ohne Verwesung.
Die nigredo-Phase endet, wenn auf
der Oberfläche ein Sternenmuster erscheint, ein Abbild der Sternennacht. [...] Das Erste Werk, die erste Phase der Vollendung, nähert sich also ihrem Abschluss, wenn aus der gegenseitigen Zerstörung der mitein-ander vereinten Gegensätze jene metallische, volantile (flüchtige) Feuchtigkeit hervorgeht, die dann der Mercurius der Adepten ist.
Das flüchtige Prinzip des Mercurius schwebt durch die alchemistische Luft inner-halb des Mikrokosmos des philosophischen Eies, im Bauch des Windes und setzt sich oben den himmlischen und läuternden Einflüssen aus. Es sinkt sublimiert auf die Neue Erde herab, die am Ende auftauchen muss. Während das äussere Feuer allmählich verstärkt wird, weicht das Feuchte dem Trockenen, bis die Koagulation (Gerinnung) und Entwässerung des entstehenden Festlandes abgeschlossen ist.
Herrliche Farben werden sichtbar, die das Stadium des Pfauenschweifs markieren.
Das Ende des Zweiten Werkes fällt
mit dem Auftreten des Weiss (albedo) zusam-men. Sobald das Weiss erscheint, ist die Materie stark genug, um der Hitze des Feuers zu widerstehen und es ist jetzt nur noch ein Schritt bis der Rote König oder der Sulphur der Adepten aus dem Schoss seiner Mutter und Schwester (Isis oder Mercurius oder
Rosa Alba, die Weisse Rose) hervorgeht.
Das Dritte Werk rekapituliert die Operationen des Ersten, allerdings unter einem neuen Gesichtspunkt. Es beginnt mit einer prunkvollen königlichen Hochzeit. Der König wird im Feuer der Liebe (Salz bzw. geheimes Feuer) mit seiner gesegneten Königin vereint.
So wie Cadmus die Schlange mit seinem Speer durchbohrt, fixiert der rote Sulphur den weissen Mercurius; ihre Wiedervereinigung bewirkt die höchste Vollendung, und der Stein der Weisen ist geboren.
Fassen wir kurz zusammen: Das Werk besteht aus drei Steinen oder drei Einzelwer-ken oder drei Stadien der Vervollkommnung.
Das erste Werk endet, wenn der Gegenstand (durch wiederholte Destillationen und Fixierungen) vollkommen geläutert und in eine reine merkurialische Substanz verwandelt ist.
Die zweite Stufe der Vollendung ist er-reicht, wenn ebendieser Gegenstand ge-kocht, digeriert (zersetzt) und als unbrennbarer Sulphur fixiert worden ist.
Der drie Stein erscheint, wenn der Ge-genstand durch Fermentation (Gärung)
und Multiplikation die höchste Vollendung erlangt und sich in eine feste, dauerhafte, rötliche Tinktur verwandelt hat: in den Stein der Weisen.
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337
Einübung in die Solidarität
Ich habe mir nie Illusionen gemacht über den Agitationswert der Literatur (der Kunst). Der ist gleich Null. Ich bin überzeugt, dass kein einziger Mensch Kommunist oder Sozi-alist geworden ist, weil er ein Stück von Bertold Brecht gesehen hat — auch wenn Brecht das so postuliert hat. Aber was sicher passierte, in einer Theateraufführung von Brecht 1950, dass da einer sass und weiter vorne sass eine Frau, und er sah, dass diese Frau gleichzeitig wie er lächelte. Und auch sie hat es bemerkt.
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338
Wie soll man sich an Sie erinnern? Das kann ich nicht beeinflussen. Es geht mir nur noch darum, welche Menschen ich gern habe.
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339
Die Frage lautet: was war eher, der Monolog oder der Dialog? [...]
Im Selbstgespräch zerteile ich mich selbst, indem ich mit mir selbst spreche.
Im «Sophistes» bei Platon finden wir diese berühmte Definition des Denkens: Das Denken ist ein lautloses Gespräch mit sich selbst. [...] Das sogenannte Selbstgespräch bedeutet nicht, dass die Fremdheit des Anderen wegfällt. [...]
Anlässlich der Frage, wie wir uns gemeinsam auf die Dinge in der Welt beziehen, greife ich zurück auf den Begriff der «intercorporité», den Merleau-Ponty geprägt
hat und der am besten mit «Zwischenleiblichkeit» zu übersetzen wäre. [...] Der Zwischenleiblichkeit entspricht die Zwischen-welt (intermonde), die sich von vornherein als Zwischensphäre darstellt. Das Zwischen (inter) kommt in der Philosophie des 20. Jahr-hunderts häufig vor: Bei Martin Buber geht das Zwischen dem Ich und dem Du voraus, bei Heidegger ist der Bezug zum Sein eine Sphäre des Zwischen. In ostasiatischen Inter-pretationen, etwa bei japanischen Philo-sophen, wird auch das Ki als Zwischen inter-pretiert: Es bezeichnet eine soziale Atmosphäre, in der wir schon leben, bevor sich be-stimmte Personen oder Individuen herauskristallisieren. Das Zwischen bedeutet nicht, dass es ein A und ein B und einen Zwischenraum zwischen den beiden gibt, denn das Zwischen ist nicht das, was zwischen A und B ist, sondern dieses Zwischen bezeichnet eine Sphäre, die allererst zur Ausdifferenzie-rung von A und B führt. [...]
Eine Zwischensphäre wäre am besten zu charakterisieren als eine Sphäre der Differenzierung. Ich nehme als Beispiel die Familie als eine wandelbare Struktur, innerhalb derer die Mitglieder in der Absetzung, auch in der Trennung voneinander und in der Bindung aneinander, ihre Eigenart herausbilden.
Merleau-Ponty hat diese Zwischens-phäre auch mit der Figur des Chiasmus
umschrieben. [...] Das entscheidende am Chiasmus ist, dass die Kreuzungsstelle weder zu der einen Linie gehört noch zu der andern. Andere Autoren benutzen zu Beschreibung dieser Zwischensphäre das Bild der «Verflechtung» (Norbert Elias), bei
der verschiedene Linien ineinanderlaufen, oder das der «Verschränkung» (Helmuth Plessner). [...]
Die gängige Alternative von Individualismus und Holismus wird vermieden. Der
Individualismus geht von Einzelwesen aus, die sekundär zu anderen Einzelwesen in Beziehung treten, der Holismus geht von einem Ganzen aus, innerhalb dessen der Einzelne nur einen Teil bildet — ein Zug zum Totalitären ist da nicht zu leugnen.
Im Gegensatz hierzu vermeidet das Modell des Zwischen solche Extreme; der Ein-zelne ist nicht bloss Teil eines Ganzen (etwa einer Familie, einer Nation, einer Kultur),
er hat durchaus Eigenes, aber dies Eigene immer in Abhebung von Fremden. Das
Individuum entstammt immer einem Diffe-renzierungsgeschehens, es entsteht — wie Merleau-Ponty es mit strukturalen Begriffen sagt — durch Abweichung in einem Feld.
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340
Keiner der grossen italienischen Meister ver-fügt über deine Poesie, deine Hingabe und deine Empfindsamkeit, über die Reinheit und Leuchtkraft deiner Farben. Aber ihre Bilder sind überzeugender, sind dem Leben ähnlicher [...] sie bilden alles ab. Ich empfinde den Versuch, die Welt im Bild nachzustellen, wie sie ist, unwürdig und beleidigend. Doch welch eine Anziehungskraft besitzen die nach jenem Verfahren gemalten Bilder! Alles, was das Auge sieht, malen sie so, wie es
das Auge sieht. Sie malen, was sie sehen, wir aber, was wir anschauen. [...]
[...] In unserer Malerei kommt die Be-deutung vor der äusseren Form. Wenn wir das Gesicht auf dem Bild betrachten, könnten wir den Dargestellten nicht an dem Gesicht auf dem Bild erkennen, wohl aber aus dem Ganzen der Darstellung: In der Stimmung des Bildes, in seiner Haltung, in den Farben, in der Vergoldung und in der von Meister Behzart gezeichneten schönen Hand ist etwas, was uns sofort an das Bildnis eines Poeten denken lässt. Denn in unsere Malerei kommt die Bedeutung vor der äusseren Form. Wenn man in Nachahmung der italienischen und fränkischen Meister zu malen beginnt, wird diese ganze Bedeutungswelt enden und die Welt der Form ihren Anfang nehmen.
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341
Der kapitalistische Diskurs ist etwas ganz
Tü-ckisches. Alles läuft wie am Schnürchen, besser könnte es nicht laufen. Aber es
läuft einfach zu schnell, es verschleisst sich,
und verschleisst sich so sehr, dass es
sich verzehrt.
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Der neue Kapitalismus strebt nach Zerstörung aller symbolischer Werte, bis den Waren nichts anderes mehr anhaftet als ihr purer Geldwert. [...]
Indem der Markt alle übergeordneten Werte zunichte macht, dereguliert, fabriziert er langsam, aber sicher einen «neuen Menschen», der keine Urteilsfähigkeit mehr be-sitzt (vom Kriterium der Gewinnmaximierung einmal abgesehen), der geniesst ohne zu begehren (das einzig mögliche Heil liegt in der Ware), dessen Identität sich allen Strö-mungen bereitwillig anpasst (es gibt kein Sub-jekt mehr, nur noch vorübergehende, unsichere Subjektivierungen) und der für geschäft-liche Verbindungen aller Art offen ist. [...]
Dieser Kapitalismus versucht die Ware auch in die Bereiche einzuschleusen, in denen sie noch nicht den Ton angab — in die Bereiche der Moral und der Kultur. [...]
Die Wertdebatte betrifft nicht nur
kulturelle Aspekte. Das «Schrumpfen der Köpfe» und die Desymbolisierung sind
nur das Vorspiel zu einer weiteren tief greifenden Neudefinition des Menschen, die nicht nur seinen Geist, sondern auch seinen Körper betrifft. [...]
Die Fabrikation einer Posthumanität könnte auf direktem Wege in eine Phase der Produktion von Übermenschen führen. [...]
Aber wozu einen neuen Körper, wenn man darüber den Verstand verliert? [...]
Gibt es in unseren postmodernen
Demokratien, in denen alles gesagt werden darf, eine politische Instanz, die feststellt, ob die Menschen den Wandel zur reinen Markt-logik wollen oder nicht? [...]
Der Fortbestand der menschlichen Gattung selbst ist bedroht. Ihr Erhalt erfolgt über einen symbolischen und kulturellen Rahmen. Das erklärt sich aus der von manchen paläanthropologischen Forschern anerkannten Tatsache, dass der Mensch als ein früh geborenes Wesen betrachtet werden kann, unfähig, seine Anlagen voll ständig
zu entwickeln, und dennoch fähig, sich fortzupflanzen, und seine jugendlichen Eigen--
schaften, die bei anderen Lebewesen nur
für eine Übergangszeit existieren, weiterzugeben. Man spricht in diesen Zusammenhang von der Neotenie des Menschen. Aufgrund seiner verzögerten Entwicklung strebt dieses unfertige Geschöpf — anders als die andern Lebewesen — nicht in seiner ersten, sondern in seiner zweiten Natur, nämlich
in der Kultur, nach seiner vollen Entfaltung. In dieser zweiten Natur finden sich Götter, Erzählungen, Grammatikregeln [...].
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Männer wollen nur zwei Dinge: Wenn ich nicht geil bin, mach mir ein Sandwich. [...] Männer sind wie Hamster. Gib ihnen Futter und Liebe — und sie fressen dir aus der Hand. Sieben definitive Tipps für eine erfolg-reiche Beziehung:
1. Loben sie ihn schön regelmässig als «meinen Helden» — nörgeln törnt ab.
2. Kochen sie ihn um den Verstand — Steaks machen müde Männer munter.
3. Sagen sie nie nein zum Sex. Selbst wenn sie nicht mögen, tun sie so, als ob sie in Stimmung wären.
4. Halten sie sich fit — nur so bleiben sie begehrenswert.
5. Hüten sie sich, ihn intellektuell zu überfordern.
6. Lassen sie ihn Fussball gucken und mit seinen Freunden losziehen.
7. Vergessen sie nie, dass sie ohne ihn Nichts wären. Danken sie Gott, einen tollen Hecht abbekommen zu haben.
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Wir steuern auf eine Gesellschaft mit ab-gespecktem Sozialstaat, in der unternehme-rische Werte dominieren, in der nicht
mehr von Rechten gesprochen wird, sondern von den Wahlmöglichkeiten des Konsu-menten [...].
Public Private Partnerships setzen sich durch, bei denen der Staat sich von der Privatindustrie die Infrastrukturprojekte bauen lässt, um ihr die Profite und langfristig
auch die Infrastruktur zu überlassen [...].
Im Bereich der Erziehung entsteht eine Zweiklassengesellschaft [...].
Es soll mehr privat, individualistisch, statt sozial und kollektiv gedacht werden. Die Leute sollen sich die Frage stellen: Wie wird meine Pension einmal aussehen? Und nicht: Wie ist eine Gesellschaft beschaf-fen, die
auf eine kollektive Altersvorsorge verzichtet? Die soziale Frage soll nicht mehr gestellt werden [...]. Und alles ist in eine PR-Sprache gekleidet [...].
Wie weit soll der Markt unreguliert bleiben?
In welchem Masse soll der Markt, obwohl wir nicht ohne ihn auskommen, aus bestimmten Gebieten wie Gesundheits-wesen und Umweltschutz ausgeklammert werden? [...] Wo sollen öffentliche Erwägun-gen Vorrang vor dem Markt haben? [...]
Ich bin tief beunruhigt über den Abbau der Zivilrechte und zornig über das generelle Schüren eines Klimas der Angst.
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Die flache Bildschirmwahrnehmung hat uns und unsere Wahrnehmung von Welt «flach» gemacht. Der Diagnostiker Peter Handke
hat dieses Phänomen in seinem Roman «Der Bildverlust» wie folgt beschrieben: «Zwar seien die Bilder notwendig, ohne sie keine Weltvermittlung und kein Lebensgefühl. Aber insbesondere in dem vergangenen Jahr-hundert sei ein Raubbau an den Bildern betrieben worden wie noch nie. Und so sei
die Bildwelt aufgebraucht — ausnahmslos blind, taub und schal geworden — von
keinerlei Wissenschaft mehr aufzufrischen. Und so komme in der Zwischenzeit jetzt
nur noch die Anschauung in Frage — worin im übrigen alle Wissenschaft inbegriffen
sei, und woraus diese sich Schritt für Schritt zu entwickeln habe.» [...]
In einer «flachen» Wahrnehmung werden die Handlungsabläufe abstrakt.
An Stelle der Realität treten Begriffe. An die Stelle des Körpers tritt der Begriff Körper. An Stelle von Erfahrung tritt das Wissen.
Das abrufbare Wissen. [...]
David Forster Wallace: «Heute, wo wir selbst beim Chinesen mexikanisch essen können, während im Hintergrund Reggae läuft und im Fernsehen gleichzeitig eine sowjetische Sendung über den Fall der Berliner Mauer zu sehen ist, heute, wo uns alles so verdammt bekannt vorkommt, hat sich die Aufgabe des Realismus ebenfalls verwan-delt. Um einen ähnlichen Erkenntnisschub zu erzielen wie vor hundert Jahren, müsste realistische Literatur im Bekannten das Fremde aufdecken, müsste paradoxerweise das, was wir für real halten, das heisst die zweidimensionalen Medienbilder, in die drei-dimensionale Welt zurückgeführt werden, müssten wir demzufolge aus der flachen Images des Fernsehens die verlorengegangene Wirklichkeit rekonstruieren.»
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Die Transzendenz ist in Tausende von Fragmenten zerborsten, die wie die Bruchstücke eines Spiegels sind, in denen wir flüchtig noch unser Spiegelbild greifen können, bevor es vollends verschwindet.
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Im Spiegel sehe ich mich da, wo ich nicht bin: in einem unwirklichen Raum, der sich virtuell hinter der Oberfläche auftut; [...] vom Spiegel aus entdecke ich mich als abwesend auf dem Platz, wo ich bin, da ich mich dort sehe; von diesem Blick aus, der sich auf mich richtet, und aus der Tiefe dieses virtuellen Raumes hinter dem Glas kehre ich zu mir zurück und beginne meine Augen wieder auf mich zu richten und mich da wieder einzufinden, wo ich bin.
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Eine «Krise der Repräsentation» ist schon lange nicht abzustreiten. Wir werden von Bil-dern förmlich bombardiert, haben aber die Fähigkeit verloren, sie zu sehen. [...]
[...] Eine Mobilisierung der «Sehfähig-keit» ist angesagt. Es besteht aber eine grosse Skepsis gegenüber der Vermittelbarkeit von Wirklichkeit an sich und durch
die moderne Informationsmaschinerie: Sie können in einer Zeitung lesen, dass Millionen Menschen gestorben sind, und vergies-sen keine Träne. Das Publikum konsumiert diese Information, nimmt sie aber nicht
auf. Vielleicht müssen wir versuchen, die Information im Publikum selbst stattfinden
zu lassen. Gibt es die künstlerisch erzeugten Bilder, deren Magie darin besteht, die Barriere zwischen innen und aussen aufzuheben, Phänomene sicht- und spürbar zu machen, die über die Einweg-Repräsentation des «wirk-lichkeitsgetreuen», aber wirkungslos gewordenen Abbilds hinaus reichen? [...]
[...] Das Wort «verrückt» impliziert eine räumliche Verlagerung, es beschreibt im medizinischen Sinne einen Menschen, der nicht am richtigen Ort ist. Dinge zu verrücken ist vielleicht die passende Metapher für Kunst. So besteht die politische Aufgabe des Künstlers im Bewusstmachen und Geraderücken der aus seiner Sicht komplett verscho-benen Machtverhältnisse in der Welt. Auch wenn sich nichts daran ändern lässt, ist die einzige Form der Widerstands, es trotzdem zu probieren.
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349
Ich wollte bloss Onkel Vern neben seinem neuen Auto (einem Hudson) an einem klaren Tag fotografieren. Der Onkel und das Auto waren dann auf dem Bild, ausserdem aber waren da noch Tante Marys Wäsche auf der Leine und Beau Jack, der Hund, der an den Zaum pinkelt, und die Begonien-Töpfe auf der Veranda und 87 Bäume und eine Million
Kieselsteine in der Einfahrt und mehr. Die Fotografie ist ein grosszügiges Medium.
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350
Helmut Lachenmann hat aus der Analyse
der Tradition heraus die Idee einer «musique concréte instrumentale» entwickelt: einer Musik der körperlichen Erfahrung, der Klangre-alistik, bei welcher die Energetik des Hervor-bringens eines Klanges ebenso freilegt
und existentiell wird, wie der Klang und sein Inneres selber.
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351
«Das Nichtphilosophische ist vielleicht tiefer im Zentrum der Philosophie als die Philosophie selbst». Gilles Deleuze weigerte sich, der Rationalität einen privilegierten Platz einzuräumen. [...] Er versuchte, das auf Eindeu-tigkeit ausgerichtete philosophische Denken durch eine Mehrfachperspektivierung
aufzubrechen. Im Unterschied zur traditionellen, europäischen Philosophie, die vom Subjekt her denkt, ortet Deleuze die Quellen des Seins in einem vor- und überindividuellen System, das er «Rhizom» nannte. [...] Er kritisierte an den Grosstheorien von Kant, über Hegel bis Freud, dass sie, auf Kohä-renz bedacht, einem Zwang zur Vereinheitlichung unterliegen: Alles, was nicht ins System passt, was sich logisch nicht einordnen lässt, wird ausgeschlossen. Das «nomadische Denken» in der Nachfolge Friedrich Nietzsches hingegen zielt darauf ab, «die Mannigfaltigkeit als solche zu denken». Dem Identitätsdenken setzt er die Vielheit entgegen — die Differenz, die sich stets wandelt und deshalb immer wieder neu ge- und bedacht werden muss. Gilles Deleuze plädiert für eine Zerschlagung der konventionellen binären Theoriekorsette, [...]
weg mit den einfachen, sturen Oppositionen wie Herr — Knecht (Hegel), Bewusstes — Unbewusstes (Freud), Imaginäres — Sym-bolisches (Lacan). [...] «Statt an der
wirklichen Befreiung mitzuwirken, ist die Psy-choanalyse Teil jenes allgemeinen bürger-lichen Werkes der Repression, das darin besteht, die europäische Menschheit unter dem Joch von Papa und Mama zu belassen». Ein Denken, das einzig auf der Basis der von Deleuze verfochtenen Pluralität be-ruht, birgt die Gefahr der Dissoziation, des Zerfalls jeder sinnvollen Ordnung. Aus
heutiger Distanz wird klar, dass seine Schrif-ten ihre eigentliche Bedeutung bloss in
Verbindung und in Absetzung von den systematischen Theorien erhalten.
«Nietzsche, Van Gogh, Artaud, Roussel, Campana usw. haben die Mauer von Papa — Mama durchbrochen. Aber das zweite Ele-ment bleibt in diesem Prozess dennoch prä-sent, nämlich die Gefahr des Zusammen-bruchs. Dass der Durchbruch mit einer Art Zusammenbruch koinzidieren kann, ist etwas, was niemand auf die leichte Schulter nehmen darf». [...]
Auch Gilles Deleuze hat das Unmögliche zu denken gewagt: das, was vor aller sozialen, gesellschaftlichen und politischen
Formung, die aus seiner marxistischen Sicht stets Verformung und Entfremdung bedeutet, in uns allen schlummert. «Man vernachlässigt das, was das ‹reine Erleben› ist».
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352
Every tool is a weapon if you hold it right.
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353
Die weltweite Armut hat in den letzten Jahren dramatisch zugenommen. Gleichzeitig sind die Militärausgaben wider Erwarten stark ge-wachsen. 1974 versprachen die reichen Länder, bis zum Jahr 2000, «die Armut zu be-seitigen». Jeder Mensch sollte mehr als zwei Dollar am Tag zur Verfügung haben, denn
so war damals wie heute die absolute Armuts-schwelle definiert. [...] Die Armut hat weiter zugenommen. Im Milleniumsjahr lebten von den rund 6 Milliarden Bewohnerinnen und Bewohnern der Erde 2,7 Milliarden unter der Armutsschwelle, davon 1,3 Milliarden in «äusserster Armut» (das heisst, sie ver-fügten über weniger als einen Dollar am Tag). [...] Bei der derzeitigen Globalisierung gibt es kein «Wir», sondern nur eine schier endlose Reihe von «Ichs», die um die lebens-wichtigsten Güter und Dienstleistungen konkurrieren. Das Evangelium der Wettbewerbsfähigkeit dient inzwischen zur Er-klärung und Rechtfertigung von Krieg und Armut. [...] Nach den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO), des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Weltbank, der EU, der Weltorganisation für geistiges Ei-gentum (Wipo), des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (Nafta), der Vereini-gung südostasiatischer Staaten (Asean), der Neuen Partnerschaft für die Entwicklung Afrikas (Nepad) und ähnlichen Organisationen sind all jene zu bekämpfen, die das Wachstum des Konsums, die «Freiheit» von Handel und Finanzen sowie den «freien» Verkehr und die gegenseitige Befruchtung der Kulturen behindern. Erhalt und Förderung der westlichen, zum Inbegriff der menschlichen Zivilisation erhobenen Lebensweise liegen demnach im ureigenen Interesse aller Völker. [...]
Dabei gibt es durchaus Alternativen. [...] Es ist an der Zeit, die Armut als rechts-widrig zu erklären: «Niemand hat das Recht, arm zu sein.» Armut für rechtswidrig er-klären, heisst konkret, alle Gesetze und Verordnungen ausser Kraft zu setzen, die die Armut in der Welt, auch die Armut in den «ent-wickelten» Industrienationen, hervorbringen und aufrechterhalten. Mit Blick auf die Europäische Union impliziert dies, die so ge-nannte Lissabon-Strategie — «Europa zur wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaft der Welt zu machen» —, den Bologna-Prozess (Privatisierung und Kommerzialisierung der Universitätsbildung) und jede weitere Form der
«Bolkestein-Richtlinien» durch Massnahmen zu ersetzen, die der gegenseitigen Zusammenarbeit, der Stärkung der Universitäten als Service Public und der Entwicklung einer EU-Bürgerschaft Priorität einräumen. [...] Es gilt die Liberalisierung, Privatisierung und Kommerzialisierung öffentlicher Güter und Dienstleistungen abzulehnen. [...]
Ebenso den Freilandanbau von gen-technisch veränderten Pflanzen sowie ihre Nut-zung in der Nahrungsmittelindustrie
zu verweigern. [...] Die Privatisierung der Wasserversorgung oder die Verlängerung der Verträge mit den Wassermultis zu stop-pen — und den Zugang zu sauberem Trinkwasser als allgemeines Menschenrecht
zu verankern.
Eine Alternative zu Armut und Krieg — der Traum vom Weltfrieden — setzt also
vor allem die Förderung wirtschaftlicher Ver-hältnisse voraus, die auf dem freien Zugang zu öffentlichen Gütern und Dienstleistungen beruhen, und zwar auf der ganzen Welt. Dringend der Anerkennung bedarf, dass Wasser, Luft, Sonnenenergie, Wälder, Wissen, Biodiversität, Ernährungssicherheit, Gesundheit und Bildung, Weltmeere und Funkwellen, Finanzstabilität und Sicherheit in den Zuständigkeitsbereich und die Verantwortung des Weltgemeinwesens fallen. [...]
Aus der Organisation der Vereinten Nationen muss eine Weltorganisation der Menschheit werden. Wir müssen uns auf Wel-tebene um eine politische Architektur be-mühen, die der conditio humana als einer weltumfassenden Gegebenheit gerecht wird.
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Wir wollen doch nichts anderes als ein wenig Ordnung, um uns vor dem Chaos zu schützen. [...]
[...] In einem ungemein poetischen Text beschreibt Lawrence, was die Dich-tung tut: Unablässig stellen die Menschen
einen Schirm her, der ihnen Schutz bietet, auf dessen Unterseite sie ein Firmament zeichnen und ihre Konventionen und Meinun-gen schreiben; der Dichter, der Künstler aber macht einen Schlitz in diesen Schirm, er zerreisst sogar das Firmament, um ein wenig freies und windiges Chaos hereindrin-gen zu lassen und in einem plötzlichen Licht-schein eine Vision zu rahmen, die durch
den Schlitz erscheint, die Schlüsselblume von Wordsworth oder den Apfel Cézannes, der Umriss von Macbeth oder Ahab. Nun folgt die Menge der Nachahmer, die den Schirm mit einem Stück flicken, das vage der Vision ähnelt, und die der Ausleger, die den Schlitz mit Meinungen füllen: Kommunikation. Immer weitere Künstler werden nötig sein, um weitere Schlitze anzubringen, um die notwendigen und vielleicht immer grösseren Zerstörungen vorzunehmen und so ihren Vorgängern die unkommunizierbare Neuheit zurückzugeben, die man nicht
mehr zu sehen vermochte. Das heisst, dass der Künstler sich weniger mit dem Chaos her-umschlägt (das er in gewisser Weise aus vollem Herzen herbeiwünscht) als mit den «Klischees» der Meinungen. Der Maler malt nicht auf einer noch unberührten Leinwand, wie auch der Schriftsteller nicht auf ein wei-sses Blatt schreibt, vielmehr sind Blatt und Leinwand schon derart bedeckt mit bereits bestehenden, fertigen Klischees, dass als erstes ausgewischt, gewaschen, gewalzt,
ja zerfetzt werden muss, um einen Luftzug vom Chaos hereindringen zu lassen, der uns die Vision bringt. [...] Tatsächlich kämpft die Kunst mit dem Chaos, aber nur, um dabei eine Vision zum Vorschein zu bringen, die
es einen Augenblick illuminiert, eine Empfindung. [...] Ein chaotisches Werk ist gewiss nicht besser als ein Werk der Meinung, die Kunst besteht aus Chaos ebensowenig wie aus Meinung; aber wenn sie sich mit dem Chaos herumschlägt, dann, um ihm die Waffen
zu entlehnen, die sie gegen die Meinung richtet, um sie mit erprobten Waffen besser schlagen zu können. Ja sogar weil das Ge-mälde zuerst mit Klischees gespickt ist, muss der Maler sich dem Chaos stellen und die Zerstörungen vorantreiben, um eine
Empfindung zu erzeugen, die jeder Meinung, jedem Klischee trotzt (wie lange?). Die
Kunst ist nicht das Chaos, wohl aber eine Kom-position des Chaos, die die Vision oder
Sensation schenkt, so dass die Kunst einen Chaosmos bildet, wie Joyce sagt, ein komponiertes Chaos — weder vorausgesehen noch vorgefasst.
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Er lag im Bett und schwitzte. Die Feuchtigkeit sammelte sich heiss in seinen Achselhöhlen und rann kalt und unangenehm
an den Seiten herab. Sein Fieberfinger folgte dem Pfad im Verputz und hielt vor dem
Höhleneingang erschöpft inne, derweil sein Hirn eintrat und innen finster-fantastische Grotten und Gestalten entdeckte. Einer dieser Gestalten fiel ihn jäh an, grub ihre Zähne
in ihn und zerfleischte ihn bis zum Erwachen. Seufzend folgte er diesmal einem Himmelspfad an der Decke, schwang sich auf um später tödlich ins Erwachen zu stürzten.
Leonardo da Vinci empfahl seinerzeit angehenden Künstlern, in Wolkenformen und abblätterndem Mauerwerk fantastische Figurationen, Fratzen, Reiter usw. zu ent-decken und zu zeichnen. Müsste heute das gegenteilige Rezept empfohlen werden? Erkenne in den Grotten, in den Figurationen, Fratzen und Reitern den Verputz!?!
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«Es sei möglicherweise nicht gesund im Alter von siebenundzwanzig, bald neunundzwanzig Jahren mehr oder weniger zurückgezogen in einer Badewanne zu leben. Ich müsste das Wagnis eingehen, sagte ich mit gesenktem Blick und streichelte dabei über das Email der Badewanne, das Wagnis, die Seelenruhe meines abstrakten Lebens aufs Spiel zu setzen, um. Ich beendete meinen Satz nicht.»
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Wie war das mit Vermeer — 35 Bilder als Lebenswerk; keine Zeichnungen, keine Stiche, keine Briefe, keine Skizzen, keine Wand-bilder, keine bekannten Reisen, 35 Bilder und sonst nichts? 35 Bilder, deren Sujets geklaut sind, und die die Beklauten in den Schatten stellen. Offenbar muss man nicht mal was er-finden, man muss es nur besser machen als die Vorherigen. Ein Haufen Kinder, ein Haufen Schulden und ein extrem schmales Werk, was so hell strahlt, lauter Kleinformate ohne spektakuläre Darstellungen — meilenweit von jedem Expressionismus. Bei Proust stirbt ein Mann in Anbetracht einer kleinen von Vermeer gemalten Mauerecke [...].
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«Kennen Sie Adam?», fragte Teddy. «Ob ich wen kenne?» «Adam. Aus der Bibel?» N. lächelte. «Nicht persönlich», sagte er. «Sie erinnern sich doch an den Apfel, den Adam
im Garten ass und von dem auch in der Bibel die Rede ist?», fragte er. «Wissen Sie, was
in dem Apfel war? Die Logik. Logik und intellektueller Kram. Das war alles, und etwas anderes war nicht drin. Und deshalb — darum dreht es sich nämlich — müssen Sie sich leer machen, wenn Sie die Dinge sehen wol-len, wie sie wirklich sind.»
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Der Begriff der Körperbeherrschung gefällt mir nicht. Ich würde eher von Körperbewusstsein sprechen. Es geht um die Qualität der Selbstwahrnehmung, das ist fun-damental. [...] Choreographie verstehe ich als Organisation.
Es geht nicht darum, Bewegungen zu schaffen und zu zeigen. Mich interessiert die Wahrnehmung und das Verständnis von Wahrnehmung. [...] Schreiben ist immer auch Bewegung. Ich verstehe meine choreo-graphische Praxis als räumliches Schreiben. Die Tänzer sollen mit ihrer Bewegung Spuren hinterlassen.
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«MAN KANN IM NAMEN DER KUNST KEIN HUHN SCHLACHTEN.»
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Der Aufstand gegen die ideologisch eingeschüchterte Wahrnehmung ist vielleicht das entscheidende Charakteristikum einer
ästhetischen Weltsicht.
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Mutanten werden das sein, die — effizient wie im Labor gezüchtete Vieren — ihre Kontakte, ihre Networks, ihre Verbände und Dachverbände, ihre Links und ihre Zentren aufbauen werden, künftige Fachleute für
die televisuelle Kommunikation, für audiovisuelles Management, für net und web. Das werden die Planer fremder Leben und eigener Karrieren sein, solche, die think deeply, read wildly and write beautifully. Selbstbewusste Menschen, Menschen mit einer multiplizierten Identität, Kosmopoliten, Globalisten, Multikulturalisten, Nationalisten [...] alles auf einmal, als hätten sie mehrere Köpfe
auf dem Hals, flexibel, schnell beim Definieren, Selbstdefinieren und Redefinieren, beim Reflektieren und Selbstreflektieren, inventierend und reinventierend, modellierend und remodellierend, konstruierend und dekonstruierend. Sie werden die neuen Kämpfer für die Demokratie unter den Bedingungen der Transition sein, und da alles im Wandel begriffen ist und alles sich seit Menschengedenken im Fluss befindet, werden diese Menschen ständig die Wörter mobility, flexibility und fluidity wie Kaugummi im Munde drehen. Es werden junge, fortschrittliche Menschen sein, bezahlte Kommissare der European integration und des enlargement-
Prozesses, Erbauer der neuen Ordnung, Spe-zialisten für new, unique postnational political units, für national und postnational constellations, Fachleute für globalization versus localization und umgekehrt, advocats, die vehement dieses oder jenes verteidigen.
In x geboren werden sie in y in Geschichte des Mittelalters diplomieren, in z English
business terminology studieren und ihre Dok-torarbeit zum Thema What do Medieval History and Business Terminology have
in common schreiben. Von o werden sie sich nach p begeben um dort Mikro- und Makro-ökonomie zu studieren und sich dann in good governance and sustainable peace
in war-torn societies zu spezialisieren. Aus q, r, s und t kommend werden sie zu Fachleuten beim UNHCR, bei NGOs, bei der EU. [...] Sie werden mehrere Sprachen beherrschen, die Neusprache des neuen Europas schaffen, flotte, phantasievolle Schlüsselbegriffe prägen. Das Wort Enlargement werden sie gross schreiben, als handle es sich um eine neue Epoche, vergleichbar mit dem Huma-nismus, der Renaissance oder der Auf-klärung. Ihre Schlüsselbegriffe werden sein: management, technology of negotiations,
income, profit, investment, expense, hidden communication. Schnell dabei, sich zu def-inieren und zu positionieren, zäh wie Katzen mit neun Leben, werden sie wissen, was
sie wollen. Sie werden strong self-confidence haben, sie werden hardworking, communicativ, loyal, discreet, tolerant und friendly sein und spielend mit stressful situations fertig werden. Sie werden ein gesteigertes Interes-se an diplomatic und consular privileges
an den Tag legen. Ihre Bewerbungsschreiben werden sie mit Slogans schmücken wie
Challenge is my propeller, perfection is my
ultimate goal und mit Begriffen spicken
wie contemporary self, bastardism of your age, postcolonialism, marketization, rec-ruiting, training, contacts [...].
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Vor drei Jahrzehnten hat Roland Barthes
einen kulturellen Text elegant als «ein Gewebe von Zitaten» definiert: «Heute wissen wir, dass ein Text nicht aus einer Reihe von Wör-tern besteht, die einen einzigen, irgendwie theologischen Sinn erfüllt (welcher die «Bot-schaft» des Autor-Gottes wäre), sondern
aus einem vieldimensionalen Raum, in dem sich verschiedene Schreibweisen, von denen keine einzige originell ist, vereinigen und
bekämpfen. Der Text ist ein Gewebe von Zi-taten aus unzähligen Stätten der Kultur.»
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Soviel auch zitiert, gesampelt und gestohlen wird — letztendlich sind es die alten Subjekte, die ihre eigene Modernisierung vorneh-men. Auch der Blick auf Technik und Produktionsbedingungen rettet die Ästhetik nicht davor, letztendlich doch an den Autor glauben zu müssen. Es sieht einfach nur anders aus.
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Denn was soll eigentlich diese ununterbrochene Verbildlichung unseres Lebens, diese tendenzielle Verdoppelung der Realität?
Dazu müssen wir noch einmal nach dem Unterschied von Original und Bild fragen. [...] Original und Bild sind je auf ihre Weise reicher, übertreffen einander. Die nicht schon als Bild gesehene Realität1 ist unbestimmt, und in ihrer Unbestimmtheit reicher an Mög-lichkeiten. [...] Das Bild oder Foto ist in gewisser Weise ärmer als das Original, weil in ihm die Perspektive, die Konstellation,
die Einheit und der Rahmen festgelegt sind. Das Bild ist insofern ärmer an Möglichkeiten, aber es übertrifft das Original gewissermassen an Wirklichkeit. Das Bild ist ein-deutiger, bestimmter, entschiedener, prägnanter als die Realität. Es kann deshalb
die Realität an emotionaler Wirkung bedeutend übertreffen. [...]
Es zeigt sich, dass Verbildlichung eine Steigerung an Wirklichkeit darstellt. Im Bild tritt die Realität mehr aus sich heraus, wird bestimmter, entschiedener, prägnanter und in diesem Sinne auch wirklicher. Sie wird
erst im Bild eigentlich etwas Bestimmtes aus der Fülle der mannigfaltigen Möglichkeiten.
1 Realität soll die dingliche Welt einschliesslich der Menschen
bezeichnen. Ich vermeide hier den auch gebräuchlichen Ausdruck «Wirklichkeit», weil ich diesen für die affektiv erfahrene Wirksamkeit reserviere.
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«Ce n’est pas une image juste, c’est just une image.»
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Heute morgen habe ich in der Zeitung
Tagesspiegel in diesem Zusammenhang einen Artikel über Godard gelesen:
«Es steht schon bei Shakespeare. Beethoven hat es komponiert, Delacroix
hat es gemalt, Godard hat es bereits einmal
zusammengerührt, und bevor wir uns um-sehen, hängt es für 9,90 bei H&M. [...]
Nur dass Godard die rasenden Montagen,
das Sampeln offenbar in der Hoffnung tut, am andern Ende des Zitatentunnel etwas Neues anzutreffen.»
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«Enthülle mich nicht, wenn Dir die Freiheit lieb ist!»
Auf einem Zettel hat Leonardo den Spruch notiert, mit dem sich ein verhülltes Werk an einen potentiellen Betrachter wendet: «Nicht verhüllen, wenn dir die Freiheit lieb ist, denn mein Antlitz ist Kerker
der Liebe.»
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Das Wichtigste, was mich beschäftigt, ist Komplexität. Komplexität in dem Sinne, dass es nicht nur eine Antwort auf eine Frage
gibt, sondern verschiedene Antworten, dass
es nicht nur einen Weg zur Schönheit gibt, sondern viele mögliche Wege. Was ich versucht habe, ist eine Begegnung mit der
Realität zu finden. [...]
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Ausgangspunkt für Gustav Metzgers Werk ist sein Konzept der Autodestruktiven Kunst, die er 1959 in seinem ersten Manifest als «eine Form der öffentlichen Kunst für Industriegesellschaften» definierte. Im Mittelpunkt der Autodestruktiven Kunst steht nicht das Künstlersubjekt. [...]
[...] Wenige Zeit später definiert Metzger ebenfalls den Begriff der Autokreative Kunst: Es sind Vorgänge des Wachstums, die ein Werk generieren und in ständi-gem Fluss halten; Säure, zerfressene Leinwände, Flüssigkristalle, industrielle Materi-alien werden verwendet und zielen auf einen Angriff auf kapitalistische Werte und den Kunstmarkt. [...]
[...] Im Katalog zu Years without
Art 1977 – 1980 ruft Metzger zu einem dreijährigen «Kunststreik» auf, der das Potential politisch engagierter Kunst vor seiner Verharmlosung durch Establishment und Kunst-mark bewahren soll. [...]
[...] Das Symposium Destruction
in Art Symposium (DIAS) fand im September 1966 in London statt. Etwa 100 KünstlerInnen aus 18 Ländern steuerten Werke bei. Ge-meinsam verband sie die Auffassung, dass Destruktion als eine Form des Widerstandes gegen psychische, soziale und politische Gewalt einzusetzen ist. Sie beschäftigten sich mit der Wechselwirkung und gegenseitigen Verbindung von Zerstörung und Schöpfung innewohnenden Prozesse und Strukturen. Obwohl sie sich mit Destruktion in der Kunst beschäftigten, betrieben sie keine Zerstörung der Kunst, denn sie verstanden Destruktion als ursächliches Prinzip, das — wenn-gleich eine andere Dimension derselben — mit der Kreativität im Einklang steht und ein Teil des Produktionszyklus ist. Zudem
benutzten sie Zerstörung als provokatives Mittel, um konventionelle Kunstformen
zu kritisieren.
Viele DIAS-KünstlerInnen waren Pioniere in Happening, Fluxus, Wiener Aktio-nismus und Konkreter Poesie und legten den globalen Grundstein für sozial engagierte Kunst. Sie betonten die zentrale Rolle der Kunst im Hervorbringen neuer Wissens- und Wahrnehmungsformen und neuer Einsichten in das Leben. [...] Ihre Techniken umfassten Demolierungsakte durch Mittel
wie Sprengen, Verbrennen, Zerreissen, Zertrümmern, Zerschneiden; dem Einsatz
natürlicher Elemente wie Wind, Feuer, Regen,
Wasser und Schwerkraft; die Zertrümme-
rung diachroner Narrative durch den Einsatz von Klang, visueller Gestaltung und Performance sowie die Zerschlagung psychosexuel-ler Konventionen und sozialer Zwänge. [...]
— Ein Abschnitt des Symposiums war gänzlich den teilnehmenden Künstlern aus Österreich gewidmet: Günter Brus, Otto Mühl, Hermann Nitsch, Kurt Kren und Peter Weibel.
— Nur sehr wenige Frauen nahmen aktiv an DIAS teil.
— Townshend, der Leadgitarrist der Rock-gruppe The Who, erklärte, dass der Vortag von Metzger ihn auf die Idee gebracht
habe, bei Musikperformances seine Gitarre zu zertrümmern.
— Mit der aggressiven Kleidung, den schrill gefärbten Irokesen-Frisuren und ihrem scho-nungslos chaotischen Benehmen gelang
der Punk-Kultur die Verbreitung der Themen, die DIAS aufgeworfen hatte.
— Metzgers Gebrauch der Destruktion zur Kritik des Totalitarismus und Kapitalismus in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren wurde von vielen Künstlern aufgenommen, auch wenn sie Metzgers Werk nicht kannten:
— 1978 Gründung der Gruppe Survival Re-search Laboratories (SRL) in San Francisco.
— 1980 im ehemaligen Jugoslawien: Neue Slowenische Kunst (NSK), eine Dach-organisation, zu der auch Gruppen wie Laibach und Irwin gehören, die den Theorien von Slavoj Žižek nahe stehen.
— In den 1990er Jahren zog dann die
spanische Gruppe La Fuera Del Baus, die eben-falls teil des DIAS-Affektes ist, bei grossen öffentlichen Festivals für Zerstörungsaktionen Hunderte von Zuschauern an. [...]
— Selbst der Psychologe Arthur Janov sieht als Auslöser für die Entwicklung seiner Urschreitherapie die Aktion Self-Destruction von Ortiz.
— Im Jahre 2002 veranstaltet Peter Weibel in Zusammenarbeit mit Bruno Latour im ZKM-Karlsruhe die Ausstellung
ICONOCLASH. [...]
[...] Das ist nur der Anfang einer Liste
von Affekten, die sich von DIAS aus rhizomartig verbreiteten, eine Form der Verbreitung, die Gilles Deleuze und Félix Guattari teilweise unter der kulturellen Anleitung des DIAS-Teilnehmers Jean-Jacques Lebel theoretisch zu fassen versuchten.
[...] Die Frage, wie wir mit Bildern der in den Medien dokumentierten humanitären
Katastrophen umgehen, stellt Gustav Metzger in seiner jüngsten Werkgruppe der Historic Photographs (ab 1990). Indem
die BetrachterInnen bestimmte Aktivitäten setzen müssen, wenn sie die historischen Fotografien sehen möchten, verdeutlicht Metzger unsere Ambivalenz zwischen Voyeu-rismus, Bagatellisierung und Anteilnahme. [...] Im gleichen Masse wie bei seiner künst-lerischen Arbeit engagiert sich Gustav Metzger in theoretischen Vorträgen, Symposien und politischen Foren. [...]
[...] Zum Abschluss ein Satz des Psy-chiaters und Trauma-Experten Robert, der eine bezwingende Parallele zum DIAS-Affekt aufweist:
«Je signifikanter ein Ereignis, um so geringer die Wahrscheinlichkeit, dass es untersucht wird.»
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Es scheint mir nicht, sagte Austerlitz, dass wir die Gesetze verstehen, unter denen
sich die Wiederkunft der Vergangenheit vollzieht, doch ist es mir immer mehr, als gäbe
es überhaupt keine Zeit, sondern nur verschiedene, nach einer höheren Stereometrie ineinander verschachtelte Räume, zwi-schen denen die Lebendigen und die Toten, je nachdem es ihnen zumute ist, hin und
her gehen können, und je länger ich es be-denke, desto mehr kommt mir vor, dass
wir, die wir uns noch am Leben befinden,
in den Augen der Toten irreal und nur manchmal, unter bestimmten Lichtverhältnissen und atmosphärischen Bedingungen sichtbar werdende Wesen sind.
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Hans Peter Duerrs Recherchen handeln vom gross angelegten Versuch, die soziologische Theorie von Norbert Elias zu widerlegen, und zu belegen, dass es so etwas wie eine Höherentwicklung bestimmter, insbesondere westlicher Kulturen nicht gibt. Das Verhalten der Menschen werde zwar vom jeweiligen kulturellen Kontext moduliert und gesteuert, aber eine zielgerichtete Entwicklung, einen fortschreitenden «Prozess der Zivilisation» (Elias) mit zunehmender Triebsublimierung, kann der Ethnologe genauso wenig erkennen wie eine naturwüchsige Wildheit bei afrikanischen Stämmen. Das schlagende Argument für Duerr sind die Kriege und Gewaltexzesse, die auf allen Kontinenten und zu allen Zeiten immer wieder ausbrechen. [...] «Ich bin ein Wissenschafter, den die Anschau-ung zur Theorie führt.»
[...] Die Themen fallen ihm zu: So
sei er auf seinen Reisen zu den sogenannten Wilden mit einer Schamkultur konfrontiert worden, die ihn habe zweifeln lassen an der allgemein akzeptierten Annahme, dass
erst die moderne Verinnerlichung komplexe Schamgefühle erzeuge.
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372
Aus dem Grunde haben wir die Szene gedreht, in der Mitterand nackt in der Badewanne sitzt. Die Attribute der Macht, das ist ja immer das Kostüm. In dieser Szene gleicht Mitterand allen alten Menschen dieser Welt. Die Nacktheit führt ihn zurück auf die Condition humaine. Ich glaube, dass das Publikum Könige und andere mächtige Figuren gerade deshalb liebt, weil selbst die Macht sie
nicht vor Krankheit, Leid und Tod verschont.
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Meine Menschen wurden alle erschossen
Meine Menschen wurden alle erschossen
Von einer Kamera, gerahmt,
bevor ich sie malte. Sie wussten nicht,
dass ich ihnen das antun würde.
Sie wussten nicht, mit welchen Namen ich sie nennen würde. (1985)
Im Augenblick siedelt meine Kunst zwi-schen der pornographischen Tendenz,
alles zu enthüllen und der erotischen Neigung, zu verbergen, worum es eigentlich geht.
M.D.1986
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Die Anthropologie mutmasst, dass das
Ausgesetztsein in eine Situation der Baumlosigkeit, in der jede Flucht nach oben ab-geschnitten war, zur Erdichtung der Mythologeme führte. Kafkas in die menschliche Gesellschaft verschleppter Affe erläutert sehr ähnliche Zusammenhänge in seinem Be-richt für eine Akademie. Es war die Ausweglosigkeit die ihn, der «doch so viele Aus-wege bisher gehabt», dazu zwang, selber zum Menschen zu werden.
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Bilder sind schön, Bilder sind nicht zu
entbehren, aber eine Qual sind sie auch.
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Sarrasine ist die Geschichte eines Bildhauers, der nicht verstehen will, dass die schönste aller Frauen — La Zambinella — ein Kastrat ist. Nachdem er gezwungen wird, sich seine Blindheit einzugestehen, sucht er zuerst seine meisterhafte Abbildung dieses trügerischen Körpers mit dem Hammer zu zerstören. Nachdem dies scheitert, ergreift er das Schwert, um seine Zerstörungswut auf das Modell selbst zu richten. Er wird daran aber von den Gehilfen des Kardinals Cicognara, dem Besitzer des Kastraten, gehindert, die statt dessen ihn selber erdolchen.
Roland Barthes Lektüre der Novelle
von Balzac mündet in einer Warnung: Das
Verlangen, am Körper ein Bild entstehen
zu lassen, welches klare Geschlechtsidentitäten festmacht und auch unser trauma-tisches Wissen um die eigene Versehrtheit und Verletzbarkeit in eine Fantasie der
körperlichen Vollkommenheit umsetzt, kann nicht aufgehen. Der Körper, der makellose weibliche Schönheit zur Schau stellt, ist eine Täuschung auf der Ebene der Geschlechtlichkeit und weist somit darauf hin, dass die tradierte Vorstellung dessen, was perfekte Weiblichkeit sei, nichts anderes als eine kulturelle Konstruktion ist. [...]
Der Wunsch, den Körper festzulegen, um über ihn eine ganz andere Fantasie (nämlich eine auf den unversehrten Körper gerichtete) Gestalt annehmen zu lassen, muss scheitern. Das zeigt sich auch in der Rahmenhandlung von Balzacs Novelle. Denn der Erzähler, der mit seiner Wiedergabe dieser Geschichte eine wunderschöne Frau zum Beischlaf verführen will, scheitert ebenso wie sein Held, wenn auch mit weniger fatalen Folgen. Weil die Geschichte, die er erzählt, von sexueller Kastration und Mord handelt, von der Versehrtheit, die dem Glanz der Schönheit und des Prunkes immer innewohnt, von der unheimliche Nähe von Meisterwerk und Monster, von dem perfekten weiblichen und dem verstümmelten männli-chen Körper, löst die genaue Benennung
des Rätsels bei der Zuhörerin Widerwillen
und Ekel aus. Es kommt nicht zum Beischlaf.
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Das innerste Geheimnis der profanen Metaphysik ist die seltsame Sensation der Körperabsenz, die hervorgerufen wird durch einen, wenn man so sagen kann, überentwickelten Blick. Bezeichnenderweise müssen sich ja auch die Klienten, wenn sie aus dem Dämmer der Peep-Show (oder des Kinos) wieder auf die Strasse herauskommen, immer einen kleinen Ruck geben, um wieder Herr zu werden über den ihnen vor lauter Schauen abhanden gekommenen Körper.
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Am 2. März 1757 war Damiens dazu verurteilt worden, «vor dem Haupttor der Kirche von Paris öffentlich Abbitte zu tun», wohin er «in einem Stürzkarren gefahren werden sollte, nackt bis auf ein Hemd und eine brennende zwei Pfund schwere Wachsfackel in der Hand; auf dem Grève-Platz
sollte er dann im Stürzkarren auf einem dort
errichteten Gerüst an den Brustwarzen, Armen, Oberschenkeln und Waden mit glühenden Zangen gezwickt werden; seine rechte Hand sollte das Messer halten, mit dem er den Vatermord begangen hatte, und mit Schwefelfeuer gebrannt werden, und auf die mit Zangen gezwickten Stellen sollte geschmolzenes Blei, siedendes Öl, brennendes Pechharz und mit Schwefel geschmol-zenes Wachs gegossen werden; dann sollte sein Körper von vier Pferden auseinander-gezogen und zergliedert werden, seine Glieder und sein Körper sollten vom Feuer verzehrt und zu Asche gemacht, und seine Asche in den Wind gestreut werden». [...]
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Im Bunker hing von der Gewölbedecke eine oben in einer Rolle laufende Kette, die am unteren Ende einen starken, geschwungenen Eisenhaken trug. Man führte mich
an das Gerät. Der Haken griff in die Fessel, die hinter meinem Rücken meine Hände
zusammenhielt. Dann zog man die Kette mit mir auf, bis ich etwa einen Meter hoch über dem Boden hing. Man kann sich solcher Stellung oder solcher Hängung an den hin-term Rücken gefesselten Händen eine kurze Weile mit Muskelkraft in der Halbschräge halten. Man wird, während dieser wenigen Minuten, wenn man bereits die äussertste Kraft verausgabt, wenn schon der Schweiss auf Stirn und Lippen steht und der Atem keucht, keine Fragen beantworten. Komplizen? Adressen? Treffpunkte? Das vernimmt man kaum. Das in einem einzigen, eng-begrenzten Körperbereich, nämlich in den Schultergelenken, gesammelte Leben
reagiert nicht, denn es erschöpft sich ganz und gar im Kraftaufwand. Nur kann dieser auch bei physisch kräftig konstituierten Leuten nicht lange währen. Was mich betrifft, so musste ich ziemlich schnell aufgeben. Und nun gab es ein von meinem Körper bis zu dieser Stunde nicht vergessenes Krachen und Splittern in den Schultern. Die Kugel sprang aus den Pfannen. Das eigene Körper-gewicht bewirkte Luxation, ich fiel ins Leere und hing nun an den ausgerenkten, von hinten hochgerissenen und über dem Kopf nunmehr gedreht geschlossenen Armen.»
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Am frühen Morgen weckte ihn ein quälender Traum. Er sah sich selbst auf der Pritsche liegen und davon träumen, dass er auf
der Pritsche lag und davon träumte, auf der Pritsche zu liegen und zu träumen.
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Mag der Begriff der Sublimierung bis heute etwas unscharf geblieben sein, die Wurzeln der Kreativität selbst sind aber von zahl-reichen PsychoanalytikerInnen erforscht worden und werden es weiterhin. Nach Melanie Klein entspricht der kreative Drang der Nötigung zur Wiedergutmachung gege-nüber dem durch imaginäre Angriffe zerstörten Objekt. Ziel ist die Wiedererrichtung des Objekts in seiner schönen Ganzheit.
Der kreative Schwung ist mit der depressiven Phase verknüpft, in der das Subjekt fähig wird, sich mit seiner Schuld auseinanderzusetzen. Hanna Segal zitiert in ihrem Werk Verse von Rilke, um ihre Auffassung von der Nähe des Schönen und des Schrecklichen zu bekräftigen. Sie zeigt, inwiefern das Kunst-werk eine Hervorbringung der destruktiven Triebe ist und zugleich der Triumph über das innere Chaos seines Schöpfers.
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Eine «Activity» von Allan Kaprow bestand darin, dass jemand mit Kreide einen Strich auf die Strasse zog und jemand anderes diesen mit einem Radiergummi wieder auslöschte. Die «Activity» dauerte so lange,
bis entweder die Kreide oder der Gummi auf-gebraucht waren. [...]
[...] Die Verbindung zwischen Kunst und Leben war das Leitmotiv von Kaprows künstlerischer Arbeit. Er war der Erfinder des Happenings, einer neuen Form von Kunst, die er 1959 in New York mit «18 Happenings in 6 Parts» zum ersten Mal verwirklichte. Er ersetzte das physisch greifbare Kunstwerk in Form einer Skulptur, eines Gemäldes oder eines Films durch die Aufführung in der
Art eines Spiels. Und er hob die Trennung zwi-schen Künstler und Zuschauer auf, indem die Happenings, im Unterschied zu Theaterstücken oder Performances, keine Zuschauer, sondern nur Mitspieler hatte.
Er baute mit Architekturstudenten
auf einer Mülldeponie Gebilde aus Abfall auf und riss diese wieder ein («Household» 1964). Für «Fluids» 1967 konstruierte er in Los Angeles Bauten aus Eisblöcken, die bald schmolzen. Und für «Sweet Wall» 1970
errichtete er neben der Berliner Mauer eine Mauer aus Ziegelsteinen, die mit Brot und Marmelade verbunden wurde.
Er entzog sich dem Einfluss von Museen, Sammlern und Galerien. Es ging ihm, der bei Hans Hofmann Malerei, bei John Cage elektronische Musik und bei Meyer Schapiro Kunstgeschichte studiert hatte, dabei aber nicht um eine kritische Reflexion des Kunstbetriebes, der Gesellschaft oder der Kunst als solcher. Er begriff, wie zur selben Zeit auch Robert Smithson, dass jede kritische Reflexion ihren Gegenstand unweigerlich reproduziert und damit auch stärkt. Er wollte vielmehr von der Idee loskommen, dass die Kunst als etwas Absolutes über oder neben der Wirklichkeit steht. [...] Anders als Marcel Duchamp interessierte er sich nicht für die Frage «Was ist Kunst?», also die Frage nach dem Wesen der Kunst, sondern eher für die Frage «Wo ist Kunst?», also die Frage nach ihrem Ort und ihrer Funktion. Wenn
er in seinen Aufsätzen und Vorträgen von der Vermischung von Kunst und Leben sprach, teilte er damit nicht das Ziel der Avangarden, die mittels der Kunst das Leben verbes-sern und die Probleme der Wirklichkeit lösen wollten. Vielmehr wollte er die Kunst verbes-sern, indem er sie der Komplexität und
Widersprüchlichkeit des Lebens aussetzte.
Auf Joseph Beuys berühmten Ausspruch «Jeder Mensch ist ein Künstler» hätte er ent-gegnen können: «Jeder Künstler ist ein Mensch.» Kaprows Werk stellt die Wertehierarchien der Kunstwelt radikal in Frage. Ohne ihn wäre ein grosser Teil der heutigen Installations- und Performanzkunst nicht denkbar.
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Poesie soll das Leben nicht erklären, Poesie war für Brodsky das Leben selbst. Er verneinte die künstlerische Autonomie des Dichters und dreht die Abhängigkeitsverhältnisse um. Es ist die Sprache, die sich des Dichters als eines Instruments bedient, um ihre eigenen Aussagemöglichkeiten zu erproben: «Vom Ganzen des Menschen bleibt — als Teil — bloss Sprache übrig. Er als Sprachanteil.
Als Redeteil.»
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Der Philosoph Hegel beschreibt in den «Vorlesungen über die Ästhetik» 1820 das ganze Seelenkulturprogramm: «[...] zur wahren Tiefe und Innigkeit des Geistes gehört,
dass die Seele ihre Gefühle, Kräfte, ihr ganzes inneres Leben durchgearbeitet, dass sie vieles überwunden, Schmerzen erlitten, See-lenangst und Seelenleiden ausgestanden, doch in dieser Trennung sich erhalten habe und aus ihr in sich zurückgekehrt sei.»
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Ihren Nachruhm verdankt Gertrude Stein einer einzigen Zeile, die oft falsch zitiert wird, meistens als «Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose». In Wirklichkeit heisst sie «Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose ist eine Rose», also «Rose is a Rose is a Rose is a Rose».
[...] Natürlich hilft es, wenn man das Kinderbuch «Die Welt ist rund» kennt, das
Gertrude Stein 1993 als Auftragsarbeit geschrieben hat. Das Mädchen Rose in der Kindergeschichte fragt sich, wer sie ist und was ihre Existenz mit ihrem Namen zu tun hat: «Alle hatten sie Namen und ihr Name war Rose aber wäre sie oft weinte sie deswegen wäre sie Rose gewesen wenn ihr Name nicht Rose gewesen wäre.» [...] Gertrude Steins Rosensatz ist der steinigste aller Sätze.
Das poetische Programm der Gertrude Stein steckt in den vier Rosen: Dem symbolgeschwängerten Wort gibt sie seine Selbstbestimmung zurück, macht daraus wieder,
mit rhythmischem Nachdruck, einen Gegen-stand — um ihn durch den Zauber der Wiederholung in Sprachmusik zu verwandeln. Aber noch ist die Geschichte der kleinen Rose aus dem Kinderbuch nicht zu Ende erzählt: Auf ihrer Suche nach sich selbst zieht sie in die Welt hinaus, erlebt allerlei und ritzt ihren Namen in die Rinde eines Baums. Aber so, dass er rundherum geht: «Rose ist eine Rose ist eine Rose ist eine Rose.»
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«Also hören Sie! Verstehen Sie denn nicht, dass, als die Sprache neu war, — wie bei Chaucer und Homer — der Dichter den Namen eines Dinges gebrauchen konnte, und das Ding dann wirklich da war? [...] Und verste-hen Sie denn nicht, dass er, nachdem Hunderte von Jahren vergangen und Tausende Gedichte geschrieben worden waren, sich auf eben jene Worte berufen konnte und herausfinden, dass sie nur abgenutzte literarische Worte waren? Das Erregende des reinen Seins war von ihnen gewichen; es waren
nur noch ziemlich abgegriffene literarische Worte. Nun, der Dichter muss in der Erregung des reinen Seins arbeiten; er muss der Sprache diese Intensität neu verleihen.
Wir alle wissen, dass es schwer ist, in späteren Lebensjahren Gedichte zu schreiben; und wir wissen, dass man etwas Ungewöhnliches, etwas Unerwartetes in das Satz-gefüge bringen muss, um dem Substantiv seine Vitalität zurückzugeben. Es genügt aber nicht bizarr zu sein; die Eigenart des Satz-gefüges muss auch von der dichterischen Be-gabung kommen. Darum ist es doppelt schwer, in späteren Lebensjahren ein Dichter zu sein. Nun, Sie alle kennen Hunderte von Gedichten über die Rose, und Sie haben in Ihren Knochen gespürt, dass die Rose nicht vorhanden war. [...] Also hören Sie! Ich bin kein Narr! Ich weiss, dass man im täglichen Leben nicht herumgeht und sagt: «is a...
is a... is a...» Ja, ich bin kein Narr; aber ich denke, dass in dieser Zeile die Rose zum ersten Mal seit hundert Jahren in der englischen Dichtung rot ist.»
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Das Modell ist eine aus fünf Stufen bestehende Leiter. Die Menschheit ist diese Leiter Schritt für Schritt aus dem Konkreten hinaus in immer höhere Abstraktionen emporgeklommen: ein Modell der Kunstgeschichte und der Entfremdung des Menschen vom Konkreten.
Erste Stufe: Das Tier und der «Naturmensch» sind in eine Lebenswelt gebadet, in eine vierdimensionale Raumzeit, welche das Tier und den «Naturmenschen» angeht. Es ist die Stufe des konkreten Erlebens.
Zweite Stufe: Die uns vorangegangenen Menschenarten (etwa zwischen 2‘000’000 und 40’000 Jahren) standen als Subjekte einem objektiven Umstand entgegen, einem dreidimensionalen, aus behandelbaren
Objekten bestehenden Umstand. Es ist die Stufe des Fassens und Behandelns. Auf
ihr stehen Gegenstände (zum Beispiel Stein-messer und geschnitzte Figuren).
Drie Stufe: Homo sapiens sapiens
hat zwischen sich und den objektiven Umstand eine imaginäre, zweidimensionale Vermittlungszone geschoben, und er erfasst und behandelt den Umstand dank dieser Vermittlung. Es ist die Stufe der Anschauungen und des Imaginierens. Auf ihr stehen die traditionellen Bilder (zum Beispiel die Höhlenmalerei).
Vierte Stufe: Vor etwa 4000 Jahren wurde zwischen den Menschen und seinen Bildern eine weitere Vermittlungszone,
die der linearen Texte, eingeschoben, der der Mensch von nun an den Grossteil seiner
Anschauung verdankt. Er ist die Stufe des
Begreifens, des Erzählens, die historische Stufe. Auf ihr stehen die linearen Texte (zum Beispiel Homer und die Bibel).
Füne Stufe: Die Texte haben sich jüngst als unzulänglich erwiesen. Sie erlauben keine weiteren Bildvermittlungen mehr, sie sind unanschaulich geworden. Und sie
zerfallen zu Punktelementen, welche gerafft werden müssen. Es ist die Stufe des Kalkulierens und des Komputierens. Auf ihr stehen die technischen Bilder.
Die Absicht des hier vorgeschlagenen Modells ist selbstverständlich nicht, die Kulturgeschichte schematisieren zu wollen. Das wäre ein lächerlich naives Unterfangen. Das Modell soll vielmehr die Aufmerksamkeit auf die Schritte konzentrieren, welche von einer Stufe des Modells auf die nächste führen. Es soll letztlich zeigen, dass die
traditionellen Bilder das Resultat eines völlig
andersartigen Schritts zurück aus dem Konkreten sind als die technischen Bilder. Es soll zeigen, dass die technischen Bilder völlig neuartige Medien sind, und dass sie etwas völlig anderes als die traditionellen Bilder «bedeuten». [...]
[...] Die fünf Stufen der Leiter, welche aus dem konkreten Erleben der Umwelt ins Universum der technischen Bilder führt, sind voneinander durch Intervalle getrennt, die übersprungen werden mussten, Intervalle,
die wir im Verlauf unseres Leben auch tatsächlich immer wieder in beiden Richtungen der Leiter überspringen müssen.
Erster Schri: Im Unterschied zum Tier, auch zu den Primaten, verfügt der Mensch über Hände, welche die ihn angehende
Lebenswelt aufhalten und zum Stillstand bringen können (so dass die Lebenswelt ihn nicht mehr angeht). Dieses Ausstrecken
der Hand gegen die Welt kann als «Handlung» bezeichnet werden. Dank ihr zerfällt die
Lebenswelt in zwei Regionen: in die Region der nun stillstehenden, «verstandenen»
Gegenstände und in die Region des «verstehenden», den Gegenstände gegenüberstehenden menschlichen Subjekts. In die Region des objektiven Umstands und in die Region der Ek-sistenz des Menschen. Die Handlung abstrahiert das Subjekt aus der Lebens-welt, klammert es aus ihr aus, und was
übrigbleibt ist das dreidimensionale Universum der zu fassenden Gegenstände, der
zu lösenden Probleme. Dieses Universum der Objekte kann nun vom Subjekt um-geformt, «informiert» werden. Kultur ist
die Folge.
Zweiter Schri: Hände handeln nicht blindlings, sondern unter Augenkontrolle. Die Koordination von Hand und Auge, von Hand und Schauen, von Praxis und Theorie ist
ein Grundschema des Daseins. Man kann den Umstand anschauen, bevor man ihn be-handelt. Zwar sehen die Augen nur die Ober-fläche der zu behandelnden Objekte, doch dafür überblicken sie ein weiteres Feld als jenes, welche Hände fassen. Und sie sehen Zusammenhänge. Sie können Vorbilder
für späteres Handeln herstellen. Dieses der Handlung vorangehende Überblicken des Umstands kann «Weltanschauung» genannt werden. Es geht um ein Abstrahieren der Tiefendimension aus dem Umstand, und dank ihr entsteht eine zweidimensionale, imaginäre Region zwischen Umstand und Subjekt: das Universum der traditionellen Bilder.
Drier Schri: Die Bilder stellen den Umstand vor: man muss ihn durch sie hindurch, «vermittels der Bilder», fassen und ver-ändern. Fassen und Handeln sind Folgen von Vorstellungen, und da die Bilder zweidimensional sind, verhalten sich die Vorstellungen in ihnen zirkulär, das heisst, die eine erhält von der anderen ihre Bedeutung, welche diese ihrerseits der anderen verleiht. Ein solches Wechselverhältnis der Bedeutungen heisst «magisch». Das Fassen und Verändern der Umwelt durch Bilder hindurch ist eine magische Handlung. Will man den Weg zurück zum Umstand ohne Bildevermittlung finden, will man die Handlung ent-
magisieren, dann muss man die Vorstellungen aus dem magischen Kontext der Bildfläche herausreissen und in eine andere Ord-nung bringen. Die Schwierigkeit dabei ist, dass die Bilder nicht fassbar sind: sie haben keine Tiefe, sie sind nur ersichtlich. Aber man kann ihre Flächen mit Fingern begreifen, und wenn die Finger die Vorstellungen aus der Fläche heben, um sie zu begreifen, können sie sie zählen und erzählen. Dank dieser «Begreifen» zu nennenden Geste ent-stehen lineare Texte. Es geht um ein Über-setzen von Vorstellungen in Begriffe, um ein «Erklären» der Bilder, ein Zerfasern der Bild-flächen zu Zeilen. Also um ein Abstrahieren der Höhe aus den Bildflächen, ein Reduzieren der Bilder auf die Eindimensionalität der Zeile. Dank ihm entsteht das konzeptuelle Universum der Texte, der Rechnung, der Erzählung und Erklärung, welche als Projekte für nichtmagisches Handeln dienen.
Vierter Schri: Texte sind abakusartige Reihen von aufgefädelten Begriffen, und die die Begriffe ordnenden Fäden sind Regeln, «orthographische Regeln». Der von den Texten beschriebene Umstand erscheint durch diese Regeln hindurch, er wird nach ihnen be-griffen und behandelt, das heisst, die Textstruktur drückt sich auf den Umstand auf, so wie auch die Bildstruktur auf ihn aufdrückt. Beides, Text und Bild, sind «Mediationen». Dies ist lange verborgen geblieben, weil die «orthografischen Regeln» (vor allem die Logik und die Mathematik) zu einem weit wirk-sameren Handeln führten als die voran-gegangene Magie. Und wir beginnen erst
in jüngster Zeit festzustellen, dass wir diese Regeln nicht etwa im Umstand «entdecken» (zum Beispiel in Form von Naturgesetzen), sondern dass sie von unseren wissenschaftlichen Texten selbst hineingetragen wurden.
Dadurch verlieren wir das Vertrauen zu den Rechtschreibregeln. Wir erkennen in ihnen Spielregeln, die auch anders sein könnten, und mit dieser Erkenntnis zerfallen schliesslich die ordnenden Fäden und kollern die Be-griffe auseinander. Und zwar zerfällt der zu beschreibende Umstand zu einem Schwarm von Partikeln und Quanten und das schreibende Subjekt zu einem Schwarm von Infor-mationsbits, Entscheidungsmomenten
und Aktomen. Übrig bleiben dimensionslose Punktelemente, die weder fassbar noch
vorstellbar, noch begreifbar sind — unzugäng-lich für Hände, Augen und Finger. Aber sie sind kalkulierbar, («calculus» = Steinchen) und können mittels spezieller, mit Tasten versehener Apparate gerafft («komputiert») werden. Man kann diese mit Fingerspitzen auf Apparat-Tasten drückende Geste «Kalkulieren und Komputieren» nennen. Dank
ihr entstehen mosaikartige Raffungen von Punktelementen: die technischen Bilder. Ein komputiertes Universum, in welchem Punktelemente zu scheinbaren Bildern eingebildet werden. Dieses eben entstehende Universum, dieses dimensionslose, eingebildete Universum der technischen Bilder soll den Umstand begreiflich, vorstellbar und fassbar machen. Das ist das hier zu besprechende Thema.
Demnach wäre dies der Unterschied zwischen traditionellen und technischen Bildern: Die ersten sind Anschauungen von Gegenständen, die zweiten Komputationen von Begriffen. Die ersten entstehen durch Imagination, die zweiten durch eine eigentümliche Einbildungskraft, nachdem das Vertrauen zu Regeln verloren gegangen ist.
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Shinichi Hisamatsu, der sich auch mit Gartenkunst beschäftigte, [...] stellte «Sieben Wesenheiten» als Merkmale der Zen-Kunst auf, die man als «Schritte» auf dem Weg zum Wesentlichen im Sinne der Abstraktion auffassen kann [...].
Fukinsei — Asymmetrie. Das bedeutet: die allgemeine Eleganz soll überwunden werden — offene Balance.
Kanso — Einfachheit. Das bedeutet: rein, offen, naiv, unbedacht, unsorgfältig, keine behindernden Dinge, Reduktion.
Kokō — kostbare Einfachheit. Das bedeutet: schmucklos erhaben, altern, reifwerden; als bewusster willentlicher Vorgang Haut, Fleisch abfallen lassen und das Kno-chengerüst sichtbar machen. [...] Altwerden ist ein wesentliches Kriterium des
Zen. Es bedeutet nicht Sterben, sondern Voll-endung, Erreichung des Kerns der Dinge, gleichzeitig Sorglosigkeit und Hochherzigkeit. [...]
Shizen — spontane Natur. Das bedeu-tet: nicht-gekünstelt, nicht-unnatürlich, ohne Absicht, aber auch nicht Angeborensein, son-dern mit Schöpferwillen und Erfin-dungsgeist; «wirkliche Natur» verneint die blosse Natur.
Yūgen — unergründliche Tiefe, Anmut, vornehm zurückhaltend. Das bedeutet: nicht das Ganze unverhüllt ausdrücken, son-dern im Inneren zurückhalten. Durch das Nicht-
Dargestellte die Unendlichkeit ausdrücken — Grazie und ruhige Tiefe.
Datsuzoku — Überwindung der Welt. [...]
Seijaku — reine Stille, nicht geräuschvoll. Das bedeutet: die Stille in der Bewegung, gleich der Musik im Nō-Spiel.
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Wie durch ein Wunder überlebte Viktor Frankl das Konzentrationslager, kehrte nach Wien zurück und übernahm seine alte Stelle in der Psychiatrie, aus der er Jahre zuvor verhaftet und abtransportiert wurde. Seine Frau und seine Eltern blieben verschollen.
Für viele Menschen, die in den letzten Kriegsjahren und der darauf folgenden russischen Besetzung ihre Orientation verloren hatten, war Frankl ein rettender Engel.
Wie durch ein Wunder überlebte auch ein Wiener Ehepaar die Haft in zwei verschie-denen Lagern und traf sich nach jahrelanger Trennung wieder in Wien. Die Freude, die Ergriffenheit dieses Zusammenfindens der beiden Menschen hatte etwas Überirdisches.
Nach zwei Monaten jedoch starb die Frau an einer Krankheit mit der sie sich im Konzentrationslager angesteckt hat. Der Mann verfiel in eine tiefe Depression. Gebeugt von seinen Schmerzen, sass er in seiner Küche auf dem Schemel, ass nichts, wollte nicht sprechen, wollte alleine sein. Alles Zureden seiner Freunde fiel auf taube Ohren. Schliesslich gelang es ihnen, ihn zu überreden, Viktor Frankl aufzusuchen. Er folgte dem Rat, und die beider Männer sprachen gut
ein paar Stunden miteinander. Da wechselte Frankl plötzlich das Thema: «Nehmen Sie an, Gott gäbe mir die Kraft, eine Frau zu schaf-fen, die der Ihren völlig gleich ist: nicht nur Aussehen, Sprache und Gebärde, sondern auch die der geistigen und seelischen Harmonie, die Sie zusammen hatten. Sie würden keinerlei Unterschied finden können. Soll ich dieses Frau erschaffen?»
Für eine lange Zeit sass der Mann schweigend da. Dann sagte er: «Nein», stand auf, schüttelte Frankl die Hand, ging zur Türe hinaus und wendete sich wieder dem Leben zu. Als ich von dieser Geschichte hörte, konnte ich es nicht fassen.
Zum Glück war ich damals in Wien durch meine Arbeit mit Dr. Frankl befreundet. Bei der ersten Gelegenheit überstürzte ich ihn mit Fragen: «Was ging da vor? Was haben Sie gemacht? Wie soll man das verstehen?»
«Das ist ganz einfach», antwortete Frankl, «wir sehen uns selbst durch die Augen des anderen. Als sie starb, wurde er blind. Aber als er sah, dass er blind war, konnte er sehen». Hier endet mein Gleichnis vom Blinden Fleck.
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Ich würde vier kinetische Grundstellungen unterscheiden: das Liegen, das Stehen oder Zum-Stand-Kommen, das Getragenwerden und das Fallen. Diese vier Urmodi bilden untereinander sehr komplexe Muster. Einfügen muss man das Schweben, als Synthesis zwischen dem Liegen und dem Fallen. Nach meiner Sicht steht das Fallen am Anfang. [...] Mir scheint, dass die Kinetik des Zivi-lisationsprozesses von zwei Umständen ge-prägt ist: dass erstens der Zivilisationsmensch ein Defizit an Getragenheit empfindet und dass zweitens dieses Defizit an
Getragenheit kompensiert wird durch eine Hyperproduktion von Selbst-Ständigkeit,
von stellenden, und zwar sich selbst-stellen-den Akten. Ich glaube auch, dass Heideggers «Seinsvergessenheit», wenn man sie in kinetischen Ausdrücken reformulieren würde, bedeutete: Es herrscht eine Getragen-heitsvergessenheit vor, die nun durch das Gestell, die Technik, durch diesen Zwang zur Selbstaufrichtung schicksalhaft kompensiert wird. Es kann nicht anders sein: Auch wer nicht getragen ist, bleibt ein Wesen,
das zur Vertikalen gehört. Gerade der Nicht-
Getragene muss sich selbst aufstellen, daher ist die ganze Zivilisation heute durchdrungen von einer fundamentalen Patho-logie der vertikalen Regungen. Wir alle sind entsetzlich selbst-ständig, aber wir können selbstständig nur werden, indem wir den auf-rechten Gang pervertieren zu einem aufrech-ten Sturmlauf nach vorne, zum Sturz in den Schritt. Das ist das, was in der Fortschrittsideologie, wenn man sie kinetisch neu denkt, passiert ist. Wir haben die Aufrichtung, das Auf-die-Beine-Kommen des Kindes pervertiert in eine Struktur der erzwungenen Selbständigkeit, welche eine barbarische Ideo-logie des autonomen Subjektes beinhaltet.
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Bis zu Giotto, dem Zeitgenossen und Freunde Dantes, war die Malerei unperspektivisch: sie kannte keinen Raum, das Symbolhafte herrschte vor, und die Welt war eingebettet in den Goldgrund: der Mensch jener Zeit
war noch in die Welt einbeschlossen, er
war in der Welt. Mit Giotto einsetzend und dann seit Leonardo da Vinci war das Hauptcharakteristikum der Malerei durch alle
Stile hindurch, dass sie perspektivisch war: sie stellte den Raum dar, sie war dadurch gegenständlich; der Mensch jener Jahrhun--
derte stand als Ich der objektiven Welt
gegenüber.
Bei den Romantikern aufleuchtend, dann stark sichtbar werdend bei Cézanne und endgültig seit dem ersten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts ändert sich nochmals grundlegend das Bild: die Malerei befreit sich
von der räumlichen Gebundenheit, sie befreit sich von der Perspektive, sie wird apers-pektivisch: Die Welt ist nicht mehr ein Gegenüber, es ist eine Welt ohne Gegenüber, die jetzt wahrnehmbar wird. Diese Welt ohne Ge-genüber erscheint uns leicht als eine Welt des Verlustes; aber sie ist die neue Wirklichkeit, ist die Befreiung von dem Blick auf
eine verstellte, fixierte Welt. Anstelle einer blickbegrenzten Raumwelt tritt die Wahrnehmbarkeit einer offenen Welt. [...]
[...] Cézanne, der als erster auf die Perspektive verzichtete, schreibt: «Ich fühle mich von allen Nuancen der Unendlichkeit gefärbt. Ich bin nunmehr eins mit dem Bild». Die Überwindung von Objekt und Subjekt, welche beide in der alten Wirklichkeit ja stets als Gegenüber auftreten, spricht aus diesen Sätzen. Sie darf keinesfalls als psychologisch interpretierbare Identifikation oder
als mystischer Rausch aufgefasst werden, was auch Paul Westheim hinsichtlich Paul Klees unterstreicht. [...] Dieser stützt sich
auch auf eine Äusserung Klees: «Ich beginne immer mehr hinter oder, besser gesagt, durch die Dinge zu sehen» — so wie heute der Kernphysiker durch die Bewegung im Atomkern durch die Materie hindurchsieht.
Wie aber gelang diese Überwindung des Gegenübers? Durch die Auflösung, ja die Zerstörung des vorherrschenden raumhaften Elements in der Malerei zufolge der Hereinnahme der Zeit in das Bild. Es genügt, dass wir an die Pointilisten und die Fauves denken, an die Futuristen, Expressionisten, Kubisten und Surrealisten: allen gemeinsam ist die Dynamisierung der Bildinhalte — und das Dy-namische ist der Zeitaspekt und der Raumattribut —, allen gemeinsam ist die Sprengung des Raumgefühls. [...]
Der entstehende Wandel erfolgte um die Jahrhundertwende. Er hatte sich seit der Renaissance vorbereitet, wurde krass in der Französischen Revolution sichtbar, begann aber erst um etwa 1900 die Oberhand zu ge-winnen. Er wurde ausgelöst durch jenen Einbruch der Zeit in unser Bewusstsein. Er äusserte sich, was die Naturwissenschaften anbetrifft, auf verschiedene Weise. In der
Physik waren es die Quantentheorie Plancks sowie Einsteins erste Relativitätstheorie,
in der Biologie war es die Mutationstheorie von de Vries. Beschränken wir uns auf diese naturwissenschaftlichen Theorien, denen
in der Psychologie Sigmund Freud die Lehre vom Unbewussten an die Seite stellte. Die Formulierung all dieser Theorien, die unsere Kenntnis der Wirklichkeit tiefgehend und grundlegend veränderten, erfolgte in dem Jahrfünft nach der Jahrhundertwende, also in den Jahren 1900 bis 1905. Auf die paralle-len Äusserungen auf den Gebieten der Soziologie und Politik — denken Sie nur an die erste russische Revolution des Jahres 1905 — können wir jetzt nicht eingehen. [...]
Die neue Wirklichkeit zeichnet sich dadurch aus, dass anstelle der bisher materialistisch-final betonten Betrachtungsweise heute eine geistig-integrale zu treten beginnt.
— Die früher vornehmlich quantifizierende Betrachtungsweise wurde von einer quali-tativ wertenden abgelöst, beziehungsweise durch sie ergänzt.
— Die einstige Klassifizierung der Welt der Systeme brach weitgehend in sich zusammen; heute denken wir und leben wir in einer Welt der Strukturen.
— Die vorwiegend statische Auffassung, die stets dem Systematischen zuneigt, wird von einer mehr funktionellen und damit strukturierenden abgelöst.
Diese drei neuartigen und einander be-dingenden Betrachtungsweisen, die den Akzent auf das Qualitative, auf die Struktur und das Funktionelle legen, ermöglichten eine neue Einsicht in das Wesen der Dinge und bringen zwei entscheidende Korrek-turen der bisherigen Wirklichkeits-Erfassung mit sich:
— Die Überwindung des dualistischen Prinzips — das will besagen, das Gegenstandsloswerden des Gegenübers und des Gegensatzes; dabei müssen wir, um Missverständnisse auszuschliessen, scharf unterscheiden zwischen Gegensatz — dem Cartesianischen Dualismus — und Polarität; Polarität ist
die lebendige Konstellation des Sich-Ergän-zenden, des einander Bedingenden und Entsprechenden: Tag und Nacht, männliches und weibliches Prinzip sind Polaritäten, die man nicht ungestraft als sich gegenseitig
bekämpfende und einander ausschliessende Gegensätze, die nur unsere Rotation als solche gegeneinander setzt, werten darf.
— Die Überwindung des blossen Zeitbegriffes — oder, wenn Sie so wollen, die der blossen Uhrenzeit, der blossen Ablaufzeit. Dies sind lediglich Umschreibungen
der Grundkonzepte, welche unsere heutige Wirklichkeit neu zu formen beginnen. Und es darf vielleicht in diesem Zusammenhange an einen bedeutsamen, aber zumeist übersehenden Sachverhalt erinnert werden. Er besteht darin, dass unsere Leben bis in den Alltag hinein und damit unsere Einstellung zur Wirklichkeit von gewissen gedanklich klar formulierten Grundkonzepten abhän-gen. Diese Grundkonzepte sind es, welche unsere gesamte Wirklichkeit gestalten. Grund-konzepte wie das des platonischen Dialoges, also das deduktive Denken; wie das
der christlichen Verantwortung, also Ichbewusstheit; wie das von Galilei postulierte der Wissenschaftlichkeit, welches er in den
Satz zusammenfasste: «Messen, was mess-bar ist, und messbar machen, was es noch nicht ist», sowie seit einigen Jahrzehnten unter anderem das Konzept der Indeterminiertheit — sie alle sind für unser Verhalten, für unsere Art, Welt und Wirklichkeit zu sehen und zu gestalten, bestimmend, und sie beeinflussen jede Äusserung, jede Beziehung, bewirken die jeweils vorherrschende soziologische Struktur und damit selbst die Art unseres wirtschaftlichen Denkens. [...]
Hinsichtlich der Kultur, die Jakob Burckhardt als dritte Potenz den beiden anderen als Einheit betrachteten Potenzen, Staat und Religion an die Seite stellt, führt er aus, dass die Kultur «die Summe derjeni-gen Entwicklungen des Geistes (sei), welche spontan geschehen».
Es ist die Anerkennung des Spontancharakters der geistigen Kulturentwicklung, der den blossen, gewissermassen uhrenmässigen Ablaufcharakter des Geschehens überhöht.
1 Naivität ist Ursprünglichkeit, und also das Gegenteil jener pseudokultivierten Banalität, sie ist die Fähigkeit, das Wesentliche zu erfassen,
den Überbau der Rhetorik des Öffentlichen und der bürgerlichen Moral zu durch-brechen, um wieder mit den Sinnen denken zu lernen, jenseits der Betäubung durch die alle berieselnde Kulturvermittlung. Pasolinis Werk wird immer mehr Körper, Materie, Stille.
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Wie Toto in Pasolinis «Grosse Vögel, kleine Vögel» sagt, die Armen sterben nicht,
sie gehen von einem Tod in den andern.
Pier Paolo Pasolinis Weg führt weg von der fachmännischen Präzision, hin zur Wiedererlangung eines naiven Blicks1, verstanden als Fundament eines künstlerischen Aus-drucks, der gegen die verhasste «Kultur
der Mittelschicht» gerichtet ist. [...] Ähn-lich wie Theodor Adorno kommt Pasolini
zur These, dass die Sprache, unhabhängig von — und noch vor — jeglichem Inhalt schon alle Elemente in sich enthält, die eine Massregelung des Denkens bewirken. Der Begriff an sich mit seiner behaupteten Universalität negiert die spezifische pragma-tische Funktion und Freiheit des denk-enden Subjets als einzigartiges, kontextbezogenes Wesen [...] es ist ein Mechanis-mus der Vereinheitlichung. Das Denken von dieser implizierten Konditionierung zu befreien wird zum vorrangigen Ziel der künstlerischen Arbeit des späten Pasolini. [...] Mit dem Kino wollte er eine Sprache erproben, die ihm jene unmittelbare Beziehung zur Wirklichkeit ermöglichen sollte, welche ihm im Schrei-ben unmöglich geworden war. Fünf Jahre
und sieben Filme später erschien ihm das Kino in noch radikalerer Weise als selbst
die schriftstellerische Arbeit in den Schematismen der Massenkultur gefangen. [...] Seine Suche nach einer Sprache, die auf
die Gewalt des «Begriffs» verzichtet, ging weiter. [...]
Seine Zeichnungen (Comic-Drehbuch, Storyboard) stellen ein radikales Stilexpe-riment dar. Er verschiebt damit den Prozess, der den filmischen Aufnahmen vorausgeht, von der Ebene der Beschreibung auf die der plastischen Gestaltung. Es findet eine äus-serste Beschränkung auf das Wesentliche im Geflecht der Realität statt [...] und es zeigt sich das kreative und simultane Wesen der Zeichnung. Pasolini betont die Bedeutung der Nicht-Buchstäblichkeit des Visuellen und es geht ihm nicht um die Reproduktion der Wirklichkeit, vielmehr verlangt er vom Betrachter ein «intuitives ästhetisches Nachschaffen». In der statischen und noch mehr in der Filmfotografie hingegen dominiert sehr oft die perfekte Beherrschung
der Technik der Objektivierung, das virtuose Spiel mit den schier unbegrenzten Kombina-tionsmöglichkeiten, die die Reproduktionsmechanismen anbieten, doch der Formbarkeit nur einen schmalen und «realistischen»
Raum der Veränderung des Realitätsgeflechts überlassen. Dieser Prozess ist zum Teil
dem Medium selbst inhärent, seiner mechanisch-reproduktiven Eigenheit, weil man seinen technischen Gebrauch, wie eine Art Grammatik mit mehr oder weniger komplexen Daten erlernen muss: eine Grammatik der korrekten Beziehung zwischen der Kamera und ihren Objekten, die nur sehr schwer den Sprung zu einer subjektivierenden Verwandlung schafft, zu einer Poetik über das Objekt statt einer Poetik des Objekts.
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Fragen zu Intersubjektivität
— Stimmt die Behauptung, dass das Bewusstsein des Menschen sich über seine
Interaktionen (Beziehungen, Bindungen) mit anderen Menschen konstituiert?
— Wendet sich der Mensch dem andern zu, weil er sich dadurch erst als Mensch konstituiert?
— Heisst Intersubjektivität: Beziehung mit wechselseitiger Anerkennung; Anerkennung eines je abgegrenzten, eigenständigen Subjekts mit eigenem Gefühls- und Wahrnehmungszentrum?
— Oder ist Intersubjektivität mehr als Feld oder System aufzufassen, das sich im Zusammenspiel zwischen zwei oder mehreren Erfahrungswelten konstituiert?
— Wird der Einzelne durch die inter-subjektive Sicht nicht zum blossen Knotenpunkt im Netzwerk seiner sozialen Beziehungen?
— Inwieweit existiert letztlich nur dieses Feld (Realität, Nichts, Urmaterie, Gott, Brahman [...]) und wir sind Spiel dieser Konfigurationen, dieser Wogen und Rhythmen; Spur und Hinweis auf einen Unort,
auf eine Fata Morgana; auf Atman, [...]?
— Schaffen nicht wir den «Stoff», son-dern der «Stoff» schafft uns, analog der Blume, die uns anschaut? Was ist der Motor, der Antrieb der Funke?
— Und führt diese intersubjektive Wende nicht zu Konformismus, zur Preisgabe der Idee der Unangepasstheit zwischen Subjekt und Gesellschaft?
— Wenn der Mensch als Wesen seine Sub-jektivität ganz und gar dem sozialen Prozess (der Anerkennung) verdankt — bleibt dann noch Raum für die Kraft des «Negativen»: der Unangepasstheit, des Widerstandes und der Revolte?
— Ist die (locksche) Annahme der ausschliesslichen Prägung des Menschen durch äussere Umstände nicht ein Rückfall in den philosophischen Idealismus?
— Besteht das individuelle Subjekt gleich-sam nur aus dem, was es an Überzeugungen, Wünschen und Absichten durch Übernahme der Perspektive eines Interak-tionspartners gelernt hat? Gelangt der
Einzelne nicht vielmehr zur Individualität einer erwachsenen Person in dem Masse,
in dem er im Medium eines intersubjektiv geteilten, allgemeinen Vokabulars seine eigenen Impulse und Ansichten zu artikulieren vermag?
— Steht der Formel des Selbst als Pro-dukt sozialer Interaktion alleine die Behauptung von vorsozialen Elementen entgegen?
— Muss nicht eine Keimform des Selbst vorausgesetzt werden?
— Ist von einer Vielfalt der Selbstzustände auszugehen?
— Hat Kant recht, wenn er den Menschen mit einem vorsozialen Potential, einer
ursprünglichen Art der Reflexivität ausstattet, einem «ursprünglichen Mit-sich-Vertrautsein»?
— Muss der Mensch nicht schon genetisch über ein Empfinden eines «Kern-Selbst» und «Kern-Anderen» verfügen, eines elementaren Selbstgefühles, einer vorsozialen Selbstgegebenheit?
— Ist Interaktion biologisch grundiert?
Ist das Soziale Gegensatz des Biologischen?
— Bewahrt «Das Dritte» die Beziehung zweier Menschen vor dem Zusammenbruch?
— Welche Variante des Zusammenbruchs ist vorzuziehen:
1 Die symbiotische Verschmelzung; die Einheit, die die Differenz auf-löst oder
2 Die Zweiheit, die Trennung (die oft zum Machtkampf führt)?
— Steht im Zentrum die Wechselwirkung von Interaktionsregulierung und Selbstregulierung?
— Wie lösen wir das Problem im Fluss zu bleiben, ohne zu zerfliessen?
— Was ist das Rätsel der Emergenz? Etwas Neues taucht auf, das vorher noch nicht
da war und aus einer (Zweier-) Beziehung erwächst!?! (Emergenz: auftauchen, auf-tauchen lassen).
— S. A. Mitchell dreidimensionale relati-onale Matrix: Selbstpol, Objektpol, Interaktionspol; wie lässt sich da die Balance halten?
— Müssen wir weiterhin, mit Freud,
den Menschen als vernünftiges und soziales Wesen in Frage stellen?
— Sind psychische Zustände zutiefst sub-jektiv und autistischer Natur? Entsteht «soziales Denken» erst unter Sozialisationsdruck?
— Was hat die Behauptung eines abgegrenzten Selbst, eines isolierten, monadischen Subjekts für Folgen?
— Wieweit ist diese (freudsche) Vor-stellung — auch des Unbewussten, hineinverlegt ins biologische Substrat — beeinflusst von Descartes Vorstellung einer abgeschlossenen Seele und der Trennung von Subjekt und Objekt?
— Können wir eine vorsoziale Natur des Menschen annehmen, die als Quelle einer un-ausrottbaren Widerständigkeit und Unan-gepasstheit gelten kann?
— Gibt es — wie Freud behauptet — ein ursprüngliches Streben nach Omnipotenz, nach Symbiose und Allmacht; gibt es ein Mass an Realitätsverleugnung, an «Irrationalität» im einzelnen Selbst?
— Wenn wir von frühkindlichen Episoden eines Symbioseempfindens und vom Aufbegehren gegen die Erfahrung der Unverfügbarkeit des Andern ausgehen: Ist dann der Impuls zu revoltieren (gegen etablierte Anerkennungsverhältnisse) dem Bedürfnis zu verdanken, die Unabhängigkeit des Interaktionspartners zu leugnen und weiterhin «omnipotent» über ihn und die Welt verfügen zu wollen?
— Lässt sich das mit dem biblischen Bild des Paradies und des Rauswurfes verbinden?
— Müssen wir dennoch das Dogma der «abgeschlossenen Psyche» wieder verlassen?
— Bestehen die Problemzonen haupt-sächlich in individuellen und kollektiven Nähe- (und Distanz-) Konflikten?
— Ist nicht mehr Sexualität, sondern Iden-tität, das seelische Hauptproblem?
— Oder ist immer noch der Trieb die Matrix des Subjekts?
— Was ist der Unterschied zwischen Trieb (drive) und Bedürfnis (need), zwischen Selbsterhaltung und Sexualtrieb?
— Ist das Gute vielleicht der verzweifelte Versuch, das Böse abzuwehren?
— Ist das Böse der Versuch, jenem Gefäng-nis der Anpassung zu entkommen?
— Stehen sich die Menschen auf Grund einer natürlichen Aggressivität in feindseliger Stellung gegenüber?
— Ist Hobbes Annahme einer ursprünglichen Feindseligkeit richtig?
— Ist Wut und Feindschaft nicht endogen (kein vererbter Aggressionstrieb also), sondern eine Reaktion auf Unlusterfahrung; eine reaktive Bewältigung von Versagen
und Verletzung (Trauma, Misshandlung, Missbrauch...)?
— Oder hat Hannah Arendt recht, wenn sie vermutet, dass das Überflüssigmachen von Menschen als Menschen, das radikal Böse ist?
— Gibt es den Säugling nicht, ohne die Mutter, die ihn versorgt?
— Ist das Gesicht der Mutter der Vorläufer des Spiegels?
— Wie weit prägen uns auch da christliche Bilder: Maria mit Kind?
— Ist der Säugling nun im klassischen Sinne ein hilfloses Wesen, passiv und reizschutzsuchend, autistisch, symbiotisch, primär narzisstisch-asozial?
— Oder müssen wir mit der aktuellen Säuglingsforschung vom «kompetenten Säugling» ausgehen, der aktiv, lustvoll sich der Welt zuwendet und zum Andern eine Resonanzbeziehung unterhält?
— Ist das werdende Selbst bereits vor jeder Interaktion sozial konstituiert?
— Stellt sich der Säugling in Wirklichkeit darauf ein, dass sich die Mutter auf ihn einstellt? Oder mit anderen Worten: verlieben wir uns in die Liebe?
— Gibt es eine (objektive) Realität?
— Verliert der Realitätsbegriff seinen Sinn, ohne die Unterscheidung zwischen dem wovon wir «subjektiv» überzeugt sind, dass es der Fall ist, und dem was der Fall ist?
— Ist Platos Vorstellung, Worte oder Begriffe hätten an sich bereits Bedeutung, falsch? Basiert vielmehr das Vermögen Begriffe zu bilden auf sozialen Voraussetzungen?
— Verfolgt der klassische Subjektivismus einen falschen Ansatz, wenn er das Denken vom Handeln, privates Denken von allgemei-ner Sprache, die Psyche vom Körper trennt?
FF
394
Zu Beginn seiner Schrift «Jenseits des Lustprinzips» berichtet Sigmund Freud von
dem Spiel eines eineinhalbjährigen Knaben, das er über längere Zeit hat beobachten können. Das Kind, das die Stunden der Abwesenheit der von ihm zärtlich geliebten Mutter ohne Weinen erträgt, erfindet ein Spiel, das zunächst darin besteht, dass er kleine Gegenstände und Spielsachen in die Zimme-recke oder unter das Bett schleudert und dabei ein langgezogenes «o-o-o-o» hervorbringt, das die Erwachsenen mit «fort» über-setzen. Später vervollkommnet es das Spiel, indem es eine mit Bindfaden umwickelte Garnrolle zum Verschwinden bringt und dabei sein «o-o-o-o» ausstösst, um sie dann am Faden wieder hervorzuholen und ihr Erschei-nen mit einem freudigen «da» zu begleiten.
Nicht nur gelingt es dem Kind, die abwesende Mutter durch einen beliebigen Gegenstand (Saussure würde sagen: durch
ein arbiträres Zeichen; D. W. Winnicott würde sagen: Übergangsobjekt) zu symbolisieren, es erzählt damit auch eine Geschichte,
die Geschichte vom Weggehen und Wiederkommen seiner Mutter: Freud deutet das Spiel nun so, dass das Kind, das den Abwesenheiten der Mutter passiv ausgeliefert
ist, sich spielend in eine aktive Rolle bringt. Indem es mit der Erzählung über das Weg-gehen und Wiederkommen der Mutter ver-fügt, verschafft es sich eine Bestimmungsmacht, die es in der Realität nicht hat [...] es ermöglicht ihm seine Elemente des Er-lebens bzw. seiner Vergangenheit in eine
für ihn erträgliche Ordnung zu bringen. Freilich, wenn die neue Ordnung gefunden ist, hört damit das Erzählen nicht auf. Es kommt nie zum Anschluss, da es dem Prinzip der endlosen Wiederholung gehorcht.
FF
395
Es war einmal eine Kaiserin, die von ihrem Bruder einen Stapel feinstes Papier geschenkt bekam. Sie erinnerte sich, dass der Kaiser auch einmal ein solches Geschenk erhalten hatte, und erzählte ihren Hofdamen, dass
er den guten Gedanken gehabt hätte, darauf die chinesische Chronik abzuschreiben. Aber, so fragte sie sich, was könnten wir Frauen wohl darauf schreiben? «Ich würde daraus ein Kopfkissen machen», meinte die Hofdame Sei Shōnagon. Diese Idee gefiel der Kaiserin, und so gab sie ihr das Papier.
Es war das Jahr 1000 in Japan, und mit Kopfkissen bezeichnete man ein Notizbuch, in das man schrieb, was man sonst nur dem Kopfkissen anvertraut.
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396
Wenn es wirklich schwierig wird, will man
den Knoten eher entwirren als zerschneiden,
so fühlt wenigstens jeder, der mit irgend-einem Faden arbeitet, so fühlt jeder, der mit irgendeinem Werkzeug arbeitet, so fühlt jeder, der irgendeinen Satz schreibt oder liest, nachdem er geschrieben worden ist.
FF
397
Hannah Arendt zufolge krankt die abendlän-dische Tradition an dem Vorurteil, dass das Böseste, was der Mensch tun kann, aus den Lastern der Selbstsucht stammt, während wir wissen, dass das Böseste oder das radikal Böse mit solchen menschlich begreifbaren, sündigen Motiven gar nichts zu tun hat.
Was das radikal Böse nun wirklich ist, weiss auch Arendt nicht, aber ihr scheint, dass
es irgendwie mit folgendem Phänomen zu tun hat: Die Überflüssigmachung von Menschen als Menschen.
FF
398
Wir besitzen, das steht fest, keinen Wertbegriff, den wir auf das Werk, das wir hervorbringen, anwenden können. Wir bringen es hervor, das ist ganz sicher, um uns zu zerstreuen, aber nicht wie der Gefangene, der Stroh flicht, um sich angesichts des Schicksals zu zerstreuen, sondern wie das junge Mädchen, das Kissen bestickt, um sich zu un-terhalten — und weiter nichts.
FF
399
Ich kann Theorien nicht ausstehen. Ich glaube nicht, dass es möglich ist, ein Problem durch eine Brille zu erfassen.
FF
400
Für Plinius steht die Zeichnung am Ursprung aller bildenden Künste. Er erzählt die Geschichte von der Tochter eines Töpfers aus Sicyone namens (Di)Butades, die in einen jungen Mann verliebt ist, der eines Tages zu einer langen Reise aufbrechen muss. Wäh-rend der Abschiedsszene [...] befinden sich die beiden Liebenden in einer Kammer, die durch ein Feuer (oder eine Lampe) beleuchtet wird. Das Feuer (die Lampe) wirft somit den Schatten der beiden an die Wand. Um die bevorstehende Abwesenheit ihres Geliebten zu bannen und eine physische
Spur seiner gegenwärtigen Anwesenheit
zu bewahren, also in diesem von Angst und Begehren bis zum Zerreissen gespannten Moment, kommt das Mädchen auf den Gedanken, die Silhouette des Geliebten, die sich auf der Wand abzeichnet, mit Kohle nachzuzeichnen. Sie will in diesem letzten, lichtdurchzuckten Moment die Zeit töten und den Schatten desjenigen festhalten, der noch
da ist, aber bald fort sein wird.
(Die Geschichte ist damit nicht zu Ende: (Di)Budates der Töpfer — so fährt Plinius fort — trug dann Lehm auf diese Zeichnung auf und fertigte durch eine Art Schattenabguss ein Relief an. Daraufhin brannte er
es im Ofen mit anderen Töpferwaren und er-zielte somit das erste Basrelief aus Ton.)
Dieser Ursprungsmythos wird in den letzten Jahren von Kunst- und Filmhistorikern gerne zitiert, um jene mediale, anthropologische, körperbezogene Dimension
der Kunst wieder ins rechte Licht zu rücken. Wichtig scheint, dass es sich um eine Zeichnung handelt, welche die Kammer in ein Atelier verwandelt, und damit um die unmittelbare Umsetzung eines Gefühls und eines Gedankens. Die Liebe ist es, die sich hier direkt ihr Medium sucht. Alles andere, Malerei oder Bildhauerei, kommen später. Die Liebe ist der Motor, die Zeichnung ihr Medium und nicht ein Wille zur Kunst, zum Meisterwerk.
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401
Noch vor wenigen Jahren war die Stringtheorie der leuchtende Stern am Himmel der theoretischen Physik. Die Vorstellung, dass Elementarteilchen keine punktförmigen Objekte sind, sondern schwingende Saiten, schien ein vielversprechender Ansatz. [...] Das anthropische Prinzip besagt, dass unser Universum so ist, wie es ist, weil andernfalls niemand da wäre, der sich diese Frage stellt. [...] In den 1980er Jahren postu-lierten Kosmologen, dass unser Universum kurz nach dem Urknall eine inflationäre Phase durchlaufen hat, in der es sich innert Sekundenbruchteilen extrem stark aufblähte. Unter dem Einfluss von winzigen Fluk-tuationen entstehen nun ständig neue Raumzeit-Blasen, die wie unser Universum inflationär aufgebläht werden. Das Ergebnis ist ein chaotischer Raumzeit-Schaum, in dem jede Blase ein separates Universum mit eigenen Naturkonstanten und Gesetzmässigkeiten darstellt. [...] Die Schwierigkeiten mit der Stringtheorie rühren daher, dass diese Theorie nur dann konsistent formuliert werden kann, wenn die Strings in zehn Dimensionen — neun räumlichen und einer zeitlichen — schwingen. Tatsächlich scheinen wir jedoch in einer vierdimensionalen Welt
zu leben. Die Stringtheorie erklärt diese Diskrepanz damit, dass die sechs zusätzlichen Raumdimensionen zu unvorstellbar kleinen Gebilden gerollt sind. So wie ein Schlauch aus grosser Entfernung wie ein Strich aussieht, sind auch die aufgerollten Dimensionen nicht als solche erkennbar.
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402
Das letzte Wort, das der ungemein reiche
und mächtige Charles Foster Kane in Orson Welles’ Film «Citizen Kane» über die Lippen bringt, als er stirbt, ist «Rosebud». Niemand kommt dahinter, was er damit gemeint hat; die meisten seiner alten Gefährten nehmen an, dass es sich um den Namen eines Mädchens handelt, das er nicht vergessen konnte. Die von Welles verkörperte Figur bleibt seinen Kollegen und Freunden ein Rätsel: Sie sind zwar imstande, ihn als Person zu beschreiben, vermögen aber seine tieferen Beweggründe nicht zu erklären. Erst die letzte Einstellung enthüllt dem Zuschauer in einer perfekten Wendung dramatischer Ironie die Bedeutung des Wortes. Als sein Besitz aufgeteilt und sein mannigfaltiges Hab und Gut weggeschafft wird, sehen wir einen recht
gewöhnlichen Holzschlitten, der verbrannt werden soll: Es ist Kanes Schlitten aus
Kindertagen, auf dem in gotischer Schrift
der Name «Rosebud» steht.
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403
Die Erfahrung der Leere (leerer Magen, leeres Haus, leere Flasche (Herausforderung) leere Schachtel) des in eine Leere Fallens verweist auf Verlassenwerden von der Mutter, auf die Angst, von der Mutter verlassen
zu werden.
[...] Ich weiss nicht wohin ich gehe, was ich tun kann, was genau geschieht, was ich sehe. Ich bin voller Leidenschaft irgendwohin unterwegs, aber ich glaube nicht, dass ich weiss, wohin.
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404
A.:
Ich möchte mir die Telefonnummer 408 25 17 merken, wie kann das gehen?
B.: Das Neue wird über Bilder mit dem Be-kannten verknüpft: Ein Schaf (4 Beine) springt durch einen Reifen (0), weil es dem Achterruderboot (8) zuschauen möchte. Auf der andern Seite des Flusses stehen Oma und Opa (2) und winken (Hand mit 5 Fingern) mir (1). Später treffen wir die sieben Zwerge (7) zum Essen.
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405
Deleuze zitiert einmal Malraux, der gesagt hat, Kunst sei, was dem Tod widersteht. Dadurch bildet sich ein Einverständnis zwischen Liebe und Kunst. [...]
[...] Die Verschiebung des Menschlichen. Diese Verschiebung des Menschlichen setzt die Anerkennung voraus, dass das Ursprüngliche die Beziehung zwischen dem Menschlichen und dem Unmenschlichen ist, und nicht das Fortdauern des Menschlichen.
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406
Eine Zeichnung ist ein Komplex von Mar-kierungen. Diese Markierungen haben keinen Ort; weil in einer echten, einer schöpferischen Zeichnung die Markierungen, die Spuren, die Linien in den Hintergrund nicht mit einbezogen sind. Es sind im Gegenteil die Markierungen, die Linien — die Formen, wenn man so will — die den Hintergrund
als offenen Raum schaffen. Sie schaffen, was Mallarmé «die leere Seite, die von ihrem Weiss beschützt wird» nennt. [...] In der Zeichnung schaffen ein paar Markierungen einen inexistenten Ort. [...] Um eine Zeich-nung handelt es sich, wenn eine ortlose
Spur sich eine leere Fläche als Ort schafft. [...] Dies formuliert ist in andern Worten meine knappe Formulierung von Kunst, als Beschreibung ohne Ort. [...]
Es ist möglich, dass zu scheinen — sein ist, So wie die Sonne etwas ist, das scheint und ist.*
[...] Die Frage der Zeichnung ist sehr verschieden von der in Hamlet. Sie lautet nicht: «Sein oder Nichtsein», sondern: «Sein und Nichtsein». Das ist der Grund für die fundamentale Fragilität der Zeichnung. Diese Fragilität ist das Wesentliche an ihr. [...] Wir müssen den Punkt bestimmen, wo Erscheinen uns Sein ununterscheidbar sind. Dieser Punkt ist in der Zeichnung eben der Punkt, die Markierung, die Spur, wenn sie vom weissen Grund kaum unterscheidbar sind.
Die Beschreibung ist künstliches
Ding, das existiert In seinem eigenen Scheinen, klar sichtbar, Dennoch nicht allzu genau das Doppel unseres Lebens, Sondern
ist intensiver als irgendein wirkliches Leben sein könnte.
[...] Künstlichkeit. Ja, die Zeichnung ist etwas Zusammengesetztes. Eine echte Zeichnung ist nicht Kopie von irgend etwas. Sie ist eine konstruktive Dekonstruktion
von etwas und viel wirklicher als das anfäng-liche Ding. [...] Eine Zeichnung ist fragil. Aber sie schafft eine sehr intensive Fragilität.
[...] In einer Zeichnung ist eine Gitarre nichts anderes als ihre reine Form. Eine Gitarre ist eine Linie, eine Kurve.
Wenn man sagt, die Zeichnung sei ein Kunstwerk, dann hat das also eine Bedeutung. Es ist eine Beschreibung ohne Ort, die eine Art künstliche Welt schafft. Diese Welt gehorcht nicht dem üblichen Gesetz der Tren-nung zwischen realem Sein und Erscheinung. In dieser Welt — oder mindestens an ein paar Punkten von dieser Welt — gibt
es keinen Unterschied zwischen «Sein»
und «Existieren» oder zwischen «Scheinen» und «Erscheinen». [...]
[...] All dies erlaubt uns, eine Beziehung zwischen Zeichnung und Politik ins Auge zu fassen. Klassisch ist Politik, ist revolutionäre Politik eine Beschreibung mit Orten. Da sind soziale Orte, Klassen, rassische und nationale Orte, Minoritäten, Ausländer usw. da sind herrschende Orte, Reichtum, Macht. [...] Eine politische Partei etwa organisiert man als Ausdruck gewisser sozi-aler Orte, in der Absicht, die Macht im Staat zu ergreifen.
Heute aber könnte es sein, dass wir eine neue politische Richtung schaffen müssen, jenseits der Herrschaft der Orte, jenseits sozialer, nationaler, rassischer Orte, jenseits von Geschlecht und Religion. Eine ganz und gar ortlose Politik, mit absoluter Gleichheit als Grundbegriff.
Diese Art Politik wird eine Aktion ohne Ort sein. Eine internationale und nomadische Schöpfung, in der — wie im Kunstwerk — Gewalt, Abstraktion und finaler Frieden gemischt sind.
Wir müssen jenseits des Gesetzes der Orte und der Machtzentralisierung, eine neue politische Richtung organisieren. Und wir müssen eine Aktionsform finden, in der die politische Existenz eines jeden von seinem Sein nicht getrennt ist, einen Punkt, an dem wir in so intensiver Weise existieren, dass wir unsere innere Teilung vergessen. In diesem Fall werden wir ein neues Subjekt. Kein Individuum, sondern Teil eines neuen Subjekts.
Von etwas Derartigem schreibt Wallace Stevens* am Schluss eines sehr schönen Gedichts mit dem seltsamen Titel: Finales Selbstgespräch der inneren Geliebten.
Aus diesem selben Licht, aus dem zentralen Geist Machen wir eine Heimsta
in der Abendlu, In welcher zusammen zu sein genug ist.
[...] Ja, wir müssen ein neues Haus bauen, wo «zusammen zu sein genug ist». Dazu aber müssen wir unsere Geistesverfas-sung («aus dem zentralen Geist») und das Licht ändern. Und dazu müssen wir, mit Hilfe neuer Formen von Kunst, uns auf eine Aktion ohne Ort einlassen.
Genau das ist das Ziel der Zeichnung:
eine neue Welt einzusetzen, und zwar nicht mittels Stärke der Mittel, der Bilder, Malereien, Farben, sondern mittels der Minimalität von ein paar Markierungen und Linien, sehr
nahe an der Nichtexistenz jeden Orts. Zeichnung ist das vollkommene Beispiel für eine Intensität der Schwäche.
Sieg oder Fragilität. Sieg oder Weiblichkeit, vielleicht. In der Zeichnung ist das «Zusammen» bloss das Zusammen von
ein paar schwindenden Markierungen. «Zusammen sein ist genug». Darum können
wir vielleicht von einer Politik der Zeichnung sprechen.
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407
Das Bild lässt etwas sichtbar werden, schiebt sich aber zugleich wie ein Filter zwischen den Blick des Betrachters und die dargestellte Sache. Marie-José Mondzain orientiert
ihre Theorie der Sichtbarkeit am christlichen Konzept der Inkarnation, das einem Bild Fleisch und Körper verleiht, ohne die Gottheit aber jemals vollständig sichtbar zu machen. Hier kommt die Autorin die zweifache Bedeutung des Wortes Schirm («écran»)
zu Hilfe: Der Bildschirm lässt etwas sichtbar werden, zugleich schirmt er aber auch ab. Erst in dieser Doppelfunktion von Zeigen und Verbergen, Annäherung und Distanz entfaltet sich die «fruchtbare Irrealität» der Bilder.
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408
«[...] alles Unglück der Menschen von einem einzigen herkommt: dass sie es näm-lich nicht verstehen, in Ruhe allein in einem Zimmer zu bleiben.»
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409
Laut der von Sigmund Freud begründeten Psychoanalyse wird unbewusstes psy-chisches Material abgewehrt und erst durch kulturelle, künstlerische bzw. bildnerische Produktion in eine sichtbare, gesellschaftlich höher bewertete, aber verschlüsselte Form überführt (Freud 1910, S. 104; Freud 1914, S. 60 f.). [...]
[...] Freud versuchte im Jahre 1915 die kompensatorische Wirkung von Kunstschaffenden zu erklären, indem er den Künstler als einen «Introvertierten» benennt, der es nicht weit zur Neurose habe.
«Er wird von überstarken Triebbedürfnissen gedrängt, möchte Ehre, Macht, Reich-tum, Ruhm und die Liebe der Frauen erwerben; es fehlen ihm aber die Mittel, um diese Befriedigung zu erreichen. Darum wendet
er sich wie ein Unbefriedigter von der Wirklichkeit ab und überträgt all sein Interesse [...] auf die Wunschbildungen seines Phan-tasielebens, von denen aus der Weg zur Neu-rose führen könnte». (Freud 1915 nach
Kraft 1984 S. 21 f.) Der Künstler besässe ferner das rätselhafte Vermögen, ein bestimmtes Material zu formen, bis es zum getreuen Eb-enbild seiner Phantasievorstellungen geworden sei. Daraufhin vermag er «an diese Darstellung seiner unbewussten Phantasie soviel Lustgewinn zu knüpfen, dass durch sie die Verdrängungen wenigstens zeitweilig überwogen und aufgehoben werden.
Kann er das alles leisten, so ermöglicht er es
den andern, aus den eigenen unzugänglich gewordenen Lustquellen ihres Unbewussten wiederum Trost und Linderung zu schöp-fen, gewinnt ihre Dankbarkeit und Bewunderung und hat nun — durch seine Phantasie — erreicht, was er vorerst nur in seiner Phantasie erreicht hatte: Ehre, Macht und Liebe der Frauen» (ebd.)
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410
Zu der Frage nach den eigentlichen Ursachen menschlicher bildnerischer Gestaltungskraft dringt Freud mit seiner Kompensations-
Theorie nicht vor.
Donald W. Winnicott entwickelte eine 1971 erstmals veröffentlichte Theorie über die Ursachen menschlicher Schöpferkraft. [...] Ausdrücklich setzt er nicht an grossen künstlerischen Leistungen an, sondern be-zieht sich bei der Öffnung des Fokus auf Kre-ativität, auf Merkmale des Individuums in Bezug zu seiner Umwelt. Im Mittelpunkt steht hier die Erfahrung des Säuglings inner-halb der Mutter-Kind-Beziehung, auf welche Weise das Kind die zeitweise Trennung von seiner Mutter wahrnimmt und verarbeitet. Die schmerzliche Trennungserfahrung sublimiert, d.h. steigert und verfeinert, das Kind zwischen dem dritten und sechsten Lebensmonat durch einen Ersatz für die Nähe der Mutter, es schafft sich so genannte «Übergangsobjekte» (Winnicott 1984, S. 65). Solche typischen Übergangsobjekte sind der Teddybär oder der Zipfel einer Decke. Durch
sie befähigt sich das Kind selber und vermag hierdurch, langsam zur Symbolbildung
zu gelangen. Winnicott schrieb, er habe den Begriff Übergangsobjekt eingeführt, «um einen «intermediären Raum» zu kennzeichnen, den Erlebnis- und Erfahrungsbereich, der zwischen dem Daumenlutschen und der Liebe zum Teddybär liegt, zwischen der oralen Autoerotik und der echten Objektbeziehung». Denn «die Übergangsphänomene repräsentieren die frühen Stadien des Gebrauchs der Illusion, ohne den ein menschliches Wesen keinen Sinn in der Beziehung
zu einem Objekt finden kann». Ein solcher intermediärer Bereich sei auch die Kunst. «Der intermediäre Bereich entwickelt sich direkt aus dem Spielbereich kleiner Kinder, die
in ihr Spiel «verloren» sind (Winnicott 1984, S. 65, 67).
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411
An den Küsten endloser Meere spielen Kinder.
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412
«Die Fähigkeit des differenzierenden Sehens», bei jeder Gelegenheit üben; weder den
Suggestionen der Begriffe noch der Bücher
erliegen; vielmehr alles an Ort und Stelle be-obachten; immer von den Singularitäten ausgehen, was alle Lebewesen ja auch sind; und nie vergessen, dass die Beschreibungen von systematischen Einheiten weit hinter der Merkmalfülle der sie repräsentierenden Exemplare zurückbleiben. Viele Philosophen setzen nicht bei den Phänomenen an, son-dern bei ihrem System, nach welchem sich die Phänomene zu richten haben.
Die Grundfrage des Hauptwerkes von Hans Kunz (1904 – 1982) lautet: Warum hat der Mensch dieses merkwürdige Verlangen, quer zur einzigen realen Welt imaginative Welten zu entwerfen: Bildwelten, Gedanken-welten, Sprachwelten, Vorstellungswelten, Traumwelten, Wahnwelten?
Die phänomenologische Analyse praktisch aller Weltbezüge zeigen uns, dass sie immer wieder für kurze Zeit durch Einfälle,
Abschweifungen, Tagträume unterbrochen werden. Diese Unterbrechungen sind die Lücken, in denen sich das Denken aus seiner Zweckgerichtetheit befreit und in ein schwei-fendes, strömendes und Ich-fernes Fantasieren übergeht. [...] Was hat es mit dieser «Weltflucht» oder auch mit den kleinen Fluch-ten auf sich? Es ist nichts anderes als das Denken und die Ratio selber, die uns in das Fantasieren, in die Gegenwelten und in
den Weltverlust treiben. Denn «im Ursprung der Ratio ist der virtuelle Tod wirksam».
Das Denken und der Wissensakt sind seine Manifestationen. [...] Wir wissen, dass
wir sterben werden. Dem Wissen um unsere Sterblichkeit entspringen unsere Träume von der Ewigkeit.
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413
Sigmund Freud entwickelt in Totem und Tabu (1912/13,St.A.IX287-445) die mythische
Erzählung: Am Anfang steht bei Freud ein primordialer (uranfänglicher) Mord. [...] Freud steigt hinab, nicht wie Goethe (oder Melanie Klein) zu den Müttern, sondern
zum hominiden Tyrannen. «Im Anfang war die Tat», nämlich die Un-Tat: der kollektive Mord der «Darwinschen Urhorde» am Ur-
Vater, der alle Weibchen monopolisierte.
Sexualkonkurrenz als Ursprung des Mordes. Der Ermordete wurde zum Clan-Totem er-hoben und damit zu Gott (Idol), dem gegenüber alle schuldig sind (alle Kultur ist Schuld-
Kultur), den man liebt und hasst. [...] Schon bei Freud entsteht also das Heilige aus der Gewalt, die zu einer untilgbaren Ver-schuldung und mithin zur dauerhaften Installierung von Bewältigungsriten führt: Das ist Religion. Aus dieser Szene wird der Opferkult geboren: Der Gott wird immer wieder rituell getötet und erst dadurch zu Gott. Man verzehrt sein Substitut, das Totemtier, das im Opfermahl in alle Clanmitglieder hineinwandert und die Nachlebenden zur Community macht, zur Kultgemeinde und zur Sozi-algruppe. Die Bindekräfte des Gesellschaftlichen entstammen aus der Gemeinsamkeit des Mordes (Schuld), der zugleich die Hei-ligkeit des Opfers kreiert. Aus dem geopferten Leib Gottes wird die Welt, die Ordnung und die menschliche Gemeinschaft geschaf-fen und erhalten. Ohne rituellen Opfermord keine Kultur. [...]
Um nicht in eine um die Weibchen riva-lisierende Bruderhorde zu zerfallen, wird
die Regel eingeführt, dass die Frauen eines Clans niemandem im Clan gehören sollen. Damit haben wir das Freudsche Herzstück: das mit dem Inzest-Verbot gekoppelte
Exogamie-Gebot — den Oedipuskomplex. Alles, was mit Sexualität, Fortpflanzung und Hei-rat zu tun hat, muss unter die Kontrolle der Religionsverwalter übergeführt werden.
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414
RUTH AM ABEND
Am Abend ruht Ruth
Ruth ruht am Abend
Rot ist der Abend, abendrot
Rot ist Ruth, denn ahnend
Ahnend, dass der Abend rot
Ruth auf ihrer pauser Backe rot
Auf ihrer pauser Backe rot, abendrot
Ruth, Abend, ahnend, rot, Ruth
Ahnend, dass rot der Abend, Ruth
Ruth, ihrer pauser Backe rot
Ruth am Abend, ahnend, dass rot
Ruht das Abendrot, ahnend, Ruth
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415
Komplexe Netzwerke können nur unter
Voraussetzung der agency nicht-menschlicher Entitäten funktionieren. Es ist nicht
nur mö-glich, sondern notwendig, die sprachlosen Objekte als Agenturen in soziale Sys-teme auf-zunehmen. [...] Hier liegt in der Tat eine systematische Schwäche von
Moderne-Theorien, denen die Dinge toter
als tot sind. [...]
Wir kommen auf der Suche nach einer Brücke über die Kluft zwischen Subjekt
und Objekt auf Fetische und Idole zu sprechen. [...] Die Subjekt-Objekt-Kluft begründet den Wissenschaftskrieg der Moderne, der jeden in die Entscheidung zwingt, ent-weder auf die Seite des Subjekts zu treten (dann ist alles Wissen «gemacht», Konst-ruktivismus) oder auf die Seite des Objekts (dann ist alles von sich aus Tatsache, Rea-lismus); oder auch beiden Seiten zugleich be-izutreten. Die Lösung dieses «modernen» double bind liegt (für Bruno Latour) «an der Bruchstelle selbst», was heisst: weder der einen noch der andern Seite beizutreten, son-dern den Entscheidungszwang zu suspendieren. [...] Latour prägt die Formel der «schöpferischen Zerstörung»: Es ist die Dop-pelmatrix von Zertrümmerung vormoderner Kulturen und voraufgeklärten Bewusstseins einerseits, andererseits die gleichzeitige Kre-ation unzähliger Netzwerke, in denen nicht-
menschliche und menschliche Elemente sich
zu Handlungsclusters zusammenschalten.
FF
416
Wie wir uns in den Dingen vergegenständ-lichen, so verkörpern sich die Dinge in uns (Csikszentmihalyi). [...]
[...] So sagte Merleau-Ponty: «Es gilt zu verstehen, dass die Dinge uns haben und nicht wir die Dinge haben. Dass das ver-gangene Sein niemals aufhört, gewesen
zu sein. Das «Gedächtnis der Welt». Dass die Sprache uns hat und nicht wir die Sprache haben. Dass das Sein in uns spricht und nicht wir vom Sein sprechen». [...]
[...] Ernst Mach (1991) widersprach kategorisch jeder Substanzialität der Dinge und löste diese, wie auch die Subjekte, in mehr oder weniger stabile, locker geknotete Empfindungskomplexe auf. Die berühmte Formel Machs «Das Ich ist unrettbar» gilt auch für die Körper und Dinge, die als Substanzen zu denken nichts als eine «zweckmässige Gewohnheit» sei. An ihre Stelle tritt der «psychophysische Parallelismus»: ein flüssiges, den Gegensatz von Ich und Ding aufhebendes, funktionales Relationsge-füge, das wir an den Stellen, wo es stärkere Verdichtungen zeigt, «Ding» oder «Ich»
zu nennen uns gewöhnt haben. [...]
[...] Tommaso Marinetti phantasiert die Fusion der neuronalen Netze mit dem globalen technischen Kommunikationsnetz, wodurch das traditionale Ich ausgelöscht und eine transpersonale «drahtlose Phanta-sie» installiert würde.
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417
Ernst Kapp sagt in seiner Philosophie der Technik (1877): Alle technischen Dinge folgen der Logik von Körperorganen, denen sie gleichsam erwachsen, um sich ausserhalb des Körpers, doch in seiner Matrix,
zu spezialisieren, zu verstärken und zu per-fektionieren. Geräte und Apparate sind
projizierte Organe. Auch Leroi-Gourhan versteht die Technikgeschichte insgesamt als Exteriorisierung, als verselbständigte Herausverlagerung von technomorphen, an den Körper gebundenen Operationen und Gesten. Der Mensch habe aber im Verlaufe der Evolution das Arsenal der Werkzeuge «in gewisser Weise ausgeschwitzt». [...]
[...] Spätestens seit der Frühzeit
beobachten wir eine Umkehrung: Pneumatische und hydraulische Maschinen, me-chanische Räderwerke, Dampfmaschinen, kybernetische Steuerungen, Computer werden zu Modellen, nach denen organische Vollzüge — Atmen, Blutkreislauf, Bewegungen, sensomotorische Rückkoppelungen, Denken — konzipiert werden. Nicht die Tech-nik folgt länger dem Dispositiv des organischen Leibes, sondern dieser wird nach
Modellen technischer Artefakte modelliert.
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418
Es ist heute ein Faktum, dass die Verwaltung der Städte, die Arbeit der Ordnungskräfte, die Verkehrssysteme, die Herstellung von
Öffentlichkeit, die Abläufe des Warenumschlags, die Transaktionen der Börse und die Zirkulation des Geldes, die Dienstleistungsbetriebe, die Formen der Informationszirkulation, die Wissenserzeugung, aber auch die Formen des Entertainments in Werbung, Film, Musik ebenso wie die Partizipation der Haus-halte und Menschen an Institutionen — also die klassischen Funktionen des städtischen Lebens — abhängig geworden sind von Steu-erungsprogrammen der lokalen und internationalen Digitalnetze.
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419
Ich glaube, ich habe nie eine Gedankenbewe-gung erfunden, sondern sie wurde mir immer von jemandem anderen gegeben. Ich habe sie nur sogleich leidenschaftlich zu meinem Klärungswerk aufgegriffen.
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420
«Die Realität ist das, was man nicht erkennt, wenn man sie erkennt». Niklas Luhmann.
[...] Auf die bei Philosophen beliebte Frage, was/wie denn die unabhängig vom Menschen existierende Realität sei, kann man mit Carl Friederich von Weizsäcker so antworten: «Sprechen wir sinnvoll von Realität, so sprechen wir von Realität, spricht nie-mand von Realität, so ist von Realität nicht die Rede».
[...] Menschliches Wissen bezieht
sich nicht auf «die Realität», sondern auf menschliches Wissen von der Realität.
[...] So existiert ein Handlungs-partner für uns nie als beobachterunabhängige Gegebenheit, sondern ausschliesslich in Form des Wissens, das wir von ihm haben, sowie die Form der emotionalen Einstellung zu ihm.
FF
421
Bewusstsein ist ein geschlossenes kognitives System, das seine eigenen Operationen nie direkt an die Operationen anderer kognitiven Systeme anschliessen kann. Denken bleibt aber sozial ohne Effekt, wenn es nicht kommuniziert wird.
FF
422
Die Kultur ist die Regel, die Kunst ist die Ausnahme.
[...] Es geht weder darum, einen aus-gearbeiteten Gedanken zu illustrieren,
noch darum «über die Bilder» nachzudenken. Vielmehr soll mit den Bildern und ausgehend von ihnen gedacht werden, bis man den Gedanken aus den Bildern selbst hervor-gehen sieht.
FF
423
Das Wesentliche der Kunst ist vielleicht
das: die Frage nach dem Leben und damit zwangsläufig nach dem Tod, nach dem Über-gang vom Subjekt zum Objekt. Sie sind ein Subjekt — sie haben Wissen und Gedächt-nis — wenn ich ihnen den Schädel einschlage, sind sie ein ekliges Objekt. Das ist doch
eins der sonderbarsten Dinge überhaupt. [...] Wie funktioniert dieser Übergang, was heisst das, wenn jemand vom Subjekt zum Objekt wird?
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424
Wolfgang Kemp hat als erster darauf aufmerksam gemacht, dass Aby Warburgs kom-mentarlose Präsentation von beträchtlichen Mengen historischer Information den surrealen Montageverfahren nahe steht. Er vergleicht Warburgs Atlas mit einem anderen herausragenden (und ebenfalls unvollendeten) Montageprojekt der 20er Jahre: Walter Benjamins Passagen-Werk, das als eine textliche «Assemblage» den Versuch unternahm, analytische Erinnerung an die kollektiven Erlebnisformen des ausgehenden 19. Jahrhunderts in Paris zu rekonstruieren. [...]
In Theodor W. Adornos Beschreibung der Charakteristika des Passagen-Werks
sind unschwer die Grundzüge von Warburgs Mnemosyne Atlas erkennbar: «Benjamins Absicht war es, auf alle offenbare Auslegung zu verzichten und die Bedeutungen einzig durch schockhafte Montage des Materials her-vortreten zu lassen. [...] Zur Krönung seines Antisubjektivismus sollte das Hauptwerk nur aus Zitaten bestehen».
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425
Der Vogel [...] ist im Ganzen eigentlich ein Kopf.
[...] Die Vögel denken nicht. Wir denken, weil wir nicht fliegen können. Unsere Gedanken sind eigentlich die umgewandelten Flugkräfte.
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Landschaft und Modell, zugleich aus nächster Nähe und weiter Ferne betrachtet, vermitteln die radikale Diskontinuität zwischen dem allumfassenden Überblick und der kom-pletten Fragmentierung der Erfahrung. [...] Diese fundamental modernen Wahrnehmungsbedingungen — Individualität, Fragmentierung, Ausgeliefertsein und Selbst-bestimmung — sind das Resultat einer langen Verhandlungsgeschichte der eigenen Rolle innerhalb einer umfassenden Natur-
Welt. [...] Die Geschichte der veränderten Wahrnehmungsmodelle erinnert uns an den Auftrag, den die Ästhetik einst erfüllte: Die eigene Freiheit im Genuss am Sicht-baren
der Welt zu erkennen und die eigene Bedingtheit angesichts ihrer Macht zu begreifen.
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427
Medien und Körper kommen meist in getrenn-ten Diskursen vor, obwohl sie stets an der
Erfahrung von Bildern beteiligt sind. Bilder entstehen ohnehin nur im Blick. Blicke sind Komplizen des Körpers im Umgang mit alten und neuen Bildmedien. Sie sind so aktiv,
wie es das blickende Subjekt selbst ist. Wir sind es gewohnt von Blicken auf ein Bild
zu sprechen, doch es geht darum, dass Bilder im Blick erst entstehen. [...] Körper sind Orte der Bilder. Unsere Körper interagieren mit der sozialen Umgebung und unterliegen ebenso wie diese dem historischen Wandel. Sie sind dabei oft gefangen (gefangen genommen) durch Bilder im politischen Sinne. [...] Bilder entstehen also diesseits des Mediums, in unserem Blick. [...] Zwischen dem Blick eines Körpers und dem Trägermedium, ob Gemälde, Zeichnung oder Foto, entsteht eine Zone der Ungewissheit. Was oder wo ist also das Bild?
Die Körperferne vieler Medientheorien ist Anlass zum Widerspruch. Seit McLuhan gehört es zum Allgemeinwissen, dass Medien, mit ihrer Kompetenz, als Prothesen des Körpers fungieren. [...]
[...] Doch mit dem Gegensatz von inneren (mentalen) und äusseren (medialen) Bildern verbauen wir uns den Zugang zu den Prozessen der Wahrnehmung und Vorstellung. Als Träger eigener Bilder und
als Zensor wirkt der Blick als Akteur unseres Körpers an der Bildgeschichte mit. Die int-erne Repräsentation (Begriff der Neuro-wissenschaft) hat als körpereigene Bilderzeugung fliessende Grenzen zur externen
Repräsentation, mit der uns die aktuellen Bildmedien prägen. [...]
[...] Wenn das Bild so verdinglicht ist, dass es nur dort draussen als Werk existiert, dann geht die Dynamik verloren, die auf der Körperseite das Bild doch immer erst hervorbringt. Der «Blick aus dem Bild» wiederholt nämlich, wie in einem Spiegel, den Blick, den wir auf ein Bild werfen. Blickwechsel. Wir können die Partnerschaft zwischen Betrachter und Bild mit den Begriffen Körper und Medium benennen. Dadurch löst sich der Bildbegriff aus seiner medialen Verdinglichung und bezieht unseren Blick ein.
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428
«Représentation» wird im Französischen als gemeinsamer Begriff für «Vorstellung» und «Darstellung» verwendet. Die Balance zwischen mentalen und physischen Bildern wird in jeder Generation neu eingerichtet. Das Imaginäre einer Gesellschaft entsteht in der Symbiose zwischen den offiziellen «Mythen» und den privaten «Träumen». Die jeweils
aktuelle Bilderwelt leitet uns dazu an, die Welt in kollektiven Bildern zu symbolisieren.
Unsere Bereitschaft zur Symbolisierung lässt sich als Bilderglauben bezeichnen. Er beruht auf einem symbolischen Akt,
den wir Animation nennen. Animation nicht missverständlich als «primitive Magie» (Animismus) oder als elektronische Technik, Bewegung zu simulieren verstanden, son-dern Animation verstanden als eine ge-borene (und erlernbare) Fähigkeit unserer Körper, in unbelebten Bildern ein Leben
zu entdecken. [...] Auf diese Weise erwerben Bilder die Macht lebender Wesen. [...] Es sind wir, die wollen, dass Bilder etwas wollen. [...]
[...] Medien erhalten die Attraktion der Bilder nie lange aufrecht. Deshalb entsteht immer wieder der Bedarf nach neuen und aktuellen Medien.
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Der Körper ist ein lebendes Medium, zwar nicht ein solches für Geister, aber eines für gesehene und erinnerte oder geträumte Bilder. [...] Viele Sehtheorien blenden die Erfahrung aus, dass wir mit dem ganzen Körper wahrnehmen (der Hörsinn kann sogar unsere Bilderfahrung dominieren, ohne dass wir uns dessen bewusst sind). [...]
[...] Narziss scheitert, weil er das eigene Spiegelbild für den Körper eines andern hält. Für Ovid ist das Anlass, die Illusion
im Verhältnis von Körper und Bild zu beklagen; aber das setzt voraus, dass die Unter-scheidung von Bild und Körper überhaupt eine echte Frage ist.
Hier steht nicht die Narzissfrage im Vor-dergrund. Vielmehr geht es bei der Erfahrung und Wahrnehmung des eigenen Schattens oder des Spiegelbildes darum, dass Menschen am eigenen Körper erfahren, wie Bilder entstehen, bevor sie selbst daran gehen, Bilder künstlich herzustellen. Vielleicht kann man noch weitergehen und sagen, dass sie durch Schatten und Wasserspiegel erfahren, was Bilder sind, und dass diese Erfah-rung den Trieb auslöst, nicht nur selbst
zum Bild zu werden, sondern ähnliche Bilder herzustellen. Die Ähnlichkeit bestünde
dann nicht zwischen dem eigenen Körper und seinem Bild, sondern zwischen dem einen und dem andern Bild, zwischen dem Bild, das sich im Licht und am Wasser von selbst ereignet, und dem Bild, das der Mensch
mit seinen Bildtechniken fabriziert, indem er die Natur nachahmt.
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430
Zu den wesentlichen Erfolgen der (1) neuen technischen Medien: Video und Computer wie den (2) alten technischen Medien: Fotografie und Film zählen nicht nur, dass sie neue Kunstbewegungen initiierten und neue Kunstmedien, neue Ausdrucksmedien schufen, sondern, dass sie eine entscheidende Wirkung auf die (3) historischen (oder nicht-
technischen, alten) Medien: Zeichnung, Malerei, Skulptur ausübten.
[...] Der postmediale Zustand ist heute durch die Gleichwertigkeit der Medien und das Mischen der Medien definiert. [...] Die Menge aller Medien bilden ein universales Medium, das sich selbst enthält. Das
ist der postmediale Zustand der Medienwelt in der künstlerischen Praxis heute.
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431
Es gehört zu den uralten Träumen der Menschen, die natürliche, die vorgefundene Welt in Bildern zu verdoppeln, um beispielsweise das unabwendbare Ende des Daseins, den Tod, zu überwinden. [...]
[...] Der Bildhauer Pygmalion zog sich, aus Abscheu vor den lasterhaft lebenden Frauen, von diesen zurück und machte sich, weil die Natur des Mannes nach der Frau verlangt, eine Kunstfrau als Ersatz. So er-zählt es Ovid in den Metamorphosen. Mit seinen immensen künstlerischen Fähigkeiten gelang es Pygmalion das vollkommen ähnliche und lebendig scheinende Abbild einer Frau aus Elfenbein zu erschaffen. Die Kunst des Bildhauers ahmte die Natur so perfekt nach, dass man nicht sah, dass die Frau keine wirkliche Frau war:
«Sieh die Gestalt einer wirklichen Jung-frau: man dächte, sie lebe, wolle sich plötzlich bewegen, sofern es die Scham nicht verwehrte. Dass es nur Kunst war, verbarg die Kunst».
Seine perfekte Kunsttechnik befähigte den Bildhauer zu einer Statue, die einer
lebendigen Frau so sehr glich, dass er sich in das eigene Bildwerk verliebte. [...]
Pygmalion bringt der Kunstfrau Muscheln und Bernsteinketten, kleidet sie und bettet sie neben sich auf Kissen und erliegt nun gänzlich der Sinnestäuschung. Doch hier an der «natürlichen Grenze» des Bildes stösst
er unweigerlich zur Erkenntnis ihrer Bildlich-keit vor. Die erotische Begegnung mit der Kunstfrau führt nicht zum gewünschten Erfolg. Der Protagonist erfährt das Bild mit seinem Körper. Das selige Gefühl der Bildüberwindung, das den Künstler trieb, gelangt hier
an sein Ende. Die Geschichte nimmt, wie man weiss, ein glückliches Ende, denn Venus erbarmt sich und macht aus der Kunstfrau eine lebendige Frau. Es bedurfte damals,
in Zeiten der mythischen Bilder, (noch)
der Götter, denen allein es vorbehalten war, Leben zu spenden. [...]
Es war und ist ein grosses Phantasma unserer Kultur, dass die Bilder, die wir uns machen, lebendig werden. Heute sind es nun nicht mehr die Künstler, die an der Verwirk-lichung des «lebendigen Bildes» arbeiten, sondern die Forscher des AI (Artificial Intelligence) und Life sciences. [...]
[...] Der Reiz, das Surplus der Bilder bestand und besteht immer darin, dass die in ihnen in Erscheinung tretenden Welten
erfunden und eben nicht wirklich wahr sind.
Das sinn- und erkenntnisstiftende Potential schöpfen die Bilder (der Kunst) gerade daraus, dass sie nicht wirklich, sondern möglich oder wahrscheinlich sind. Die Leblosigkeit des Bildes ist sein uneinholbares Potential.
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432
Die prä- und perinatalen Aspekte des schöp-ferischen Prozesses hat Sahlberg (1985, 1988) herausgearbeitet. Er hebt die Grundfigur «Zerstörung und Neuaufbau» zur
Charakterisierung der Dynamik des schöpferischen Prozesses hervor. Es ist die Grund-figur des Goetheschen «Stirb und Werde». Dabei bezieht sich Sahlberg auf Melanie Klein in der Wendung «Verlust und Wiederherstellung» oder auf Lorenzer «Sprach-zerstörung und Rekonstruktion».
Es ist die Sehnsucht nach rückwärts, «als Wunsch nach Regression in einen pa-radiesischen Zustand: Die Phantasie ist entstanden. [...] Der Kern aller Riten und
Religionen ist die Wiedergeburt. In den Riten der Schamanen wird der Einzuweihende symbolisch getötet und zerstückelt und dann neu zusammengesetzt wiedergeboren. [...] Die Phantasien eines Künstlers mit ihrem Szenarium der frühen Konflikte sind Halluzinationen, wie sie ein Baby hat: Bilder, die aus einem Mangel entstehen und dieser Mangel ist vorhanden, solange diese Bilder entstehen: Sie sollen die Leere füllen. Im Kern der Kunst steht der Verlust eines frühen KörperIchs, bzw. von Teilen davon. Halluziniert wird nur das Entbehrte.» (Sahlberg 1985, S. 39). Urbild dieses Mangels ist der Verlust der pränatalen Einheit, die sich auf verschie-denen Lebensebenen wiederholt und transformiert. «Das sinnliche Medium der Kunst lässt sich im Kern als Versuch einer Herstellung eines totalen Hautkontaktes deuten, einer Berührung des unendlich sensiblen Kör-pers nach der Geburt, bzw. als Erstellung eines Mediums, das den All-Kontakt vor der Geburt nachahmt.»
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433
Der Wettstreit des Parrhasios mit Zeuxis, wie er von Plinius dem Älteren in seiner Historia naturalis beschrieben wird, ruft einen gängigen Topos der Malerei auf: ihre Mimesis-Konzeption. Zeuxis hatte Trauben so
wirk-lichkeitsgetreu gemalt, dass Vögel ange-flogen kamen, um daran zu picken. Im
Wettstreit mit Parrhasios glaubte sich Zeuxis daher bereits als Sieger. Parrhasios jedoch malte einen leinernen Vorhang so naturgetreu, dass Zeuxis den Vorhang vor dem
Bild seines Konkurrenten beiseite zu ziehen suchte. Daraufhin erkannte er Parrhasios den Sieg zu, mit dem Argument, dass er selbst wohl die Vögel, Parrhasios aber ihn, einen Menschen und dazu noch einen Künstler, habe täuschen können.
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434
Von Wu Daozi wird die Geschichte erzählt, er habe ein grosses Landschaftsbild an eine Wand des Palastes gemalt, dieses aber dem Kaiser erst nach der Fertigstellung enthüllt. Er habe auf eine Grotte gedeutet und in die Hände geklatscht. Daraufhin hätte sich eine Türe geöffnet und der Maler sei in das von ihm geschaffene Bild getreten und zusammen mit diesem vor den Augen des Kaisers verschwunden.
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Ferenczi bringt die frühsten Entwicklungsstufen der intrauterinen Lebenszeit mit dem Gefühl der Allmacht in Verbindung:
«Ich überzeugte mich, dass auch jedes spätere Schlafen nichts anderes ist, als eine periodisch sich wiederholende Regression zum Stadium der magisch-halluzinatorischen Allmacht der Mutterleibssituation. [...]»
(Ferenczi 1913, S. 62 ff.) Im «Versuch einer Genitaltheorie» folgt Ferenczi stammes-geschichtlichen Spekulationen. Für ihn ist die Intrauterinzeit eine Reproduktion stammesgeschichtlichen Lebenszeit im Meer und die Geburt entspricht der Wiederholung der Eroberung des Landes. Die Mutter erscheint in diesem Sinne als ein Symbol oder partieller Ersatz des Meeres. Unter diesem Aspekt gewinnt die sexuelle Vereinigung, die erlebensmässige Tiefendimension einer Rückkehr in den Mutterleib, die die Partner wechselseitig identifikatorisch in der sexuel-len Vereinigung vollziehen, so dass die
Sexualität auch den Erlebnishorizont tiefster regressiver Wünsche hat.
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O dass wir unsere Urahnen wären. Ein Klümpchen Schleim in einem warmen Moor.
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D. hatte wieder einmal mitgedacht und konnte auf die Frage nach dem Problem der Verknüpfung und Überleitung (Übergang) sofort antworten.
(Einmal hatte sie mir von ihrem «Mantel der Mäntel» erzählt. Zuletzt sei sie an diesem «Problem der Verknüpfung»
gescheitert, das ich als Schriftsteller ja auch kennen müsse. Dabei habe sie ihren «Grös-senwahn» verloren.) «Ich soll Dir also von dem Mantel erzählen. Es fing damit an, dass ich das, was ich mir überlegt hatte, die grosse Idee nannte. Der Mantel sollte sie leibhaftig machen.
Ich fing mit einem Ärmel an. Es gab sofort Schwierigkeiten, dem weichen, haltlosen Material die feste, gewölbte Form
aufzuzwingen, die ich wollte. Ich entschloss mich, die Stoffe auf dicke Wolle zu arbeiten.
Der Ärmel wurde fertig. Er kam mir
so kostbar und schön vor, dass ich meinte, für die anderen Teile des Mantels nicht
mehr dieselbe Kraft zu haben.
Ich dachte an meine Idee; an die Momente von Spannung und plötzlichem Weichwerden in der Natur; wie eins ins andere geht.
Täglich schaute ich auf den angefange-nen Mantel, ein oder zwei Stunden lang;
ich verglich die Teile mit meiner Idee und überlegte mir die Weiterführung.
Der obere Teil wurde fertig. Mit dem unteren Teil verlor ich den Zusammenhang. Ich nähte Stücke, die sich als verbindungslos zum oberen Teil herausstellten. Die Arbeit wurde jetzt erschwert durch das Gewicht der ineinandergenähten dünnen und kräftigen Stoffe, die ich an der Nähmaschine hochhalten musste, immer bedacht, nichts ins Rutschen zu bringen.
Ich legte die Teile nebeneinander vor mich hin, keines passte zum anderen. Ich wartete auf den Moment, wo ich auf einmal das eine Bild finden würde.
Während dieser Zeit des Anschauens und Ausprobierens fühlte ich mich körperlich schwach werden und unfähig. Ich verbot mir, auch nur an die grosse Idee zu denken.
Abbildungen und Baupläne von chinesischen Dachkonstruktionen wurden mir spannend, und das Problem der Entlastung von Gewichten durch richtige Überleitungen. Ich sah, dass es einen Bereich des Dazwischen überall gab.
An einem späten Tag nähte ich, ohne
weiter zu überlegen, die Teile zusammen
und gab dem Rock an einer Stelle eine Rundung nach innen. Ich war aufgeregt vor Sicherheit.
Ich hing den Mantel an die Wand. Jeden Tag prüfte ich ihn und begann, ihn zu achten. Er war im Vergleich besser als alle meine anderen Kleider, und er war nicht vollkommen.
Bei der Anfertigung eines Kleids muss jede bereits benutze Form für die Weiterarbeit im Gedächtnis bleiben. Ich darf sie aber nicht innerlich zitieren müssen, ich muss sofort die weiterführende, endgültige Farbe sehen. Es gibt in jedem Fall nur eine richtige, und die Form bestimmt die Masse der Farbe und muss das Problem des Übergangs lösen. Der Übergang muss für mich klar trennend und ineinander sein.»
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438
Was wäre denn die Aufgabe des Künstlers heute?
Ich glaube nicht, dass der Künstler gegenüber der Gesellschaft eine Verpflichtung hat. Ich denke, dass er die Menschen reich beschenken kann, indem er sich selbst findet und erfindet. Der Künstler selbst besitzt
ja von irgendwoher ein Geschenk, ein Talent, das er mit den andern teilen mag. Niemand aber kann ihn dazu zwingen, es ist wie ein Brunnen. Er erschafft Wirklichkeiten nicht aus moralischem Pflichtgefühl, sondern weil Stimmen und Bilder über ihn kommen.
Und woher kommen diese Stimmen? Sie können es nennen, wie sie wollen — Gott, Inspiration, Chemie des Gehirns, Unterbewusstsein. Es kommt von ausserhalb des
Ich, Kunst und Poesie sammeln sich in einem
an wie in einem Schwamm. Irgendwann braucht man nur noch zu drücken, und es fliesst. Ich habe dafür keine Erklärung. Es ist eine grosse Kraft, und ich bin in der Mitte davon. Es ist grösser als ich, es schreibt in mir. Und je grösser das ist, was einen be-wegt, desto grösser ist das Werk. Als Künstler kann man nur dankbar sein.
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439
William Robertson Smith reklamierte, das Interesse der Religionswissenschaften müsse sich den Ritualen zuwenden. Denn das fundamentale Prinzip der Religion sei die Handlung und nicht die Lehre, nicht das Dogma. Smith beschäftigt sich mit Opferritualen, wie sie z.B. im alten Testament dargestellt sind. Er interpretiert das Kamelopfer als uralte totemistische Praxis und stellt eine Theorie auf, nach der das Opfer als eine
feierliche Mahlgemeinschaft zu begreifen sei. Der gemeinsame Vollzug der Handlungen, nämlich das Sich-Einverleiben von Fleisch und Blut des Opfertieres — einer Gottheit, wie Smith im Sinne des Totemismus annahm — verbinde alle Beteiligten durch ein unauflösliches soziales Band. Er bringe überhaupt erst die Gemeinschaft als eine Mahlgemeinschaft hervor. Aus der rituellen Gruppe werde so eine politische Gemeinschaft. [...]
Die zentrale Rolle der Religion (bis heute) im sozialen Leben wird hier sichtbar. Das kollektive Leben wird nicht aus dem individuellen Leben geboren, sondern es verhält
sich umgekehrt.
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440
Rhythmus ist ein Schlüsselbegriff. Der Zirku-lationsprozess selbst, der Prozess der Freisetzung und Übertragung, des Austauschs von Energien stehen im Mittelpunkt des Inte-resses; rhythmisches Sprechen, rhythmische (Körper-) Bewegungen, zirkulierende Energie; ein biologisches Prinzip, das unseren Atem und unseren Herzschlag reguliert.
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441
Der Blick hüllt die sichtbaren Dinge ein,
er tastet sie ab und vermählt sich mit ihnen. [...] Wir müssen uns an den Gedanken
gewöhnen, dass jedes Sichtbare aus dem Berührbaren geschnitzt ist, dass jedes taktile Sein gewissermassen der Sichtbarkeit zugedacht ist. [...]
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442
Für Grotowski ist der Körper kein Instrument, er ist weder ein Ausdrucksmittel noch Ma-terial für Zeichenbildung o.ä. Seine «Materie» wird vielmehr in und durch die Tätigkeit des Schauspielers «verbrannt», in Energie verwandelt. Der Schauspieler beherrscht nicht seinen Körper, er lässt ihn vielmehr selbst zum Akteur werden: Der Leib agiert als verkörperter Geist (embodied mind). Es ist ein neues Verständnis von Leib, in dem die alte Trennung von Körper und Geist aufgehoben ist, der Geist nur als verkörperter und der Körper nur als ein «vergeistigter» gedacht werden kann. (Parallelen zu Merleau-Pontys Spätphilosophie).
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443
Grundvokabular der Bühne: Auftreten;
Über-die-Bühne-Gehen, Stehen,
Sich-Setzen, Sitzen, Sich-Legen, Liegen, Aufstehen, Abgehen.
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444
Gernot Böhme hat seine Ästhetik der Atmosphäre als Antithese zu einer semiotischen Ästhetik entwickelt. Während die semiotische Ästhetik von der Voraussetzung aus-geht, dass Kunst als Sprache zu verstehen sei, weswegen sie Prozesse der Bedeutungsgenerierung fokussiere, lenke die Ästhetik
der Atmosphäre die Aufmerksamkeit auf die leibliche Erfahrung. Es ist aber anzuzweifeln ob die Bedeutungsdimension ganz und gar ausgeklammert werden kann.
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445
Der Moment, in dem sich die Stimme von der Sprache löst, erscheint so als letzte Steigerung bzw. als Umschlagen der Spannung zwischen Sprache und Stimme. In ihm ist die Spannung aufgehoben, weil hier die Stimme selbst Sprache geworden ist. Sie übermittelt nicht länger Sprache, ist vielmehr selbst Sprache. [...]
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446
Wie die Forschung in letzter Zeit überzeugend nachgewiesen hat, sind es weniger unsere ruhigen Reflexionen oder prinzipiellen Grundannahmen über die Beschaffenheit der Welt und andere Überzeugungen, aus denen sich unsere Handlungen ableiten lassen. Vielmehr sind es unsere Gefühle, welche die entscheidendste Motivation für unsere Handlungen liefern.
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447
Es war zuerst der Mathematiker und Physiker Henri Poincaré, der sich gezwungen sah, die Frage nach der erlebten Dreidimensionalität des Raumes anders zu stellen, nach-dem sein Versuch, sie durch binokulares Sehen zu erklären, gescheitert war. In seinen mathematischen Ansätzen hatte er zunächst zu wenig Gleichungen, um seine Unbekannten zu bestimmen, bis ihm die geniale Idee kam, die Beziehung einer bewussten Änderung des Blicks mit der zugehörigen Veränderung der Sicht in sein Gleichungssystem aufzunehmen. [...]
[...] Diese Einsicht gibt dem Problem der Wahrnehmung eine völlig neue Perspektive: es sind die durch Bewegung hervorgebrachten Veränderungen des Wahr-genommenen, die wir wahrnehmen. Wie
der Biologe Humberto Maturana sagt: «Wir sehen mit unseren Beinen». Man braucht nur unserer Sprache zuzuhören: «wahr-nehmen», «be-greifen», «ver-stehen»! Das Sen-sorische der Alltagsbedeutung verschmilzt mit dem Motorischen des Wortursprungs.
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448
Manchmal wenn man einem Gespräch zuhört das für zwei Männer, für zwei Frauen, für zwei Männer und Frauen sehr wichtig ist, ist es dann irgendwann etwas Wunderbares
zu sehen wie beide immer alles wiederholen was sie sagen und jedes Mal im Wiederholen, hat was jeder sagt für jeden von ihnen mehr Bedeutung und deshalb wiederholen
sie weiter und weiter und weiter und weiter
und immer für solche die zuhören, ist Wieder-holen etwas ganz Wunderbares. Es gibt viele von ihnen die nicht in jedem Wiederholen jedem Wiederholen das aus ihnen herauskommt leben aber immer ist Wiederholen
interessant. Wiederholung ist was ich liebe. Manchmal ist in mir ein trauriges Gefühl wegen all dem Wiederholen das niemand der Wiederholung liebt hört, es ist wie irgendeine Schönheit die niemand sieht, es ist etwas Herrliches, immer sollte jemand die Bedeutung in der Wiederholung erkennen die immer aus Frauen und aus Männern herauskommt, der Wiederholung des Seins in ihnen. Nun also.
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Bilder lassen sich einerseits als reine Repräsentationen in die Schranken weisen und gewinnen andererseits eine privilegierte Rolle dadurch, dass sie in den Körpern sinnliche, affektive und motorische Impulse wecken. Jedes Bild ist zunächst einmal «Verkehrsmittel». Es involviert den Körper, der stets in sozialen Beziehungen zu Gesellschaft lebt.
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450
Wenn etwas aussieht wie eine Ente, watschelt wie eine Ente und quakt wie eine Ente,
dann ist es eine Ente. Diese Logik ist der Kern des Turing-Tests, auf den sich die künst-liche Intelligenz stützt. Alan Turing hat
mass-geblich dazu beigetragen, dass die Alli-ierten den Geheimcode der Nazis knacken konnten. Verkürzt ausgedrückt, läuft sein Test darauf hinaus, dass nicht das eigene Be-wusstsein, sondern die Wahrnehmung der anderen entscheidend ist. Wenn sich somit ein Roboter benimmt wie ein Mensch, dann ist er ein Mensch — egal, ob er weiss, dass er ein Mensch ist.
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451
Unauffällig, aber häufig, taucht der Begriff «pli» in der zeitgenössischen Philosophie auf. Ob man nun an Heideggers Falte des Seins, Merleau-Pontys Falte als Chiasma oder Geflecht, Foucaults Falte des Draußen im Innen-raum, Deleuzes Falte der Oberfläche, Derridas Konzept von der Falte, das die Unmöglichkeit einer einfachen Selbst-Identität belegt, oder — aus jüngster Zeit stammend — an Jean-Luc Marions Falte des Gegebenen denkt: Das Konzept der Falte erscheint im philosophischen Diskurs immer als strategisch wich-tig. So unterschiedlich die Gedanken zu dem Begriff auch sein mögen, der Gebrauch eines solches Begriffs scheint oft der gleiche zu sein: Ein Vertiefen der gegensätzlichen Paare, die die Geschichte der Philosophie durchziehen und strukturieren, entschärft deren Gegensätzlichkeit; ein Ersetzen der illusorischen «Überwindung» der Metaphysik durch eine unermüdliche geduldige Arbeit an einer konzeptionellen Verschiebung, die die Metaphysik von innen her aushöhlt. Aber schafft dies das Konzept der Falte? Kann man außerdem von «der Falte» als einem wirklich philosophischem Konzept sprechen? Han-delt es sich nicht weniger um philosophische Stichhaltigkeit als um einen literarischen Effekt? Mit anderen Worten, genügt das Kon-zept der Falte seinen eigenen Ansprüchen? Diese Fragen ergeben eine Art roter Faden, der die hier versammelten Texte durchzieht.
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452
Falte
Philosophie, Mathematik. Die «Falte» stammt aus der Philosophie des französischen Poststrukturalismus, die diesen Begriff wiederum von René Thoms Katastrophentheorie, also aus der Mathematik, entlehnt hat. Thom wollte damit diskontinuierliche Veränderungen in natürlichen Phänomenen (mit besonderer Betonung auf die Biologie) mit Hilfe der von Henri Poincaré stammenden «topologischen Theorie dynamischer Systeme» (den Wechsel von einen Gleichgewichtszustand in den nächsten) erfassen.
Im Poststrukturalismus ist die Falte eine Metapher für ein komplexes Verhältnis von Innerlichkeit und Äußerlichkeit, das
sich nicht mehr durch die einfache Dichotomie «innen — außen» beschreiben läßt.
In der Architektur soll die Falte eine Situation beschreiben, in der räumliche, funktionelle oder formale Einheiten ihre Identität verlieren und sich zu überlappen beginnen, um ineinander überzugehen oder sich gegenseitig zu transformieren. «Gefaltete» Architektur muss nicht buchstäblich gefaltet sein, doch war es eine Zeit lang populär, Teile von Gebäuden wie eine Stoff-Falte aussehen zu lassen, um die angesprochene Transformation oder Metamorphose von Räumen durch ein Bild der Transformation zu verdeutlichen.
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453
Wer findet, hat nicht richtig gesucht. Ein
humoristisch klingender und doch tiefernster Satz: Der Witz nimmt die Stelle eines Glaubensbekenntnisses ein, das sich für die Kunst nicht gehört. Sie hat keinen Gott
zu definieren; genug, wenn sich das Göttliche am Werk zeigt; in Gestalt frommer
Ahnungslosigkeit; im Vertrauen darauf, dass sie Gott nicht zu suchen braucht. Wenn
es ihm gefällt, findet er sie.
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454
Der deutsche Kunsthistoriker Hans Belting beschreibt in einem Artikel über das «Meisterwerk», wie im 19. Jahrhundert der Kunstbegriff von einer technischen Fertigkeit allmählich auf die konzeptuelle Leistung übertragen wird. Er führt für seine These das Bei-spiel der 1831 erschienen Künstlernovelle «Das unbekannte Meisterwerk» des französischen Schriftstellers Balzac an. In dieser Novelle begegnet der Leser dem Maler Frenhofer, einem von vielen Künstlern bewunderten Maler und gefürchteten Kritiker, der seit zehn Jahren an einem Frauenbildnis malt, das an Lebensechtheit alle Werke übertreffen soll, die je gemalt wurden. Man weiss um das Werk, doch gesehen hat es niemand. Erst die Begegnung mit dem jungen Maler Poussin bricht den Widerstand Frenhofers: Poussin bietet dem greisen Maler seine Freundin Gillette als Modell an, unter der Be-dingung allerdings, dass er und der Maler Probus das Gemälde sehen dürfen. Verführt von der «unvergleichlichen Schönheit» der jungen Frau, öffnet Frenhofer die Türe zu seinem Atelier und zeigt sein Werk mit den Worten: «Ihr steht vor einer Frau und sucht ein Bild. Auf dieser Leinwand seht ihr so viel Tiefe, die Luft ist so wahr, dass ihr sie nicht mehr von der Luft unterscheiden könnt,
die uns umgibt. Wo ist die Kunst? Zunichte gemacht, verschwunden! Hier sind die Formen eines jungen Mädchens.» Poussin sieht zunächst nur «verworren aufgetragene Farben, die von einer Vielzahl seltsamer Linien umgrenzt sind, welche eine Mauer aus Malerei bilden», wird dann aber von Probus auf «die Spitze eines nackten Fusses» hingewiesen, der «aus diesem Chaos von Farben, Tönen, verschwommenen Nuancen, aus diesem formlosen Nebel hervorragt: ein köstlicher Fuss, ein lebendiger Fuss! Zu Stein erstarrt vor Bewunderung, verharren sie vor diesem Fragment, das einer unglaublichen, einer langsam voranschreitenden Zerstörung ent-kommen ist». Die Reaktion der beiden Betrachter und insbesondere die Bemerkung Poussins, der Maler werde früher oder später merken, «dass nichts auf der Leinwand ist», lösen bei Frenhofer Bestürzung aus, Frenho-fer stirbt in der folgenden Nacht, nachdem er alle seine Bilder verbrannt hat.
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455
Der Kunsthistoriker Horst Bredekamp hat in einem kleinen «Die Unüberschreitbarkeit der Schlangenlinie» überschriebenen Beitrag zur Bedeutung der Zeichnung auf Paul Klees «Variationen der Schlangenlinie» im 1925 erschienenen Pädagogischen Skizzenbuch hingewiesen. Klee schreibt zu seiner lie-genden S-Linie: «Eine aktive Linie, die sich frei ergeht, ein Spaziergang um seiner selbst willen, ohne Ziel. Das Agens ist der Punkt, der sich verschiebt.» Die Schlangenlinie wird also als ein elastischer Punkt aufgefasst, der sowohl die einsetzende Formung darstellen als auch den Übergang ins Nichts vollziehen kann. Bredekamp sieht die Bedeutung der Zeichnung als «Medium und Symbol des innovativen Kerns aller geistigen Tätigkeit»
in der Wertschätzung dieser Linienform begründet: Die Bedeutung der Linie als Ure-lement aller Bewegungen der Natur und der Kunst ist nicht unangefochten geblieben, und es hat immer wieder, allen voran im Impressionismus, Bestrebungen gegeben,
die Kontur in die atmosphärische Wirkung von Raum- und Sprühlichtzonen aufzulösen. Diesen fehlt aber der Doppelcharakter der Linie, in ihrer Reduktion auf den beweglichen Punkt äusserst präzis zu sein und doch jede Freiheit zuzulassen. Für Bredekamp verkörpert deshalb die Linie an erster Stelle ein intellektuelles Verfahren, das, wie er vermutet, in jeder Zeit und in jedem Medium anzutreffen ist.
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456
Wir sehen auf den sichtbaren Dingen mit unseren Augen nur Licht und Farbe. Alle ihre anderen Eigenschaften erkennen wir nur durch Rückschluss. [...] Alle sichtbaren Dinge unterliegen in einer Welt des Werdens und des Vergehens dem Wandel, der auch unsere Wahrnehmung prägt, und deshalb sehen wir kein Ding genau so, wenn wir
es zum zweiten Mal sehen.
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Norman Bryson geht (in Vision and Painting, 1983) von der Kontroverse um den westlichen Begriff des Subjekts aus, welches vor allem durch ein Objekt definiert wird, von dem sein Blick Besitz nimmt. Die Entgrenzung des Blicks in der ostasiatischen Kultur entzog dagegen dem Subjekt einen festen Ort und seinem Blick einen sicheren Standort. Japani-sche Philosophen, so Bryson, haben immer den westlichen Denkzwang kritisiert, einen Objektbezug zu gebrauchen, durch welchen das Subjekt definiert ist. In einem kontur-losen Raum, der durch den japanischen Be-griff der «Leere» oder sunyata bezeichnet wird, verliert auch jedes einzelne Objekt seine festen Konturen und verschwindet mit ihm der Focus, dessen der besitzergreifende Blick im westlichen Sinne bedarf. Ein Betrachter, dem ein Blickrahmen abhanden kommt, wird selbst in den kontinuierlichen Fluss der sinn-lichen Erscheinungen hineingezogen, aber er ist kein selbständiger Beobachter mehr und kann erst recht nicht als Massstab von Wahr-nehmung gelten.
Die alten chinesischen Bildrollen führ-ten den Fluss ständig wechselnder Ansich-ten an einem und demselben Kunstwerk vor. Der Betrachter, der sie selbst öffnen und
abrollen musste, liess die Blicke von einer zur andern Ansicht wandern, ohne ein Gegen-über und einen zwingenden Focus zu finden, wie es das gerahmte Einzelbild ist. Erst die Kontrolle über das Objekt kann einen Blick individualisieren.
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Dass seine Schriftzüge, seine Kompositionen gleichsam «link» sind, dies veweist TW
(Cy Twombly) in den Kreis der Ausgeschlossenen, der Randständigen, wo er sich, wohlgemerkt, mit den Kindern, mit den Siechen wieder findet. Der Linke (oder der «Linkische») ist eine Art Blinder: Er sieht nicht rich-tig die Richtung, die Tragweite seiner Gesten; lediglich seine Hand führt ihn, das Verlangen seiner Hand, nicht sein instrumentelles Geschick: Das Auge, das ist die Vernunft,
die Evidenz, die Empirie, die Wahrscheinlich-keit, die Kontrolle, die Koordination, die Imitation; als exklusive Kunst der Schau war unsere gesamte Malerei einer repressiven Rationalität unterworfen. In gewisser Weise befreit TW die Malerei von der Schau; denn der «Linke» (der «Linkische») löst das Band zwischen der Hand und dem Auge; er zeichnet ohne Licht (so tat es TW in der Armee).
Im Gegensatz zu so vielen zeitgenössi-schen Malern zeigt TW die Geste. Es geht nicht darum, das Produkt zu sehen, zu den-ken, zu kosten, sondern die Bewegung, die es dazu gebracht hat, wiederzusehen, zu iden-tifizieren, oder gar zu «geniessen» Solange nun die Menscheit die Handschrift unter Aus-schluss der Buchdruckkunst praktiziert hat, war der Weg der Hand, und nicht die visuelle Wahrnehmung von deren Werk, der fundamentale Akt.
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Nach Marshall McLuhan ist das Licht so etwas wie das Urmedium aller Medien. Licht als solches ist reine Information ohne jeden In-halt. Einen Inhalt erhält es erst, wenn es etwas anderes anstrahlt. Dann aber beachtet man nicht das Licht, sondern das, was
es zeigt.
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«Alle Dinge sind verzauberte Menschen»
Die Menschen legen in das, was sie arbeiten, das Beste aus ihrem Leben hinein. Privat geben sie sich nicht halb so viel Mühe. Dadurch steckt in den Produkten sehr viel Mensch. Interessant ist nun, dass diese Dinge ein Eigenleben entwickeln. Vom Warenfetisch spricht Marx, weil der Mensch sich in den Produkten nicht wieder erkennt, obgleich sie doch seine Arbeit spiegeln. [...]
[...] Der Mensch müsste der Produzent seines Lebens sein; er verhält sich aber, als sei er dessen Zuschauer. Und da mir
das nie gefallen hat, stellt sich die Frage: Was ist eigentlich der Gegenpol des Kapitals? Was wäre die Selbstorganisation, was die Spontaneität? [...]
[...] Den Eigensinn haben die Menschen von der Evolution mitbekommen. [...] Dieser Eigensinn lässt sich nie ganz unterjochen, und er ist die Kernzelle einer politischen Ökonomie der Arbeitskraft, also des Gegen-Kapitals. Was würden Menschen machen, wenn sie sich auf sich verlassen könnten und die nötigen Mittel hätten, um selber zu bestimmen? [...]
[...] Adam Smith hat einen Satz ge-prägt, den Marx immer wieder vorbringt: «Ich habe noch nie zwei Hunde einen Knochen tauschen sehen.» Und dies, der friedliche Tausch, unterscheidet den Menschen als ge-sellschaftliches Lebewesen sehr wohl vom Wolf, der zu sein man ihm ebenfalls nachsagt. [...] Deutschland 1946: Meist unter Füh-rung von Frauen und Müttern wurde eine Naturalwirtschaft in Gang gesetzt, die vertrauenswürdiger war, als jede Wirtschaft, die ich kenne. [...]
[...] Das Kapital ist dauernd im Umbau begriffen, die neuen Anlagemöglichkeiten geben uns eine Idee davon. [...] Die Krisen kommen routinemässig alle paar Jahre. [...] Die menschlichen Fertigkeiten aber brauchen, um sich herauszubilden, sehr viel länger. Die Schrift entstand vor 6000 Jahren und ist immer noch in Verwendung. Der Di-alog, diszipliniert und lustbetont, wie Sokrates ihn übt, das ist eine Erfindung der Achsenzeit, 2500 Jahre alt. [...] Unser Problem ist der Zeitbedarf für solide Veränderungen.
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461
Was den Kapitalismus jenseits allen individuellen (Fehl-)Verhaltens «unhaltbar» macht, das ist sein ureigenes Funktionsprinzip. Das heisst die Tatsache, dass die menschliche
Arbeitskraft, die den Reichtum hervorbringt, selbst den Charakter einer Ware angenommen hat. Die menschliche Tätigkeit wird
in der Aneignung durch das Kapital nicht in ihrem nützlichen Charakter anerkannt,
sie gilt vielmehr nur als Mittel zu fremden Zwecken. Man muss nicht Kant gelesen haben, um in dieser Umkehrung von Mittel und Zweck den tieferen, fortdauernden Grund für die Amoralität des ganzen Systems zu erkennen. [...]
Es fehlt der Gesellschaft an abgestimm-ten, gemeinsamen Handlungsregeln. [...] Die Produzenten selbst müssten sich ihre Produktionsmittel wieder aneignen und
in ihrer eigentlichen Funktion anerkannt wer-den. [...] Was ansteht ist also ein «langer Marsch» in Richtung einer anderen gesellschaftlichen Organisation der Arbeit. [...]
[...] An diesem Punkt tritt uns stets das Argument entgegen, eine «andere Gesellschaft» sei eine mörderische Utopie, die menschliche Natur lasse sich nun mal nicht ändern. Und was «der Mensch» ist, behauptet die liberale Denkschule genau zu wissen: ein Tier, dessen Wesen nicht durch die von Menschen gestaltete soziale Welt geprägt, sondern durch die Gene determiniert ist, eine von Eigeninteresse angetriebene Rech-enmaschine. Mit diesem homo oeconomicus ist natürlich nur eine Gesellschaft der pri-vaten Eigentümer denkbar, deren Beziehungen allein durch «freie, ungehinderte Konkurrenz» geregelt sind. [...]
[...] Dennoch, eine Revolution der Anthropologie als der Wirtschaft vom
Menschen ist angesagt: «Das menschliche We-sen ist kein dem einzelnen Individuum innewohnendes Abstraktum. In seiner Wirklichkeit ist es das Ensemble der gesellschaft-lichen Verhältnisse» (Feuerbach-These).
Der Mensch ist also, anders als es die liberale Lehre des Individualismus will, das Produkt einer historischen Entwicklung. In dieser
ge-sellschaftlichen Menschenwelt, und nicht in der Welt des Genom, bildet sich zum Beispiel die menschliche Sprache heraus. [...] Und nur hier entstehen auch unsere höhe-ren psychischen Funktionen und sozialen Fähigkeiten.
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462
In allen Zivilisationen beginnt die Wissenschaft und Kunst mit dem Sammelsurium der Kuriositäten. Die Beschäftigung mit dem Geheimnisvollen, dem Unerklärten, das ästhetische Gefühl, das nach geheimnisvollen, bizarren Formen sucht, nach Muschelschalen, Steinen, Zähnen oder Hauern, nach fossilen Abdrücken, gehört sicher einer der tiefsten Schichten des menschlichen Verhaltens an; es ist die erste ästhetische Empfindung schlechthin.
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463
Reisende, die von den Japanischen Inseln zu-rückgekehrt, berichten von bestimmten, unter dem Namen Koan bekannten, religiösen Rätseln, deren vielleicht berühmtestes gerade die Frage betrifft — ob nämlich
ein Hund die Beschaffenheit des göttlichen Buddha besitzt. Eine Antwort, die ein ge-wisser, höchst erleuchteter Meister darauf gegeben, lautet: «Mu!»
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Wenn du nicht fliegen kannst, lauf. Wenn du nicht laufen kannst, geh. Wenn du nicht gehen kannst, krabble, aber beweg dich weiter.
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465
«Heil... , heil... , heil... ! Ja wie heißt er denn nur — ich kann mir einfach den Namen nicht merken.»
«Wie gut ist es doch, dass der Führer nicht Kräuter heißt.»
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466
In Abb. Ia sind verschiedene der üblichen Dar-stellungen eines Wassermoleküls H2O und
in Abb. Ic ein winziger Teil eines Wassertropfens abgebildet. Natürlich glaubt kein Chemi-ker, dass das Wassermolekül bzw. Eis so aussieht, denn die Messungen zeigen: Es gibt keine wirkliche Begrenzung der Moleküle nach aussen, wiederum keine voneinander separierten Atome in den Molekülen; es
gibt keine Eigenfarbe, und die Teilchen sind
in ständiger Bewegung — Schwingungen, Rotation und Translation.
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467
Das Nicht-Wissen entblösst. Dieser Satz
ist der Gipfel, muss aber so verstanden werden: es entblösst, doch ich sehe, was das Wissen bis dahin verbarg, aber wenn ich
es sehe, weiss ich es. Am Ende weiss ich, aber was ich wusste, entblösst das Nicht-Wissen von neuem.
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468
Ein ganz witziger Vogel ist der Satin Bowerbird, der Seidenlaubenvogel. This guy baut aus Zweigen eine Laube, ein kleiner Tunnel mit zwei Spalieren, und schmückt dessen Ein-gang mit blauen Gegenständen: blaue Fe-dern, blaue Steinchen, aber auch blaues Plastikzeugs wie Glacélöffelchen, Mineralwasserdeckel, ja eine blaue Füllfeder war in einem der Bauer zu finden. Als farbbewusster Gestal-ter setzt er am Schluss einen Akzent mit einer orangen oder gelben Beere. Ein dominantes Männchen unterhält mehrere solcher Einrichtungen und pflegt und verteidigt sie das ganze Jahr durch gegen Eindringlinge und Rivalen, denen er die schönsten Blaustücke zu stehlen sucht. Zur Balzzeit lockt der Seidenlaubenvogel das Weibchen durch Präsentation seiner Reichtümer, kleinen Tänzen und einem für unsere Ohren eher schnarrenden Gesang in die Laube und rennt wenn sie drin ist schnell um den Bauer herum und schon ist’s geschehen.
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469
Wir mögen noch so oft betonen, der mensch-liche Intellekt sei kraftlos im Vergleich zum menschlichen Triebleben, und recht damit haben. Aber es ist doch etwas Besonderes um diese Schwäche; die Stimme des Intellekts ist leise, aber sie ruht nicht ehe sie sich Gehör verschafft hat. Am Ende, nach unzähligen, oft wiederholten Abweisungen, findet sie
es doch. Das ist einer der wenigen Punkte, in denen man für die Zukunft der Menschheit optimistisch sein darf, aber es bedeutet an sich nicht wenig.
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470
Es ist nicht ganz unberechtigt, beim «Zerbrochnen Krug» von einem Volksstück zu sprechen. Analysiert man es allerdings, stellt man fest, dass da eine unglaubliche Kunstfertigkeit am Werke ist. Was gesprochen wird, ist alles in einen fünffüssigen Jambus ein-gebunden, der manchmal auf einer einzigen Verszeile bis zu fünf Repliken vereint — jeder Sprecher sagt immer nur ein einziges Wort
in diesem Jambus. Auch die Gedankengänge sind äusserst kompliziert und alles andere als volkstümlich. Aber sie kehren seltsamerweise in einer nicht genau beschreibbaren Form zu einer Naivität zurück. Da ist Kleist etwas Wunderbares gelungen, das er übrigens in seinem Aufsatz Über das Marionettentheater erörtert. Er beschreibt dort, dass wir vieles, was wir ganz selbstverständlich machen, im Augenblick, da wir anfangen,
es zu überlegen und zu durchdenken, plötzlich nicht mehr zu tun in der Lage sind.
Den Schauspielern stellt sich dieses Problem in besonderem Masse. Sie müssen ja Dinge sehr bewusst tun, aber den Zuschau-ern vormogeln, dass sie sie ganz normal,
natürlich tun. Kleist beschreibt den Charme von Marionetten, die an Drähten gezogen werden und bei denen man genau sieht, dass ihre Bewegungen nur mechanisch aufgebrochene Bewegungsabläufe sind, die trotzdem einen grossen Reiz haben. Er fordert
in seinem Aufsatz, dass der Schauspieler durch diese Phase der Bewusstmachung laufen muss und dann sozusagen eine zweite Naivität erreicht, indem er die Durchdringung der theoretischen oder formalen oder abstrakten oder bewussten Aspekte einer Tätigkeit oder Bewegung auf die Spitze treibt und sich von diesem Punkt aus in der Lage sieht, plötzlich wieder ganz naiv und «natür-lich» zu wirken.
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471
Als Alain Badiou einmal bei einem meiner Vor-träge im Publikum sass, fing plötzlich sein Handy an zu klingeln (und was noch schlimmer war: Es war mein Handy — ich hatte
es ihm geliehen). Anstatt es abzuschalten, un-terbrach er mich sachte und bat mich, doch bitte ein wenig leiser zu sprechen, damit
er seinen Gesprächspartner am Telefon besser verstehen könnte. [...] Wenn das, was Alain tat, kein Akt wahrer Freundschaft war,
dann weiss ich nicht, was Freundschaft ist.
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472
Darum sind Wiederholung und Differenz,
die letztlich den Denkraum der Sichtbarkeit und Anwesenheit [...] bestimmen, ab-hängig voneinander und wird die Geschichte der Kunst nicht durch ständige Innovation bis zu ihrer Apokalypse vorwärtsgetrieben, sondern durch die Kraft «diskreter Verwegenheit» und «besonnenen Wagemuts». Ziel ist die von Gilles Deleuze gedachte Dezen-trierung, die Individualisierung von Minoritä-ten im atmosphärischen Raum und die Wiederholung als Entstehungsform des Neuen: «Wir lernen nichts von dem, der uns sagt: Mach es wie ich. Unsere Lehrer sind einzig diejenigen, die sagen: Mache es mit mir zusammen, und die, anstatt uns bloss Reproduktion von Gesten abzuverlangen, Zeichen auszusenden vermochten, die man im Heterogenen zu entfalten hat».
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473
Ich stelle Wasser für einen Becher Kaffee
auf, ich schneide eine Scheibe Brot vom Laib
herunter und bestreiche sie mit Butter. Zusammen mit einer Tomate lege ich das Brot auf den Teller und stelle ihn auf meinem
Arbeitstisch ab. Das Bild der kleinen Mahlzeit inmitten der Papiere und Arbeitsgeräte gefällt mir. Ich stelle den vollen Kaffeebe-cher daneben: die Schere liegt neben dem Teller, der Kaffeebecher steht neben dem Leimtopf, das Rot der Tomate leuchtet neben dem weissen Papier. Alles ist mit allem verknüpft: Arbeit, Stille, Essen. Leben, Kunst. Ich muss das Bild fotografieren. Der Titel des Fotos könnte sein: Die Unmöglichkeit der Tren-nung vom Tisch. Ich hole den Fotoapparat aus dem Schrank, aber im Augenblick, als ich fotografieren will, fällt mir ein, dass mein Kaffee-Brot-und-Arbeit-Bild, indem ich es fotografiere, schon wieder ein Bild für andere wird. Aber das Bild braucht kein Publikum! Für Augenblicke bin ich dem Ausdruck einer neuen Kunst näher als sonst: wir brauchen zufällige, abräumbare und persönliche Kunstwerke, die einzelnen Menschen antworten.
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474
Im Er-staunen, der Grundstimmung des ersten Anfangs, kommt das Seiende erstmals zum Stehen in seiner Gestalt. Im Erschrecken, der Grundstimmung des andern Anfangs, enthüllt sich hinter aller Fortschrittlichkeit und Beherrschung des Seienden die dunkle Leere der Ziellosigkeit und das Ausweichen von den ersten und letzten Entscheidungen.
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Menschen zeigen eine unbewusste Tendenz, Haltungen oder Bewegungen eines Gegenübers spontan zu imitieren: So müssen wir unweigerlich gähnen, nur weil wir jemanden hemmungslos gähnen sehen. Fütternde öffnen im Blickkontakt mit einem Kleinkind selbst den Mund, wenn sie den Löffel zum Mund des Kindes führen. Sie wissen intuitiv, dass sich dadurch die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass das Kind nun seinerseits den Mund öffnen wird. [...]
[...] Die Beobachtung einer, durch einen anderen vollzogenen Handlung aktiviert im Beobachter ein eigenes neurobiologisches Programm, und zwar genau das Programm, das die beobachtete Handlung bei ihm selbst zur Ausführung bringen könnte. Nervenzellen, die im eigenen Körper ein
bestimmtes Programm realisieren können, die aber auch dann aktiv werden, wenn
man beobachtet oder auf andere Weise miterlebt, wie ein anderes Individuum dieses Programm in die Tat umsetzt, werden als Spiegelneurone bezeichnet. Nicht nur die Be-obachtung, jede Wahrnehmung eines Vorgangs, der bei andern abläuft, kann im Gehirn des Beobachters Spiegelneurone zum Feuern bringen. [...]
[...] Bei der Ausführung einer Aktion geht das Gehirn ähnlich vor wie Asterix
und Obelix: Den Plan haben die Handlungsneurone, die intelligenten Asterix-Nervenzellen der prämotorischen Hirnrinde. Die konkrete Ausführung erfolgt durch die Bewe-gungsneurone (Obelix). [...]
[...] Was ein Mensch beobachtet, wird auf der eigenen neurobiologischen Tastatur in Echtzeit nachgespielt. Eine Beobachtung löst also in einem Menschen eine Art innerer Simulation aus. [...] Diese Resonanz
der Spiegelneuronen bahnt in ihm auch eine Handlungsbereitschaft. [...]
[...] Aus neurobiologischer Sicht be-steht aller Grund zur Annahme, dass kein Apparat und keine biochemische Methode den emotionalen Zustand eines anderen Menschen jemals so erfassen und beeinflussen kann, wie es durch den Menschen selbst möglich ist. [...]
[...] Was die Gene bereitstellen, ist eine fantastische neurobiologische Grundaus-stattung. Die Entfaltung dieser Grundausstattung ist nur im Rahmen von zwischenmenschlichen Beziehungen möglich, und zwar im unmittelbaren Kontakt. Empathie ist nicht angeboren. [...]
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Bei Personen, die fest zu unserer sozialen Welt gehören oder mit denen wir das Leben ein Stück weit teilen, bleibt es nicht dabei, dass wir in Momenten der Begegnung spüren, was in ihnen vorgeht. Das Resonanzmuster, das Nahestehende in uns hervorrufen, wird innerhalb von kurzer Zeit zu einer festen
Installation. Es entsteht eine dynamische innere Abbildung eines Menschen, kom-poniert aus seinen lebendigen Eigenschaften: seinen Vorstellungen, Empfindungen, Körpergefühlen, Sehnsüchten und Emotionen. Über eine solche innere Repräsentation einer nahe stehenden Person zu verfügen heisst, so etwas wie einen weiteren Menschen in sich zu haben. Denn einen haben wir ja schon in uns: die neurobiologische und psychische Repräsentation des eigenen Selbst. Sie bezieht ihr Wissen über sich selbst keineswegs nur aus eigenen Quellen, sondern auch aus der Summe jahrelanger Rückmeldungen, wie andere uns erleben und für was sie uns halten. Um so wichtiger ist die Frage, wie wir beides auseinander halten, unser Selbst und die Repräsentationen anderer Menschen. [...]
Der berühmte Seelenforscher Otto F. Kernberg hatte also Recht, als er einst einen überfüllten Hörsaal von Studenten mit der Bemerkung zum Lachen brachte: «Wenn zwei miteinander schlafen, sind mindestens vier oder mehrere Personen beteiligt.»
Niemand weiss, wer wir wären, wenn wir nicht über Repräsentationen wahrgenommen werden würden. Zwischenmenschliche Wahrnehmung geschieht immer über die Bildung von Repräsentationen. Eine objektive Wahrnehmung gibt es nicht. Auch psychiatrische Fragebogen können hier nicht helfen, denn sie werden sowohl von Menschen ge-macht als auch von ihnen ausgewertet. Was wir aus solchen scheinbar objektiven Fragebogen herauslesen, ist genau das, was wir bei seiner Konstruktion hineingelegt haben. Das beste Instrument, um einen anderen Menschen wahrzunehmen, ist die Repräsen-tation, die sich ein empathischer anderer Mensch von ihm macht. [...] Im Antlitz
des anderen Menschen begegnet uns unser eigenes Menschsein. [...]
[...] Wir sind auf den Empfang einer Mindestdosis von verstehender Resonanz angewiesen, das ist ein elementares biologi-sches Bedürfnis. Ohne diesen gemeinsamen Verständnisraum kann das Krankheit, im
Extremfall den Tod bedeuten. Ausgrenzung,
Ausschluss, Mobbing. Der Staufer-Kaiser Friedrich II. (1194 – 1250) liess Kinder
von Ammen aufziehen, denen es verboten war, mit ihnen zu sprechen. Er wollte her-ausfinden, welche Sprache diese Kinder sprechen würden. Sie starben. [...]
Leider gibt es einen hohen Anteil
von psychopathischen Persönlichkeiten unter den Führungseliten.
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«[...] damit alles sich leichter einpräge, möge man alle möglichen Sinnestätigkeiten heranziehen». (Comenius)
«Lernen am Modell»-Experimente zei-gen, dass die Beobachtung einer bestimmten Handlung die Fähigkeit verbessert, diese Handlung selber auszuführen. Zu beobachten, wie ein anderer sich ein Problem vom Hals schafft, eine Apparatur bedient oder emotional mit einer brisanten Aufgabe umgeht, kann ein entscheidender Beitrag für meine eigenen Kompetenzen sein. Neurobiologisch gesehen ist beim «Lernen am Modell» die zwischenmenschliche Beziehung von überragender Bedeutung. Jede Aktivität, die nicht von einem lebenden Individuum ausgeführt wird, sondern von einem Instrument, einem Apparat oder Roboter, wird von den Spiegelzellen eines Beobachters verweigert. Die persönliche Unterweisung ist eine entscheidende Komponente. Wirkliches und ge-sichertes Wissen, aber auch Motivation
entstehen erst durch das handelnde und füh-lende Ausprobieren. Es ist neurobiologisch eine völlig unsinnige Strategie, Schülergrup-pen eigenständig neuen theoretischen
Stoff mit Hilfe eines Lehrbuches erarbeiten zu lassen. [...]
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478
Lebewesen haben in der Tat ihre eigenen Ge-setze. Ihr eigenes Verhalten folgt jedoch nicht physikalischen oder chemischen Regeln. Das Verhalten biologischer Systeme ist, indem es sich fortlaufend an Signalen orientiert, immer gerichtet. Welche Schlüsse ein Lebewesen aus einem erhaltenen Signal zieht, ist das Ergebnis eines biologischen Selbstorganisationsprozesses. Was das Terrain des «freien Willens» betrifft: Er (der Mensch) kann sich die eigene Person und die Welt nicht neu erfinden, sondern ist zunächst einmal an die Gesamtheit der im eigenen Gehirn gespeicherten Programme für Handeln, körperliche Empfindung und emotionales Fühlen gebunden. Hier tut sich ihm allerdings ein beachtliches Terrain auf. Mehrere Reaktionsprogramme sind möglich. In die Entscheidung gehen drei wesentliche Aspekte ein:
1) Das erste Kriterium ist die biologi-sche und emotionale Situation des eigenen Körpers.
2) Ein zweiter ist der Wunsch, Bindungen zu sichern und massgeblichen Bezugs-personen in Liebe verbunden zu bleiben.
3) Ein dritter Aspekt sind Fragen des sozialen Ranges, bzw. der sozialen Anpassung.
Der freie Wille ist also das Resultat eines Selbstorganisationsprozesses. Das Verhalten biologischer Systeme ist nicht
die Wirkung einer Ursache, sondern das Ergebnis eines inneren Selbstorganisationsprozesses.
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In einer Szene des Films Trennung mit Hindernissen fragt Vince Vaughn seine Partnerin Jennifer Aniston genervt: «Du hast gesagt, ich soll dir beim Abwaschen helfen, und jetzt helfe ich dir — wo ist das Problem?» Sie
antwortet: «Ich möchte nicht, dass du mir beim Abwaschen hilfst — ich möchte, dass
du mir beim Abwaschen helfen willst!» Das ist die minimale Reflexivität des Begehrens, seine «terroristische» Forderung: Ich will nicht nur, dass du tust, was ich will, sondern dass du es so tust, als ob du es wirklich tun wolltest — ich will nicht nur dein Tun bestimmen, sondern auch dein Begehren. [...] Und damit sind wir bei der Höflichkeit. [...]
[...] Bei einem vornehmen Dinner
fragt Borat im gleichnamigen Film, seine Gast-geber nach der Toilette, sucht sie auf und kommt dann mit seiner fein säuberlich
in einer Plastiktüte verpackten Scheisse zu-rück, um die Hausherrin in gedämpftem
Ton zu fragen, wo er sie hintun könne. Das ist eine beispielhafte Metapher einer wahrhaft subversiven politischen Geste: Man präsentiert den Mächtigen einen Beutel voll Scheisse und fragt sie höflich, wie man ihn loswerden kann.
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480
Ein Mann, der sich für ein Samenkorn hält, wird in eine psychiatrische Anstalt eingeliefert, wo die Ärzte ihr Bestes tun, um ihn davon zu überzeugen, dass er kein Korn, sondern ein Mensch ist; als er dann allerdings als
ge-heilt (also überzeugt, dass er ein Mensch und kein Samenkorn ist) entlassen wird, kommt er umgehend und vor Angst schlotternd zurück — da sei ein Huhn vor der
Tür, und er habe Angst, dass es ihn aufpicken könnte. «Guter Mann», sagt darauf der
Arzt, «Sie wissen doch ganz genau, dass Sie ein Mensch und kein Samenkorn sind.» — «Natürlich weiss ich das», erwidert der Patient, «aber weiss das das Huhn auch?»
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481
Vor einigen Jahrzehnten starteten Deutschnationale in Kärnten, dem südlichsten
Bundesland Österreichs, das an Slowenien grenzt, eine Kampagne gegen die angebliche slowenische «Bedrohnung» unter dem Motto «Kärnten bleibt deutsch!», auf das Österreichs Linke eine perfekte Antwort fand. An-statt rational dagegen zu argumentieren, gaben sie in den grössten Tageszeitungen eine Anzeige mit obszönen, ekelhaft klin-genden Variationen des nationalistischen Mot-tos: «Kärnten deibt bleutsch! Kärnten leibt beutsch! Kärnten beibt dleutsch!» Kann
sich dieses Vorgehen nicht mit der obszönen, «analen», sinnlosen Rede der Hitler-
Figur Hynkel aus Chaplins Der grosse Diktator messen?
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482
Die Idee stammte natürlich von Duchamp. Nur ein ready-made aus seiner Zeit in Buenos Aires existiert noch oder hat über-lebt. Dabei war sein ganzes Leben ein ready-
made, also eine Art, das Schicksal zu besänftigen und gleichzeitig Alarmsignale aus-zusenden. Calvin Tomkins schreibt dazu: Als Hochzeitsgeschenk r seine Schwester Suzanne und seinen nahen Freund Jean Croi, die am 14. April 1919 in Paris heirateten, wies Duchamp das Paar in einem Brief an, ein Geometriebuch auf dem Balkon
ihrer Wohnung an Bindfäden aufzuhängen,
damit der Wind «das Buch durchbläern, sich seine eigenen Probleme aussuchen,
die Seiten umwenden und herausreissen» konnte. Wie man sieht, hat Duchamp
in Buenos Aires nicht nur Schach gespielt. Tomkins fährt fort: Dieses Unglückliche
ready-made, wie er es nannte, mag manchen Jungverheirateten als seltsam freudloses Hochzeitsgeschenk erscheinen, doch Suzanne und Jean hrten Duchamps Anwei-sungen frohgemut aus; sie machten ein Foto von dem offenen Werk, wie es in der Lu baumelt (der einzige Nachweis r das Werk, das, den Elementen ausgesetzt, nicht überdauerte), und Suzanne malte später
ein Bild davon, das sie Le readymade malheureux de Marcel nannte. Duchamp erzählte Cabanne später: «Es amüsiert mich, die Idee von unglücklich und glücklich in die ready-mades einzubringen, und dann der Regen, der Wind, die flaernden Seiten,
es war eine amüsante Idee. [...] Tomkins fährt fort: Einem Interviewer sagte Duchamp in späteren Jahren, es habe ihm Spass ge-macht, «die Ernsthaigkeit eines Buches voller Prinzipien» herabzusetzen, und einem anderen deutete er an, dem Weer ausgesetzt habe «das Traktat endlich ein bisschen was vom Ernst des Lebens begriffen».
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483
Die Welt ändert sich nicht. Das ist der Kern von Dürrenmatts konservativem Credo. [...] Alle Systeme, die mit dem Versprechen
der Weltverbesserung auftreten und daraus
das Recht ableiten, die Menschen ihren
Gesetzen zu unterwerfen, müssen entlarvt, notfalls gesprengt werden.
In diesem Akt des Aufbrechens aller installierten Ordnungen aber kann für einen Moment eine Wahrheit sichtbar werden,
die ausserhalb aller Erlösungslehren, aller Dogmen, aller Institutionen liegt. Diese Wahr-heit ist vorwissenschaftlich, weil sie mit
den Mitteln der Wissenschaft nicht zu erfassen ist. Was ausserhalb der systematischen Theorie liegt, ist, wenn es für uns trotzdem zur Erfahrung wird, ein Ereignis des Mythos. Mythos nicht als Legende oder Märchen
— so wie das Wort heute in den Medien gebraucht —, sondern Mythos als die Erscheinung von Zeichen, die mich überwältigen ohne Beweise und Gründe. Wenn bei Dürren-matt die installierten Ordnungen ironisiert werden oder in die Luft fliegen, wenn sie
abgefackelt werden wie das grosse Hotel
im «Durcheinandertal», dann ist das immer verbunden mit einem in diesem Sinne
mythischen Signal.
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484
Dürrenmatt hat in der späten Erzählung «Der Auftrag» die grandiose Theorie entwickelt, die Menschheit habe es nicht mehr ausgehal-ten, immerzu von oben, von Gott, beobachtet zu werden, und habe deshalb diesen Gott abgeschafft. Jetzt aber halte sie es auch nicht aus, dass sie von niemandem mehr ge-sehen werde und gewissermassen unter einem ausgestochenen Auge leben müsse. So installiere die Welt nun riesige Systeme der gegenseitigen Überwachung, aus ange-blich politischen Gründen, in Wahrheit aber, um dem Entsetzen des Nicht-mehr-gesehen-Seins zu entkommen.
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Kongo hat sich heute gewissermassen wieder in das Conradsche «Herz der Finsternis» verwandelt: niemand wagt es, das Thema frontal anzugehen. Der Tod eines Palästinen-serkindes aus dem Westjordanland, ganz
zu schweigen von einem Israeli oder einem Amerikaner, ist medial tausendmal mehr wert als der Tod eines namenlosen Kongolesen. Warum diese Ignoranz?
Am 30. Oktober 2008 berichtet Asso-ciated Press, Laurent Nkunda, der Rebellenführer, der die Hauptstadt einer östlichen Pro-vinz, Goma, belagert, habe gesagt, er wolle direkte Gespräche mit der Regierung führen über seine Einwände gegen einen Milliardendeal, der China im Austausch gegen den Bau einer Bahnstrecke und einer Autobahn Zugang zu den gewaltigen Bodenschätzen sichern würde. So problematisch (weil
neokolonial) dieser Deal auch sein mag, er stellt eine entscheidende Bedrohung der
Interessen lokaler Kriegsherren dar, weil sein Erfolg die infrastrukturellen Grundlagen
für die Demokratische Republik Kongo als einen funktionierenden, geeinten Staat schaffen würde.
Zuvor hatte im Jahr 2001 eine UN-Unter-suchung zur illegalen Ausbeutung natürlicher Ressourcen im Kongo gezeigt, dass
es bei dem Konflikt im Land hauptsächlich um den Zugang zu, die Kontrolle über und den Handel mit den fünf wichtigsten Bodenschätzen geht: Coltan, Kobalt, Kupfer, Gold und Diamanten. Laut dieser Studie beuten die lokalen Kriegsherren die Ressource des Landes «systematisch und systemisch» aus, insbesondere die Warlords aus Uganda und Ruanda (knapp gefolgt von jenen aus Simbabwe und Angola) hätten ihre Soldaten in eine Businessarmee verwandelt: Ruandas Armee habe innerhalb von 18 Monaten mindestens 250 Millionen Dollar mit dem Ver-kauf von Coltan verdient, das für die Produk-tion von Handys und Laptops benötigt wird. Der Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass der andauernde Bürgerkrieg und die Deinte-gration des Kongo «eine Win-Win-Situation für alle Kriegsteilnehmer geschaffen habe. Der einzige Verlierer dieses riesigen geschäftlichen Unterfangens ist das kongolesische Volk».
Hinter der Fassade ethnischer Konflikte entdecken wir also die Konturen des globalen Kapitalismus. [...]
[...] Die Tatsache, dass der belgische König Leopold, der die Kongogreuel vor
hundert Jahren zu verantworten hatte, ein grosser Philantrop war und die Wertschätzung des Papstes genoss, lässt sich nicht als blosse ideologische Heuchelei oder als Zynismus abtun. Wahrscheinlich war er, subjek-tiv betrachtet, wirklich ein aufrechter Menschenfreund, der sogar in Massen versuchte, den katastrophalen Folgen des ökonomischen Riesenprojekts der rücksichtslosen Ausbeutung der natürlichen Ressourcen des Kongo, dem er vorstand (der Kongo war sein Privatbesitz!), entgegenzuwirken —
die ultimative Ironie ist, dass sogar der Gross-teil der Gewinne aus diesem Unterfangen dem belgischen Volk zugute kam, weil damit öffentliche Werke, Museen usw. finanziert wurden.
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486
Das Programm der kaiserlich-japanischen Armee zur Herstellung biologischer Waffen von 1932 bis 1945 wurde an einer Forschungs-einrichtung namens «Einheit 731» durch-geführt, die sich in Beiyinhe in der Nähe der Stadt Harbin in der japanisch besetzten Mandschurei befand. Das Ausmass dieser Operation lässt Josef Mengele wie einen kleinen Landarzt erscheinen: Das Ganze um-fasste einen Komplex von 150 Gebäuden,
in denen sich Hunderte von Medizinern, Kran-kenschwestern und Wissenschaftlern am Massenmord an etwas 580 000 Männern, Frauen und Kindern beteiligten, die entsetzlichen Experimenten ausgesetzt wurden, darunter Vivisektionen am lebenden Körper, künstlich ausgelösten Krankheiten, Erfrierungen, grauenhaften simulierten Kriegsver-wundungen, Flüssigkeitsentzug, Bluttrans-fusionen von Tieren zu Menschen und Luftdrucktests (um etwa herauszufinden, bei welchem Druck die Augen aus ihren Höhlen springen). Geleitet wurde das Programm von dem Arzt und Mikrobiologen Shiro Ishii, der sein Werk das «geheimste Geheimnis» nannte. Die grosse Mehrheit der Täter wurde nach der Niederlage Japans nie als Kriegsverbrecher angeklagt; die US-Behörden hiel-ten Shiro Ishiis Forschungsprogramm für
zu wertvoll, so dass Dutzenden Forschern der Einheit 731 und auch Ishii selbst Straffreiheit zugesichert wurde. Es ist dokumentiert, dass Ishii nach dem Krieg in den USA Vor-lesungen hielt und dass er sowie andere For-scher der Einheit 731 nach Südkorea gingen, um die amerikanische Armee in Fragen
der biologischen Kriegsführung zu beraten.
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487
Bei der Unesco macht sich inzwischen Unruhe breit: «Auf lange Sicht könnte die Nano-medizin eine grundlegende Verwandlung der menschlichen Gattung herbeiführen. Die Anstrengungen, die die Menschheit unternimmt, um sich zu verändern, wie und wann sie will, könnte in eine Situation münden,
in der es nicht mehr möglich ist, von «Menschen» zu sprechen.» Eine vom Homo sapiens 2.0 bevölkerte transhumane Welt stünde am Beginn eines neuen Zeitalters,
in dem posthumane Menschen mit einem
künstlich gesteigerten physischen und intellektuellen Leistungsvermögen lebten. Da-neben gäbe es dann die Menschen zweiter Klasse, die mit ihrer herkömmlichen Ausstattung vorliebnehmen müssten und sich an den Rand gedrängt fänden. [...]
[...] Der Informatiker und Visionär Raymond Kurzweil sieht in der Verflechtung von Nanotechnologie, Genetik und Robo-tertechnik eine grosse Gefahr für die Mensch-heit. Ein terroristischer oder militärischer Anschlag mittels Nanorobotern, die ausser Kontrolle geraten und zu krankheitserregen-den molekularen Strukturen, der soge-nannten grauen Schmiere (grey goo), werden könnten, hätte laut Kurzweil das Potential, innerhalb einiger Tage die gesamte Zivilisation zu vernichten.
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488
Was ist seit Urzeiten noch nie geschehen? Eine Frau furzt in den Schoss ihres Mannes. Was soll das, fragen sie sich.
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489
Ich werde jetzt anfangen, mit dem Anfang und mit dem Ende zugleich. Denn ich habe mit dem Ende angefangen, als ob es der Anfang wäre. [...]
[...] Als ob das Ende der Arbeit am Ursprung der Welt stünde. [...]
[...] Jeremy Rifkin spricht in seinem Buch Das Ende der Arbeit und ihre Zukun von der «Dritten industriellen Revolution». Eine Revolution, die ein gewaltiges Potential berge, das «einen guten oder einen schlech-ten Ausgang nehmen» könnte: «Die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien verfügen über das Potential zur Befreiung wie zur Destabilisierung der Zivilisation.» [...] Das Buch beschäftigt sich
mit den technologischen und den marktorientierten Kräften, durch die wir uns auf
die Schwelle einer beinahe arbeitslosen Welt zu bewegen. [...] Es kommt in der Tat etwas Schwerwiegendes auf uns zu, mit dem geschieht oder zu geschehen im Begriff ist, was wir «Arbeit», «Tele-Arbeit», «virtuelle Arbeit» nennen — also auch mit dem In-der-
Welt-Sein dessen, was wir noch Mensch nennen. Zuzugestehen ist auch, dass dies weitgehend mit einer techno-wissenschaftlichen Mutation zusammenhängt, von der
in der Cyber-Welt, der Welt des Internet,
der Welt der E-Mail und des Mobiltelefons die Tele-Arbeit und die Virtualisierung der Arbeit ebenso affiziert werden wie — in eins mit der Kommunikation des Wissens, in eins mit jedem Mit-Teilen, jeder Vergemeinschaftung, jeder «Gemeinschaft» — die Erfahrung des Ortes, der Stätte und des Werkes, mit einem Wort: die Erfahrung dessen, was geschieht, eintri oder ankommt. [...]
Die dritte technologische Revolution ist ein absoluter Umbruch. Die beiden ersten Revolutionen — die des Dampfes, der Kohle, des Stahls und des Textils im 19. Jahrhundert, die der Elektrizität, des Erdöls und des Automobils im 20. Jahrhundert — hatten
zu keinem radikalen Bruch in der Geschichte der Arbeit geführt. [...] In der dritten Revolution scheint es keine vierte Zone mehr zu geben, in der die Arbeitslosen mit Arbeit versorgt werden können. Eine völlige Sättigung durch Maschinen kündigt das Ende
des Arbeiters, also ein gewisses Ende der Arbeit an. [...]
[...] nur eine einzige Kategorie von Arbeitern (bleibt) verschont, die des «Wis-sens»: «eine Elite von Unternehmern, Wissen-schaftlern, Ingenieuren, Programmierern, professionellen Ausbildern und Beratern». [...] Die Opfer jener Entwicklung leiden entweder darunter, dass es ihnen an einer Arbeit fehlt, die sie bräuchten, oder dar-unter, dass sie zuviel arbeiten für den Lohn, den sie auf einem Weltmarkt, auf dem eine zutiefst gewalttätige Ungleichheit herrscht, im Austausch für die Arbeit erhalten. Diese kapitalistische Situation [...] ist in absoluten Zahlen tragischer, als sie es in der Geschichte der Menschheit je war.
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490
Die neuen Humanities müssen sich 1. Der Geschichte des Menschen widmen, der Idee des Menschen, der Figur des Menschen
und des «Menschen Eigenen» (und einer nicht abgeschlossenen Reihe von Gegensätzen, durch die der Mensch definiert wird, nament-lich dem überlieferten Gegensatz zwischen dem Lebewesen «Mensch» und dem Lebewesen «Tier»). [...] Die dringlichste Aufga-be wäre in diesem Zusammenhang die Pro-blematisierung [...] der Geschichte der Erklärung der Menschenrechte [...] und der Geschichte des Begriffs «Verbrechen gegen die Menschlichkeit». [...] 2. Diese neuen Humanities müssen sich, im selben Stil, der Geschichte der Demokratie und der Idee
der Souveränität widmen [...] und 3. der Ge-schichte der «professer» — «öffentlich erklären», «ausüben», «lehren» –, der «profes-sion» — Beruf, öffentliche Erklärung, Sichbe-kennen zu [...] — und der Professur 4. der Geschichte der Literatur, ihrem Verhältnis zu Fiktion und zur performativen Kraft des «als ob», ihrem Begriff des Werks, des Autors, der Signatur, der Nationalsprache, ihrem Bezug zu jenem Recht, alles zu sagen [...] 5. der Geschichte der profession — des Be-rufs, der öffentlichen Erklärung, des Sichbekennens zu [...] —, der profession de
fois — des Glaubensbekenntnisses [...] als nicht bloss die Anwendung eines Wissens,
in das man seinen Glauben setzt, [...], son-dern singuläre Werke, andere Strategien des «als ob» zeitigt, bei denen es sich um Er-eignisse handelt, die die Grenzen des akademischen Bereichs unberührt lassen. [...] 6. Diese neuen Humanities müssten sich schliesslich, im selben Stil, aber im Zuge einer furchteinflössenden, zugleich kritischen und dekonstruktiven reflexiven Wendung der Geschichte des «als ob» widmen. [...] 7. Lasse ich vielleicht am Ende eben das kom-men, das geschehen, was geschieht und, indem es geschieht stattfindet oder eine Stätte einnimmt, nichts anderes umstürzt, revolutioniert, über den Haufen oder aus
der Bahn wirft, als die Autorität [...] 1. des Wissens [...], 2. der Profession als Erklärung oder Glaubensbekenntnis [...], 3. des Ins-Werk-Setzens des «als ob». [...]
[...] Was ist das, was geschieht, stattfindet, hereinbricht, was ist, im allgemei-nen, das, was man Ereignis nennt? [...]
[...] Falls es sie gibt, die singuläre Er-eignishaftigkeit dessen, was geschieht
und (mit) mir geschieht, oder dessen, der da
unversehens kommt und über mich kommt, wenn es also dergleichen gibt, dann setzt
es einen Einbruch oder einen Ausbruch vor-aus, der den Horizont sprengt, der jede
performative Regelung, jede Vereinbarung und jeden von einer Konventionalität beherrschbaren Kontext unterbricht. Was nichts anderes heisst, dass dieses Ereignis einzig dort stattfindet, wo es sich von keinem «als ob», zumindest von keinem bereits lesbaren, entzifferbaren und als solches artikulier-baren «als ob» bändigen lässt [...] — dass also dieses kleine Wort «als» der Name des eigentlichen Problems, um nicht zu sagen: die Zielscheibe, der Dekonstruktion ist. [...]
[...] Wie ich häufig zu zeigen
versucht habe, kann einzig das Unmögliche geschehen.
Auf denselben Gedanken stützt sich auch meine wiederholte Erinnerung daran, dass die Dekonstruktion unmöglich oder
das Unmögliche und dass sie keine Methode, keine Lehre, keine Meta-Philosophie sei,
son-dern das, was geschieht.
Die Beispiele, durch die ich versucht habe, diesem Gedanken gerecht zu werden (die Erfindung, die Gabe, die Vergebung,
die Gastfreundschaft, die Gerechtigkeit, die Freundschaft etc.), bekräftigen sämtlich
ein Denken des unmöglichen Möglichen, des Möglichen als des Unmöglichen, ein Denken des Unmöglich-Möglichen. [...]
Und es ist in der Tat der Sinn des Sinns, der hier in Frage steht.
FF
491
Ich habe den Begriff «Übergangsobjekte» und «Übergangsphänomene» eingeführt, um einen «intermediären Raum» zu kennzeichnen, den Erlebnis- und Erfahrungsbereich, der zwischen dem Daumenlutschen und der Liebe zum Teddybär liegt, zwischen der oralen Autoerotik und der echten Objektbeziehung, zwischen der ersten schöpferischen Aktivität und der Projektion dessen, was
bereits introjiziert wurde, zwischen frühester Unkenntnis einer Dankespflicht und der Kenntnisnahme dieser Verpflichtung («sag: danke!»).
Nach dieser Definition gehören das Lallen des Säuglings und das Sich-in-den-Schlaf-Singen als Übergangsphänomene ebenso in den intermediären Bereich wie
die Verwendung von Objekten, die nicht
Teil des kindlichen Körpers sind, jedoch noch nicht als zur Aussenwelt gehörig erkannt werden.S. 11 [...]
[...] Sobald der Mensch die Phase er-reicht hat, in der er sich als abgegrenzte Einheit, ein Innen und ein Aussen erlebt, ver-fügt er damit auch über eine innere Realität, eine innere Welt, die reich oder arm, friedlich oder mit sich selbst zerfallen sein kann. [...]
Meines Erachtens ist noch ein dritter Aspekt notwendig. Dieser dritte Bereich des menschlichen Lebens, den wir nicht ausser Acht lassen dürfen, ist ein intermediärer Be-reich von Erfahrungen, in den in gleicher Weise innere Realität und äusseres Leben ein-fliessen. Es ist ein Bereich, der kaum in Frage gestellt wird, weil wir uns zumeist damit
begnügen, ihn als eine Sphäre zu betrachten, in der das Individuum ausruhen darf von den lebenslänglichen menschlichen Aufgaben, innere und äussere Realität vonein-ander getrennt und doch in wechselseitiger Verbindung zu halten. [...]
[...] Ich möchte hier die Aufmerksam-keit auf ein Stadium lenken, das zwischen der völligen Unfähigkeit und der wachsenden Fähigkeit des Kleinkindes liegt, die Realität zu erkennen und zu akzeptieren. Deshalb un-tersuche ich das Wesen der Illusion, die
dem Kleinkind zugebilligt wird und im Leben des Erwachsenen einen bedeutenden
Anteil an Kunst und Religion hat.S. 11 – 12 [...]
[...] Wir behaupten nun, dass die Akzeptierung der Realität als Aufgabe nie ganz abgeschlossen wird, dass kein Mensch frei von dem Druck ist, innere und äussere Realität miteinander in Beziehung setzen zu
müssen, und dass die Befreiung von diesem Druck nur durch einen nicht in Frage gestell-ten intermediären Erfahrungsbereich (Kunst, Religion usw.) geboten wird. Dieser intermediäre Bereich entwickelt sich direkt aus dem Spielbereich kleiner Kinder, die in ihr Spiel «verloren» sind. [...]
Einen Erwachsenen, der uns zumutet, seine subjektiven Phänomene als objektiv anzuerkennen, halten wir für geistesgestört. Gelingt es ihm aber, seinen persönlichen intermediären Bereich ohne diese Ansprüche zu geniessen, so können wir unseren eig-enen entsprechenden intermediären Bereich zur Kenntnis nehmen und freuen, wenn wir Überschneidungen entdecken; dies sind die gemeinsamen Erfahrungen mehrerer Mitglieder einer Gruppe auf dem Gebiete der Kunst. Der Religion oder Philosophie.S. 23 – 24 [...]
FF
492
Ich halte das Spiel r das Universale; es ist Ausdruck von Gesundheit. [...] Das
Spiel führt zu heftiger Erregung. Es ist jedoch hervorzuheben, dass es primär nicht des-halb erregend ist, weil Triebe am Spiel betei-ligt sind. [...]
[...] Kindliches Spielen enthält
alles. [...] Der entscheidende Augenblick ist der, in dem das Kind in Verwunderung gerät. [...] Es besteht eine direkte Entwick--lungsfolge von Übergangsphänomenen
zum Spielen, vom Spielen zum gemeinsamen Spielen und von hier zum kulturellen Er-leben.S. 52, 59, 62 – 63 [...]
[...] Natürlich wird niemals jemand in der Lage sein, den kreativen Impuls zu erklären. [...] In Freuds «Moses, sein Volk und die monotheistische Religion» (1939) steht in einer Fussnote, die ich für eine äusserst wichtige Einzelheit in Freuds Werk halte: «Das erste Individuum in der Menscheitsgeschichte», nennt ihn Breasted. [...]
[...] Wir können uns nicht einfach
mit Menschen früherer Zeiten identifizieren,
die sich ihrerseits mit der Gemeinschaft,
mit der Natur und mit unerklärlichen Phänomenen, wie Sonnenaufgang und -Untergang, Unwetter und Erdbeben, identifiziert haben.S. 82 – 83
FF
493
Ein weiterer Beitrag zum Thema Kreativität stammt von Melanie Klein (1957). Dieser Beitrag beruht auf ihrer Erkenntnis, dass ag-gressive Impulse und destruktive Phantasie aus den allerersten Phasen des kindlichen Lebens herrühren. Melanie Klein nimmt den Gedanken der Destruktivität des Kleinkindes auf, gibt ihm besonderes Gewicht und kommt aufgrund der Vorstellung, dass eroti-sche und destruktive Impulse als Zeichen einer gesunden Entwicklung miteinander ver--mischt werden, zu neuen und bedeutsamen Schlussfolgerungen. Ihre Darstellung schliesst das Konzept der Wiedergutmachung und Wiederherstellung ein. [...] Auch misst sie Schuldgefühlen eine zentrale
Bedeutung zu. Dahinter steht Freuds Grund-konzept der Ambivalenz als ein Aspekt in-dividueller Reife. [...]
Jahrelang schien Aggression in der psy-choanalytischen Metapsychologie auf
der Grundlage von Ärger erklärt zu werden.
Freud und Melanie Klein gehen beide
an dieser Stelle einer Schwierigkeit aus dem Wege und nehmen Zuflucht zur Veranlagung. Das Konzept des Todestriebes
kann als eine Erneuerung des Prinzips der Erbsünde beschrieben werden. Ich habe diese These auf-zustellen versucht, dass Freud und Klein damit die ganze Tragweite von Ab-hängigkeiten und damit von Umweltfaktoren anzuerkennen vermeiden. Wenn Abhängigkeiten wirklich Abhängigkeiten bedeuten, kann man die Geschichte des einzelnen Kindes nicht allein in Hinblick auf das Kind schreiben. Man hat ebenso die Umweltbedin-gungen zu berücksichtigen. [...] Es gilt zu beschreiben, auf welche Weise genügend gute Umweltbedingungen dem einzelnen in den allerfrühesten Entwicklungsphasen er-möglichen, mit der gewaltigen Erschütterung fertigzuwerden, seine Omnipotenz zu verlieren. Das «subjektive Objekt» wird mehr und mehr mit
objektiv wahrgenommenen Objekten in Beziehung gebracht; dies geschieht jedoch nur, wenn genügend gute Umweltbedingungen oder eine «durchschnittlich annehmbare Umgebung» dem Kleinkind ermöglicht, auf bestimmte Weise, die man eben dem Kleinkind zugesteht, verrückt zu sein. Dieses Verrücktsein wird nur dann zu wirk-lichem Irrsein, wenn es im späteren Leben auftritt. In der Phase der frühen Kindheit handelt es sich hier um denselben Bereich, auf den ich bereits hingewiesen habe, als
ich von dem Paradoxon sprach, dass das Kleinkind ein Objekt gestaltet, das jedoch niemals als solches gestaltet worden wäre, wenn es nicht schon vorhanden ge-wesen wäre.S. 83, 84 [...]
[...] Von der Objektbeziehung zur Objektverwendung:
Nach der Position «das Subjekt steht
in Beziehung zum Objekt» folgt die Position «Das Subjekt zerstört das Objekt (das erst dadurch etwas Äusseres wird)»; erst dann kann die Position «das Objekt überlebt
die Zerstörung durch das Subjekt» folgen. Es kann überleben, muss aber nicht. Daraus leitet sich ein neuer Gesichtspunkt für die Theorie der Objektbeziehung ab. Das Subjekt sagt gewissermassen zum Objekt: «Ich habe dich zerstört», und das Objekt nimmt diese Aussage an. Von nun an sagt das Sub-jekt: «Hallo, Objekt! Ich habe dich zerstört! Ich liebe dich! Du bist für mich wertvoll, weil du überlebt hast, obwohl ich dich zerstört habe! Obwohl ich dich liebe, zerstöre ich dich in meiner (unbewussten) Phantasie.» Dies ist der eigentliche Anfang der Phantasie im Menschen. Das Subjekt kann jetzt das
Objekt, das überlebt hat, verwenden. Es ist wichtig festzustellen, dass das Subjekt
das Objekt nicht nur deshalb zerstört, weil das Objekt ausserhalb des Bereiches seiner
omnipotenten Kontrolle steht. Es ist ebenso wichtig, dies auch von der anderen Seite
her zu sehen: dass nämlich das Objekt erst durch die Zerstörung in den Bereich aus-serhalb der omnipotenten Kontrolle des Sub-jekts gestellt wird. So entwickelt das Objekt seine eigene Autonomie und sein eigenes Leben auf zweierlei Art und steht, wenn es überlebt, je nach seinen Eigenschaften
dem Subjekt zur Verfügung.
Mit anderen Worten: Weil das Objekt überlebt, kann das Subjekt ein Leben in der Objektwelt beginnen und dadurch unermesslich viel für sich gewinnen: aber es hat dafür einen Preis zu zahlen, der darin be-steht, in Bezug auf Objektbeziehungen der fortwährenden Zerstörung in seiner un-bewussten Phantasie nicht ausweichen zu können.S. 105
FF
494
Nach der völligen Verschmelzung mit der Mutter tritt das Kleinkind in eine Phase, in der es die Mutter vom eigenen Selbst trennt und in der die Mutter das Ausmass ihrer
Anpassung an die Bedürfnisse einschränkt, um sich selbst nach weitestgehender Iden-tifizierung mit dem Kind wiederzufinden und weil sie auf das veränderte Bedürfnis des Kindes, sie jetzt als unabhängiges Wesen
zu erleben, eingeht. [...]
[...] Das Kleinkind kann die Trennung von Objektwelt und Selbst nur vollziehen, weil es zwischen beiden keinen leeren Raum gibt, da der potentielle Raum in der von mir dargestellten Weise ausgefüllt ist.
Wahrscheinlich gibt es zwischen Menschen niemals eine Trennung. [...]
[...] Wie soll sich Trennung vollziehen, wenn Trennung unmöglich ist? (Dieser
Widerspruch muss einfach hingenommen werden.) [...]
[...] Erst das Vertrauen auf die Verlässlichkeit der Mutter und damit die anderer Menschen und Objekte ermöglicht die Abtrennung des «Nicht-ich» vom Ich. Trennung wird jedoch gleichzeitig dadurch vermieden, dass der potentielle Raum mit kreativem Spiel, mit Symbolen und dem, was allmählich das kulturelle Erleben ausmacht, erfüllt wird.S. 124, 125, 127 [...]
[...] Wir haben keinen Grund anzunehmen, dass sich die Natur des Menschen verändert hat.S. 163
FF
495
L’homme mes frères, l‘homme qui nous domine tous est un ridicule animal.
Der Mensch, meine Brüder, der Mensch der uns beherrscht ist ein lächerliches Tier.
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496
Die zu starke Ausprägung der kognitiven Fä-higkeiten des Menschen — die sogenannten «höheren Funktionen» — hat uns in eine Welt katapultiert, die wir nicht mehr meistern können. Viele sind daher der Ansicht, und diese Meinung teile ich, dass der Mensch ein Irrläufer der Evolution ist.
FF
497
Unverzüglich verschliesst er den Nordwind in Aeolus‘ Höhlen. [...]
Finsternis, schwarz wie Pech, überdeckt sein entsetzliches Antlitz;
Schwer ist von Wolken sein Bart: es trie-fen die Haare, die grauen. [...]
«[...] Entfaltet mit Macht eure Kräfte! So ist es vonnöten.
Öffnet die Häuser, durchstosst die Dämme und lasset entzügelt
Eure Flüsse gewaltig entströmen!»
So lautet des Gottes
Weisung. Sie kehren zurück und lockern den Quellen die Zäume,
Und in die Ebenen wälzen sie sich in ent-fesseltem Laufe.
Er erschütterte selbst mit dem Dreizack die Erde, und diese
Bebte: es öffnete weit der Stoss den Wassern die Wege.
Über die Ufer fluten die Flüsse durch offene Felder,
Reissen die Bäume hinweg mit den Saaten, das Vieh und die Menschen,
Häuser mitsamt den heiligen Räumen, darinnen die Bilder. [...]
Völlig verwischt sind die Grenzen,
wo Meer und Erde sich scheiden. [...]
Lang hat vergeblich ein Plätzchen ge-sucht der schweifende Vogel,
Und — unerhört! — es schlagen an Ber-gesgipfel die Wogen.
So ertrinken die meisten, und welche die Wellen verschonen, werden von Mangel an Nahrung gequält: sie müssen verhungern.
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498
«Sehen Sie, es ist ganz einfach», sagt Mahasweta Devi und zeigt durchs Fenster auf ein halbnacktes Strassenkind. «Auch dieses Kind hat ein Recht auf ein anständiges Leben.»
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499
Einer lag schwer krank im Bett. Der Arzt sass beim Tischchen, das an das Bett geschoben war, und beobachtete den Kranken, der wiederum ihn ansah. «Keine Hilfe», sagte der Kranke, nicht als frage sondern als antworte er. Der Arzt öffnete ein wenig ein grosses medizinisches Werk, das am Rande des Tisch-chens lag, sah flüchtig aus der Entfernung hinein und sagte, das Buch zuklappend: «Hilfe kommt aus Bregenz.» Und als der Kranke angestrengt die Augen zusammenzog, fügte der Arzt hinzu: «Bregenz in Vorarlberg.» «Das ist weit» sagte der Kranke.
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500
[...] Sisyphos, der als der hinterlistigste aller Menschen gilt, ja, Sisyphos, Sohn von Aiolos und Enarete, Gründer der Stadt Ephyra, wie Korinth früher hiess, eine Stadt, die Sisyphos zu einem Schlupfwinkel für seine Schandtaten machte, denn mit der ihm eigenen körperlichen Gewandtheit und
der intellekuellen Neigung, jede Wendung des Schicksals als Schachaufgabe oder Dedektivspiel anzugehen, und mit dieser Lust am Necken und Lachen und Sticheln und Zanken und Hohn und Spott und Ulk und Spass
und List und Tücke und Jux und Schabernack und Affentanz und Witz und Possen ver-legte er sich aufs Rauben, das heisst, er erleichterte alle Reisende, die dort vorbeikamen, um ihre Habe, er beraubte sogar seinen Nachbarn Autolykos, selber ein Dieb, vielleicht in der unwahrscheinlichen Hoffung, dass, wer einen Räuber beraubt, sich hundert Jahre Straffreiheit erwarb, und entbrannte in Liebe zu dessen Tochter Antikleia, denn
Antikleia war sehr schön, eine Tollkirsche, aber diese Antikleia hatte einen offiziellen Ver-lobten, will sagen: Sie war einem bestimmten Laertes, der später berühmt wurde,
zur Ehe versprochen, was Sisyphos nicht schreckte, zumal er im Vater des Mädchens, dem Räuber Autolykos, einen Komplizen wusste, dessen Bewunderung für Sisyphos gestiegen war wie die Wertschätzung, die ein ehrlicher und objektiver Künstler einem andern, höher begabten Künstler entge-genbringt, sagen wir also, dass Autolykos, denn er war ein Ehrenmann, an seinem
Wort Laertes gegenüber festhielt, allerdings ohne scheele Blicke oder auch nur zu Hohn und Spott seines künftigen Schwiegersohns die Liebesbezeugungen beobachtete, mit denen Sisyphos seine Tochter überschüttete, die sich am Ende, wie es heisst, mit Laertes vermählte, doch nachdem sich Antikleia
Sisyphos ein- oder zweimal, fünf- oder sechs-mal, vielleicht auch zehn- oder fünfzehnmal hingegeben hatte, jedes Mal mit Billigung des Autolykos, der wünschte, Sisyphos möge seiner Tochter seinen Samen einpflanzen, damit er einen Enkel bekäme, der so listig wäre wie jener, wurde sie wirklich schwanger, und neun Monate später, als Antikleia be-reits Laertes Frau war, gebar sie einen Sohn, der Odysseus oder Ulixes genannt wurde und sich tatsächlich als so listenreich erwies wie sein Vater, welcher sich freilich nie um ihn kümmerte und sein Leben unverändert fortsetzte, ein Leben der Ausschweifungen,
Feste und Vergnügungen, in dessen Verlauf er Merope heiratete, schwächstes Licht im Sternbild der Plejaden, darum nämlich, weil sie einen Sterblichen geheiratet hatte, einen verdammten Sterblichen, einen verdammten Wegelagerer, einen verdammten Ganoven, wild nach Ausschweifungen, blind vor Ausschweifungen, eine davon, und beileibe nicht die geringste, die Verführung von Tyro, der Tochter seines Bruders Salmoneus, nicht weil sie ihm gefallen hätte, nicht weil sie besonders sexy gewesen wäre, sondern weil Sisyphos seinen eigenen Bruder hasste und
ihm schaden wollte, und aus diesem Grunde wurde er nach seinem Tod in der Unterwelt dazu verdammt, einen Felsblock einen Hügel hinaufzurollen, von wo er wieder hinunterrollte, von wo Sisyphos ihn wieder hinaufrollte, und so in alle Ewigkeit, eine fürchterliche Strafe, die Sisyphos Verbrechen oder Sünden übersteigt und eher ein Racheakt von Zeus war, denn, so wird erzählt, Letzterer kam einmal mit einer Nymphe, die er vergewaltigt hatte, durch Korinth, und Sisyphos, der intelligenter war als die Polizei erlaubt, bekam das spitz, und als später Asopos, der Vater des Mädchens, auf der verzweifelten Suche nach seiner Tochter vorbeikam,
erbot sich Sisyphos, als er ihn sah, ihm den Namen des Vergewaltigers zu verraten, wenn Asopos im Gegenzug in der Stadt Korinth eine Quelle entspringen liesse, was beweist, dass Sisyphos kein schlechter Bürger war, oder auch bloss, dass er Durst hatte, jedenfalls ging Asopos darauf ein, es entsprang eine Quelle kristallklaren Wassers, und im Gegenzug verriet Sisyphos den
Göttervater, der ihm fuchsteufelswild, postwendend Thanatos, den Tod, auf den Hals hetzte, der Sisyphos jedoch nicht gewachsen war, denn mit einem genialen Schachzug,
der seinem Witz und seiner findigen Intelligenz keine Schande machte, fing und fesselte er Thanatos, eine Meisterleistung,
zu der sehr wenige, wirklich sehr wenige das Zeug hatten, und hielt Thanatos lange Zeit gefangen, eine Zeit, während der kein einziger Mensch vom Antlitz der Erde verschwand, ein goldenes Zeitalter, in dem die Menschen, ohne dafür ihr Menschsein abzulegen, frei von der Last des Todes lebten, also frei von der Last der Zeit, denn Zeit war das, was
es im Überfluss gab, möglicherweise das, was eine Demokratie auszeichnet, die überflüssige Zeit, der Mehrwert an Zeit, Zeit
zum Lesen und Zeit zum Nachdenken, bis
Zeus persönlich eingreifen und Thanatos befreien musste, woraufhin Sisyphos starb.
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501
[...] Das eigentliche Bild ist nicht das Resultat, das eigentliche Bild ist der Prozess seiner Genese. Erst aus diesem Prozess wird das, was an dem Bild Welt ist, was kommu-nikabel ist, verständlich. Dadurch, dass das Bild selbst als Prozess erfahren wird, ist
es auch in seiner Subjektivität vermittelbar.
[...] Welt-Anschauungen verweisen zunächst auf uns, die Anschauenden zurück. Anschauung ist dabei nichts Passives. Bilder werden gewonnen, nicht bloss reproduziert.
[...] Welt-Bilder sind zunächst und
vor allem innere Bilder. Was sie zeigen, ist das Wahrnehmungsmuster des Subjektes.
FF
502
Es ist die Geste, insbesondere die Zeigegeste, welche der menschlichen Sprache den Weg bahnte. Michael Tomasello geht es darum, zu beweisen, dass es eine vorsprachliche Kom-munikation gibt, die sich in drei Grundgesten (des Zeigens) manifestiert: Auffordern (Requesting), Informieren (Information), und Teilen (Sharing). Das Kleinkind will also nicht nur Befehle erteilen (Essen verlangen, wie dies auch Affen können), sondern andere Menschen informieren (darüber, wo Mama den Schlüssel hingelegt hat) und Wissen teilen (auf ein Flugzeug am Himmel hinweisen).
In der Tradition des Genfer Entwicklungspsychologen Jean Piaget hat Tomasello mit seinen Experimenten nachgewiesen, dass Menschen im Unterschied zu Tieren ein «gemeinsames Wissen ausbilden und kooperativ dieselben Ziele verfolgen können». Den Kritikern, die einwenden, dass auch Wölfe in einem Rudel kooperieren, entgegnet Tomasello, dass diese Form von Zusammenarbeit aus Eigennutz geschehe und
nicht selbstlos, freiwillig. Da die Menschen sich durch Perspektivenwechsel in die Situation des andern versetzen und gemeinsame Ziele und Absichten verfolgen können, ist ihre Motivation für kooperative Aktivitäten einzigartig.
FF
503
Ich vermute, d a s wird die Kunst der Zukunft sein: immer in Bewegung, nie am Ziel, «l’art d’être perdu sans se perdre»,
die Kunst sich zu verlieren, ohne verloren
zu gehen.
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504
Wir wissen seit fast einem ganzen Jahrzehnt, dass man kein Geld leihen kann, das überhaupt nicht existiert, und dass die Dinge nicht wert sind, was sie wert zu sein scheinen.
Die lauterere und sehr viel verführerischere Geschichte ist jedoch, dass wir mit dem Falschgeld bis in alle Ewigkeit Geschäfte machen können und uns kaufen können, was wir wollen, ohne jemals dafür zu bezahlen. Das klingt zwar nicht plausibel, ist aber zwei-fellos die hübschere Story. Es ist, als erzählte man einem Dreijährigen, dass er für den Rest seines Lebens nur noch Kuchen essen dürfe, ohne davon krank zu werden. Aber
er wird davon krank, und er wird davon fett, und irgendwann ist der Kuchen aufgegessen. [...] Nicht alles im Leben dreht sich ums Geld, und wenn es das täte, hätten
wir es mit einem sehr ungemütlichen Ort
zu tun. In Grossbritannien erleben wir bereits eine sehr besorgniserregende Wirtschaftskrise; wir sind in einen Krieg verstrickt,
der uns viel Geld kostet und nichts abwirft, wir haben Neonazis, die zunehmend an
Einfluss gewinnen, und Politiker, die in mora-lischer Hinsicht vollkommen bankrott sind. Wir haben zu viele Arbeitslose, zu viele Menschen ohne Einkommen — Menschen die in einer Gesellschaft, welche sich primär über Geld definiert, das wachsende Gefühl haben, mit ihnen könne irgend etwas nicht stim-men. Wohin das alles führt weiss ich nicht, aber es dürfte sehr, sehr hässlich werden.
[...] In seinem Buch «Der wunderbare Weg» schreibt der amerikanische Psychiater M. Scott Peck von der Liebe als einem Akt, sich selbst zum Wohle anderer zu erweitern. Ich halte das auch für eine ziemlich gute Definition von Kunst.
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505
Der Strich bildet das Elementarmedium. [...] Wir müssen den Strich als die Basishandlung operativer Bildlichkeit ansehen. [...] Der Unterscheidungsreichtum der Linie ist erstaunlich. [...] Alle Zeichenprak-tiken finden in der elementaren graphischen Markierung, die ein Strich setzt, ihre «Urszene» und ihren Schlüssel, denn die Linie durchtrennt und zerlegt eine Fläche. Eine Grenzziehung. [...] Eben der Moment, in dem ein Universum entsteht.
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506
Lieber ein witziger Idiot als ein idiotischer Witz.
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507
Wir müssen uns damit abfinden, meint Wittgenstein, dass das Wunderbare, das Religiöse, alles, was uns wirklich wertvoll erscheint, der sinnvollen und der Wissenschaft einzig angemessenen Sprache entgeht. Das soll weder heissen, die Wissenschaft sei deshalb etwas Niedriges, noch soll es bedeuten, jeder versuchte Ausdruck dessen, was r mich ethischen und absoluten Wert hat, müsse als blosser Unfug abgetan werden. Wir haben es hier mit zwei grundverschiedenen Ebenen zu tun, und es gibt keinen Zwischenbereich, in dem man teils noch wissenschaftlich und teils schon im strengen Sinne ethisch redet: «Soweit die Ethik dem Drang entspringt, etwas über den eigentlichen Sinn des Lebens, das absolut Gute, das absolut Bedeutungsvolle zu sagen, kann sie keine Wissenschaft sein. Was sie sagt, trägt in keiner Weise zu unserem Wissen bei.»
Der Versuch, das Ethische sinnvoll aus-zusprechen, ist «a priori» zum Scheitern verurteilt. Wittgenstein kennzeichnet diesen Versuch als «Anrennen gegen die Grenze der Sprache» und nennt in diesem Zusammenhang Kierkegaard. Dieses Anrennen gegen die Grenze der Sprache macht nach Wittgenstein die Ethik aus. Es ist zwar völlig aussichtslos, doch es manifestiert einen «Trieb» des Menschen, den Wittgenstein für seinen Teil um keinen Preis ins Lächerliche ziehen will, sondern hochachtet: «Aber die Tendenz, das Anrennen, deutet auf etwas hin. Das hat schon der heilige Augustin gewusst, wenn er sagt: Was, du Mistviech, du willst keinen Unsinn reden? Rede nur einen Unsinn, es macht nichts!»
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508
ICH MÖCHTE NUR NOCH SPIELEN, Günther Eich kurz vor seinem Tod: ICH MÖCHTE NUR NOCH SPIELEN.
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509
Risse durch die westeuropäische Gesellschaft: Die Aufspaltung in die hungrigen
Zugewanderten und die besorgten Besitzstandwahrer, die Unausgebildeten und
die Überlasteten, die Arbeitslosen und die Aktionäre.
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510
Er hält die entstehende Maske weit von
sich in die Höhe und betrachtet sie, dreht sie langsam in der Hand und betrachtet sie, schliesslich macht er sich mit finsterer Miene wieder an die Arbeit, schnitzt mit dem Beitel, pustet die Spähne hinunter, hebt die Maske in die Höhe und betrachtet sie, dann schnitzt er erneut an ihr herum, legt die Schablone an und schnitzt und pustet und betrachtet sie, und dabei denkt er eigentlich an nichts, vor allem nicht daran, ob er jetzt wohl eine wundervolle Hannya Maske herstellt, oder eine genau entsprechende,
er kümmert sich nicht darum, wie die Maske wird, die Sehnsucht, das Wundervolle zu wollen, hat er nicht, und wenn er sie hatte, in seiner Jugend, so hat ihm sein Meister oder, besser, wie der Meister es ihm prophezeite, seine eigene persönliche Erfahrung gelehrt, dass ihm, wenn er diese Sehnsucht in sich trüge, jetzt eine wundervolle Maske herzustellen, dann unbedingt und unvermeidlich nur die hässlichste Maske gelingen würde, und das ist immer und unbedingt
so, diese Sehnsucht also fühlt er schon lange nicht mehr, genaugenommen fühlt und denkt er gar nichts mehr, keinerlei Gedanken, sein Kopf ist leer, als wäre er von irgendetwas berauscht, nur seine Hand weiss, der Beitel weiss, was zu tun ist, dieser Kopf ist nur dann wieder klar, dann aber vollkommen, wenn seine Hand die entstehende Maske in die Höhe hält und er schauen muss, ob alles seinen richtigen Gang geht, nur dann ist dieser Kopf klar, aber auch dann nur so lange, wie er
die entstehende Maske betrachtet, wenn er sie wieder in den Schoss sinken lässt und sich seine Hand mit dem Beitel wieder an die Arbeit macht, dann ist er es schon nicht mehr, klar, sondern sofort und vollkommen leer, es kreisen, wirbeln, schlängeln sich nicht verschiedene, einander auslösende Ge-danken darin herum, es gibt nur die vollkommene Leere in seinem Kopf, die vollkom-mene Leere im Haus, die vollkommene Leere im Viertel, aber auch sonst gibt es nichts, woran er denken müsste. [...]
[...] vielmehr gibt es in seinem vollkommen leeren Kopf ganz einfach nichts [...], ihn interessiert es nicht, was das No-
Theater ist und wodurch die Maske «ma-gisch» wird, ihn interessiert nur, innerhalb der Grenzen seiner Fähigkeiten und mit Hilfe von im Geheimen gesprochenen Gebeten
das Beste zu machen, zu dem er fähig ist.
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511
Karl Jaspers hat nach Auffassung von Jeanne Hersch die Illusion endgültig zerstört,
es könne die Philosophie eine objektive, vom Subjekt des Philosophen losgelöste Wahrheit entdecken. Seine Existenzphilosophie, die aus der Erfahrung des Scheiterns die Einsicht in die Freiheit der Selbstverantwortung gewinnt, weist Hersch den Weg aus der «Sackgasse».
Den Moment und den Ort der Umkehr — der beginnenden Selbstverantwortung — charakterisiert Hersch mit dem Ausdruck der «Leere». In einer Passage, in der sie von einem der Philosophie eigenen Glauben spricht, der offenkundig nicht jener Irrglaube an eine erreichbare absolute Wahrheit sein kann, liest man: «Es handle sich um den ganz formalen, den blossen Glauben daran, dass der Mensch verstehen könne». Dieser Glaube am Ursprung des philosophischen Denkens sei näherhin «eine Leere, die Freiheit und Entscheidung ermöglicht. Nichts weiter — aber das ist unermesslich viel. An ein Leeres glauben, in dem der Mensch den Ort findet, um über sich selber entscheiden zu können — hier ist der ‹Glaubenssatz› jeder Philosophie».
Dieses Motiv der «Leere» kehrt in Herschs Schriften in mancher Verwandlung wieder — auch in einer politischen, in dem von dem «Leerraum» die Rede ist, der durch Demokratie geschützt werde.
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512
1 Wahrlich, so wie das Licht sich selbst und die Finsternis offenbart, so ist auch
die Wahrheit die Norm ihrer selbst und des Falschen.
2 Worin es im Leben meistens geht und was unter Menschen, wie ihre Taten zeigen, als sozusagen höchstes Gut eingeschätzt wird, lässt sich auf diese drei Dinge zurückführen: nämlich auf Reichtum, Ehre und
Genusssucht.
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513
BILDNIS EINES SCHATTENS
Deine Augen, Lichtspur meiner Schritte;
deine Stirn, gefurcht vom Glanz der Degen;
deine Brauen, Wegrand des Verderbens;
deine Wimpern, Boten langer Briefe;
deine Locken, Raben, Raben, Raben;
deine Wangen, Wappenfeld der Frühe;
deine Lippen, späte Gäste;
deine Schultern, Standbild des Vergessens;
deine Brüste, Freunde meiner Schlangen;
deine Arme, Erlen vor dem Schlosstor;
deine Hände, Tafeln toter Schwüre;
deine Lenden, Brot der Hoffnung;
dein Geschlecht, Gesetz des Waldbrands;
deine Schenkel, Fittiche im Abgrund;
deine Knie, Masken deiner Hoffart;
deine Füsse, Walstatt der Gedanken;
deine Sohlen, Flammengrüfte;
deine Fussspur, Auge unsres Abschieds.
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Am 22. Februar 1969 hielt Michel Foucault den Vortrag Was ist ein Autor? [...] Sofort nach den einführenden Worten formuliert Foucault anhand eines Zitats von Beckett («Was liegt daran wer spricht, hat jemand ge-sagt was liegt daran wer spricht?») die Gleichgültigkeit gegenüber dem Autor als ethisches Motto und Grundprinzip des zeitge-nössischen Schreibens. Worum es beim Schreiben geht, so meint er, ist nicht, dass ein Subjekt sich selbst zum Ausdruck bringt, sondern vielmehr, dass ein Raum geöffnet wird, in dem das schreibende Subjekt unablässig verschwindet: «Das Merkmal des Schriftstellers besteht nur in der Eigentümlichkeit seiner Abwesenheit.» [...] «er (der Schriftsteller) muss beim Spiel des Schrei-bens die Rolle des Toten übernehmen. «Der Autor ist nicht tot, aber sich als Autor hinstellen heisst den Platz eines Toten einnehmen. Es gibt ein Subjekt «Autor», doch wird es nur durch die Spuren seiner Abwesenheit bezeugt. Aber auf welche Weise kann eine Abwesenheit eigentümlich sein? [...]
[...] Heisst das, der Ort des Gedankens und des Gefühls sind in dem Gedicht selbst, in den Zeichen, aus denen sich sein Text zusammensetzt? Auf welche Weise aber könnte eine Leidenschaft, ein Gedanke in einem Blatt Papier enthalten sein? Seinem Wesen nach verlangt ein Gefühl, ein Gedanke ein erlebendes bzw. denkendes Subjekt. Damit sie gegenwärtig werden, ist es also nötig, dass jemand das Buch in die Hand nimmt, sich an die Lektüre wagt. Aber das kann nur heissen, dass dieses Individuum im Gedicht genau denselben leeren Platz einnehmen wird, den der Autor dort ge-lassen hat, dass es dieselbe ausdruckslose Geste wiederholen wird, mit der der Autor von seiner Abwesenheit im Werk Zeugnis ab-gelegt hat.
Die Stätte des Gedichts — oder eher sein Stattfinden — ist also weder im Text noch im Autor (noch im Leser): Sie liegt in der Geste, mit der Autor und Leser sich im Text aufs Spiel setzen und sich zugleich unendlich aus ihm zurückziehen. Der Autor ist nur der Zeuge, der Garant seines eigenen Feh-lens in dem Werk, in dem er aufs Spiel gesetzt wurde; und der Leser kann dieses Zeugnis nur wieder nachlesen, nur seinerseits Garant werden für sein eigenes unerschöpfliches Spiel, sich zu verfehlen.
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Ich bin schon lange über meine Weisheit
erstaunt gewesen und glaube nicht an sie.
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Wie wir in Untersuchungen zeigen konnten, besteht die Ich-Identität aus stark emotional geprägten Erlebnissen vergangener Zeiten. Diese sind im episodischen Gedächtnis in Form von Bildern gespeichert. Jede(r) von uns hat Hunderte bis Tausende solcher Bilder, aus denen sie (er) seine persönliche Identität zusammenstellt. Das Besondere an diesen Bildern ist, dass man darin selber als Akteur(in) auftritt. Ich sehe mir gleichsam über die Schulter, bin mein eigener Doppelgänger. Die Konstruktion der Ich-Identität hat somit ein narratives Element — die im episodischen Gedächtnis abgelegten Bilder erzählen meine persönliche Geschichte. Dieser Prozess wird aber nicht bewusst gesteuert, sondern erfolgt intuitiv.
[...] Wir treten in die Welt mit angeborenen Programmen von Möglichkeiten.
In den ersten zehn Lebensjahren werden da-
raus Wirklichkeiten: Dann wird festgelegt, wie die über hundert Milliarden Nervenzellen miteinander verschränkt werden. Bei man-chen Funktionen — etwa jenen, die mit Ich — Identität und Wertesystemen zu tun haben — dauert dieser Prozess etwas länger. Kultu-relle Einflüsse spielen bei der frühkindlichen Prägung eine wesentliche Rolle. Das heisst, die Struktur meines Gehirns ist abhängig vom kulturellen Kontext, in dem ich aufwachse.
[...] Einmal Geprägtes lässt sich nicht mehr umprägen. Sicherlich, wir können bis zum Lebensende lernen. Aber die Grundstruktur — das Vertrauen, das ich in die Welt habe, und die emotionale Prägung, wie sie Freud beschrieben hat —, da gibt es meines Erachtens keinen Weg zurück.
[...] Ich begeistere mich für Poesie und lerne Gedichte auswendig. Gedichte geben Menschheitsereignisse wieder: Trauer, Freude, Tod, Lust und Liebe. Wenn ich ein Gedicht spreche, kann ich mich auf jemanden beziehen, der die gleichen Erlebnisse hatte wie ich. Das Gedicht war eine ungeheure Erfindung. Bevor es die grossen Schriften gab, wurde das ganze Menschheitswissen in gebundener Sprache überliefert.
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Ein Ingenieur, der am Fluss fischte, war einer der wenigen Menschen, der die Explosion
sah. Sie war voller Farben: «Rot, Orange, Him-melblau — es war eigentlich wunderschön.»
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Kunst erinnert uns daran, dass wir geistfähig sind. In diesem Sinne hat sie einen Teil
jener Bedeutung übernommen, die einst die
Religion hatte: Sie ist dort, wo der Verstand nicht mehr hinkommt, wo das reine Denken an seine Grenzen stösst.
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Die Spur macht das Abwesende niemals prä-sent, sondern vergegenwärtigt seine Nichtpräsenz; Spuren zeigen nicht das Abwesende, sondern vielmehr dessen Abwesenheit.
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Streng genommen gibt es uns nur durch die Beziehung. Das bedeutet nicht, dass alles zufällig ist, aber die Faktoren, die diesen Zu-stand beeinflussen, sind ohne Zahl, und
wir können nicht sagen, welcher von ihnen entscheidend ist, ob es die grossen Ge-danken sind, die wir uns über Glück und die Entwicklung der Menschheit machen, oder vielleicht die letzte Mahlzeit, die ein saures Aufstossen versursacht.
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Der Ursprung ist immer gegenwärtig. Er ist kein Anfang, denn aller Anfang ist zeitgebun-den. Und die Gegenwart ist nicht das blosse Jetzt, das Heute oder der Augenblick. Sie
ist nicht ein Zeitteil, sondern eine ganzheitliche Leistung, und damit auch immer ursprünglich. Wer es vermag, Ursprung und Ge-genwart als Ganzheit zur Wirkung zu bringen, sie zu konkretisieren, der überwindet Anfang und Ende und die blosse heutige Zeit.
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Ich erinnere mich an eine Mission im Süden von Äthiopien. Wir hatten Fahrzeuge und einen Helikopter: Einen kleinen englischen Huge 505. Er hatte nur Platz für zwei bis
drei Personen und war so klein, dass ich ihn neben den Autos auf den Parkplatz stellen konnte. Eines Tages kamen zwei Typen
aus einem Dorf, nackt, als einzige Kleidung
ihre Waffen. Die zwei Jungs hatten die Gewohnheit bei unserem Camp vorbeizuschauen. Wir sprachen miteinander, so gut es ging
in ihrem Dialekt (es gibt deren 200 in Äthiopien), mit starken Gesten. Es war Anfang Nachmittag. Der Helikopter sollte eine Mission nicht weit vom Fluss weg fliegen. In meinem kleinen, dummen europäischen Kopf sagte ich mir, dass das wunderbar sein wird, dass die beiden vom Abflug fasziniert sein würden, und dass dies in jedem Fall einen starken Eindruck hinterlassen werde. Die zwei Jungs schauten zu, wie der Pilot mit einem Wissenschaftler das seltsame Gefährt bestiegen. Die Rotoren fingen an zu drehen, was sie nicht sonderlich überraschte. Dann, vom Boden sich erhebend, entschwand der Helikopter in der Vertikale. Das sehend, schauten sich die beiden an und fielen dann zu Boden und wälzten sich in der Erde vor Lachen!
Ich gestehe, ich war etwas überrascht über mein Fehlurteil.
Das ist Humor, habe ich mir dann gesagt; die Jungs stehen vor einem etwas eigenartigen Fahrzeug und sie erwarten, dass dieses normal (wie gewohnt das Auto) wegfahren wird; und siehe da, es fliegt in die Höhe! Von da das irre Lachen. Humor ist, was man nicht erwartet hat.
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Bruno Latour hat folgende ikonoklastische Gesten unterschieden:
Typ A, der Bilderstürmer ist gegen
alle Bilder.
Typ A ist die reine Form des «klassischen» Ikonoklasmus, wiederzuerkennen in der formalistischen Ablehnung von Imagination, Zeichnung und Modellen. (Siehe die vielen Byzantinischen, Lutherischen, revo-lutionären Bewegungen von Bilderstürmern und die schrecklichen «Exzesse» der Kulturrevolution). Reinigung ist das Ziel. Für die A wäre die Welt ein sehr viel besserer Ort, sehr viel reiner, aufgeklärter, wenn man nur all die Vermittlungen und Bilder loswerden könnte und unvermittelt in Kontakt mit dem Original, dem wahren Gott kommen könnte.
Typ B ist gegen das Einfrieren von Bildern, nicht gegen Bilder.
Typ B des Bilderstürmers hält es nicht für möglich oder notwendig Bilder loszuwerden. Im Gegenteil, die Bildproduktion soll nicht aufgehalten, sondern so schnell wie mö-glich wieder in Gang gesetzt werden. Iko-nophilie heisst für Typ B, sich von einem Bild zum anderen zu bewegen. Er weiss: «Die Wahrheit ist Bild, doch es gibt kein Bild von der Wahrheit». Bilder, Objekte, Zeichen,
Dokumente, künstlerische Projekte sind wich-tige Vermittler, sie sind Übergangsobjekte und ihr Verbindungs- und Beziehungscharak-ter zählt. Der einzige Weg um Wahrheit,
Objektivität und Heiligkeit zu erreichen, be-steht darin, schnell von einem Bild zum nächsten überzugehen, und nicht den unmög-lichen Traum zu träumen, man könne zu einem nicht existierenden Original hinüberspringen. Bilder zählen, nicht weil sie Urbilder von etwas sind, sondern weil sie diese Be-wegung hin zum andern Bild ermöglichen.
Typ C ist nicht gegen Bilder, sondern gegen die Bilder der Gegner.
Anders als die A und die B hat Typ C nichts gegen Bilder im Allgemeinen: Er ist bloss gegen das Bild, an dem sein Gegner am stärksten hängt. Fahnenverbrennung, Gemäldezerschlitzen und Geiselnahme sind typische Beispiele. Es ist eine Minimaxstrategie: Maximaler Schaden bei minimalem Einsatz.
Typ D zertrümmert Bilder, ohne es
zu wollen.
Eher ein abwegiger Typus: Der «unschuldige Vandale». Besonders im Bereich der Architektur gibt es viele dieser «Unschuldigen», die zerstören müssen, um zu
bauen. [...] Ein weiters Beispiel ist auch jener Museumskurator, der die wunderbaren neuguineanischen «Malanggans» aufbewahrt, obwohl diese inzwischen wertlos geworden sind, denn ginge es nach ihren
Herstellern, so müssten sie nach drei Tagen zerstört werden. [...] Oder jene afrikanischen Objekte, die sorgfältig dazu angefertigt wurden, um auf der Erde zu verrotten, und die jetzt von Kunsthändlern sorgfältig aufbewahrt und damit in den Augen der Hersteller unwirksam gemacht werden.
Typ E ist einfach das Volk, das weder Ikonoklasten noch Ikonophile achtet. Typ E scheut jede scharfe Unterscheidung zwischen den beiden Seiten. Er übt seine vernichtende Ironie gegen alle Mittler aus.
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Oder besser noch das entdecken, was man nie gesehen hat, was man nicht erwartete, was man sich nicht vorgestellt hat. Aber wie soll man Beispiele anführen? Es ist nicht das, was im Verlaufe der Zeit gewesen ist, überprüft im Angebot der Überraschungen oder der Wunder dieser Welt; es ist weder das Grandiose noch das Beeindruckende; es ist nicht einmal unbedingt das Fremde; im Gegenteil, es dürfte eher das wiedergefundene Vertraute sein, ein brüderlicher Raum.
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Hier hatte ich ein Kapitel über die gekrümmte Linie geschrieben, um die Vortrefflichkeit der geraden Linie zu loben.
— Eine gerade Linie! Der Fussweg des wahren Christen, sagen die Theologen.
— Das Symbol der moralischen Rechtschaffenheit, sagt Cicero.
— Die beste aller Linien, sagen die
Kohlpflanzer.
— Die kürzeste Linie, sagt Archimedes, die von einem Punkt zum andern gezogen werden kann.
Aber ein Autor wie ich und wie viele andere ist eben kein Geometer; ich habe die gerade Linie aufgegeben.
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Alles, was gesehen werden kann, ist nicht wirklich.
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Die fernöstliche Malerei interessiert nicht auf-grund ihres Exotismus, sondern aufgrund ihrer Absicht, das Nicht-Darstellbare darzustellen: Den Wind, die Leere, die Strömung, das Verwelken, das Weiche; alles im wesent-lichen taktile Dinge, die uns noch jenseits der Möglichkeiten der Zeichenkunst zu liegen scheinen. [...] Man kann also mit einer Bleistiftmine, einem Pinsel oder mit Tinte übertragen, was wir nicht nur mit den Augen, sondern mit dem Tastsinn, durch die Haut wahrnehmen. Die Formen setzen uns nicht nur über ihr Wesen, über das, was sie materiell darstellen in Kenntnis, sondern informieren uns auch über ihre Erfahrungen inner-halb der Zeit. Durch ihre Bewegungen, von der geringfügigsten bis zur heftigsten, unter-richten sie über das Wesen der Leere, über die Windstärke, die Strömung eines Flusses, [...] die Dinge geben und empfangen Informationen, sie informieren uns über ihre fühlbare Realität und die erfahrenen Wirkungen, sie empfangen und spiegeln die Totalität des Sinnes in ihrem Milieu und in ihrer unmittelbaren Umgebung, wie sie es immer schon taten. [...]
[...] Ich entschloss mich zur Jagd auf die Figuren der Zwischenräume, [...] ich wollte die Antiformen aufstöbern. [...] Das Verschwinden der Antiformen erschien mir als Folge einer Art von Imperialismus der Furcht. Die Sicht, meine Sicht, verstiess, wie die abendländische Kultur überhaupt, den Hintergrund, die Ränder, das Andersartige. [...]
Ich kam mir vor wie jener Humorist, der erklärt hatte: «Ich muss am Rande einer Sache meditieren, die Sache selbst ist dabei belanglos, wesentlich ist das Vorhandensein eines Randes.»
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«Ich muss sie lehren, dass ich Sie nichts
zu lehren habe.» S. 25 [...]
[...] Das Wesentliche ist die konti-nuierliche Wachsamkeit, diese Aufmerksam-keit, die niemals nachlässt. [...] Lehrmeis-ter ist derjenige, der den Sucher auf seinem Weg bleiben lässt, auf dem er alleine sucht und nicht aufhört zu suchen.S. 46 [...]
[...] Was das Volk verdummt, ist nicht sein Mangel an Unterweisung, sondern der Glaube an die Minderwertigkeit seiner Intelligenz.S. 53 [...]
[...] Die Erklärung ist nicht nötig, um einer Verständnisunfähigkeit abzuhelfen. Diese Unfähigkeit ist im Gegenteil die strukturierende Fiktion der erklärenden Auffassung der Welt. Der Erklärende braucht den Unfähigen, nicht umgekehrt. Er ist es, der den Unfähigen als solchen schafft. Jemand etwas zu erklären, heißt ihm zuerst zu beweisen, dass er es nicht von sich aus verstehen kann.S. 16 [...]
[...] Wir sagen, dass es Gleichheit
nur unter den Menschen gibt, das heisst zwi-schen Individuen, die sich als vernünftige Wesen ansehen. Im Gegensatz dazu ist der Bürger, der Bewohner der politischen Fiktion, der ins Land der Ungleichheit hinabgestiegen ist.S. 108 [...] Die Individuen sind die realen Wesen und die Gesellschaft eine Fik-tion. [...] Es würde für alle genügen zu lernen, sich als gleiche Menschen in einer Ge-sellschaft der Ungleichheit anzusehen. Das bedeutet, sich emanzipieren.S. 155 – 156 [...]
[...] Der Schüler muss alles von sich aus sehen, ohne Unterlass vergleichen
und immer wieder auf die dreifache Frage ant-worten: Was siehst du? Was denkst du da-rüber? Was machst du damit? Und derart un-endlich weiter.S. 35
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La première marque est la pire. Le dessin d‘une ligne coup le papier en deux. Le dessin des cartes et des frontières transforme
des voisins en étrangers. Au sein des cultures militaires des générationes entières d’enfants ont grandi, N‘ayant en tête que des images d‘ennemi. L’art est une manière de coucher avec l‘ennemi.
Die erste Markierung ist das Schlimmste. Die Zeichnung einer Linie schneidet das Papier entzwei. Die Zeichnung von Karten und Grenzen verwandelt die Nachbarn zu Frem-den. Innerhalb der Militärkultur wachsen ganze Generationen von Kindern mit nur Feindbildern im Kopf auf. Kunst ist eine Weise mit dem Feind zu schlafen.
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Hier die für mein Thema entscheidende, jedoch prinzipielle unentscheidbare Frage: Bin ich vom Universum getrennt? (das heisst, ich sehe wie durch ein Guckloch auf das vor mir sich entfaltende Universum) oder Bin ich ein Teil des Universums? (das heisst, wenn immer ich vom Universum spreche, spreche ich auch von mir). Meine metaphysische Entscheidung ist, mich
für einen Teil des Universums zu erklären.
Meine Stellungnahme ist das Gegenteil der orthodoxen. Es ist ganz erstaunlich, wie sehr sich das Weltbild, und daher auch die Vorstellung über Wahrnehmung, verändert, wenn man die Guckkastenphilosophie des unbeteiligten Beschreibers mit der
Einsicht des mitfühlenden Beteiligten vertauscht. Ja sogar die logische (semantische) Struktur dieser beiden Weltbilder sind bezüglich Fragestellung, Sprachgebrauch, und was wir «Erklärung» nennen, fundamen-tal verschieden.
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Bei der Aggression handelt es sich um
ein evolutionär entstandenes Verhaltenspro-gramm, das uns helfen kann, Schmerzen und andere Angriffe auf unsere körperliche Unversehrtheit abzuwehren. [...] Ihrer
ursprünglichen Bestimmung nach ist die Ag-gression ein soziales Regulativ im Dienste halbwegs guter zwischenmenschlicher Bezie-hungen. Wie schon Charles Darwin erkannte, sind die «sozialen Instinkte» die stärkste Motivation des Menschen. Sozial ausgegrenzt zu sein, wirkte für den Menschen und seine evolutionären Vorläufer tödlich. Darum reagieren Menschen hierauf sehr empfindlich, notfalls mit Aggression. [...]
Der Aggressionstrieb war eine These Sigmund Freuds, der diese 1920 unter dem Eindruck der Schrecken des Ersten Weltkrieges formulierte. Freud war sich seiner Sache gleichwohl alles andere als sicher. Konrad Lorenz radikalisierte dann Freuds These. Er ging sogar so weit, die persönliche Bindung zwischen zwei Menschen als die Folge einer gegen Dritte gerichtete Aggression zu erklären. Die Arbeiten des britischen Kinderpsychiaters und Bildungsforschers John Bowlby, der die zwischenmenschliche Bindung als ein primäres Bedürfnis des Menschen erkannte, wurden von Lorenz nicht beachtet. Indes geben sowohl Darwin als auch die moderne Neurobiologie Bowlby recht — es gibt keinen Aggressionstrieb. [...]
Was die zunehmende Gewalt Jugendli-cher anbelangt, beruht diese auf der Bindungslosigkeit junger Menschen. Studien zeigen: Wer ohne zugewandte Bezugspersonen aufwächst, lebt im Zustand der sozia-len Ausgrenzung und hat ein höheres Risiko, gewalttätig zu werden. [...]
Ein Faktor besteht in einem hohen Konsum von Gewaltmedien, insbesondere von Killerspielen, und im Umgang mit Waffen.
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Verfertigen Sie ihre Texte handschriftlich? Ja, das ist biologisch. Ich denke mit den Fin-gern. Warum schreiben Sie? Es hat mit dem Rhythmus zu tun, es ist wie Tanzen — was ich nicht kann. Es ist viel mehr, als irgendwem zu erzählen, wie die Welt ist, oder Menschen zu beschreiben, die ich gesehen habe. Es ist primitiver als das. Es ist der Wunsch, die Sätze zu bilden, wie ein Töpfer Ton bearbeitet.
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Doch eine Frage kann auch die «Schwar-min-tellligenz» der sozialen Medien nicht be-antworten, nämlich: Was ist wirklich wichtig? Hier helfen Informationen nicht weiter.
Es war schon vor Jahrzehnten die grosse Ein-sicht des nobelpreisgeehrten Ökonomen
und Computerwissenschafters Herbert Simon, dass unser Reichtum an Information eine Armut an Aufmerksamkeit schaffe.
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Wer behauptet, Kunst sei ein «Lebensmittel», der unterstellt sie der Notdurft, und wer aus ihrem sinnlosen Spiel ein Fantasietraining macht, der huldigt dem Nutzen. [...]
Das ist das Paradox der Ästhetik:
Je mehr sie erklären muss, desto weniger er-klärt sie.
Die Erklärungsresistenz der Kunst ist das Einzigartige an ihr. Denn wo in unserer kartografierten Welt gibt es noch einen sol-chen weissen Flecken? Was, ausser der Kunst, wird öffentlich und bleibt trotzdem hartnäckig geheim? Wo gibt es etwas,
das wie sie weder Sinn noch Nutzen hätte?
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Ich bin nicht nur überzeugt, daß das, was
ich sage, falsch ist, sondern auch das, was man dagegen sagen wird. Trotzdem muß man anfangen, davon zu reden; die Wahrheit liegt bei einem [...] Gegenstand nicht
in der Mitte, sondern rundherum wie ein Sack, der mit jeder neuen Meinung, die man hineinstopft, seine Form ändert, aber immer fester wird.
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Es ist gleich tödlich für den Geist, ein System zu haben, und keins zu haben. Er wird
sich also wohl entschliessen müssen, beides zu verbinden.
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Von einer Tabakpfeife sagen wir, dass sie etwas Wirkliches sei. [...] Aber wir sagen nicht, dass sie die Wirklichkeit sei. Müssen wir also zwischen der Wirklichkeit und dem Wirklichen, den wirklichen Dingen, eine ähn-liche Unterscheidung machen wie zwischen dem Sein und dem Seienden? Es scheint so. Aber ist die Wirklichkeit überhaupt wirklich? Gibt es sie? Ist «Wirklichkeit» nicht bloss ein Wort, ein Gedanke, ein Allgemeines, das nur eine Essenz im Wirklichen bezeichnet? [...]
Mit dem Wirklichen haben wir auch Pro-bleme. Den Kiesel in der Hand halten wir
für wirklich, weil wir ihn ja sehen und spüren. Aber was antworten wir dem Nuklearphy-siker, der uns sagt, dass dieser so kompakte Stein, mit anderen Augen gesehen, durchlässig sei wie die Milchstrasse am Himmel? Und was dem Gehirn-Neurologen, der uns belehrt, dass dieser Kiesel ein Konstrukt des Gehirns sei, eine Antwort auf eine Bündelung an sich neutraler Reize und Signale, die unter anderen Umständen anders hätten ausfallen können? Selbst wenn wir fragen, wie wirklich das Wirkliche (nicht die Wirklichkeit) sei, sind wir verlegen, weil wir eingeste-hen müssen, dass wir nicht an ein schlechthin Wirkliches herankommen, sondern bloss an Wirkliches für uns. [...] Auch das Gehirn des Gehirn-Neurologen ist nur ein Bild eben dieses Gehirns, das er sich in seinen Beschreibungen macht. [...]
[...] Oft kommt man besser voran, wenn man die grundsätzlichen Fragen auslässt. Statt die Frage zu stellen, was die Wirklichkeit oder das Wirkliche sei, fragen wir eingeschränkt, wie wir das für uns Wirkliche wahrnehmen: Wir sehen, hören, riechen, schmecken, tasten — um nur das klassische Repertoire der Sinne zu nennen, neben
dem es eine offene Anzahl anderer Sinne gibt. Die Welt erscheint dem Auge bildhaft als Licht und Schatten, als Farbe und Dunkel, als gestaltete Form und Chaos, als Ruhe und Bewegung. Sie erscheint dem Ohr als Lärm und Stille, als Geräusch, Ton, Klang und Dissonanz, als Verlautbarung und Sprache;
sie erscheint dem Geruchssinn als stinkend und wohlriechend, in so vielen Nuancen, dass wir sie nicht beschreiben können; sie erscheint dem Geschmacksinn als süss
und mild, als sauer und bitter, als würzig und scharf, als ranzig und faulig, auch all dies
in feinen Nuancierungen; sie erscheint dem Tastsinn als hart und weich, rau und samtig, als rund und spitz, (warm und kalt). [...]
[...] Alle diese Wahrnehmungen
sind kulturellen, individuellen und situativen Schwankungen unterworfen. Wahrnehmen ist nicht bloss ein rezeptiver Akt, sondern ein Gestaltungsakt, in den unsere Gestimmt-heit und Befindlichkeit formend einfliessen. Wir nehmen inmitten von umgreifenden Situationen wahr. Wahrnehmen wird dadurch ein komplexer Akt, in dem auch unsere Geschichte und unsere Pläne mitspielen. Wollte man sie analysieren, käme man zu folgender Struktur: Ein Subjekt, der Wahrnehmende, richtet sich inmitten seiner Situation mit den Mitteln der Wahrnehmung auf ein Objekt: das Wahrzunehmende. Wahrnehmung ist so eine Relation eines immer schon befrach-teten Subjekts zu einem Objekt. Das Wahrgenommene liegt zwischen Subjekt und Objekt als Erscheinung, die ich in meiner Situation wahrnehme.
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Die Bewegung des Schwimmers ähnelt nicht der Bewegung der Welle; und gerade die
Bewegungen des Schwimmlehrers, die wir
im Trockenen reproduzieren, sind nichtig
im Verhältnis zu den Bewegungen der Wellen, die wir nur dadurch abzufangen lernen, dass wir sie in der Praxis als Zeichen auffassen. Darum ist es so schwierig anzugeben, wie jemand lernt: Es gibt eine praktische, angeborene oder erworbene Vertrautheit mit den Zeichen, die aus jeder Erziehung etwas Liebevolles, aber auch Tödliches macht.
Wir lernen nicht von dem, der uns sagt: «Mach es wie ich». Unsere Lehrer sind einzig die-jenigen, die sagen: «Mach es mit mir zusam-men», und die, anstatt uns bloss die Reproduktion von Gesten abzuverlangen, Zeichen auszusenden vermochten, die man im Heterogenen zu entfalten hat.
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Ich mag die Vorstellung, dass man ein Werk tatsächlich auch als Werkzeugkiste be-nutzt. Dass man sozusagen hineingreift ins Denken eines anderen Menschen und einzelne Elemente als Werkzeug für die eigene Arbeit benutzt. Ganz egal, in welchem
Beruf man tätig ist.
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«Zwei Jahre ist‘s her — oder etwas weniger — die neue Eisenbahnlinie war soeben
eröffnet worden — da löste ich (und ich war
in Uniform, wohlgemerkt!) ein Billett erster Klasse, um wegen meines Abschieds eine wichtige Reise zu unternehmen. Ich setzte mich in das Coupé und zündete mir eine Zi-garre an. Doch nein, ich rauchte bereits vorher und fuhr nur fort zu rauchen. Ich war ganz allein. Das Rauchen ist nicht verboten, es ist aber nicht ausdrücklich erlaubt; es
ist, sozusagen, aus Gewohnheit halb erlaubt, und natürlich kommt es auch auf die Persönlichkeit an. Das Fenster war heruntergelassen. Plötzlich, kurz vor dem letzten Pfiff, steigen zwei Damen mit einem Bologneser Hündchen ein und nehmen gerade mir gegenüber Platz. Die eine von ihnen war sehr elegant gekleidet, in Hellblau; die andere trug ein einfaches schwarzes Seidenkleid mit einem Pelzkragen. Sie waren beide nicht hässlich, doch schienen sie etwas hochnäsig und sprachen Englisch. Ich kehre mich
natürlich nicht daran und rauche weiter. Das heisst, ich wollte eigentlich aufhören, doch war das Fenster geöffnet, und so rauchte ich zum Fenster hinaus. Der kleine Bologneser lag ruhig auf den Knien der Hellblauen, ein winziges Tierchen, kaum so gross wie meine Faust, schwarz mit weissen Pfoten; eine
Seltenheit geradezu. Er hatte ein silbernes Halsband mit einer Inschrift um. Ich tue immer noch, als ob sie gar nicht da wären, doch bemerkte ich sehr wohl, dass sie
sich über die Zigarre ärgerten. Die eine be-ginnt mich durch ihre Schildpattlorgnette
zu mustern. Ich bleibe natürlich ungerührt: wenn sie wenigstens ein Wort gesagt, mich aufmerksam gemacht oder gebeten hätte, wozu hat man denn sonst die Zunge? Sie aber blieben stumm wie die Fische. Plötzlich erhob sich die Hellblaue, und ohne irgendeine Vorbereitung reisst sie mir die Zigarre aus der Hand und wirft sie zum Fenster hin-aus. Der Zug ist in bester Fahrt, und ich blicke ganz verdutzt drein: ein tolles Weib denk‚ ich. Wirklich ein ganz tolles Weib: untersetzt, voll, hoch, blond und rot (sogar ein wenig
zu rot), und ihre Augen blitzen mich nur an. Ich spreche kein Wort, nähere mich mit der ausgesuchten Höflichkeit dem Bologneser Hündchen, fasse es ganz vorsichtig mit zwei Fingern am Schopf und werfe es — hast
du nicht gesehen! — zum Fenster hinaus, der Zigarre nach. Nur ein kurzes Winseln —
der Zug jagt weiter. [...]»
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Denn Beckett und Naumann sind keine
metierbesessenen Kunstproduzenten, keine Spezialisten.
Schon in den vierziger Jahren formulierte Samuel Beckett im Dialog mit Georges Duthuit sein Programm. Vom Werk verlangt er, dass es eine Form finde, die das Chaos un-terbringt, ohne es umzufälschen. Ein sol-ches Umfälschen liesse sich auch lesen als eine Art des «Kunstmachens», die er in einem Text über Malerei als «Desertion, Kunstgewerbe, gute Haushaltführung, Leben» disqua-lifizierte. Dagegen unterwerfe sich eine Kunst, die das «Scheitern» mitdenkt, «der Absenz von Beziehungen [...], was die Absenz von Bezugspunkten, oder, wenn Sie wollen, die Präsenz von unerreichbaren
Bezugspunkten bedeutet.»
Bruce Naumans Standpunkt ist dem
in aller Konsequenz gleichwertig. Sein Schaffen wird von dem Impuls getragen, auf keinen Fall «eine Ansammlung von Dingen, die Kunst sind, noch mehr hinzuzufügen, sondern die Möglichkeiten dessen, was Kunst sein könnte, zu erforschen [...].»
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Das nihil negativum des Lebens ist die Darstellung des Todes, das negative Nichts
der Rede das Schweigen. Und, so könnte man ergänzen: das negative Nichts des Bildes
ist die Absenz des Bildes. «Von Nichts»
zu handeln (oder zu malen), ist eine Kunst.
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Wo es um Wirklichkeit geht [...], muss viel geübt werden. Die Übungen nehmen kein Ende, weil kein Ziel in Sicht ist, und wenn zu-fälligerweise eins auftaucht, wird es geübt mit Gleichgültigkeit umgangen. [...] Denn die zweckfreien Übungen reiben sich nicht
an Repräsentation, sondern folgen unausgesprochen dem klaren und eindrücklichen The-orem des Kybernetikers Heinz von Foerster: «Auch vom Dümmsten kann man lernen.»
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543
die kuh
die
kuh macht muh
und macht ins gras
ich mache kuh
es macht mir spass
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544_1
Die Geschichte Bouvard und Pécuchet ist von irreführender Einfachheit. Zwei Kopisten
befreunden sich innig; eine Erbschaft erlaubt ihnen, ihre Stellung aufzugeben und sich auf dem Lande niederzulassen; hier versuchen sie sich in Agronomie, Gartenbau, Kon-servenherstellung, Anatomie, Archäologie, Geschichte, Mnemotechnik, Literatur, Wasser-heilkunde, Spiritismus, Gymnastik, Päda-gogik, Veterinärwissenschaft, Philosophie und Religion; jede dieser verschiedenartigen Disziplinen beschert ihnen ein Fiasko; nach-dem zwanzig oder dreissig Jahre um sind, geben sie ernüchtert einem Tischler ein dop-peltes Schreibpult in Auftrag und setzen sich daran, um wie vordem zu kopieren.
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544_2
Es gibt in Bouvard und Pécuchet die Ankündigung eines Pragmatismus — und die
berühmte «Dummheit» der beiden Biedermänner hat keine andere Ursache als ihren Wunsch nach Absolutheit, den sie durch Lehrbücher und oberflächliche Studien befriedigen zu können glauben; sie werden erst weise, als sie ihr Album und ihren Dictionnaire zusammenstellen und aufhören, Schlussfolgerungen zu ziehen. [...]
[...] «Ja, die Dummheit besteht darin, Schlussfolgerungen ziehen zu wollen. Wir sind ein Faden, und wir wollen das Gewebe kennen. Das läuft auf die ewigen Diskus-sionen über die Dekadenz der Kunst hinaus. Man verbringt heute seine Zeit damit sich
zu sagen: Wir sind vollständig am Ende, wir sind zum letzten Punkt gelangt, usw. usw. Welcher etwas überlegenere Geist, angefan-gen bei Homer, hätte Schlussfolgerungen gezogen?»
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Erst die Entdeckung, dass man selbst vom Klischee gesprochen wird, kann zum Motor der Suche werden.
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«Ich will mal nur auf Eichmann (NS-Ver-brecher Anmk. PR) eingehen, weil ich den ja kenne. Und will mal erst folgendes sagen: Sehen Sie, Mitmachen — im Mitmachen, wenn viele zusammen handeln, entsteht Macht. Solange man alleine ist, ist man immer ohnmächtig, ganz egal, wie stark man ist. Dieses Gefühl der Macht, das im Zusammen-
Handeln entsteht, ist an sich absolut nicht böse, es ist allgemein menschlich. Und es ist aber auch nicht gut. Es ist einfach neutral. Es ist etwas, was einfach ein Phänomen
ist, ein allgemein menschliches Phänomen, das als solches zu beschreiben ist. In diesem Handeln gibt es ein ausgesprochenes Lustgefühl. Ich will hier nicht gross anfangen zu zitieren — aus der Amerikanischen Revolution kann man stundenlang zitieren. Und ich würde nun sagen, dass die eigentliche Perversion des Handelns das Funktionieren ist; dass in diesem Funktionieren das Lustgefühl immer noch da ist; dass aber alles, was im Handeln, auch im Zusammen-Handeln, da ist — nämlich: wir beratschlagen zusammen, wir kommen zu bestimmten Entschlüs-sen, wir übernehmen die Verantwortung,
wir denken nach über das, was wir tun — (dass) all das im Funktionieren ausgeschaltet ist. Sie haben hier den reinen Leerlauf. Und die Lust an diesem reinen Funktionieren — diese Lust, die ist ganz evident bei Eichmann gewesen». [...]
[...] «Ich bin in der Tat heute der Mei-nung, dass das Böse immer nur extrem ist, aber niemals radikal, es hat keine Tiefe, auch keine Dämonie. Es kann die ganze Welt verwüsten, gerade weil es wie ein Pilz an der Oberfläche weiterwuchert. Tief aber und ra-dikal ist immer nur das Gute». [...]
[...] Adolf Eichmann, geboren wie Hannah Arendt im Jahre 1906, erschien ihr als Prototyp eines führungsabhängigen,
von Allgemeinplätzen, Normen und Sprüchen getriebenen Menschen. Er hatte sich, nach seinen eigenen Aussagen, tatsächlich nie vorgestellt, was er anstellte. Das ist es, was Arendt als «oberflächlich» bezeichnet und was an Nietzsches Beschreibung erinnert, dass der (letzte) Mensch in Gefahr sei, sich immer hartnäckiger auf der blossen Ober- und Vorderfläche seines bisherigen Wesens einzurichten und das Flache dieser Flächen als den einzigen Raum seines Aufenthaltes auf der Erde gelten zu lassen. [...]
[...] In ihrem Vorlesungsskript «Über das Böse» notierte sie 1965, dass «grösste
begangene Böse ist das Böse, das von Niemandem getan wurde, das heisst, von menschlichen Wesen, die sich weigern, Personen zu sein». Damit begann die Arbeit
am Vom Leben des Geistes: Das Nachdenken über Gedankenlosigkeit verknüpfte sie
mit dem Nachdenken darüber, was Denken heisst. [...]
[...] «Klischees, gängige Redearten, konventionelle standardisierte Ausdrucks- und Verhaltensweisen haben die gesellschaft-lich anerkannte Funktion, gegen die Wirklichkeit abzuschirmen, gegen den Anspruch, den alle Ereignisse und Tatsachen kraft ihres Bestehens an unsere denkende Zuwen-dung stellen. Wollte man diesen Anspruch ständig erfüllen, so wäre man bald erschöpft. Eichmann unterschied sich von uns anderen lediglich darin, dass er überhaupt keinen solchen Anspruch kannte.
Dieses Fehlen des Denkens — eine durchaus normale Erfahrung im Alltagsleben, wo wir kaum Zeit, geschweige denn die Neigung haben, innezuhalten und nachzudenken — rief mein Interesse wach.»
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Das Anschauen ist eine so wunderbare Sache, von der wir so wenig wissen; wir sind mit ihm ganz nach außen gekehrt, aber gerade wenn wirs am meisten sind, scheinen in
uns Dinge vor sich zu gehen, die auf das Unbeobachtetsein sehnsüchtig gewartet haben, und während sie sich, intakt und seltsam anonym, in uns vollziehen, ohne uns, — wächst in dem Gegenstand draußen ihre Bedeutung heran, ein überzeugender, starker, — ihr einzig möglicher Name, in dem wir das Geschehnis in unserem Innern selig und ehrerbietig erkennen, ohne selbst daran heranzureichen, es nur ganz leise, ganz von fern, unter den Zeichen eines eben noch fremden und schon im nächsten Augenblick aufs neue entfremdeten Dinges begreifend —.
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Aber wer hat denn jemals geglaubt, dass
Revolutionen gut ausgehen? Wer? [...]
Alle Revolutionen scheitern, das weiss doch jeder!
[...] das hat die Leute doch
niemals gehindert noch zur Folge gehabt, dass die Leute nicht revolutionär werden.
Da gehen zwei völlig verschiedene Dinge durcheinander:
Situationen, wo der Mensch keinen
anderen Ausweg hat, als revolutionär zu werden. [...] Auch darüber sprechen
wir eigentlich schon von Anfang an: Es geht
um die Verwechslung von Werden und
Geschichte.
[...] Aber das konkrete Problem
ist: Wie und warum werden die Leute
revolu-tionär?
Und das werden die Historiker glücklicherweise nicht verhindern können. Es
liegt auf der Hand, dass — Was ist mit den Südafrikanern? Na, die stecken in einem
Revolutionär-Werden. Die Palästinenser ste-cken in einem Revolutionär-Werden.
Wenn man mir hinterher sagt: «Sie werden noch sehen, wenn die erst mal ge-siegt haben, wenn die mit ihrer Revolution durchkommen, dann wird das kein gutes Ende nehmen» usw. Also erstens sind‘s dann schon nicht mehr dieselben Leute. Und längst nicht mehr dieselben Probleme, und ausserdem [...] wird das eine neue Situ-ation schaffen, die wiederum Revolutionär-
Werden auslösen wird. Ich denke, die Auf-gabe der Menschen in Situationen der Tyran-nei, der Unterdrückung lautet in der Tat:
Revolutionär-Werden. Es gibt keine andere Wahl. Wenn es hinterher heisst: Aber das nimmt doch alles kein gutes Ende, dann spre-chen wir nicht von derselben Sache, als würden wir zwei völlig verschiedene Sprachen sprechen. Die Zukunft der Geschichte
und das aktuelle Werden der Leute — das ist nicht dasselbe. [...]
[...] Frage mich lieber, was es heisst, links zu sein. [...] Ich denke, es gibt keine Linksregierungen [...], denn die Linke
ist nicht Regierungssache. [...] Es gibt da eine «Wahrnehmungssache»: Nicht links
zu sein bedeutet was? Nicht links zu sein ist wie ein bisschen wie eine Postadresse:
Von sich ausgehen, von der Strasse, in der man wohnt, der Stadt, dem Land, den an-deren Ländern und immer weiter weg. Man beginnt bei sich, und insofern man privilegiert ist, in einem reichen Land lebt, fragt man
sich: Wie stellt man es an, dass diese Situation andauert? Man spürt wohl: Da lauern Gefahren, das kann nicht von Dauer sein,
es ist irrwitzig. Gut, aber wie stellt man es an, dass das andauert? Und man sagt sich:
Oje, die Chinesen, sie werden — Aber sie sind weit weg, wie den Fortbestand Europas sichern usw.?
Links zu sein ist das Gegenteil: Es
bedeutet, wahrzunehmen. [...] Man sagt, dass die Japaner so wahrnehmen: Anders als wir, nehmen sie zuerst den äusseren Um-kreis wahr. Sie würden also sagen: die Erde, der Kontinent, sagen wir: Europa, Frankreich usw. usw., die Rue de Bizerte [...] Ich!
Das ist ein Wahrnehmungsphänomen: Zuerst nimmt man den Horizont wahr, am Horizont [...]
Parnet Claire: Besonders links sind sie ja nicht, die Japaner!
[...] Das ist kein Grund.
Links sind sie eben dadurch, durch ihr Verhältnis zur Adresse, zur Postadresse, sind sie links. Du siehst zuerst den Horizont, und du weißt, dass das unmöglich andauern kann, diese Milliarden von Menschen, die verhungern [...] Nein. Das kann vielleicht noch 100 Jahre so gehen, was weiss ich, aber das geht echt zu weit, diese absolute Ungerechtigkeit. [...] Und das ist nicht
im Namen der Moral, sondern im Namen der Wahrnehmung selbst. Also am andern Ende angefangen. [...] Und das bedeutet es auch, links zu sein: wissen und irgendwie auch
inständig hoffen [...] und bedenken, dass dort die zu lösenden Probleme liegen. Und nicht einfach sagen: Dann muss eben die Ge-burtsrate gesenkt werden. Dabei geht es ja nur darum, die Privilegien Europas zu retten. Das kann‘s nicht sein! Es heisst wirklich
Arrangements zu finden, weltweite Gefüge, die dafür sorgen — kurzum: Links zu sein heisst zu wissen, dass die Probleme der dritten Welt uns direkter angehen als die unseres Wohnviertels. Das ist wirklich eine Frage der Wahrnehmung, keiner der [...] schöne Seele oder so. Nein.
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Was geht vor im Kopf von jemandem, wenn er eine Idee hat? Was geht da vor sich? Wie kommuniziert etwas im Inneren des Kopfes? Denn noch bevor man von Kommunikation usw. sprechen kann, fragt sich bereits: Wie kommuniziert etwas im Kopf? Oder auch
im Kopf eines Irren [...]. Auf jeden Fall folgt er keinen präformierten Bahnen, keinen vorgeprägten Assoziationen.
Was geht da also vor sich? Wenn man das wüsste. Ich habe den Eindruck, dann würde man alles verstehen. Das interessiert mich. [...] Die Antworten fallen gewiss äusserst unterschiedlich aus. Ich meine: Zwei Nervenenden im Gehirn können durchaus Kontakt zueinander aufnehmen. Nichts an-deres bezeichnet man als die elektrischen Prozesse in den Synapsen. Und dann sind da noch andere Fälle, weitaus komplexere möglicherweise, wo es diskontinuierlich ab-läuft und eine Spalte übersprungen werden muss. Und ich habe den Eindruck, das
Gehirn ist voller Verwerfungen, und es macht Sprünge in ein probabilistisches System.
Es bestehen Wahrscheinlichkeitsverhältnisse zwischen zwei Verknüpfungen, es geht viel, viel ungewisser zu. [...] Sehr, sehr un-gewiss. Die Kommunikationsvorgänge in ein und demselben Gehirn sind von Grund auf ungewiss, unterliegen Wahrscheinlichkeitsgesetzen.
[...] Was aber lässt mich an etwas denken?
[...] Also im Grunde müsste man sich fragen. [...] Wann immer z.B. ein Begriff oder ein Bild, ein Kunstwerk, betrachtet, angesehen wird, da müsste man im Grunde versuchen, die «Gehirn-Karte» von dem zu erstellen, was dabei vor sich geht, welche kontinuierlichen Kommunikationsvorgänge da stattfinden und welche diskontinuierlichen von einem Punkt zum anderen.
Eine Sache hat mich schwer beeindruckt [...] von dem die Physiker häufig Ge-brauch machen unter der Bezeichnung
Bäcker-Transformation: Du nimmst so ein Quadrat aus Teigmasse, ziehst es zu einem Rechteck auseinander, klappst um, ziehst
es wieder auseinander usw. — so machst du deine Transformationen. Und nach der x-ten Transformation [...] werden zwei ursprüng-lich eng beieinander liegende Punkte [...] im Gegenteil zwangsläufig sehr, sehr weit entfernt liegen. Und alle noch so entfernten Punkte werden nach der x-ten Transformation eng beieinander liegen.
Und wenn man in seinem Kopf nach et--
was sucht, kommt es da nicht auch zu solchen Durchmischungen? Wo zwei Punkte, die
im Moment [...], in dem Moment, in dem Stadium meiner Idee [...], da sind zwei Punkte, ich weiss nicht, wie ich sie miteinan-der kommunizieren lassen soll, und dann, nach hinreichend Transformationen, zack: liegen sie beieinander. [...] Ich würde beinahe sagen: Ein Begriff — zwischen einem Begriff und einem Kunstwerk, d.h. zwischen einem Geistesprodukt und einem Hirnmechanismus, bestehen Ähnlichkeiten, die so überwältigend sind, dass ich das Gefühl habe, die Frage: Wie denkt man? Oder: Was bedeutet denken? Diese Frage betrifft das Denken und das Gehirn zugleich, sie sind absolut untrennbar. Eher glaube ich also an die Zukunft der Molekularbiologie des Ge-hirns als an die Zukunft der Informatik oder jeder Art von Kommunikationstheorie.
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549
Ihre Enttäuschung über (die Zurückweisung) ihres Vater ist der zentrale Motor ihrer Kunst. «Ich war die dritte Tochter eines Man-nes, der einen Sohn wollte.» Und dieser Mann unterhielt über zehn Jahre lang ein sex-uelles Verhältnis mit ihrer Erzieherin. «Ich musste vor der Geliebten, die bei uns wohnte, blind sein. Ich musste gegenüber dem Schmerz meiner Mutter blind sein. Ich musste gegenüber der Tatsache blind sein, dass
ich meinen Bruder ein bisschen sadistisch behandelte. Ich war blind gegenüber der Tat-sache, dass meine Schwester mit dem Mann auf der anderen Straßenseite ein Verhältnis hatte.»
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Je me suis intéressé à la biochimie de la mémoire, au cerveau. Et j‘ai compris que mémoire et imagination, c‘est la même chose. La mémoire est toujours affaire de construction. Cee découverte m‘a poussé à continuer sur le chemin du rapport entre la conscience et les histoires que nous racontons. Là, au moment même où nous parlons, nous créons une fiction qui n‘est pas la vérité. Mais nous avons l‘impression très forte que moi je suis Simon, et que vous, vous êtes en train d‘écrire. Je raconte, vous écrivez, mais il existe une troisième dimension, comme au théâtre, et pour moi c‘est le mystère total. Il existe une «réalité» du moment, et une «réalité» en dehors
de nous, une réalité politique; et ces deux
réalités sont des fictions auxquelles il faux croire, sinon on devient fou.
Ich habe mich für die Biochemie des Gedächt-nisses, des Gehirns interessiert. Und ich habe verstanden, dass Gedächtnis und Ima-gination dasselbe ist.
Das Gedächtnis, die Erinnerung ist immer eine Sache der Konstruktion. Diese
Entdeckung hat mich weitergetrieben, die Be-ziehung zwischen Bewusstsein und den
Geschichten, die wir erzählen, anzuschauen. Selbst hier im Moment, wo wir reden, kre-ieren wir eine Fiktion, die nicht Wahrheit ist. Aber wir haben den sehr starken Eindruck, dass ich Simon bin, und sie die, die daran ist zu schreiben. Ich erzähle, sie schreiben, aber es existiert eine dritte Dimension, wie
im Theater; und für mich ist das ein grosses Mysterium. Es existiert eine «Realität» des Moments, und eine «Realität» ausserhalb von uns, eine politische Realität. Und diese beiden Realitäten sind Fiktionen an die man glauben muss, ansonsten wird man verrückt.
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Die Form bei Deleuze ist aus Kräfteverhältnissen zusammengesetzt; es gibt also strikt nur Kräfte und die Formen sind ein Werden dieser Kräfte. [...]
[...] «Denn es gibt eine Gemeinschaft der Künste, ein gemeinsames Problem. In der Kunst und in der Malerei wie in der Musik geht es nicht um Reproduktion oder Erfindung von Formen, sondern um das Einfangen von Kräften».
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«Das menschliche Vorstellungsgebilde der Welt ist ein ungeheures Gewebe von Fiktionen voll logischer Widersprüche, d.h. von wissenschaftlichen Erdichtungen zu praktischen Zwecken bzw. von inadäquaten,
subjektiven, bildlichen Vorstellungsweisen, deren Zusammentreffen mit der Wirklichkeit von vornherein ausgeschlossen ist.»
[...] Atom, Gott und Seele erklärt Hans Vaihinger als nützliche Fiktionen. Sie erlangen Bedeutung, «als ob» sie wahr seien, auch wenn sie der Denkkonstruktion bewusst widersprechen. Nützliche Fiktionen erhalten ihre Legitimation durch den lebenspraktischen Zweck, damit sind sie für viele Bereiche unentbehrlich.
Auf dem Umweg des Als-ob erreicht man das Gegebene, so lange bis ein kürzerer Weg durch ein neues Modell von Wirk-lichkeit gefunden wird. Weitgehend vereinbar ist die Philosophie des Als-ob auch
mit dem Konstruktivismus, der auch keinen Anspruch auf «die» Wahrheit erhebt.
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Interessanterweise wählte Aby Warburg nach seiner Rückkehr aus Rom, vier Monate
vor seinem Tod, für seine Betrachtungen im Rahmen einer Promotionsfeier von Studie-renden am 30. Juni 1929 eine Zeitung als Ge-genstand aus — er sprach über die Bildbeilage des Hamburger Fremdenblaes und über ein mögliches Nachleben von Pathosformeln in Motiven dieser Bildbeilage. Ihm ging es um die «rohe Zusammenstellung» von verschiedenen Bildern: solchen vom Papst, von Rennpferden und einem Schwimmer, wobei ihn die «schonungslos in die Bildecke der Prozession hineinragende» Gestalt des «Tüchtlings» beschäftigte: «ich frage
mich, weiss der Schwimmer, was eine Monstranz ist?»
Dieses Prinzip der Fragestellung baut Warburg in seiner Zusammenstellung von Bildern zu verschiedenen Motivgruppen auf jeweils einzelne Tafeln, dem sogenannten Mnemosyne-Atlas aus, indem er beispielsweise die Abbildung einer Golfspielerin, [...] mit dem Untertitel versah: «Die Katharsis der Kopfjägerin in Gestalt der Golfjägerin», oder wenn er in dem «Reisefräulein» eines Reklamezettels «einen heruntergekommene Nymphe» sah.
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Als Forscher, sagt Claude Bernard, «muss man lange herumgetappt haben — il faut avoir tâtonné longtemps!» [...] Seinen Weg zu ertappen hat nichts mit dem ge-legentlichen Herumstochern in einem Heuhaufen zu tun. Seinen Weg zu ertappen
verlangt «Erfahrenheit» auf Seiten des Experimentators. Erfahrenheit [...] ist
nicht einfach mit Erfahrung gleichzusetzen. Erfahrung erlaubt es, ein Werk, einen Gegenstand oder eine Situation einzuschätzen und zu beurteilen. Erfahrenheit hingegen ermöglicht es, dergleichen Einschätzungen und Urteile im Prozess der Erkenntnisgewinnung gewissermassen zu verkörpern, das heisst, mit den Werkzeugen und mit den Händen zu denken. Erfahrung ist eine intellektuelle Errungenschaft. Erfahrenheit,
das heisst, erworbene Intuition, ist eine Tätig-keits- und Lebensform. Der Ausdruck «erworbene Intuition» birgt einen Gegensinn in sich. Erfahrenheit muss erlernt werden,
das liegt in der Natur der Sache, und sie über-steigt gleichzeitig doch, was in einem ex-pliziten Sinne gelernt werden kann. Sie läuft auf das heraus, was Michael Polanyi die «stumme Komponente», die «stumme Dimension» des Wissens, kurz das «stumme Wissen» genannt hat. Forschung beruht
auf wildem Denken, und wildes Denken setzt stummes Wissen voraus. [...]
Wenn es darauf ankommt, heisst das, greift man nicht auf zurechtgelegte Schema zurück, sondern auf verkörpertes Geschick. [...] Er (Polanyi) geht vom Primat des stummen Wissens aus und behauptet, dass alles Wissen [...] entweder eine stumme Komponente hat oder doch im stummen Wissen verwurzelt ist. Polanyi zufolge ist voll-kommen artikuliertes Wissen eine der zwar grossen, aber zum Scheitern verurteilte Illusion analytischer Philosophie.
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Der ehemalige Physiker und spätere Moleku-larbiologe Max Delbrück hat einmal von einem «Prinzip der gemässigten Schlampig-keit» gesprochen. Es lautet: «Wenn du nur schlampig bist, gibt es keine reproduzierbaren Ergebnisse, und man kann nichts er-kennen. Wenn du aber ein wenig nachlässig bist und dabei etwas Auffälliges bemerkst, dann versuche es [...] zu fassen». Ein gewisses Mass an Ausfransung, also nicht völlig glatte Ränder, gehören zum experimen-tellen Unternehmen.
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(Gaston) Bachelard ging so weit zu behaupten, dass jedes Problem, jedes Experiment,
ja sogar jede Gleichung ihrer eigenen Philosophie bedurfte.
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Aber wie kann man dem Haushalt eine schöp-ferische Aktivität widmen?
Sobald man einen Schimmer von Bewusstsein an die mechanische Geste heranbringt, sobald man Phänomenologie treibt, während man ein altes Möbelstück poliert, fühlt man unter der sanften häuslichen Gewohnheit neue Eindrücke. Das Bewusstsein verjüngt alles. Es verleiht den vertrauten Handlungen einen Einmaligkeitswert. Es be-herrscht das Gedächtnis. Welches Staunen, wenn man wieder wirklich Urheber der mechanischen Handlung geworden ist! Wenn ein Dichter ein Möbelstück poliert — und sei es in einer dazwischengeschobenen Person —, wenn er einen Leinwandlappen, der alles warm macht, was er berührt, ein wenig duftendes Wachs auf seinem Tisch verstreicht, dann erschafft er ein neues Ding; er vermehrt die menschliche Würde um einen Gegenstand, er schreibt diesen Gegenstand
in das Stammbuch des menschlichen Hauses ein. [...] Von einem Ding zum andern im Zimmer spinnen die häuslichen Arbeiten Ver-bindungsfäden, die eine sehr alte Vergangenheit mit dem neuen Tag vereinigen. Die Hausfrau weckt die eingeschlafenen Möbel.
Wenn man bis zu der Grenze geht,
wo der Traum übertrieben erscheint, wird man sich bewusst, dass man das Haus
recht eigentlich erst durch die kleinen Arbei-ten erbaut. [...]
[...] «Wenn sie ein Tischtuch oder ein Laken spülte, sorgfältig die Holzverscha-lung des Speiseschranks blank putzte oder einen kupfernen Leuchter polierte, stiegen aus dem Grunde ihres Wesens jene leich--
ten Regungen der Freude, die ihre häuslichen Mühen beseelten. [...] Ohne dass sie im geringsten aussah wie eine Träumerin, wusch sie auf, wischte Staub, fegte den Boden in der Gesellschaft der Engel.»
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Allzu oft ist die Welt, die der Philosoph beschreibt, nur ein Nicht-Ich. Ihre Enormität ist eine Anhäufung von Negativen. Allzu rasch macht der Philosoph Positivbilder daraus und leistet sich die Welt, eine einzige Welt. Die Formeln: In-der-Welt-Sein, Sein-der-Welt sind für mich zu majestätisch; es gelingt mir nicht, sie zu erleben. Ich fühle mich wohler in den Welten der Miniatur. Dies sind für mich überblickbare Welten. Wenn ich sie erlebe, fühle ich, wie mein träumendes Wesen weltschaffende Wellen ausstrahlt. Die Enormität der Welt ist für mich nur eine grosse Ver-wirrung der weltschaffenden Wellen. Die ehr-lich erlebte Miniatur dagegen löst mich
aus der wirren Umwelt heraus, sie hilft mir, den auflösenden Kräften der Umgebung
zu widerstehen.
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Der späte Warburg sieht in der kognitiven Abstraktion und der technischen Potenz zur Objektivierung einen tragischen Zug, der jene Kräfte, die den Menschen aus seiner un-mittelbaren Verwicklung in materielle Dynamiken befreite, umschlagen läßt in Momente eines erneuten Ich-Verlustes auf höherer Ebene. Kulturpessimistisch sieht Warburg in der zweiten Natur der technischen Gesellschaft den Bildraum und Leibraum untergehen, ein Sich-Verlieren des Ichs ans Technisch-Anorganische und die Zerstörung des Andachts- und Denkraumes, den das bildschaffende Vermögen in Jahrtausenden geschaffen hat, in den telekommunikativen Medien des «Maschinenzeitalters»: die Tragik der Moderne. [...]
[...] Der Schluss des «Schlangenritu-al»-Textes von Aby Warburg ist die Vision einer technisch perfektionierten, telekommu-nikativen Massengesellschaft, die, wie beim ähnlich pessimistischen Freud, vom Thanatos1 beherrscht ist, eine entropische Endfigur des posthistoire. Gesellschaften, die keine Symbole mehr hervorbringen, sind technisch elegant, aber auch prinzipiell antwortlos zu den «Urfragen». [...]
1 Thanatos; in der griechischen Mythologie der Gott des Todes;
in der psychodynamischen Persönlichkeitstheorie Sigmund Freuds der Tode-strieb. Dialektisches Gege-nsatzpaar: Thanatos-Eros.
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560
Es ist die «volle Wucht», mit der Affekte sich verkörpern und ins Gedächtnis graben.
Ihr historischer «Transport» — als Ausdrucks-gebärden, Affektrethoriken — erfolgt bei Warburg in kulturellen Medien, nicht über ein biologisches Gedächtnis und auch nicht — wie bei C. G. Jung — über ein kollektives, ahis-torisches, unbewußt-seelisches Reservoir von Archetypen. [...]
[...] Die Nachbarschaft des Mnemosyne-Atlas zur Montage- und Collage-
Technik im Dadaismus und Suprematismus ist heute anerkannt. Ins Auge fällt auch
die Nähe des gehämmerten, extrem verdich-teten, überdeterminierten Stils Warburgs zum Expressionismus. [...]
[...] Im ersten Satz der «Einleitung» zum Mnemosyne-Atlas ballt Warburg sein Projekt zusammen: «In der Region der orgias-tischen Massenergriffenheit ist das Prägewerk zu suchen, das dem Gedächtnis die Aus-drucksformen des maximalen inneren Ergriffenseins, soweit es sich gebärdensprach-lich ausdrücken läßt, in solcher Intensität einhämmert, daß diese Engramme leidschaft-licher Erfahrung als gedächtnisbewahrtes Erbgut überleben und vorbildlich den Umriß bestimmen, den die Künstlerhand schafft, sobald Höchstwerte der Gebärdensprache durch Künstlerhand im Tageslicht der Gestaltung hervortreten wollen.»
Kollektiv-kultische Ekstasen bilden den Glutkern des affektiven Lebens. Ihre «Region» macht Warburg in den Kulten der Rauschgötter Klein-Asiens aus (ebd.). Ekstasen sind reine körperliche Präsenz, distanz- und bewußtlose, «versunkene» und «hingegebene», als solche zeichen- und gestaltlose, «cha-otische» Affektabfuhren sowohl im aggressi-ven wie erotischen Modus. Für Warburg
umfassen archaische Gefühle «die ganze Skala kinetischer Lebensäußerung phobisch erschütterten Menschentums von hilfloser Versunkenheit bis zum mörderischen Taumel» (ebd.). Diese Charakteristika zeigen, daß
für Warburg alle Affekte [...] ein Erleiden einer übersubjektiven Macht sind. Gerahmt von religiösen Kultformen gewinnen sie bereits Figur und Ordnung, Choreographie und Gebärde. Religionen sind die ersten Haushalte eines für Warburg vom Ursprung her «wilden», ordnungslosen Affektlebens. Zur Form wird ein Affekt durch zweierlei:
in seiner hinreißenden Präsenz drückt er sich in den Körper ein — als «Ausdrucksform», die sich als erster Inhalt dem Gedächtnis ein--
brennt. Warburg spricht auch von «Verleibung» und «Einleibung»: dies meint, daß die Affekte eine den Körper formierende Macht haben («die unzerstörbare Wucht ihrer Ausdrucksprägung», Einleitung Mnemosyne). Dadurch wird der Leib selbst zum memorialen Träger der Affekte, die ihn ergreifen. Inhalt des Gedächtnisses ist das «Dynamogramm» des Affekts: sein leiblich eingeschriebener Bewegungsablauf («Pathosformel»). Als so «festgehaltener» ist er pri-märe Form. Zum zweiten gewinnt der ergrei-fende Affekt Form durch den Kultus, die
religiöse Struktur, welche die institutionelle Bedingung, das Schema seines Erscheinens vorgibt. Von da an gibt es «Gebärden», sie sind das Alphabet und Energiereservoir des Einzel- wie Kollektivlebens. Man erkennt, daß Warburg sowohl existenziell wie historisch vom äußersten Rande her zu denken versucht, wo die Spuren der Kultur sich im unbesprechbaren Übergang zur Natur auf-lösen. Die Hopi waren für Warburg wichtig, weil sie Rituale geschaffen haben, welche als Struktur zur Anti-Struktur, als menschlicher Ausdruck zum Nicht-Menschlichen, als Form zum Formlosen, als Symbol zum Zeichen-losen einen kommunikativen Verkehr aufrecht erhalten.
«Das kultische Erlebnis als Urpräge-werk in der Ausdruckswelt tragischer Er-griffenheit» (1927; WBG 329) ist Ausgangpunkt aller Kultur, deren andauernde Antriebs-kraft und deren Negation in einem. Hier werden die «Höchstwerte menschlichen Aus-drucks» (ebd.), ihre Frequenzbreite und ihr Intensitäts-grad dauerhaft festgelegt, memo-rial codiert und als «Dynamogramme»
(WBG 338) abgelagert: aus noch so tiefer Latenz jederzeit wieder manifestierbar,
d.h. den Körper ergrei-fend und das Ich überschwemmend. Religion ist für Warburg
die gedächtnisgestützte, distanz- und formschaffende Grammatikalisierung der den Einzelmenschen und das Kollektiv sonst zer-reißenden Affektenergien.
K u n s t setzt diesen Kultivie-rungsprozeß fort. Beide, Religion und Kunst, sind jedoch auf das vitale «Prägewerk» der Affekte dauerhaft verwiesen, sie erhalten von hier aus ihre «Energie» und entwickeln in Auseinandersetzung mit dieser ihre Formen. Es gibt damit eine klare funktionale Bindung von Religion und Kunst an die un-zerstörbaren, als solche aber zerstörerischen Affektmächte des menschlichen Leibes.
Religion und Kunst sind kulturelle Techniken der Leib- und Affektbemeisterung.
Als soziale Institutionen erzeugen sie, gegenüber der Flüchtigkeit des «leidenschaftlichen Greifwillens und leidenschaftlichen Er-griffenseins» (Grundbegriffe 1929, WBG 331), Dauer und Distanz, beides Funktionen des Gedächtnisses, das einen «Zwischenraum» [...] darstellt, der die Bedingung der Möglichkeit von Kultur ist.S. 29 – 31 [...]
[...] Wichtig ist, daß der durch memo-riale Techniken erzeugte Zwischenraum nicht eine Dauer erzeugt, die einen linearen Zeitpfeil vom Rausch zur Besonnenheit,
vom «Handgreiflichen» zum «Begriff» trägt,
sondern einen «Rhythmus», eine Pendelschwingung, einen «Kreislauf». Linearen Fort-schritt gibt es bei Warburg nicht nur deshalb nicht, weil Rückfälle auf archaische Muster unvermeidlich sind.S. 31 – 32 [...]
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561
[...] Die überragende Rolle der Angst ist
in der (philosophischen) Anthropologie und Kulturtheorie zwischen Kierkegaard, Nietzsche, Tito Vignoli, Freud bis zu Heidegger be-kannt. Die Angst ist die Moll-Tonlage zu
optimistischer Fortschrittsidee und Evolutio-nismus des 19. Jahrhunderts. [...] Angst ist biographisch Warburgs Elementarreflex und Angst, mehr als alle anderen Affekte einschließlich des Eros, ist für ihn kulturanth-ropologisch jene Urtatsache, auf welche sich zuletzt alle kulturellen Leistungen beziehen. Kultur und Religion sind Angst-verarbeitung [...] sie schaffen sich, wie
es Warburg sieht, in symbolischen und
rituellen Prozessen einen Raum der Distanzierung von einer universalen Urangst.S. 5
[...] Sein archaisches Bild ist, daß der Mensch sich in einer chaotischen Welt vorfindet, in der alles sich unabhängig Bewegende reaktive Angst auslöst: dies nennt Warburg den «phobischen Reflex» (WBG 298) [...], das Phobische ist für ihn eine Elementarstruktur des Menschen. Onto- und phylogenetisch leitet sie sich aus der «Kindschaft» ab, der «unbegreiflichen Katastrophe der Loslösung des einen Geschöpfes vom anderen. Der abstrakte Denkraum zwischen Subjekt und Objekt gründet sich auf dem Erlebnis der durchschnittenen Nabelschnur.» (WBG 298) Dieses elementare Getrennt-sein macht alles Nicht-Ich zum Fremden und dieses löst Angst aus (WBG 104).
Die kulturellen Reaktionstypen auf diese Situation sind Verkörperung, Gestaltung und Abstraktion — mit entsprechenden semiotischen Ausformungen: Fetisch/Totem — Symbol/Bild — Zeichen [...];
Symbole und Bilder sind [...] performative Akte des Ich, in denen es seiner Erregung Ausdruck und dem erregenden Objekt Gestalt gibt. Sie sind distanzschaffende Form und ausdruckverleihende Gebärde, denkermöglichend ohne Abstraktion [...], signifikativ ohne Kontaktverlust zum Bezeichneten. Die Darstellungsfunktion von Bildern/
Symbolen ist dabei psychologisch gesehen eine Kompromiß- und Abwehrfigur: «Durch das ersetzende Bild wird der eindrückende Reiz objektiviert und als Objekt der Abwehr geschaffen.» (WBG 297) Darum spricht Warburg auch von Bildern als «Energiekonserven»: sie sind Container und Transfor-matoren gewaltiger Affektschübe, deren Formgeber und Abstandhalter, aber auch Speicher und Batterien von Lebenskraft.S. 19 – 20
FF
562
Es ist die Pointe Warburgs, die Macht und
Eigenlogik der Bilder herauszustellen
und nicht geistphilosophisch, aufklärungstheoretisch oder evolutionistisch zu
überbieten.S. 18 [...]
[...] Für Warburg steht außer Frage, daß der kulturelle Prozeß im Kern nicht durch das Sprach-, sondern durch das Bildvermögen des Menschen geprägt ist. [...]
[...] Im Zentrum einer solchen universalhistorischen Kulturforschung steht das Bild, weswegen in ihr die Bildwissenschaften einen besonderen Status einnehmen. Die Künste, allgemeiner: die visuellen Medien, sind das privilegierte Archiv «der historischen Psychologie des menschlichen Ausdrucks». Denn «das Bild» stellt die breite Übergangsskala dar zwischen magischem Bann der Affekte einerseits, d.h. ihrer unmit-telbar überwältigenden (noch bilderlosen) Einleibung, und dem theoretisch-abstraktem (wieder bilderlosen) Kalkül andererseits, das keinerlei somatische Performanz aufweist. «Bild» meint in einem weiten Sinn nicht nur Zeugnisse der Bildkünste, sondern auch körperliche Bewegungsfiguren, performative soziale, d.h. relativ stabile, mit Obligation versehene, augenfällige Rituale und Habitus, codierte Gestalten der Bemeisterung von Affekten etc.S. 11 [...]
[...] In diesem Mittelraum zwischen Magie und Mathematik, zwischen Fetisch und abstraktem Zeichen, findet sich der «Denkraum der Besonnenheit» (ASW 267) und d.h. der Raum des Symbolischen. Das Ethos Warburgs zielt nicht auf die niedergerungene Affektivität und die besiegte Naturmacht, sondern darauf, inmitten ihres Widerfah-rens zu «symbolischen Formen» zu finden, welche diese «Energien» «aufnehmen», «einfangen» und zugleich zu ihnen Distanz schaffen. [...]
[...] Letztendlich gilt es in den
unvermeidlichen Niederlagen eine Haltung, einen Stil, eine Distanz (ein Symbol) zu finden. [...]
[...] Es gibt keine lineare Entwicklung fortschreitender Emanzipation, sondern nur ethische Haltungen, transitorische
Modell-Lösungen oder selbst wieder mythische Erzählungen.S. 25
FF
563
Es beginnt mit der radikalen Absage an die Tiefe und dem Insistieren auf der Oberfläche. Der Ansatz ist begreifbar nach dem Bild des menschlichen Körpers, das der Kulturwissenschafter Marc C. Taylor unter Bezug auf die Embryologie entwickelt hat. Nach diesem Bild entsteht und wächst der Körper ab ovo, also ab der ersten Zelle durch eine beständige Einstülpung und Einfaltung seiner Ober-fläche, ein Prozess, der nach und nach zur Ausbildung von differenzierten Zellen, Kno-chen und Organen führt. Alles am Körper also ist Haut, alles ist Oberfläche.
FF
564
Jeder Anfang ist immer schon eine
Wiederholung.
FF
565
Die hier angeschnittenen Themen verweisen auf die Thematik des Doppelten, des Doppelgängers, des einen, aus dem zwei werden, der zwei, die zu einem werden, und so fort. Ich bin nicht in der Lage, darüber zu schreiben. Ich bin mit Zwillingsschwestern befreun-det, von denen eine rechts-, die andere linkshändig ist: als Mädchen wurden sie ge-filmt, wie sie beim Schreiben nebenein-andersaßen, so dass es aussah, als handelte es sich um nur eine mit ihrem Spiegelbild.
FF
566
Wir können nicht bezweifeln, dass Tiere Musik sowohl lieben als auch ausüben. Das ist offenkundig. Doch scheint ihre Musika-lität von der unsrigen verschieden zu sein. Es ist eine andere Schule. [...] Wir kennen ihre didaktischen Werke nicht. Vielleicht haben sie keine.
FF
567
So wird das Chaos durchquert; es wird nicht erklärt oder interpretiert; sondern durchquert, Stück für Stück, entlang einer Route, die die Ebenen, Landschaften und Ortbestimmungen anordnet, aber die hinter sich das Chaos sich wieder schliessen lässt, wie das Meer hinter im Kielwasser eines Schiffes.
FF
568
«M’ma ich gehe nicht mehr in die Schule, weil man mir in der Schule Dinge beibringt, die ich nicht weiss».
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«Die denkende Hand des Zeichners»
Henri Focillons Bildpraxis stellt die wohl konsequenteste Position der Kunstgeschichte dar, das Bildnerische selbst als Denkform zu begreifen.
[...] «Die Schöpfung schafft den Gott.» Im Text zum «Lob der Hand» spricht Focillon, dass Kunst mit den Händen gemacht wird; es ist eine verallgemeinerbare Verteidigung des Technischen als Geistigkeit. Bilder sprechen für sich, weil sie Geformtes sind. [...] Er versteht Kunstgeschichte
als Beobachtungswissenschaft.
[...] «Das Kunstwerk ist nur scheinbar unbewegt. In Wirklichkeit entsteht
es aus einer Veränderung und bereitet eine andere vor.»
[...] Focillon spricht von der Ver-selbständigung der Form als Medium. [...]
Parallelen zu der Medientheorie Marshall McLuhan nimmt Focilllon dessen meist
zitierte und zum Schlagwort geballte These über das Medium als Botschaft, die Form
zum Inhalt macht, vorweg. [...] Er argumentiert Form nicht als Ausdruck, sondern Form und Technik als Spielraum der Kunst
zu begreifen.
[...] «Von wo wir auch immer ausgehen mögen, wir werden immer bei der Form enden.»
[...] Focillon lehnt das Psychologische und die kunsthistorische Einfühlung ab. «Man muss von den Erscheinungen im Raum ausgehen.» Als Plädoyer für eine Kunst-wissenschaft als radikale Bildwissenschaft von den Energien der Form richtet sich la
vie des formes von Henri Focillon gegen alle Arten von Bildtheorien und Interpretationen des Bildes als Zeichen. Das Bildermachen ist nicht lediglich die Exekution einer Idee des Künstlers.
[...] W. J. T. Mitchell bezieht sich wiederholt auf Focillon: «Warum scheinen Bilder ‹ein eigenes Leben› zu haben?» [...] Die Beziehung zu Focillon ist eine Wahlverwandtschaft zu nennen in Bezug auf das Zeichnen, das Focillon und Mitchell gleicher-massen als Form des lebhaften Denkens
beschreiben — und praktizieren.
«Das Denken kann auch eine Art
des Malens und Zeichnens sein, ein geistiges Skizzieren, Entwerfen, Umreissen und
(wie in meinem Fall) zielloses Kritzeln.» (Mitchell)
[...] Spezialisten zeichnen nicht.
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Nur die Auflösung des «Ich» ist Befreiung; sie kann aber nur erreicht werden, wenn man dem «Ich-Empfinden» nachgeht. Wenn der Sucher dann das «Ich» nicht loslässt, kann er die Leere nicht erfahren. Ansonsten endet die Meditation im Schlaf.
Es existiert zwar die ganze Zeit hindurch nur ein Ich; aber hin und wieder steigt der falsche «Ich-Gedanke» auf, während
das intuitive Ich immer im eigenen Glanz erstrahlt, auch ehe es offenbar wird. Man wird nicht mit dem grobmateriellen Leib geboren, sondern erst, wenn das «Ich» geboren wird. Um frei zu sein, braucht nichts neu gewon-nen zu werden; Freiheit ist nur der ursprüng-liche Zustand, der ewig unverändert immer gegenwärtig ist.
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Dass nicht mein Geist weiterlebe, sondern meine Liebe.
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572
Mein Leben ist bis zum Äussersten gebracht; es ekelt mich das Dasein, welches unschmackhaft ist, ohne Salz und Sinn, [...] ich stecke den Finger ins Dasein — es riecht nach nichts. Wo bin ich? [...] Wer bin ich?
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Ein Jude trifft seinen Bruder und erzählt ihm verärgert, dass er den Rabbiner gefragt habe, ob er beim Beten rauchen dürfe, was ihm dieser untersagt habe. Daraufhin er-klärt der Bruder: «Du Depp, du hättest ihn natürlich fragen müssen, ob du beim Rauchen beten darfst. Das hätte er dir bestimmt erlaubt.»
FF
574
Die meiste Musik, die mich bewegt, ist religi-ösen Ursprungs. Ich glaube, das rührt daher, dass sich diese Leute völlig ihrer Sache
hingeben. Sie sind nicht da, um sich selber
zu präsentieren, sondern um etwas zu
emp-fangen. Sie öffnen sich komplett, sind aufnahmefähig, vertrauensvoll, verletzlich.
FF
575
Da wir die Sprache so mit einem Mal nicht ausschalten können, wollen wir wenigstens nicht versäumen, was zu ihrem Verruf beitragen mag. Ein Loch nach dem andern
in ihr zu bohren, bis das Dahinterkauernde, sei es etwas oder nichts, durchzusickern anfängt.
FF
576
(Der Komponist) James Tenney beginnt eine Werkreihe mit dem Titel «Postal Pieces». Diese Notate wurden als einfache Postkarten an Freunde versandt und enthalten kurze verbale oder grafische Anweisungen, wie die zehn Stücke zu klingen haben. Diese for-dern die Interpreten damals wie heute her-aus: Wie spielen Musiker den Dreizeiler «very soft / very long / nearly white» als einzige Angabe nebst dem Titel «For Percussion Perhaps, Or...» und dem Untertitel «(night)»?
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577
Man muss Francis Bacon ebenso wie Samuel Beckett oder Franz Kafka folgende Ehre
erweisen: Sie haben unbändige Figuren ent-worfen, unbändig in ihrem Beharren, in ihrer Gegenwart, und zwar genau in dem Au-genblick, in dem sie das Schreckliche, die Ver-stümmelung, die Prothese, den Sturz oder das Versagen «repräsentieren». Sie haben dem Leben eine neue Macht gegeben,
die Macht, höchst unmittelbar zu lachen.
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578
[...] die Hand ist das Fenster zum Geist.
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579
Wir sind wohl etwas, aber wir sehen wunderlicherweise nicht wie etwas aus, wir sind nur Übergangsgeschiebe.
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580
Dass die Bedeutungsgebungen uns in reine Bezeichnungen stürzen, die sie ersetzen und absetzen, das ist das Absurde als bedeu-tungs-los. Dass uns aber die Bezeichnungen ihrerseits in den zersetzenden und verdauenden Grund stürzen, das ist der Unsinn der Tiefen als Untersinn. Welcher Ausweg also? In der gleichen Bewegung, in der die Sprache von oben herabfällt und dann versinkt, müssen wir wieder an die Oberfläche gelangen, dorthin, wo es nichts mehr zu
bezeichnen oder gar zu bedeuten gibt, son-dern wo der reine Sinn hergestellt wird:
hergestellt in seiner wesentlichen Beziehung zu einem dritten Element, diesmal dem Oberflächenunsinn.
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581
[...] die 85 Reichsten der Welt besitzen gleich viel wie die 3,5 Milliarden Ärmsten [...]
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582
Die letzten Worte aus seinem (William
Burroughs) Tagebuch, geschrieben am 30. Juli 1997, drei Tage vor seinem Tod, lauten: «Nichts ist genug. Es gibt kein Ende für Weisheit, Erfahrung — nicht eine verdammte Sache auf der Welt. Keinen heiligen Gral, kein letztes Satori, keine endgültige Lösung. Nur Konflikte. Das einzige, was zur Lösung von Konflikten beitragen kann, ist Liebe,
so wie ich sie für Fletch, Ruski, Spooner und Calico empfand. Reine Liebe. Das, was ich für meine Katzen empfinde und empfunden habe. Liebe? Was ist das? Das nützlichste schmerzstillende Mittel, das es gibt. LOVE.»
So etwas hätte wohl niemand nach dieser Vita, diesem Werk erwartet. Doch nur einen Tag zuvor hatte der greise Waffennarr festgehalten: «Gut geschossen.»
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583
Die Kunst wird sich neue Orte, neue Zeiten und ein neues Publikum suchen. Sie wird mit Formaten experimentieren, in denen die gewohnten Institutionen zu Variablen werden. [...] Der Ort der Kunst ist nicht mehr die Beschaulichkeit der Bücher, die Genauigkeit der Kritik und die Konzentration des Publikums, sondern die Zerstreuung in die Netzwerke, von denen schon Walter Benjamin gesprochen hat. Das muss man nicht bedau-ern, das muss man künstlerisch bewältigen. Und nach wie vor sucht die Kunst die Kontroverse, lässt sich also nicht von Politik oder Wirtschaft, Pädagogik oder Ästhetik für deren Zwecke einspannen. [...] Ich denke die nächste Gesellschaft (ist) ja vor allem als eine Auseinandersetzung der Gesellschaft mit dem Computer, die diesem seine Grenzen aufzeigt. Da werden wir die Hilfe der Kunst bitter nötig haben, und zwar einer Kunst,
die im Medium des Computers diesem seine Grenzen aufzeigt.
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584
Dirk Baecker geht [...] von der u.a. auch von Marshall McLuhan, Manuel Castells, Niklas Luhmann, Régis Debray und anderen formulierten Vermutung aus, dass kaum etwas so grosse Bedeutung für die Struktur einer Gesellschaft und die Formen einer Kultur hat wie die jeweils dominierenden Ver-breitungsmedien. Folglich wird die Ein-führung des Computers für die Gesellschaft ebenso dramatische Folgen haben wie zuvor nur die Einführung der Sprache, der Schrift und des Buchdrucks. [...]
[...] Es geht um die Folgen medienkultureller Wandlungsprozesse im Grossmassstab. Hintergrund dafür ist die in epistemologischer Tradition (z.B. Michel Foucault, Jean-François Lyotard etc.) stehende Grundannahme, dass sich die symbolischen
Aktivitäten einer Gesellschaft — zum Beispiel ihre Religion, ihre Ideologien, ihre Kunst — nicht unabhängig von den Technologien erklären lassen, die diese Gesellschaft benutzt, um ihre symbolischen Spuren zu erfassen, zu archivieren und zirkulieren zu lassen. [...] Die Einführung der Sprache konstituierte die Stammesgesellschaft, die Einführung der Schrift die antike Hochkultur, die Einführung des Buchdrucks die moderne Gesellschaft und die Einführung des Computers wird die «nächste Gesellschaft» konstituieren. [...]
[...] Baecker bietet die Hypothese an, dass es einer Gesellschaft nur dann ge-lingt, sich zu reproduzieren, wenn sie auf das Problem des Überschusses an Sinn eine Antwort findet, das mit der Einführung jedes neuen Kommunikationsmediums einhergeht. So hatte es die Antike durch die Verbrei-tung der Schrift mit einem Überschuss
an Symbolen zu tun, die Moderne hatte durch die Buchdrucktechnologie und die damit verbundene massenhafte Verbreitung von Büchern mit einem Überschuss an Kritik
zu tun, und die nächste Gesellschaft wird sich durch einen Überschuss an Kontrolle aus-zeichnen, der mit der Einführung des Computers verbunden ist. [...]
[...] Die nächste Gesellschaft muss Umgangsformen mit Kontrolle entwickeln, die nicht nur reagieren auf die Möglichkeit, kontrolliert zu werden, sondern auch die Möglichkeit, zu kontrollieren. [...]
[...] Der Künstler (die Künstlerin Anm. PR) der nächsten Gesellschaft ist jemand, der in der Lage ist, einen Code zu knacken, sei es technischer, sozialer, psychischer oder kultureller Code. Er (sie) betreibt formal
strenge, aber im Effekt sehr befreiende Experimente mit Codierungstechniken, die unterschiedliche Bild- und Sprachspiele ineinander übersetzen. [...]
[...] Montage, Schnitt, Kombination und Integration von Audio- und Video-
Quellen, Untertitel, Voice-Overs und Special Effects [...]. Es geht nicht um die Pro-duktion von zum Beispiel schönen und neuen Bildern, sondern um den Umgang mit all
den schönen und neuen Bildern im Vorrat des (inter-) kulturellen Erbes, das die globale Zeitgenossenschaft zur Verfügung stellt.
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585
Auch die Toten werden vor dem Feind, wenn er siegt, nicht sicher sein.
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586
Er (Rem Koolhaas Anm. PR) hat die Versprechen der Moderne als Schwindel abgetan und beschreibt einen neuen Urbanismus: die «generische Stadt». Sie kennt keine Geschichte, keine Identität, ist die «Halluzination des Normalen». Willkommen in der Post-
Stadt, hallo Agglomeration. Auch der Einfluss des Architekten schwindet, denn ab einer gewissen Grösse könne dieser ein Ge-bäude nicht mehr kontrollieren. Man denke an Flughäfen, Einkaufzentren, Messegelände. Die gebaute Megalomanie braucht die Stadt nicht mehr, sie ist selber urban. Also gilt: «Fuck context».
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587
[...] alors que Van Gogh pensait qu’il faut savoir déduire le mythe des choses les plus terre à terre de la vie. En quoi je pense qu’il avait foutrement raison. Car la réalité est ter-riblement supérieure à toute histoire, à toute fable, à toute divinité, à toute surrealité.
[...] nun dachte Van Gogh, dass der Mythos der Dinge ganz nüchtern vom Leben selbst hergeleitet werden muss. Ich denke darin hatte er saumässig recht. Denn die Realität ist fürchterlich überragend, vor aller Geschichte, vor allen Fabeln, vor aller Göttlichkeit, vor aller Surrealität.
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588
Schreib ein Manifest, gründe eine Initiative, besetze ein Haus, mach einen Vorschlag, präsentiere dein Konzept, mache deine Me-thode transparent, sei dabei. Das Ineinander aus Beschwerdechor und Wunschkonzert soll sich in neoliberalen Bottom-up-Projekten zur Anmutung eines öffentlichen Raumes zusammensetzen, den es schon lange nicht mehr gibt. Eine allgegenwärtige Unzufriedenheit wird mit kybernetischen Management-Techniken auf Spezialfragen gelenkt und anschliessend in Projekten so lange moderiert, eingekreist und evaluiert, bis jede Hoffnung oder Wut der Bürger vom leeren Licht der Transparenz überstrahlt wird. Das Ergebnis nennen die Planer mit den grossen Ohren, [...], gelungene Kommunikation.
[...] Kein Gleichgewicht hält ewig. Seit einiger Zeit neigen die Bottom-up-Planungsprozesse der kommunizierenden
Anteilnahme zu Einfallslosigkeit. Um wieder Leben in die Ermüdung zu bringen, entwickeln jüngere Planer veränderte Strategien. [...] Die geschlossenen Kreisläufe der Übereinstimmung, in deren zwangsläufiger Suche nach Harmonie sich die Planungs-prozesse erschöpft haben, öffnen sich gegen-über der Störung, um die Politik der Partizipation in Form einer Spannung neu zu be-leben. Ein dynamisches Element des Konflikts soll eingeführt werden, damit die Sys-teme nicht zum Stillstand kommen. [...] Der «Konflikt als Antriebsmaschine».
[...] Aus den erneuten Versuchen des mobilisierenden Umgangs mit Konflikt, Negation und Störung spricht eine der
gegenwärtig grössten Bedrohungen des Kapitalismus: Dieser droht an seiner Absiche
rung durch die Abweisung, Vernichtung
und die einbindende Umdeutung von allem,
was seinen Systemprinzipien zuwiderläuft, zu ersticken. Das immer geschlossenere System der Selbstregulierung beisst sich in den Schwanz. [...] Die Nichtentwicklung hält in den Bereichen mittlerweile mehrere Jahrzehnte an. [...] Der Mangel an neuem Wissen lässt sich trotz der andauernden Behauptung des Gegenteils, dem geschürten Irrglauben, in der innovativsten aller Welten zu leben, nicht mehr übersehen.
[...] Was sich in den Disziplinargesellschaften der vergangenen Jahrhunderte Leben nannte, hatte noch bedeutet, von einer geschlossenen Umgebung in die nächste überführt zu werden. Krankenhaus, Familie, Schule, Kaserne, Fabrik, Altersheim, Krankenhaus, Friedhof bildeten Gefässe
der Einschliessung. Wer nicht funktionierte, den ereilten Disziplinarmassnahmen. Im Fall wiederkehrender Abweichung drohten Gefängnis oder Irrenhaus. [...] Im Verlaufe der siebziger Jahre [...] erlebt die Bin-dung des Einzelnen an die Gesellschaft und seine Steuerung einen Umbruch. An die Stelle von Unterdrückung, Disziplin und Einschluss treten «ultraschnelle Kontrollformen mit freiheitlichem Aussehen». [...] Die neugewonnenen Agenten der Organisation sind oft nicht mehr als solche zu er-kennen. Der Radius der heterarchischen Kon-trolle von Arbeit, Gesundheit und Moral dehnen sich in die Selbstverwaltung aus. Immer mehr Menschen hoffen, selbst zu Ver-bündeten des Managements zu werden,
um nicht herauszufallen. Den Einzelnen um-wölkt eine Angst des Ausschlusses. Ständig droht: arbeitslos, nutzlos oder einfach einsam zu werden. [...] Komplizen sollen gewonnen werden, die kein Brot fressen. [...] In einem Spiegelkabinett der Ängste muss immer weniger diszipliniert werden, die meisten organisieren das für sich selbst. [...] Man stellt sich Fragen, die das Denken verwüsten, schwächen, isolieren. Alles löst sich ständig auf. Jedes Rest-Selbst, jede Beziehung, jeder Tarif, jede Entwicklung wirkt, kaum wahrgenommen, schon wieder überholt. [...] Was das auf Echtzeit verkürzte Wesen noch darstellt, spaltet sich in verschie-dene Rollen. Immer fragmentierter sieht man sich bei internalisierten Konflikten zu, die eigentlich nie die eigenen waren. [...] Die Ausgebrannten werden zu Phantomen,
die vor allem die Freuden der Pflicht kennen,
weshalb sie sich vollständig auf das blosse
Funktionieren verlegen. [...] Arbeit gehört zu den letzten Möglichkeiten, um sich zu ver-binden. Man ist dabei müde, und die Müden sind ungefährlich. Sich in dieser Trance gegenseitig unter Druck zu setzen, gilt als
normale Umgangsform. An die Stelle des Mit-einander treten Rivalen. Jeder mögliche Kon-kurrent wird abgewehrt, um auf der nächs-ten Ebene zu überleben. Der Druck erzeugt immer neue Agenten, die das schützende Bündnis mit dem Management suchen und im Tausch dagegen als dessen Organe dienen, um jeden blinden Fleck zu durchdrin-gen. Verbliebene Störungen bleiben unter Beobachtung und werden in der totalen Gegenwart reguliert.
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589
Ihr geht es um Ordnungsprinzipien und darum, etwas zu «finden, was nicht gesucht wurde».
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590
Oswald Wiener: [...] Ich habe mit dem
Kulturbetrieb gekämpft [...].
ARD: Was passte ihnen am damaligen
Kulturbetrieb nicht? Und eventuell auch
am heutigen?
Oswald Wiener: Na ja, der Betrieb eben [...] die Gleichmacherei.
FF
591
Nun soll eine Struktur einer Zeichenkette eine Turingmaschine (TM) heissen, die (mit oder ohne Input) diese Zeichenkette auf ein Band drucken kann [...]. Jede Zeichenkette
hat unendlich viele Strukturen.
Ein Organismus ist eine Menge von TM, die TM konstruieren, verändern und miteinander koppeln (verketten, verschmelzen,
in Bestandteile zerlegen, indizieren) und die einander und auch die neu konstruieren etc. aktivieren können. Das Betriebssystem (BS) eines Organismus enthält die zur Konst-ruktion etc. benötigten Instrumente; es wird selber als unveränderlich vorausgesetzt.
Ein Schirm ist ein Band, das gemeinsam (nicht notwendigerweise parallel)
von einer Untermenge eines Organismus be-dient wird.
Ein Effektor ist ein Element eines Organismus, das seinen Output in das Umfeld druckt.
Das Umfeld eines Organismus ist der Rest des Universums (der auch die Hardware des Organismus enthält) unter dem Aspekt der Interaktion mit Schirm und Effektor des Organismus («Orakel»).
Ein Beobachter ist ein Mensch, der die gesamte interne und externe Tätigkeit eines Organismus in dessen Umfeld beobachtet.
FF
592
Bemerkenswert sind die Techniken [der Lehre Abraham Abulafias (1240 – 1291), PR]: Sie umfassen körperliche und psychische wie sprachliche Meditation, auf der einen Seite Fasten, Reinigung, Atemtechniken, Bewegun-gen des Kopfes und der Hände sowie Tanz (beziehungsweise Springen, Hüpfen), auf
der andern Seite schriftliche Techniken der
Buchstabenkombination sowie mündliche
Techniken der Buchstabenrezitation. [...]
[...] «Er [mein Lehrer Abraham
Abulafia] lehrte mich den Weg der Permutationen und Kombinationen der Buchstaben (derech ha-ziruf we ha-temuroth). [...]
Auf jedem solchen ‹Weg› liess er mich zwei Wochen lang verweilen, bis jede Form sich in mein Herz eingegraben hatte; und so führte er mich weiter, rund vier Monate lang, und dann befahl er mir alles ‹auszulöschen›. Er pflegte mir zu sagen: ‹Mein Sohn, es ist nicht beabsichtigt, dass du mit einer endlichen oder gegebenen Form aufhörst, selbst wenn sie höchsten Grades wäre. Vielmehr
ist dies ‹der Weg der Namen› (derech ha-
schemot): je unverständlicher sie sind, um so höher ist ihr Rang, bis du zur Wirksamkeit einer Kraft gelangst, die nicht mehr deiner Kontrolle untersteht, sondern vielmehr ist dein Verstand und dein Denken unter ihrer Kontrolle.» [...] Er wies mir Bücher vor,
die ganz aus Buchstaben [-kombinationen] bestanden, von denen niemand je etwas verstehen wird, denn sie sind auch gar nicht dafür bestimmt, «verstanden» zu werden. [...]
In der Nacht schliesslich, in der diese Macht mich überkam [...], machte ich mich daran, den Grossen Namen Gottes, der aus zweiundsiebzig Namen besteht, zu permutieren und kombinieren. Aber nachdem ich dies während einer Weile getan hatte, wurden die Buchstaben in meinen Augen zu grossen Bergen, heftiges Zittern ergriff mich, und ich konnte mich nicht fassen; meine Haare standen zu Berge, und es war mir, als wäre ich nicht auf dieser Welt. Ich fiel auf einmal hin, und alle Kraft war aus mir gewichen. Und siehe, etwas der Sprache verwandtes kam aus meinem Herzen hervor, kam auf die Lippen und zwang mich, sie zu be-wegen. Ich dachte: «Vielleicht ist dies — Gott schütze mich — der Geist des Wahnsinns, der in mich gefahren ist?» [...]
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593
[...] das Photo ist umso faszinierender,
als es bereits das ganze Gemälde (die ganze Zeichnung) besetzt, bevor sich der Maler (der Zeichner) an die Arbeit macht. Folglich wird man das Photo nicht dadurch hinter sich lassen, den Klischees nicht dadurch ent-kommen, dass man das Klischee transformiert [...] Besser wäre es, sich den Klischees anheimzugeben, sie alle zusammenzurufen, sie zu akkumulieren, sie zu ver-vielfachen. [...] Wie aber lässt es sich im Augenblick, da ich begonnen habe, anstellen, dass das, was ich male (zeichne), kein Klischee ist?
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594
Es geht darum, hohe Intelligenz mit schlech-tem Geschmack zu kombinieren. Es geht darum, dabei niemals eine Miene zu verziehen. Es geht darum, unter allen Umständen sinnlos zu bleiben, keinerlei Kompromisse einzugehen.
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595
Vor Kurzem brachte Oral-B [...] eine Smart-guide-Zahnbürste für das «vernetzte
Badezimmer» auf den Markt. Die Zahnbürste kommuniziert mit dem Smartphone, wo eine entsprechende App den Fortschritt der verschiedenen Reinigungsaufgaben überwacht (Haben Sie Zahnseide benutzt? Ihre Zunge gebürstet? Gründlich gespült?)
und durch Bildchen auf dem Display die Mund-partien kennzeichnet, die weiterer Aufmerksamkeit bedürfen. Aber wichtiger noch,
die Zahnbürste «zeichnet die Daten über Ihre Zahnreinigungsaktivitäten auf, damit Sie diese selbst kontrollieren und mit Ihrem pro-fessionellen Zahnpfleger besprechen kön-nen». Was genau mit diesen Daten passiert — ob sie den «professionellen Zahnpflegern» oder der Krankenversicherung mitgeteilt werden, bei Ihnen zu Hause bleiben oder zu den anderen Daten hinzugefügt werden, die Facebook und Google bereits über Sie besitzt — ist eine zunehmend kontrovers dis-kutierte Frage.
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596
In welchem Zusammenhang stehen Ästhetik und Alkohol? Der Schlagersänger und Lyriker Mickie Krause, den ich sehr bewundere, bringt es in seinem Lied «Geh mal
Bier holen, du wirst schon wieder hässlich» auf den Punkt. [...]
[...] Das Leben ist doch vollkommen sinnlos. Wenn man es schafft, einen Abend damit zu verbringen, bei schlechter Musik zu viel Alkohol zu trinken und danach Sex zu haben, hat man als Mensch schon viel erreicht.
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597
Undweiter Färtnevin/veralibiwerdername/reichkomm/übelleschehe/innevin ferder./Tlichtbrot giheuticht/gibschürz/auwirpelzgeben/unschürzigen/führensnich inzwei Verzuckerrüben/lösigvom Bösen/Männ.
|
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INDEX FF
FF1
Barthes Roland,
Das Reich der Zeichen,
Suhrkamp 1077,
Frankfurt am Main,
1981,
S. 21
FF2
Eco Umberto zitiert einen chinesischen Weisen der
letzten Dynastie,
Einführung
in die Semiotik,
München,
S. 415 – 416
FF3
Foucault Michel,
Die Ordnung der Dinge,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
1974,
S. 17
FF4
Rimbaud Arthur
in einem Brief
an seinen Lehrer,
13./15.5.1871,
aus DIE ZEIT,
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Hamburg,
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Schreiben ohne Macht,
zitiert von Astrid Deuber Mankowsky,
WochenZeitung WOZ, 1994
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Ein Hungerkünstler,
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Neue Zürcher Zeitung,
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FF11
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Langten C.,
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Zürich,
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FF14
Cixous Hélène,
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Reclam 1352,
Leipzig,
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FF15
Wittgenstein Ludwig,
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S. 231 – 232
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Flusser Vilém,
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Göttingen,
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Marinetti,
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Theorie des Bildaktes,
Suhrkamp,
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FF17_2
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zu Cyberstrategien: Prothetik, Robotik
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Kunstforum,
Bd. 132,
Ruppichteroth,
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FF18
Flusser Vilém,
Nomadologie
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Steirischer Herbst Graz,
Hatje Cantz Verlag,
Ostfildern,
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FF19
Martin Robert,
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Sinn und Unsinn
einer Grenze,
DU,
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Zürich,
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FF20
Nietzsche Friedrich,
Ecce homo,
Buchclub ex libris Zürich,
1955,
S. 1084 – 1085
FF21
Schmidt Siegfried J.,
Über die Funktion
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im Kunstsystem,
in Die Sprache
der Kunst,
Hatje Cantz Verlag,
Ostfildern,
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FF22
Keshniz Boris,
unveröffentlichte
Aufzeichnungen,
Ljubljana,
1998,
siehe auch:
Deleuze Gilles,
Guattari Félix,
Tausend Plateaus,
28.11.1947,
Wie schafft man
sich einen
organlosen Körper?,
Merve Verlag,
Berlin,
1992,
S. 205 – 262
FF23
Flusser Vilém / Bec Louis,
Vampyroteuthis
Infernalis,
Kapitel III,
Die Welt des
Vampyroteuthis,
Sein Modell,
Immatrix Publications, 1987,
Göttingen,
S. 27
FF24
Leibniz Gottfried Wilhelm,
Monadologie,
Reclam 7853,
Stuttgart,
1994,
S. 28
FF25
Baudrillard Jean,
Kool Killer,
Merve Verlag,
Berlin,
1978,
S. 101
(erster Teil des Textes nicht mehr zuortbar)
FF26
Müller-Suur Hemmo,
Die Kunst Wölflis
als Problem für die
Psychiatrie,
in Adolf Wölfli,
Kunstmuseum Bern, 1976,
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FF27_1
Plinius,
in Glasmeier Michael,
Ansichten von
Zeichnungen,
Entwerfen und Entwurf,
Zentral Bibliothek Zürich: GGN71513
FF27_2
Müller Ueli,
Plinius,
35. Buch,
Heimeran-Ausgabe,
München,
1978,
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Barthes Roland,
Image Music Text,
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FF29
Platon,
Politeia 514 a – b
FF30
Rheingold Howard,
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Simon & Schuster,
New York,
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FF31
Zaloscer Hilde,
Vom Mumienbildnis
zur Ikone,
Otto Harrassowitz,
1969
FF32
Ebenda,
S. 44, 52 – 53
FF33
Stein Gertrude,
mündlich zitiert in einem Vortrag von Heinz von Foerster (ab Band abgeschrieben)
FF34
Schubbach Arno,
Linie,
https://rheinsprung11.
unibas.ch/fileadmin/
documents/Edition_PDF/
Ausgabe03/Glossar_
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Nietzsche Friedrich,
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Herausgegeben von Karl Schlechta,
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Carl Hanser Verlag,
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Federmann Raymond,
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FF38
Borges Jorge Luis,
zitiert aus:
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1983
FF39
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FF40
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FF41
Gombrowicz Witold Marian,
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Strässle Urs,
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Tages-Anzeiger,
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FF43
Luhmann Niklas,
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FF44
Schmid Hans Bernhard über Niklas Luhmann,
Das Ganze ist
das Unvernünftige,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
6.12.1997,
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FF45
Zaloscer Hilde,
Vom Mumienbildnis
zur Ikone,
Otto Harrassowitz, 1969,
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FF46
Schulte Joachim,
Wittgenstein
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Reclam 8564,
Stuttgart,
1989,
S. 99
FF47
Cage John,
Silence,
Ausschnitte aus dem Vortrag über Nichts (Beginn),
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
1995,
S. 6, 7
FF48
Calvino Italo,
Sechs Vorschläge
für das nächste
Jahrtausend,
Carl Hanser Verlag,
München,
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FF49
Eco Umberto,
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in die Semiotik,
Wilhelm Fink Verlag,
München,
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FF50
Meier Gerhard,
Sonderling und Sonderfall der Weltliteratur,
Tages-Anzeiger,
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Schulte Joachim,
Wittgenstein
Eine Einführung,
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Die Ordnung der Dinge,
Suhrkamp,
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(letztes Satzfragment)
FF53
Roeck Bernd,
Gelehrte Künstler,
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Wagenbach,
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Kierkegaard Søren,
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Eco Umberto,
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München,
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FF56
Schulte Joachim,
Wittgenstein
Eine Einführung,
Reclam 8564,
Stuttgart,
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Deleuze Gilles,
Guattari Félix,
Das Jahr Null —
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in Tausend Plateaus,
Merve Verlag,
Berlin,
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Boetti Alighiero,
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FF59
Freud Sigmund,
Das Unbehagen
in der Kultur,
zitiert aus Benjamin Jessica,
Die Fesseln der Liebe,
Fischer 11087,
Frankfurt am Main, 1994,
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Janus Ludwig,
Die Psychoanalyse
der vorgeburtlichen Lebenszeit
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Centaurus-
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Pfaffenweiler,
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Pagel Gerda,
Lacan zur Einführung,
Junius Verlag,
Hamburg,
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FF61_2
Pagel Gerda,
Lacan zur Einführung,
Junius Verlag,
Hamburg,
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Eco Umberto,
Einführung
in die Semiotik,
Fink UTB 105,
München,
1972,
S. 412 – 413
FF63
Haustein Lydia,
Platons Schatten
im Cyberspace,
Zitat Martin Heidegger: Die Technik
und die Kehre,
Kunstzeitschrift ARTIS,
Pfullingen 1962,
S. 37
FF64
Augustin,
De Trinitate X, 10, 14,
aus Krüger Manfred,
in Ichgeburt,
Olms,
Hildesheim,
S. 156
FF65
Meier Gerhard,
Das dunkle Fest
des Lebens,
Bruckner & Thünker,
Köln/Basel,
S. 11
FF66
Penrose Roger,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
31.1.1997,
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FF67
Sterne Laurence,
Tristram Shandy,
Diogenes,
Zürich,
1982,
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FF68
Vuarnet Jean-Noël,
Der Künstler-Philosoph,
Merve 127,
Berlin,
1986,
S. 118 – 119, 152
FF69
Anzieu Didier,
Das Haut-Ich,
Suhrkamp 1255,
Frankfurt am Main,
1991,
S. 17 – 19, 119
FF70
Ebenda,
S. 87, 114 – 116,
(darin Text
Freud Sigmund,
GW,
Bd XIII,
S. 253)
FF71
Ebenda,
S. 48
FF72
Ebenda,
S. 22
FF73
Sloterdijk Peter,
Kopernikanische
Mobilmachung
und ptolemäische Abrüstung,
Suhrkamp 1375,
Frankfurt am Main,
1987,
S. 66, 126
FF74
Wölfli Adolf,
Der Kuss,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
9.5.1997,
S. 74
FF75
Tillman Lynne,
Fixing Memory,
in The Madame
Realism Complex,
Semiotext(e),
Los Angeles,
1992
FF76
Szymborska Wislawa,
Die grosse Zahl,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
1996,
Nr. 117,
S. 65
FF77
Spivak Gayatri
Chakravorty,
Pol(e)itics,
in documenta X,
Hatje Cantz Verlag,
Ostfildern,
S. 32
FF78
Stahel Urs,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
16.7.1997,
S. 49
FF79
Wittgenstein Ludwig,
Denkbewegungen,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
6.8.1997,
S. 51
FF80
Nauman Bruce,
Parkett No. 10,
Zürich/New York,
1986,
S. 16 – 90
FF81
Burckhardt Jakob,
Neue Zürcher Zeitung,
Nr. 182,
Zürich,
S. 46
FF82
Artaud Antonin,
Brief an Watson Peter,
Brief an Breton André,
28.2.1947,
in documenta X,
Hatje Cantz Verlag,
Ostfildern,
S. 40, 395
FF83
Bürger Peter,
Brief an Chevrier
Jean-François,
in documenta X,
Hatje Cantz Verlag,
Ostfildern,
S. 379
FF84
Eco Umberto,
Einführung
in die Semiotik,
Fink,
München,
1972,
S. 410
FF85
Lichtenberg,
Aphorismen,
Insel Verlag,
Frankfurt am Main,
1984,
S. 11, 128
FF86
Bataille Georges,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
13.9.1997,
S. 68
FF87
Wiener Oswald,
Schriften zur
Erkenntnistheorie,
Springer,
Wien/New York,
S. 143
FF88
Wiener Oswald,
Schriften zur
Erkenntnistheorie,
Springer,
Wien/New York,
S. 278
FF89
Wiener Oswald,
Schriften zur
Erkenntnistheorie,
Springer,
Wien/New York,
S. 299 – 300
FF90
Wiener Oswald,
Schriften zur
Erkenntnistheorie,
Springer,
Wien/New York,
S. 3 – 4, 28
FF91
Roth Dieter,
Die die Die DIE GESAMTE verdammte SCHEISSE,
Rainer Verlag,
Berlin,
edition hansjörg mayer,
Stuttgart,
1975,
S. 13
FF92
Roth Dieter,
Die die Die DIE GESAMTE
verdammte SCHEISSE,
Rainer Verlag,
Berlin,
edition hansjörg mayer,
Stuttgart,
1975,
S. 164
FF93
Filliou Robert,
in Müller Pablo,
11. Plastikausstellung in Biel,
Kunstbulletin,
9/2009,
Zürich,
S. 25
FF94
Bourdieu Pierre,
Méditations
pascaliennes,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
30.10.1997,
S. 47
FF95
Stein Gertrude,
Was sind Meisterwerke,
Arche,
Hamburg,
1985,
S. 17 – 20
FF96
Meier Marco,
Die Sichtbarkeit
der Welt,
DU,
Nr. 7/8,
Zürich,
1992,
S. 27
FF97
von Matt Peter,
Festrede vom 18.1.1998,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
19.1.1998,
S. 53
FF98
Godard Jean-Luc
in einem Interview,
Quelle unbekannt
FF99
Goethe Johann
Wolfgang,
Faust,
aus Zeitschrift GEO,
Nr. 2.,
Hamburg,
1998,
S. 80
FF100
Nabokov Vladimir,
Gelächter im Dunkeln,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
4./15.2.1998,
S. 67
FF101
Stifter Adalbert,
Bunte Steine
und Erzählungen,
München,
1951,
S. 8
FF102
Jünger Ernst,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
28.2.1998,
S. 70
FF103
Tatarka Dominik,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
4./5.4.1998,
S. 69
FF104
Bernhard Thomas,
Gehen,
Suhrkamp 5,
Frankfurt am Main,
1971,
S. 84 – 85
FF105
Beckett Samuel,
Flötentöne,
in Werke V.,
Supplementband I: Szenen/Prosa/Verse,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
1986,
S. 250
FF106
Der Daten Dandy,
Agentur BILWET,
Bollmann Verlag,
Mannheim,
S. 111
FF107
Wittgensteins
Wende im Tagebuch
von Mayer Helmut,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
Nr. 117,
S. 70
FF108
Baudrillard Jean,
Kool Killer,
Merve Verlag,
Berlin,
1978,
S. 91 – 92
FF109
Virilio Paul,
Der öffentliche Blick,
Jahrring 38,
Nürnberg,
S. 346 – 354
FF110
Prince Richard,
Jedes Fenster hier (1988),
Parkett No. 34,
Zürich/New York,
1992,
S. 3
FF111
García Lorca Federico,
Ausschnitt aus Suites,
1920 – 1923
FF112
John Cage,
Gespräche,
Dumont 226,
Köln,
1989
FF113
Cage John,
Narachan,
Zeitschrift,
Hg. Kaiser Thomas,
Düsseldorf/Zürich
FF114
Auszug aus Kunstforum Bd. 133,
Die Zukunft des
Körpers I,
Ruppichteroth,
1996
FF115
Auszug aus Kunstforum Bd. 133,
Die Zukunft des
Körpers I,
Ruppichteroth,
1996
FF116
Auszug aus Kunstforum Bd. 133,
Die Zukunft des
Körpers I,
Ruppichteroth,
1996
FF117
McCulloch Warren,
KybernEthik,
von Foerster Heinz,
Merve,
Berlin,
1993,
S. 120
FF118
Malewitsch Kasimir,
Erster Satz in der
Programmschrift
Die Welt als Ungegenständlichkeit,
aus Kunst
im Keimzustand (mb),
Neue Zürcher Zeitung,
31.5.2014,
S. 53
FF119_1
Eco Umberto,
Einführung in die Semiotik,
München,
1972,
S. 164 – 165
FF119_2
Eco Umberto
zitiert in Einführung
in die Semiotik,
S. 415, 416,
einen chinesischen Weisen der
letzten Dynastie aus:
Mao Tse-tung,
Über die Praxis,
1937,
in Ausgwählte Werke I, 1968,
S. 353.
FF120
Macbeth in
Shakespeares Tragödie,
zitiert von Matt Peter,
Tages-Anzeiger,
4.6.2014,
S. 21
FF121
Foucault Michel,
Die Ordnung der Dinge,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
1971,
S. 96
FF122
Keshniz Boris,
unveröffentlichte
Aufzeichnungen,
Ljubljana,
1998
FF123
Sloterdijk Peter,
Kopernikanische
Mobilmachung
und ptolemäische Abrüstung,
Suhrkamp es 1375,
Frankfurt am Main,
S. 66, 126
FF124
Hürlimann Thomas,
Ausschnitte aus
Tages-Anzeiger,
Zürich,
29.6.1998,
S. 49 – 50
FF125
Lebensztejn
Jean-Claude,
Seekrankheit,
über Malcom Morley,
Parkett No. 52,
Zürich/New York,
1998,
S. 96
FF126
Lebensztejn
Jean-Claude,
Seekrankheit,
über Malcom Morley,
Parkett No. 52,
Zürich/New York,
1998,
S. 100
FF127
von Foerster Heinz,
KybernEthik,
Merve Verlag,
Berlin,
1993,
S. 81
FF128
von Foerster Heinz,
KybernEthik,
Merve Verlag,
Berlin,
1993,
S. 86
FF129
von Foerster Heinz,
KybernEthik,
Merve Verlag,
Berlin,
1993,
S. 153
FF130
Foucault Michel,
Überwachen
und Strafen,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
1994,
S. 36 – 37
FF131
Foucault Michel,
Überwachen
und Strafen,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
1994,
S. 49
FF132
Zumthor Peter,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
10.9.1998,
S. 71
FF133
Murakami Haruki,
Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede,
Dumont,
2007,
S. 159
FF134
Wittgenstein Ludwig,
aus Kunst überfordern,
edition fink,
Zürich,
2006,
Umschlag-Rückseite
FF135
Aus ALPHA,
Die Kurzvorbereitung,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
(Datum unbekannt)
FF136
Aus ALPHA,
Die Kurzvorbereitung,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
22./23.8.1998
FF137
Musil Robert,
Essay über Balàzs Béla,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
7./8.11.1998,
S. 66
FF138
Frisch Max,
BIN oder die Reise
nach Peking,
in Gahse Zsuzsanna,
Wie geht es dem Text?,
S. 72
FF139
Medien verstehen.
Der McLuhan-Reader,
Bollmann,
Mannheim,
1997,
S. 69
FF140
Keshniz Boris,
unveröffentlichte
Aufzeichnungen,
Ljubljana,
28.11.1998
FF141
Latour Bruno,
Existenzweisen,
Suhrkamp,
Berlin,
2014,
zitiert aus
Celikates Robin,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
26.11.2014,
S. 47
FF142
Boehm Gottfried,
Was ist ein Bild?,
Wilhelm Fink Verlag,
München,
1994,
S. 37 – 38
FF143
Gaddis William
in einem Interview Tages-Anzeiger,
Zürich,
5.12.1998,
S. 53
FF144
Gerz Jochen
in Stichworten,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
22.12.1998,
S. 44
FF145
James Henry,
zitiert in Sind Kritiker überflüssig?,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
16.1.1999,
S. 45
FF146
Quelle nicht auffindbar
FF147
Lacan Jacques,
aus Was ist ein Bild,
Boehm Gottfried,
Wilhelm Fink Verlag,
München,
1994,
S. 81 – 82,
zusammengestellt von Keshniz Boris,
unveröffen-tlichte
Aufzeichnungen,
Ljubljana,
1998
FF148
Cioran Emil M.,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
3.3.1999,
S. 67
FF149
Flusser Viléem,
Kommunikologie,
Fischer 2490,
Frankfurt am Main,
1998,
S. 10
FF150
Gebser Jean zitiert diese Passage von Jean Piaget in seinem Werk Neue Wirklichkeiten
FF151
Unbekannt,
Notiz in Briefmarkenbuch gefunden
FF152
Yoko Tawada,
Das Bad,
Konkursbuchverlag,
1989
FF153
Grünbein Durs,
Nach den Satiren,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
8./9.5.1999,
S. 83
FF154
Kaeser Eduard,
Tages-Anzeiger Magazin,
Zürich,
17.4.1987,
S. 39
FF155
von Foerster Heinz,
KybernEthik,
Merve 180,
Berlin,
1993,
S. 19
FF156
von Foerster Heinz,
Wahrnehmen
wahrnehmen,
in Aisthesis,
Reclam Leipzig 1352,
1990,
S. 438
FF157
Programm der
Rolling Stones,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
2.6.1999,
S. 67
FF158
Ronner Petra,
struktur — erscheinung — ästhetik/
fabrikkomposition 99,
6.6.1999
FF159
Dworkin Andrea,
ein Artikel über
Berger John,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
25.6.1999,
S. 61
FF160
Blumenberg Hans,
Höhlenausgänge,
zitiert
Wittgenstein Ludwig,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
1989,
S. 752 – 792
FF161
Cage John,
Ausschnitte aus dem VORTRAG
ÜBER NICHTS,
in Silence,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
1995,
S. 6 – 36
FF162
Cage John,
Ausschnitte aus dem VORTRAG
ÜBER ETWAS,
in Silence,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
1995,
S. 37 – 62
FF163
Cage John,
Ausschnitte aus
FÜR EINEN SPRECHER,
in Silence,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
1995,
S. 71
FF164
Herzog Jacques
in einem Gespräch
in archithese,
Mai 1998,
S. 4,
(leicht abgewandelt)
FF165
Seward Keith,
Klassische
Grausamkeit,
Artikel über
Vanessa Beecroft,
Parkett No. 56,
Zürich/New York,
1999,
S. 101
FF166
Reck Hans Ulrich,
Gedächtniskult
und digitale
Speichereuphorie,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
30./31.10.1999,
S. 99
FF167
Cage John,
Für die Vögel,
Merve Verlag,
Berlin,
1984,
S. 7
FF168
Montalbán Vázquez Manuel,
Das Quartett,
Wagenbach,
Berlin,
S. 62
FF169
Barnes Julian,
England, England,
erster Satz des Romans,
Kiepenheuer & Witsch,
Köln,
1999
FF170
Freud Sigmund,
Das Unbehagen
in der Kultur,
G.W.XIV,
S. 430
FF171_1
Benjamin Jessica,
Die Fessel der Liebe,
Fischer,
Frankfurt am Main,
1994,
S. 8
FF171_2
Benjamin Jessica,
Die Fessel der Liebe,
Fischer,
Frankfurt am Main,
1994,
S. 138 – 139
FF171_3
Benjamin Jessica,
Die Fessel der Liebe,
Fischer,
Frankfurt am Main,
1994,
S. 142
FF172
Federle Helmut,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
15.12 1999,
S. 67
FF173
Böhme Gernot,
zitiert Sartre
in Theorie des Bildes,
Wilhelm Fink Verlag,
München,
1999,
S. 7 – 8
FF174
Hohl Ludwig,
(Quelle unbekannt)
FF175
Cage John,
in Paik Nam June,
Video Time —
Video Space,
Ausstellungskatalog Kunsthaus Zürich,
16.8. – 6.10.1991,
S. 22
FF176
Gadamer Hans-Georg,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
11.2.2000,
S. 61
FF177
Kunstforum
International Bd.148,
Ressource
Aufmerksamkeit,
12/1999 – 1/2000,
Ruppichteroth,
S. 163 – 154
FF178
Blumenberg Hans,
Höhlenausgänge,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
1989,
S. 752
FF179
Blumenberg Hans,
Höhlenausgänge,
zitiert
Wittgenstein Ludwig,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
1989,
S. 753 – 792
FF180
Nauman Bruce
zu Wittgenstein,
Bibliotheksbuch
Zürcher Hochschule
der Künste,
22 83 D1
FF181
Zbinden Rolf,
Schein-Gefechte,
Vortrag an der
Zürcher Hochschule
der Künste,
Zürich,
25.1.2000
FF182
Kuiper Piet C.,
Seelenfinsternis,
Fischer,
Frankfurt am Main,
S. 112
FF183
Mann Thomas,
Lotte von Weimar,
zitiert aus
Kuiper Piet C.,
Seelenfinsternis,
Fischer,
Frankfurt am Main,
S. 216, 223
FF184
Kafka Franz,
Der Bau,
aus dem Katalog von Geschwend Nesa,
Öffnungen
FF185
Giacometti Alberto,
Prosagedicht,
geschrieben auf
dem Atlantik,
Oktober 1965
FF186
Genet Jean,
Alberto Giacomettis Atelier,
in A.Giacometti,
Prestel Verlag,
München/New York,
1987,
S. 361 – 372
FF187
Böhme Gernot,
Theorie des Bildes,
Wilhelm Fink Verlag,
München,
1999,
S. 92 – 93
FF188
Eco Umberto,
Lüge und Ironie,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
27.3.2000,
S. 54
FF189
Die Psychoanalyse —
eine zeitgemässe
Wissenschaft?,
Neue Züricher Zeitung,
Zürich,
25./26.3.2000,
S. 105
FF190
Boehm Gottfried,
Was ist ein Bild?,
Wilhelm Fink Verlag,
München,
1994,
S. 37 – 38
FF191
Valentin Karl,
http://www.karl-valentin.
de/zitate/
zitatedatenbank.htm
FF192
Theater der gefundenen Wirklichkeit,
Institut für
moderne Kunst,
Nürnberg,
Oktober 1991
FF193
Burckhardt Lucius, Warum die Landschaft schön ist,
zitiert von
Utzni Sebastian,
Ausstellungskatalog HERE AND NOW,
Perla Mode,
Zürich,
2014
FF194
Eco Umberto,
Einführung
in die Semiotik,
Wilhelm Fink Verlag,
München,
1972,
S. 406
FF195
Godard Jean Luc,
irgendwann am Radio
FF196
Gebauer Gunter,
Wulf Christoph,
Spiel Ritual Geste,
rororo re 55591,
Reinbek,
S. 152 – 156
FF197
Köhler Barbara zitiert in Deutsches Roulette: Gedichte, 1984 – 1989, Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
1991,
Klingemann August (Pseudonym
«Bonaventura»),
Nachtwachen,
Penig,
1804
FF198
Köhler Barbara,
Deutsches Roulette: Gedichte, 1984 – 1989, Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
1991,
S. 11
FF199
Huber Thomas,
Führung durch seine Ausstellung
im Helmhaus Zürich,
6.5.2000
FF200
Benjamin Walter,
www.mzm.de/bioagit
FF201
Strauss Botho,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
13.5.2000,
S. 49
FF202
Ovid,
Verwandlungen,
Bearbeitung von
Plankl Wilhelm,
Reclam,
Ditzingen,
1986
FF203
FF204
FF205
FF206
FF207
FF208
FF209
FF210
FF211
FF212
FF213
FF214
Keshniz Boris,
unveröffentlichte
Aufzeichnungen,
Ljubljana,
1998 – 2004
FF215
Bandel Jan-Frederik,
Glasmeier Michael,
der Léautaud Paul zitiert,
in Glasmeier Michael,
und zwischen dazwischen und dazwischen und...,
Text Verlag,
Hamburg,
2011,
S. 437
FF216
Winzen Matthias,
Deep Storage, Sammeln, so selbstverständlich, so paradox,
1997,
S. 15 – 19
FF217
Bredekamp Horst,
Theorie des Bildakts,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
2010,
S. 293 – 306
FF218
Prince Richard,
Schlechte Witze,
Parkett No. 34,
Zürich/New York,
1992,
S. 83
FF219
Alec Empire,
Atari Teenage Riot,
Tages-Anzeiger,
10.5.1999,
S. 57
FF220
Freud Siegmund
an Jung C.G.,
aus Kegan Robert,
Die Entwicklungsstufen des Selbst,
Kindt,
München,
1994
FF221
Kegan Robert,
Die Entwicklungsstufen des Selbst,
Kindt,
München,
1994,
S. 27 – 28
FF222
Kegan Robert,
Die Entwicklungsstufen des Selbst,
Kindt,
München,
1994,
S. 31
FF222
FF223
Kegan Robert,
Die Entwicklungsstufen des Selbst,
Kindt,
München,
1994,
S. 69 – 70
FF224
Jarman Derek,
Chroma,
Merve Verlag,
Berlin,
1995,
S. 149
FF225
Kegan Robert,
Die Entwicklungsstufen des Selbst,
Kindt,
München,
1994,
S. 276
FF226
Smithson Robert,
A Sedimentation of the Mind: Earth Projects,
in Holt Nancy,
The Writings of
Robert Smithson,
New York
University Press,
New York,
1979,
S. 82
FF227
Inoue Yasushi (1907 – 1991),
Augen,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
8.7.2000,
S. 75
FF228_1
Menke Christoph,
Der Marrane der
Philosophie, Jacques Derrida wird siebzig,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
15./16.7.2000,
S. 73
FF228_2
Kommentar von Müller Alois zu einer Vortragsreihe an der Schule
für Gestaltung Zürich,
(Quelle nicht
mehr auffindbar)
FF229
Bernhard Thomas,
Gehen,
Frankfurt am Main,
S. 16, 22
FF230
Bernhard Thomas,
Gehen,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
S. 87 – 88
FF231
Jandl Paul
über Jandl Ernst,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
19.8.2000,
S. 8
FF232
Naumann Bruce,
Parkett No. 10,
Zürich/New York,
1986
FF233_1
Wittgenstein Ludwig,
Tagebücher,
Eintrag vom 25.5.1915,
zitiert von Frey Patrick,
Der Sinn des Ganzen,
Naumann Bruce,
Parkett No. 10,
Zürich/New York,
1986,
S. 34
FF233_2
Wittgenstein Ludwig,
übernommen
aus Leitbild F.I.R.M.A.,
2000
FF234
Houellebecq Michel,
Ausweitung
der Kampfzone,
rororo 22730,
Hamburg,
1994,
S. 90
FF235
Fosse Jon,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
3.10.2000,
S. 67
FF236
Kluge Alexander zitiert Puschkin Alexander,
in: Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
16./17.12.2000,
S. 81
FF237
Wilde Oscar
in einem Brief
an Houghton Phillip,
1894,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
25./26.12.2000,
S. 80
FF238
Dr. Monique RT. Siegel,
aus ALPHA,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
23./24.12.2000,
S. 3
FF239
Pessoa Fernando,
Das Buch der Unruhe,
Ammann Verlag,
Zürich,
S. 218
FF240
Ratschlag,
Quelle unbekannt
FF241
Steiger Bruno,
DU,
Nr. 713,
Meret Oppenheim,
2001,
S. 42
FF242
O’Doherty Brian,
In der weissen Zelle,
Merve 190,
Berlin,
1996,
S. 37 – 62
FF243
Jones Steve,
Wie der Wal
zu seiner Flosse kam,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
19.4.2001,
S. 46
FF244
Müller Herta,
aus der Antrittsvor-lesung am Collegium
Helveticum der
ETH Zürich,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
21./22.4.2001,
S. 77 – 78
FF245
Wyss Beat,
Das Leben des Künstlers — von der Antike bis zur Gegenwart,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
28./29.4.2001,
S. 83
FF246
Hölderlin Friedrich,
Schlussvers von
Andenken in französischer Übertragung
FF247
Böhme Gernot,
Ist die
Realität wirklich?,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
19./20.5.2001,
S. 99
FF248
Flusser Vilém zitiert
von Vargas Milton
in Bodenlos,
Fischer 2490,
Frankfurt am Main,
1999,
S. 281
FF249
Flusser Vilém,
zitiert von Vargas Milton in Bodenlos,
Fischer 2490,
Frankfurt am Main,
1999,
S. 284,
Zusatz:
Rosset Clément,
Die Wahl der Worte,
Merve 205,
Berlin,
1997,
S. 71
FF250
Tschuang-Tse,
Reden und Gleichnisse,
ausgew. u. Nachw. v. Buber Martin,
Frankfurt 1990,
S. 58
FF251
Beckett Samuel,
zitiert in Rosset Clément,
Die Wahl der Worte,
Merve 205,
Berlin,
1999
FF252
Rosset Clément,
Die Wahl der Worte,
Merve 205,
Berlin,
1999,
S. 96 – 99
Anfangszitat:
Bergson Henri,
Das Lachen,
Frankfurt am Main,
1988,
S. 17
FF253
Rosset Clément,
Die Wahl der Worte,
Merve 205,
Berlin,
1999,
S. 102
FF254
von Foerster Heinz,
Der Anfang von
Himmel und Erde hat keinen Namen,
Kadmos,
Berlin,
S. 39
FF255
Turing Alan,
zitiert in Texte zur Kunst,
Heft 41,
März 2001,
S. 36
FF256
Herzka Heinz Stefan,
Psychomotoriktherapie,
Edition SZH,
S. 11
FF257
Wrangham Richard,
Peterson Dale,
Bruder Affe,
Diedrichs,
München,
2001,
S. 32
FF258
Cage John,
Noch mehr über Satie,
S. 122 f.
FF259
Godard Jean-Luc
an der ETH-Zürich,
Februar 2002
FF260
Bindé Jérôme,
Die Tyrannei der
Dringlichkeit,
Le Monde diplomatique,
Paris/Berlin/Zürich,
März 2002,
S. 12 – 13
FF261
Gruen Arno,
Der Fremde in uns,
Klett-Cotta,
Stuttgart,
2000,
S. 7 – 69, 201 – 214
FF262
Gruen Arno,
Der Fremde in uns,
Klett-Cotta,
Stuttgart,
2000,
S. 126
FF263
Gruen Arno,
Der Fremde in uns,
Klett-Cotta,
Stuttgart,
2000,
S. 145 – 146
FF264
Jean Wirth,
Theorien zum
Bilderkult,
Historisches Museum Bern,
NZZ Verlag,
2000
FF265
Nesbit Molly,
Angetastet,
über die Künstlerin
Williams Sue,
Parkett No. 50/51,
Zürich/New York,
1997,
S. 182
FF266
Hess Nicole,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
11.4.2002,
S. 57
FF267
von Foerster Heinz,
Der Anfang von
Himmel und Erde hat keinen Namen,
Kadmos,
Berlin,
S. 39
FF268
Debord Guy,
Die Gesellschaft
des Spektakels,
Edition Tiamat,
Berlin,
1996,
S. 242, 13
FF269
Feuerbach Ludwig,
Das Wesen des
Christentums (Vorrede zur 2. Auflage)
FF270
Pirsig Robert M.,
Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten,
Fischer,
Frankfurt am Main,
2000,
S. 200 – 202
FF271
Latour Bruno,
ICONOCLASH Gibt
es eine Welt jenseits der Bilderkriege?,
Merve-Band 245,
Berlin,
S. 10, 50
FF272
Gebser Jean,
Wege zur
neuen Wirklichkeit,
S. 27 – 29
FF273
Freud Siegmund,
Der Witz und
seine Beziehung
zum Unbewussten,
Fischer 10439,
Frankfurt am Main,
2001,
S. 74
FF274
Freud Siegmund,
Der Witz und
seine Beziehung
zum Unbewussten,
Fischer 10439,
Frankfurt am Main,
2001,
S. 140 ff.
FF275
Freud Siegmund,
Der Witz und seine Beziehung
zum Unbewussten,
Fischer 10439,
Frankfurt am Main,
2001,
S. 175 ff.
FF276
Nievergelt Jürg,
Prof. für Informatik
im Gespräch
mit Behr André,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
26.10.2002,
S. 45
FF277
Zielinski Siegfried,
Archäologie der Medien,
Rowohlt,
Hamburg,
2002,
S. 25
FF278
Zielinski Siegfried,
Archäologie der Medien,
Rowohlt,
Hamburg,
2002,
S. 37 – 39
FF279
Capra Fritjof,
Verborgene
Zusammenhänge,
Scherz,
Solothurn,
2002,
S. 19 – 54
FF280
Beckett Samuel,
Um abermals zu enden
FF281
Capra Fritjof,
Verborgene
Zusammenhänge,
Scherz,
Solothurn,
2002,
S. 66
FF282
Laing R. D.,
Psychiater
FF283
FF284
Einführung zu einem Pessoa-Abend
FF285
Ovid (Publius
Ovidius Naso),
Metamorphosen (1. Satz),
Reclam,
Stuttgart,
1993,
S. 23
FF286
Liebrand Claudia,
Gender-Topographien,
Du Mont,
2003,
in Tages-Anzeiger,
Zürich,
26.8.2003,
S. 49
FF287
Die Passion des
wirklichen Menschen,
über
Jankélévitch Vladimir,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
30./31.8.2003,
S. 67
FF288
Suzuki Teitaro
(Erich Fromm),
Zen-Buddhismus
und Psychoanalyse,
Suhrkamp,
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S. 9 ff.
FF289
Schmidt Hans-Peter,
Auf der unendlichen Seite des Spiegels,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
29./30.11.2004,
S. 68
FF290
Marx Karl,
zitiert in Debord Gilles,
Theorie des
Umherschweifens,
in Der Beginn
einer Epoche,
Nautilus,
Hamburg,
1995,
S. 65
FF291
FF292
FF293
FF294
Böhme Hartmut,
Aussichten einer
ästhetischen
Theorie der Natur,
S. 31 – 52,
http://www.culture.hu-
berlin.de/hb/static/archiv/
volltexte/pdf/Theorie.pdf
FF295
Heraklit
FF296
Stern Daniel N.,
Die Lebenserfahrung des Säuglings,
Klett-Cotta,
Stuttgart,
2003,
S. 102 – 103
FF297
Stern Daniel N.,
Die Lebenserfahrung des Säuglings,
Klett-Cotta,
Stuttgart,
2003,
S. 106 – 107
FF298
FF299
Borges Jorge Luis,
zitiert von Sacks Oliver,
Weltwoche,
Nr. 11,
2004,
S. 49 – 54
FF300
de Chirico Giorgio,
Mysterium
and Kreation,
1913
FF301
Freud Sigmund,
Das Unheimliche,
1919
FF302
Bernhard Thomas,
Alte Meister,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
1985,
Klappentext
FF303
Wittgenstein Ludwig,
Philosophische
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S. 526
FF304
Artikel über Regisseur Platel Alain,
Tages-Anzeiger Magazin,
Zürich,
27/2004,
S. 12
FF305
Hausenstein Wilhelm
zitiert den Architekten
Märkli Peter,
Tages-Anzeiger Magazin,
Zürich,
28/2004,
S. 30 – 31
FF306
Gregory R. L.,
(Textquelle nicht
mehr auffindbar)
FF307
Saramago José,
Der Doppelgänger,
Rowohlt,
Hamburg,
2004,
S. 94 – 95
FF308
Saramago José,
Das Zentrum,
rororo,
2003,
Hamburg,
S. 90 – 91
FF309
Foucault Michel,
Dispositive der Macht,
Berlin,
1978,
S. 35
FF310
Stange Raimar in Soziale Kreaturen,
Wie Körper Kunst wird,
Ausstellungskatalog,
Hannover,
2004,
S. 140 – 141
FF311
Morris William
in Empire,
Hardt Michael/Negri Antonio,
Campus,
Frankfurt/New York,
2003,
S. 9
FF312
Callinicos Alex,
Negri Antonio in historischer Perspektive,
http://www.sozialismus-
von-unten.de/archiv/
Text/empire_negri.htm
FF313
Langkau Julia,
Schellings Natur ist der sichtbare Geist,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
20.8.2004,
S. 55
FF314
Kabakov Ilya,
Groys Boris,
Die Kunst der
Installation,
Edition Akzente/
Carl Hanser Verlag,
Wien/München,
S. 148 – 150
FF315
Kabakov Ilya,
Groys Boris,
Die Kunst der
Installation,
Edition Akzente/
Carl Hanser Verlag,
Wien/München,
S. 108
FF316
Agamben Giorgio,
Der Ausnahmezustand wird Normalität,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
27.8.2004,
S. 61
FF317
Feldmann Raymond,
Die Nacht zum Jahrhundert
FF318
Lévi-Strauss Claude,
Traurige Tropen,
1955
FF319
Gebrüder Grimm,
kürzeste Erzählung
aus der Sammlung
der Kinder- und
Hausmärchen (Nr. 117),
1819,
in Schiesser Giaco,
Arbeit am und
mit Eigensinn,
in Produktionsweisen,
Zürcher Jahrbuch
der Künste,
2004,
S. 174 – 193
FF320
Sklovskij,
Viktor Borisovich,
Kunst als Verfahren,
in Juri Striedter (Hg.), Russischer
Formalismus,
München,
1994,
S. 4 – 35
FF321
Schiesser Giaco,
Arbeit am und
mit Eigensinn,
in Produktionsweisen,
Zürcher Jahrbuch
der Künste,
2004,
S. 186 – 187
FF322
Issa (1763 – 1827),
et poutant, et pourtant,
Moudarren,
Millemont,
1991
FF323
Hüther Gerald,
Biologie der Angst,
Vandenhoeck
& Ruprecht,
Göttingen,
1999,
S. 52 – 53, 111
FF324
Singer Wolf,
Die Grenzen
des Wissens,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
18.1.2005,
S. 14
FF325
Khayyâm Omar,
Rubaiyat,
1120
FF326
Arendt Hannah,
im Film My Dinner
with André,
von Shawn Wallace,
Gregory André,
1981
FF327
Pamuk Orhan,
Rot ist mein Name,
Fischer 15660,
Frankfurt am Main,
2004,
S. 230, 427
FF328
Kafka Franz,
Der Prozess,
hg. von Max Brod,
Fischer,
Frankfurt am Main,
1925,
S. 183
FF329
Kobialka Michal, Theater der
gefundenen Wirklichkeit,
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moderne Kunst,
Nürnberg,
1991
FF330
Über Böhme Jakob (1575 – 1624),
DU,
April 1955
FF331
Merleau-Ponty Maurice,
Phänomenologie
der Wahrnehmung,
de Gruyter
Studienbuch,
Berlin,
1974,
S. 239 – 243
FF332
Trabant Jürgen,
Zeichen des Menschen,
Fischer,
Frankfurt am Main,
S. 55
FF333
Fromm Erich,
Suzuki Teitaro,
Zen-Buddhismus
und Psychoanalyse,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
1971
FF334
Otto Gunter
zitiert Piaget Jean,
aus: Kunst und
Unterricht, Sonderheft Text und Bild,
Bild und Text,
1978,
S. 4 – 15
FF335
Prince Richard,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
15.03.2005,
S. 43
FF336
Klossowski de Rola
Stanislas,
Alchemie. Die
geheime Kunst,
Knaur,
München/Zürich,
1974,
S. 12 – 15
FF337
Bichsel Peter
im Interview,
Berner Zeitung,
Bern,
24.3.2005,
S. 10 – 11
FF338
Tabori George,
Tages-Anzeiger Magazin,
Zürich,
11/2005,
S. 6
FF339
Waldenfels Bernhard,
Das leibliche Selbst,
Suhrkamp 1472,
Frankfurt am Main,
2000,
S. 285 – 288
FF340
Pamuk Orhan,
Rot ist mein Name,
Fischer 15660,
Frankfurt am Main,
S. 229 – 230, 427
FF341
Lacan Jaques,
aus unveröffentlichtem Vortrag an der
Universität Mailand,
12.5.1972
FF342
Dufour Dany-Robert,
Vom Rohmenschen
zum Schrumpfkopf,
Le Monde diplomatique,
Berlin/Zürich,
April 2005,
S. 23
FF343
Quelle gelöscht:
amerikanische, populäre, erzkonservative Schriftstellerin,
aus ihrem Bestseller, aus Tages-Anzeiger,
Zürich,
2005
FF344
Stuart Hall,
Die soziale Frage soll nicht gestellt werden,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
27.4.2005,
S. 10
FF345
Ammann Jean-
Christophe,
Identität und
Authentizität,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
14./15.5.2005,
S. 69
FF346
Baudrillard Jean,
Videowelt und
fraktales Subjek,
in Aisthesis,
Reclam,
Leipzig,
1991,
S. 252
FF347
Foucault Michel,
Andere Räume (1967),
Leipzig,
1990,
S. 39
FF348
Gardner Belinda Grace,
Diesseits und jenseits des Spiegels,
Katalogtext
Luis Camnitzer,
Kunsthalle Kiel,
2004,
S. 77 – 88
FF349
Friedlander Lee,
in Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
20.6.2005,
S. 23
FF350
Zimmerlin Alfred über Lachenmann Helmut,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
6./7.8.2005,
S. 61
FF351
Kalberer Guido,
Auf dem Grund
jeder Vernunft lauert der Wahn,
ein Artikel
über Deleuze Gilles,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
16.8.2005,
S. 45
FF352
DiFranco Ani,
(My IQ, 1993),
in Empire,
Hardt Michael/Negri Antonio,
Campus,
Frankfurt/New York,
2003,
S. 9
FF353
Petrella Riccardo,
Eine Welt ohne Armut ist möglich,
Le Monde diplomatique,
Paris/Berlin/Zürich,
August 2005,
S. 13
FF354
Deleuze Gilles,
Guattari Félix,
Was ist Philosophie?,
Suhrkamp stw,
Frankfurt,
1996,
S. 238 – 242
FF355
Müllenbach Thomas,
Nachtbuch,
111,
Vexer Verlag,
St.Gallen/Berlin,
2005
FF356
Toussaint Jean-Philippe,
aus Das Badezimmer,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
24./25.9.2005,
S. 66
FF357
Müllenbach Thomas,
Nachtbuch,
10,
Vexer Verlag,
St.Gallen/Berlin,
2005
FF358
Salinger J. D.,
Teddy,
Neue Erzählungen, Rowohlt,
Hamburg,
2005,
S. 182
FF359
Forsythe William
im Gespräch,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
19.10.2005,
S. 45,
und
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
22./23.10.2005,
S. 55
FF360
Fielding Henry,
«Thursday Diary»,
The Sun,
London,
1.9.1966,
in Gustav Metzger,
Geschichte Geschichte,
Hatje Cantz Verlag,
Ostfildern,
2005,
S. 45
FF361
Köhler Andrea,
Peitschenknall der Erkenntnis,
ein Artikel über
Kronauer Brigitte,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
5./6.11.2005,
S. 65
FF362
Ugrešić Dubravka,
Das Ministeruim
der Schmerzen,
Berlin Verlag,
2004,
S. 260 – 262
FF363
Manovich Lev,
Black Box — White Cube,
Merve Verlag,
Berlin,
S. 10 – 11,
zitiert Barthes Roland, Der Tod des Autors
FF364
Poschardt Ulf,
DJ-Cultur,
Hamburg,
2000,
S. 281
FF365
Böhme Gernot,
Theorie des Bildes,
Wilhelm Fink Verlag,
München,
1999,
S. 92 – 93
FF366_1
Godard Jean-Luc,
eingeblendete
Schrifttafel im Film
Vent d’est — Ostwind,
1969
FF366_2
Godard Jean-Luc,
aus Berliner
Tagesspiegel,
3.12.2005,
S. 23
FF367
Bredekamp Horst,
Theorie des Bildakts,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
2010,
S. 17
FF368
Badiou Alain,
Zitat in Metzger Gustav,
Geschichte Geschichte,
Hatje Cantz Verlag,
Ostfildern,
2005,
S. 13
FF369
Metzger Gustav,
nach Texten von
Breitwieser Sabine und Stiles Kristine in Geschichte Geschichte,
Hatje Cantz Verlag,
Ostfildern,
2005,
S. 13 – 67,
Weiter verwendet:
Latour Bruno,
Weibel Peter,
Iconoclash: Beyond the Image-Wars in Science, Religion and Art,
The MIT Press,
2002
FF370
Sebald W. G.,
Austerlitz,
Fischer 14864,
Frankfurt am Main,
2003,
S. 269
FF371
Duerr Hans Peter,
Hobbyarchäologe
im Wattenmeer,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
30.12.2005,
S. 41
FF372
Guédiguian Robert
in einem Gespräch
über seinen Spielfilm
Le Promeneur
du Champ de Mars,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
25.5.2005,
S. 57
FF373
Dumas Marlene,
Marlene Dumas,
Katalog Bonner
Kunstverein,
1993,
S. 90, 101
FF374
Sebald W. G.,
Campo Santo,
Fischer,
Frankfurt am Main,
2006,
S. 60
FF375
Kafka Franz,
in Sebald W. G.
Campo Santo,
Fischer,
Frankfurt am Main,
2006,
S. 198
FF376
Bronfen Elisabeth,
Die Versuchung
des Körpers,
DU,
April 1998,
S. 18 – 21
FF377
Sebald W. G.
Campo Santo,
Fischer,
Frankfurt am Main,
2006,
S. 199
FF378
Foucault Michel,
Überwachen
und Strafen,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
1994,
S. 9
FF379
Sebald W. G.,
zitiert Améry Jean
in Campo Santo,
Fischer,
Frankfurt am Main,
2006,
S. 155 – 156
FF380
Daniel Kehlmann,
Die Vermessung
der Welt,
Rowohlt,
Hamburg,
2005,
S. 184
FF381
Freud Sigmund,
Eine Kindheits-erinnerung des
Leonardo da Vinci,
Fischer 1490,
Frankfurt am Main,
2000,
Chasseguet-Smirel Janine,
Einleitung,
S. 27
FF382
Ursprung Philip,
Der Vater des
Happenings, Zum Tode Allan Kaprows,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
12.4.2006,
S. 45
FF383
Brodsky Joseph,
Der Misanthrop,
Artikel von Schmid Ulrich M.,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
15./16.4.2006,
S. 66
FF384
Reiche Reimut,
Das ganze innere
Leben durcharbeiten,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
6./7.5.2006,
S. 69 – 70
FF385
Lötscher Christine
über Stein Gertrude,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
(Datum unbekannt)
FF386
Stein Gertrude,
Was ist ein
Meisterwerk,
Arche,
Hamburg,
S. 8 – 9
FF387
Flusser Vilém,
Ins Universum
der technischen Bilder,
European,
Photography,
Göttingen,
1990,
S. 10 – 13
FF388
Schaarschmidt-Richter Irmtraud,
Der Japanische Garten,
Zentral Bibliothek,
FQ 11076
FF389
von Foerster Heinz,
Das Gleichnis
vom blinden Fleck,
Vortag
FF390
Sloterdijk Peter,
Tages-Anzeiger Magazin,
Zürich,
53/1987
FF391
Gebser Jean,
aus Wege zur neuen Wirklichkeit,
S. 17 – 29
FF392
Pasolini Pier Paolo,
Die Erde vom Mond
aus gesehen,
Einführungstext von Murri Serafino,
S. 7 – 22
FF393
Altmeyer Martin,
Thomä Helmut (Hrsg.),
Die vernetzte Seele,
Die intersubjektive Wende in
der Psychoanalyse,
Fragen an dieses Buch,
Klett-Cotta,
Stuttgart,
2006
FF394
Bürger Peter,
Das erleben
in Ordnung bringen,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
19./20.8.2006,
S. 65 – 66
FF395
Meyer Eva,
Faltsache,
Stroemfeld/Nexus,
Frankfurt am Main,
S. 135,
Zitat aus
Mamoru Watanabé,
Das Kopfkissenbuch
der Hofdame
Sei Shōnagon,
Manesse,
München,
1952
FF396
Meyer Eva,
Faltsache,
Zitat von
Stein Gertrude,
Stroemfeld/Nexus,
Frankfurt am Main,
S. 16
FF397
Meyer Eva,
Faltsache,
Stroemfeld/Nexus,
Frankfurt am Main,
S. 156
FF398
Pessoa Fernando,
Das Buch der Unruhe,
Ammann Verlag,
Zürich,
1997,
S. 18
FF399
Greenspan Alan,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
11.9.2006,
S. 23
FF400
Glasmeier Michael,
Ansichten von
Zeichnungen,
in Entwerfen und Entwurf,
herausgegeben von Mattenklott Gundel/
Weltzien Friedrich,
Reimer-Verlag,
2003
FF401
Speicher Christian,
Das Ende
der einen Welt,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
15.11.2006,
S. 61
FF402
Larratt-Smith Philip,
Der scharlachrote Buchstabe,
in: Louise Bourgeois Aller-Retour,
vfmk-Nürnberg,
2005,
S. 14
FF403
Larratt-Smith Philip,
Der scharlachrote Buchstabe,
in Bourgeois Louise, Aller-Retour,
vfmk-Nürnberg,
2005,
S. 16 – 17
FF404
Stenger Christiane
(mit 12 Jahren
erstmals Gedächtnis-
Weltmeisterin),
20 Minuten,
28.11.2006,
S. 27
FF405
Badiou Alain,
Žižek Slavoj,
Philosophie
und Aktualität,
Ein Streitgespräch,
Passagen Verlag,
Wien,
2005
FF406
Badiou Alain,
ZEICHNUNG,
LI — Lettre International,
Herbst 2006,
S. 56 – 59
FF407
Geimer Peter,
Können Bilder töten?,
ein Artikel über
Marie-José Mondzain,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
20./21.1.2007,
S. 53
FF408
Meier Gerhard
zitiert den Satz
von Pascal Blaise,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
Nr. 34,
2007,
S. 69
FF409
Peez Georg,
Einführung in die
Kunstpädagogik,
Kohlhammer Urban-TB,
2005,
S. 40 – 41
FF410
Peez Georg,
Einführung in die
Kunstpädagogik,
Kohlhammer Urban-TB,
2005,
S. 41 – 42
FF411
Böhme Hartmut zitiert Winnicott D. W.,
dieser zitiert es von Tagore Rabindranath,
in Fetischismus
und Kultur,
rowohlts enzyklopädie,
Hamburg,
2006,
S. 437
FF412
Kunz Hans,
Wir sind nie ganz
zu Hause in der Welt,
besprochen von
Saner Hans in
Tages-Anzeiger,
Zürich,
27.4.2007,
S. 53
FF413
Böhme Hartmut,
Fetischismus
und Kultur,
rowohlts enzyklopädie,
Hamburg,
2006,
S. 422 – 424
FF414
Tassaux Gilbert,
Die Dienststelle,
Lichtspuren,
Bern,
1982,
S. 51
FF415
Böhme Hartmut,
Fetischismus
und Kultur,
rowohlts enzyklopädie,
Hamburg,
2006,
S. 91 – 93
FF416
Böhme Hartmut,
Fetischismus und Kultur,
rowohlts enzyklopädie,
Hamburg,
2006,
S. 95, 99, 142, 144
FF417
Böhme Hartmut,
Fetischismus
und Kultur,
rowohlts enzyklopädie,
Hamburg,
2006,
S. 103 – 104
FF418
Böhme Hartmut,
Fetischismus
und Kultur,
rowohlts enzyklopädie,
Hamburg,
2006,
S. 151
FF419
Wittgenstein Ludwig 1931,
Kunst überfordern. Aldo Walker,
edition fink,
Zürich,
2006,
Rückseite Umschlag
FF420
Schmidt Siegfried J.,
Die Wirklichkeit
der Medien,
Westdeutscher Verlag,
Wiesbaden,
1994,
Nachbemerkung,
S. 594, 617
FF421
Schmidt Siegfried J.,
Die Wirklichkeit
der Medien,
Westdeutscher Verlag,
Wiesbaden,
1994,
Nachbemerkung,
S. 606
FF422
Godard Jean-Luc,
Scarpetta Guy,
Die Kunst, mit
der Malerei Musik
zu machen,
Le Monde diplomatique,
Paris/Berlin/Zürich,
August 2007,
S. 16
FF423
Boltanski Christian,
von Drahten Doris,
1996,
S. 251
FF424
Buchloh Benjamin H. D.,
Deep Storage. Arsenal der Erinnerung. Sammeln, Speichern, Archivieren in
der Kunst.,
Prestel,
München/New York,
1997,
S. 52 – 53,
zitiert Kemp Wolfgang,
Warburg Aby,
Benjamin Walter,
in Kritische Berichte,
Jg. 3,
1975,
Heft 1,
S. 5 f.,
zitiert Adorno Theodor W., Charakteristik Walter Benjamins,
Prismen,
Bd. 10/11,
Frankfurt,
1977,
S. 238 – 253
FF425
Steiner Rudolf,
Die Welt der Vögel,
Herg. Zenther Hans-Christian,
Rudolf Steiner Verlag,
Basel,
2007,
S. 9 ff.
FF426
Rattemeyer Christian,
Landschaft und Modell,
Artikel über den
Künstler Kiaer Ian,
in Parkett No. 80,
Zürich/New York,
2007,
S. 156 – 160
FF427
FF428
FF429
Belting Hans,
Blickwechsel mit Bildern. Die Bilderfrage als Körperfrage,
in Bilderfragen,
Bild und Text,
Wilhelm Fink Verlag,
Paderborn,
2007,
S. 49 – 75
FF430
Weibel Peter,
Postmediale Kondition,
2006
FF431
Kruse Christiane,
NACH DEN BILDERN,
in Bilderfragen,
Bild und Text,
Wilhelm Fink Verlag,
2007,
S. 165 – 180
FF432
Janus Ludwig,
Die Psychoanalyse
der vorgeburtlichen Lebenszeit und
der Geburt,
Centaurus Verlag,
Herbolzheim,
1993,
S. 271
FF433
Mersmann Birgit,
Das Bild als Spur,
in Bilderfragen,
Bild und Text,
Wilhelm Fink Verlag,
2007,
S. 198
FF434
Mersmann Birgit,
Das Bild als Spur,
in Bilderfragen,
Bild und Text,
Wilhelm Fink Verlag,
2007,
S. 195,
Wiedergegeben aus: Goepper Roger,
Vom Wesen der
chinesischen Malerei,
München,
1962,
S. 26
FF435
Janus Ludwig,
Die Psychoanalyse
der vorgeburtlichen Lebenszeit und
der Geburt,
Centaurus Verlag,
Herbolzheim,
1993,
S. 38
FF436
Benn Gottfried,
zitiert in Wiederholte Spiegelungen,
Bürger Peter,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
12./13.1.2008,
S. B3
FF437
Handke Peter,
Die Lehre
des Saint-Victoire,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
1984,
S. 116 – 119
FF438
Cartarescu Mircea,
rumänischer
Schriftsteller
in einem Gespräch,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
8./9.3.2008,
S. B5
FF439
Fischer-Lichte Erika,
Ästhetik des
Performativen,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
2004,
S. 44
FF440
Fischer-Lichte Erika,
Ästhetik des
Performativen,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
2004,
S. 97 – 98
FF441
Fischer-Lichte Erika,
Ästhetik des
Performativen,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
2004,
S. 104
FF442
Fischer-Lichte Erika,
Ästhetik des
Performativen,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
2004,
S. 140 – 141
FF443
Fischer-Lichte Erika,
Ästhetik des
Performativen,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
2004,
S. 143
FF444
Fischer-Lichte Erika,
Ästhetik des
Performativen,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
2004,
S. 208
FF445
Fischer-Lichte Erika,
Ästhetik des
Performativen,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
2004,
S. 226
FF446
Fischer-Lichte Erika,
Ästhetik des
Performativen,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
2004,
S. 267
FF447
von Foerster Heinz,
wahrnehmen
wahrnehmen,
in Aisthesis,
Reclam,
Leipzig,
1990,
S. 440
FF448
Stein Gertrude,
The Making
of Americans,
Ritter Verlag,
Klagenfurt,
S. 518
FF449
Belting Hans,
Bilderfragen,
Bild und Text,
Wilhelm Fink Verlag,
Paderborn,
2007,
S. 14
FF450
Löpfe Philipp,
Sind Roboter bald bessere Arbeiter,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
3.7.2008,
S. 8
FF451
EUROPAEA MEMORIA, REIHE I: STUDIEN
Band 45, Différence
et identité. Les enjeux phénoménologiques
du pli,
2005,
S. 214
FF452
http://www.a-theory.tuwien.ac.at/
CONTENTS/COURSES/
CoursesContents/
vorlesungen
/gegenwartsarchitektur/
glossar.html#falte
FF453
Muschg Adolf,
Die gerettete Einzelheit,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
12./13.2008,
S. B3
FF454
Kurzmeyer Roman,
Kunst überfordern. Aldo Walker,
edition fink,
Zürich,
2006,
S. 82 – 83
FF455
Kurzmeyer Roman,
Kunst überfordern. Aldo Walker,
edition fink,
Zürich,
2006,
S. 143 – 145
FF456
Ibn al-Haitham,
im Westen bekannt
als Alhazen 965 – 1040,
Buch der Optik,
in Belting Hans,
Florenz und Bagdad,
Verlag C.H.Beck,
München,
2008,
S. 8
FF457
Belting Hans,
Florenz und Bagdad,
Verlag C.H.Beck,
München,
2008,
S. 286
FF458
Barthes Roland,
Cy Twombly,
Merve 113,
Berlin,
1983,
S. 16
FF459
Dotzler Bernhard,
Das Urmedium
aller Medien,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
22./23.11.2008,
S. B2
FF460
Kluge Alexander,
Unser Problem ist der Zeitbedarf für solide Veränderungen,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
6./7.12.2008,
S. 45
FF461
Sève Lucien,
Der Mensch als Mittel zu fremden Zwecken,
Le Monde diplomatique,
Paris/Berlin/Zürich,
Dezember 2008,
S. 4 – 5
FF462
Schaffner Ingrid, Winzen Matthias,
Deep Storage. Arsenal der Erinnerung. Sammeln, Speichern, Archivieren in der Kunst.,
Prestel Verlag,
München/New York,
1997
FF463
Pynchon Thomas,
Mason & Dixon,
rororo 22907,
Hamburg,
S. 33
FF464
King Martin Luther
in Jimmie Durham,
Between the Furniture and the Building,
Walter König,
Köln,
1998,
S. 38
FF465
Valentin Karl,
http://de.wikipedia.org/
wiki/Karl_Valentin
FF466
Nesper Reinhard,
in Hessler Martina,
Mersch Dieter,
Bildlogik oder
Was heisst visuelles Denken?,
in Hessler Martina,
Mersch Dieter (Hrg.),
Logik des Bildlichen,
[transcript] Metabasis,
Bielefeld,
2009,
S. 46
FF467
Bataille Georges,
L’expérience intérieur,
zitiert von Schmidt-Burkhardt Astrit,
Wissen als Bild,
in Hessler Martina,
Mersch Dieter (Hrg.),
Logik des Bildlichen,
[transcript] Metabasis,
Bielefeld,
2009,
S. 163
FF468
Schlumpf Hans-Ulrich,
aus einem
Brief aus Australien,
29.5.2009
FF469
Kohler Georg zitiert Habermas Jürgen,
der Freud Sigmund zitiert,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
18.6.2009,
S. 37
FF470
Stein Peter,
Wie Heinrich Kleist
den Zerbrochenen
Krug zerbrach,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
27./28.6.2009,
S. B1
FF471
Žižek Slavoj,
Auf verlorenem Posten,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
2009,
S. 7
FF472
Glasmeier Michael,
Diskrete Energien,
50 Jahre d o c u m e n t a,
Steidel,
Göttingen,
2005,
S. 197 – 198,
zitiert wird
Deleuze Gilles,
Differenz und
Wiederholung,
München,
2. Aufl.,
S. 41 f.
FF473
Genazino Wilhelm,
Der Fleck, die Jacke, die Zimmer, der Schmerz,
Reinbeck,
Berlin,
2004,
S. 7,
in Glasmeier Michael,
Diskrete Energien,
50 Jahre d o c u m e n t a,
Steidel,
Göttingen,
2005,
S. 181
FF474
Heidegger Martin,
Grundfragen
der Philosophie,
Gesamtausgabe,
Band 45,
Frankfurt am Main: Klostermann 1984,
S. 197,
zitiert in Žižek Slavoj,
Auf verlorenem Posten,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
2009,
S. 275
FF475
FF476
FF477
FF478
Bauer Joachim,
Warum ich fühle,
was du fühlst,
Heyne Verlag,
München,
2006
FF479
Žižek Slavoj,
Auf verlorenem Posten,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
2009,
S. 81
FF480
Žižek Slavoj,
Auf verlorenem Posten,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
2009,
S. 97
FF481
Žižek Slavoj,
Auf verlorenem Posten,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
2009,
S. 126
FF482
Bolaño Roberto,
2666,
Carl Hanser Verlag,
München,
2009,
S. 238 – 239,
zitiert Tomkins Calvin,
Duchamp Marcel,
Carl Hanser Verlag,
München,
1999
FF483
von Matt Peter,
Der Liberale,
der Konservative und das Dynamit,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
6.10.2009,
S. 35
FF484
von Matt Peter,
Der Liberale,
der Konservative und das Dynamit,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
6.10.2009,
S. 37
FF485
Žižek Slavoj,
Auf verlorenem Posten,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
2009,
S. 15, 314
FF486
Žižek Slavoj,
Auf verlorenem Posten,
Suhrkamp,
Frankfurt am Main,
2009,
S. 121,
vgl. Barenblatt Daniel,
A Plague Upon
Humanity. The Secret Genocide of Axis
Japans Germ Warfare Operation,
Souvenir Press,
New York,
2004
FF487
Cueva Mateo,
Bastler auf
engstem Raum,
Le Monde diplomatique ,
Paris/Berlin/Zürich,
Oktober 2009,
S. 22 – 23
FF488
Ältester bekannter Witz der Menschheit (vor 4000 Jahren in Keilschrift von den Sumerern in Mesopotamien in Stein gemeisselt),
NZZ am Sonntag,
Zürich,
1.11.2009,
S. 79
FF489
Derrida Jacques,
Die unbedingte
Universität,
Suhrkamp 2238,
Frankfurt am Main,
S. 23, 25, 55 – 60
FF490
Derrida Jacques,
Die unbedingte
Universität,
Suhrkamp 2238,
Frankfurt am Main,
S. 66 – 78
FF491
FF492
FF493
FF494
Winnicott D. W.,
Vom Spiel
zur Kreativität,
Klett-Cotta,
Stuttgart,
2006,
(Seitenzahlen
siehe Text)
FF495
Restif de la Bretonne,
Rede von Cesar von Malacca, dem
berühmten Affen,
in Lettre d'un Singe
aux Animaux
de son Espèce, avec Notes historiques (1781),
in Animismus,
Broschüre
Kunsthalle Bern,
2010
FF496
Pöppel Ernst,
Bilder bilden unsere Identität,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
18.12.2010,
S. 65
FF497
Ovid,
Metamorphosen,
erstes Buch,
S. 262 – 312
FF498
Devi Mahasweta (indische Schriftstellerin) in Tages-Anzeiger Magazin,
Zürich,
5/2011,
S. 37
FF499
Kafka Franz,
zitiert in von Matt Peter,
Die Vollkommenheit des Unfertigen,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
28.11.2009,
S. 69
FF500
Bolaño Roberto,
2666,
Carl Hanser Verlag,
München,
2009,
S. 996 – 998
FF501
Breidbach Olaf,
Das Anschauliche oder über die Anschauung von Welt,
Wien/New York,
2000,
S. 14, 16, 22,
in Heiz André Vladimir,
Minute Papillon,
Edition Schüss,
2004,
S. 11
FF502
Kalberer Guido,
Am Anfang war
der Zeigefinger,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
18.12.2009,
S. 31
FF503
Filliou Robert,
1970,
(mit Dank
an Glasmeier Michael!)
FF504
Kennedy A. L.,
Am Ende ist alles
eine Geschichte,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
31.12.2009,
S. 59
FF505
Krämer Sybille,
Operative Bildlichkeit,
in Hessler Martina,
Mersch Dieter (Hrg.),
Logik des Bildlichen, [transcript] Metabasis,
Bielefeld,
2009,
S. 100 – 101
FF506
Hunger-Bühler Robert,
in Was ihr wollt
(Shakespeare),
Schauspielhaus Zürich,
12.3.2010
FF507
Schulte Joachim,
Wittgenstein.
Eine Einführung,
Reclam 8564,
Stuttgart,
1989,
S. 102 – 103
FF508
Frisch Max,
aus seinen dritten
Tagebuch,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
20.3.2010,
S. 61
FF509
Keshniz Boris,
unveröffentlichte
Aufzeichnungen,
Ljubljana,
1998
FF510
Krasznahorkai László,
Seibo auf Erden,
Fischer,
2010,
Frankfurt am Main,
S. 159 – 161
FF511
Hersch Jeanne,
Die Lehre der Leere,
von Wenzel Uwe Justus,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
10.7.2010,
S. 61
FF512
Seidel Helmut,
Baruch de Spinoza,
zitiert: 1 Ethik II,
Lehrsatz 43,
Anmerkung,
2 Tractatus Intellectus Emandatione
FF513
von Matt Peter zitiert in
Die Macht des Eros
und die Künste,
Celan Paul,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
11.9.2010,
S. 60 – 61
FF514
Agamben Giorgio,
Profanierungen,
Suhrkamp 2407,
Frankfurt am Main,
2005,
S. 57 – 68
FF515
Huizinga Johan,
Homo ludens,
zitiert Sokrates
(Kratylos 409D),
rororo 5435,
Hamburg,
2009,
S. 166
FF516
Pöppel Ernst,
Bilder bilden
unsere Identität,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
18.12.2010,
S. 65
FF517
Seibt Constantin,
Helden. Bioroboter. Liquidatoren,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
26.3.2011,
S. 12
FF518
Lachenmann Helmut,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
15.4.2011,
S. 31
FF519
Krämer Sybille,
in Kunstforum
International,
Band 208,
Juni 2011,
S. 383
FF520
Bärfuss Lukas,
Was wir sind,
sind wir durch
unser Gegenüber,
Tages-Anzeiger,
Zürich,
28.5.2011,
S. 33
FF521
Gebser Jean,
Ursprung und
Gegenwart,
Band 1,
erster Satz im Vorwort,
Deutsche
Verlags-Anstalt,
Stuttgart,
1949
FF522
Coppens Yves,
Le Figaro Magazine,
25.6.2011,
S. 112
FF523
Latour Bruno,
Iconoclash,
Merve-Band 245,
Berlin,
2003,
S. 47 – 60,
(zusammen-gestellt von Keshniz Boris,
unveröffentlichte
Aufzeichnungen,
Ljubljana,
2003)
FF524
Perec Georges,
Träume von Räumen,
Fischer Taschenbuch Verlag,
Frankfurt am Main,
1994,
S. 96
FF525
Sterne Lawrence,
Tristam Shandy,
Kapitel 240,
zitiert von Perec Georges,
Träume von Räumen,
Fischer Taschenbuch Verlag,
Frankfurt am Main,
1994,
S. 101
FF526
Ramana Maharshi,
Gespräche des Weisen vom Berge Arunachala,
Lotos,
2010,
S. 329
FF527
Virilio Paul,
Der negative Horizont,
Edition Akzente/
Carl Hanser Verlag,
Wien/München,
1989,
S. 9 – 21
FF528
Rancière Jacques,
Der unwissende
Lehrmeister,
Passagen,
Wien,
2009,
(Seitenzahlen
siehe Text)
FF529
Dumas Marlene,
Contre le Mur,
Katalog Museu Serralves,
Porto,
2010,
S. 57,
in Biennale de Lyon,
Le Guide,
S. 56
FF530
von Foerster Heinz,
Wahrnehmen
wahrnehmen,
aus Aisthesis,
Reclam,
Leipzig,
1990,
S. 436
FF531
Bauer Joachim,
Nutzen und Nachteil der Aggression,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
1.10.2011,
S. 63
FF532
Byatt Antonia S. im Gespräch,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
3.12.2011,
S. 65
FF533
Bolz Norbert,
Alle sind allzeit da,
NZZ am Sonntag,
Zürich,
18.12.2011,
S. 67
FF534
Ripplinger Stefan,
Lob der
brotlosen Kunst,
Le Monde diplomatique,
Paris/Berlin/Zürich,
Dezember 2011,
S. 2
FF535_1
Musil Robert,
Das hilflose Europa oder Reise vom
Hundertsten ins
Tausendste,
1922,
in Frisé Adolf (Hrsg.),
Tagebücher,
Aphorismen, Essays und Reden,
Hamburg,
1955
FF535_2
Steudler Sandro zitiert Schlegel Friedrich in seinem Konzeptpapier Rheinfall-Fragmente,
Zürch,
2011
FF536
Saner Hans,
Die Wirklichkeit
des Wirklichen und
die Sinne,
in Gysin Béatrice (Hrg.), Wozu Zeichnen?,
Niggli,
Zürich,
S. 90 – 93
FF537
Deleuze Gilles,
Differenz und
Wiederholung,
Wilhelm Fink Verlag,
München,
2007,
S. 41
FF538
Obrist Hans Ulrich,
Text über Glissant Edouard,
Tages-Anzeiger Magazin,
Zürich,
14.1.2012,
S. 6
FF539
Dostojevskij Fjodor Michajlovič,
Der Idiot,
Rowohlt,
Hamburg,
1964,
S. 103 – 104
FF540
Hoffmann Christine,
Glasmeier Michael,
SAMUEL BECKETT BRUCE NAUMAN,
Katalog Kunsthalle Wien,
2000,
S. 13
FF541
Glasmeier Michael,
SAMUEL BECKETT BRUCE NAUMAN,
Katalog Kunsthalle Wien,
2000,
S. 158,
zitiert darin
Stoichiţă Victor I.,
Das selbstbewusste Bild,
S. 331,
Tractatus philosophicus DE NIHILO von
Schoockius Martinus,
1661
FF542
Glasmeier Michael,
Zweckfreie Übungen im Wiederholungsraum,
S. 12
FF543
Glasmeier Michael,
Krummhörner Texte,
1985
FF544_1
Borges Jorge Luis,
Nachwort zu
Flaubert Gustave,
Bouvard und Pécuchet,
Diogenes,
Zürich,
1979,
S. 424
FF544_2
Queneau Raymond,
Nachwort zu Flaubert Gustave,
Bouvard und Pécuchet,
Diogenes,
Zürich,
1979,
S. 392 f.
FF544_3
Warning Rainer,
Enzyklopädie
und Idiotie,
Flauberts Bouvard
et Pécuchet,
in Vom Weltbuch bis zum World Wide Web, Uni-Verlag,
Heidelberg,
Bd. 21,
2005,
S. 190
FF545
Knott Marie Luise,
Verlernen, Denkwege bei Hannah Arendt,
Matthes & Seitz,
Berlin,
2011,
S. 16, 39 – 32, 34 – 35
FF546
Rilke Rainer Maria,
Brief an Clara Rilke
FF547
Deleuze Gilles,
L‘Abécédaire,
Interviews mit Parnet Claire, Abschrift
aus Ausschnitten des
Buchstabens G
(gauche/links), DVD‘s Zweitausendundeins,
Leipzig,
ISBN 978-3-89848-957-7
FF548
Deleuze Gilles,
L‘Abécédaire,
Interviews mit Parnet Claire, Abschrift
aus Ausschnitten des Buchstabens N
(Neurologie/Gehirn),
DVD‘s
Zweitausendundeins,
Leipzig,
ISBN 978-3-89848-957-7
FF549
Bourgeois Louise,
zitiert von Blomberg Katja,
2002
FF550
McBurney Simon
in Libération,
Paris,
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zitiert in
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zitiert Gombrich Ernst,
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Rheinberger Hans-Jörg,
Iterationen,
Merve 271,
Berlin,
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Rheinberger Hans-Jörg,
Iterationen,
Merve 271,
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Bachelard Gaston,
Poetik des Raumes,
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http://www.culture.h-
berlin.de/hu/static/archiv/
volltexte/pdf/Warburg.pdf
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Böhme Hartmut,
Warburg Aby M.,
S. 29 – 32
in Michaels Axel (Hg.), Klassiker der Religionswissenschaft. Von Friedrich Schleiermacher bis Mircea Eliade,
München,
1997,
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www.culture.h-berlin.de/
hu/static/archiv/
volltexte/pdf/Warburg.pdf
FF561
Böhme Hartmut,
Warburg Aby M.,
S. 5, 19 – 20
in Michaels Axel (Hg.), Klassiker der Religionswissenschaft. Von Friedrich Schleiermacher bis Mircea Eliade,
München,
1997,
S. 133 – 157,
http://www.culture.h-
berlin.de/hu/static/archiv/
volltexte/pdf/Warburg.pdf
FF562
Böhme Hartmut,
Warburg Aby M.,
S. 18, 11, 25,
in Michaels Axel (Hg.), Klassiker der Religionswissenschaft. Von Friedrich Schleiermacher bis Mircea Eliade,
München,
1997,
S. 133 – 157,
www.culture.h-berlin.de/hu/static/archiv/
volltexte/pdf/Warburg.pdf
FF563
Hauser Susanne,
Die Haut
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in Topos RAUM,
Verlag für moderne Kunst Nürnberg,
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Rheinberger Hans-Jörg,
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Frankfurt am Main,
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Satie Erik,
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Empty Mind,
Suhrkamp,
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Deleuzes Falte
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Diaphanes,
Zürich/Berlin,
2008,
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Der kleine Ernesto
im Film Sommerregen,
Duras Marguerite,
in Schérer René,
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zu Gilles Deleuze,
Diaphanes,
Zürich/Berlin,
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Probst Jörg,
Genetisches Zeichnen Henri Focillon
(1881 – 1943),
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Suhrkamp,
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Ramana Maharshi, Gespräche des Weisen vom Berg Arunachala,
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Suhrkamp,
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Tages-Anzeiger,
Zürich,
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Gysi Gregor erzählt seinen besten Witz,
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Zürich,
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Eno Brian,
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Tages-Anzeiger,
Zürich,
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Worstward Ho/
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aus dem Englischen
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Frankfurt am Main 1989,
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zitiert nach
Deleuze Gilles,
Erschöpft,
aus dem Französisch von Erika
Tophoven-Schöningh,
in Beckett Samuel,
Quadrat: Stücke für
das Fernsehen, aus
dem Englischen
von Erika Tophoven-
Schöningh,
Frankfurt am Main
1996,
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dies alles zitiert aus
Ästhetik x Dispositiv,
itz,
Zürich,
2012,
Reck Hans Ulrich‚
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S. 117
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Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
24.8.2013,
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Deleuze Gilles,
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Logik der Sensation,
Bild und Test,
Wilhelm Fink,
München,
1995,
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Kant Immanuel,
zitiert von Tallis Raymond,
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2003,
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zitiert von
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Berlin,
2008,
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Gnam Andrea,
zitiert in So fern, so nah,
Keller Gottfried,
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Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
2.11.2013,
S. 49
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zitiert Deleuze Gilles,
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FF581
Metzler Beat,
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Tages-Anzeiger,
Zürich,
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Vetsch Florian zitiert William S. Burroughs,
Neue Zürcher Zeitung,
Zürich,
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what’s next?, 007 THESEN ZUR
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Kulturverlag Kadmos,
Berlin,
2013,
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FF584
Meyer Torsten in
what’s next?, 103
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Kulturverlag Kadmos,
Berlin,
2013,
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München,
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de/tv/Druckfrisch/
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Verbesserung-von-Mit/
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Nuhr Dieter,
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Zürich,
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Buchbesprechung
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Finn’s Hotel,
Suhrkamp,
Berlin,
2014,
in Tages-Anzeiger,
Zürich,
6.12.2014,
S. 31
|
|
SACHREGISTER FF
A
Abbild
FF32
FF177
FF340
FF348
Abhängigkeit
FF493
Abschweifungen
FF48
Abweichung
FF339
Affekte
FF560
FF561
FF562
Aggression
FF59
FF60
FF207
FF257
FF263
FF393
FF493
FF531
AI Artificial Intelligence
FF431
Alchemie
FF336
Als ob
FF489
FF490
FF552
Altwerden
FF388
Andersheit
FF40
Anerkennung
FF171
FF393
FF405
Anfang
FF88
FF410
FF411
FF432
FF474
FF489
FF564
Angst
FF216
FF217
FF323
FF561
FF588
Animation
FF428
Anrennen
FF507
Anschauen
FF546
Anständiges Leben
FF498
Antiform
FF527
Antlitz
FF40
Antrieb
FF223
Antwort
FF77
FF108
Arbeit
FF489
FF588
Arbeiter
FF78
Arbeits-Strategien
FF132
FF134
FF145
Architektur
FF586
Armut
FF353
Arschgeigen
FF159
Ästhetik (siehe auch Wahrnehmung)
FF313
FF314
FF426
FF534
FF596
Ästhetik der Atmosphäre
FF444
Ästhetische Ökonomie
FF123
Ästhetische Theorie
FF73
Attosekunden
FF260
Aufmerksamkeit
FF73
FF533
Augenzeuge
FF227
Ausbeutung
FF59
FF485
Ausdruck
FF561
Auswahl
FF177
Autopoiese
FF279
Autor
FF363
FF364
FF514
B
Bäcker-Transformation
FF548
Bedeutung
FF222
FF340
FF580
Bedeutungs-los
FF580
Begegnung
FF337
FF368
Begehren
FF312
Behübschung
FF210
Beobachtersystem
FF43
FF44
FF591
Berührung
FF40
Berührungsverlust
FF154
Bewegung
FF19
FF20
FF116
FF228_1
FF299
FF359
FF458
FF464
Bewegungsablauf
FF447
FF560
Beweisführung
FF131
Bewusstsein
FF60
FF70
FF90
FF298
FF299
FF333
FF393
FF421
Bezeichnung
FF229
FF230
Beziehung
FF182
FF189
FF520
FF540
Bezogenheit
FF296
Bild
FF9
FF11
FF28
FF37
FF102
FF109
FF142
FF214
FF222
FF224
FF271
FF320
FF334
FF375
FF387
FF391
FF407
FF473
FF501
FF516
FF541
FF561
Bilddenken
FF69
FF422
Bilderstreit
FF31
Bilderstürmer
FF523
Bilderverbot
FF31
Bildlichkeit
FF190
FF431
Bildrolle
FF457
Bildschirm
FF293
FF345
FF407
Bild und Realität
FF187
FF264
FF268
FF466
Bild und Schrift
FF45
Bildverlust
FF345
FF559
Bildwissenschaft
FF560
FF561
FF562
FF569
Bildzähmung
FF147
Bindung
FF189
FF531
Biopolitik
FF310
FF312
FF316
Blick
FF427
FF441
FF457
Blind
FF9
FF345
FF389
FF458
Blinder Fleck
FF44
FF128
FF389
FF588
Blockade
FF270
Bologna-Prozess
FF353
Böse
FF545
Bottom-up
FF588
C
Chaos
FF354
FF540
FF567
Codierungstechniken
FF584
Computer
FF66
FF276
FF583
FF584
D
Dazwischen
FF222
FF235
FF242
FF294
FF410
FF437
FF527
Dekonstruktion
FF228_1
FF228_2
FF490
FF493
Denkbild
FF32
Denken
FF19
FF20
FF66
FF72
FF104
FF226
FF339
FF421
FF425
FF548
Denkende Hand
FF569
Denken in Bildern
FF132
FF392
FF422
Denkraum
FF559
FF560
FF561
FF562
Dephallozentralisation
FF14
Destruktivität
FF263
Dialog
FF77
FF339
DIAS — Destruction
in Art Symposion
FF369
Dichtung
FF13
FF84
Digitalnetz Steuerung
FF418
Ding
FF416
FF460
Disneyland
FF315
Doppelgänger
FF565
Dressur
FF109
FF130
E
Écriture
FF84
Ehrgeiz
FF263
Eigenbewegung
FF150
Eigensinn
FF319
FF321
Einfachheit
FF37
Einfangen
FF551
Eingrenzung
FF270
Einheit 731
FF486
Einsamkeit
FF149
Einschliessung
FF203
FF204
FF214
Elefant
FF75
Emanzipation
FF528
Emergenz
FF279
FF393
Empathie
FF475
Empfinden
FF297
FF320
FF354
FF416
Empire
FF310
Energie
FF277
Enlargement
FF362
Entdeckung
FF95
FF524
Entfremdung
FF312
Enthüllen
FF367
Entregelung
FF4
Enzyklopädie
FF3
Erd-Projekte
FF226
Ereignis
FF58
FF490
Erfindung
FF320
Erinnern
FF166
FF550
Erinnerung
FF75
Erkenntnis
FF2
FF13
FF88
FF96
Erklärungen
FF528
FF530
FF534
Erotik
FF373
FF561
Ethik
FF46
FF129
FF238
FF304
FF507
FF562
F
Falte
FF24
FF451
FF452
FF563
Faschismus
FF171
Fehler
FF241
Feldstruktur
FF94
Fernöstliche Malerei
FF527
Fetisch
FF415
Fiktion
FF333
FF550
Filter
FF333
FF407
Fluxus
FF369
Folter
FF379
Form
FF551
Forschen
FF232
Fortschritt
FF390
Fotografie
FF349
FF473
Frage
FF111
FF129
FF233_1
FF254
FF267
FF530
Fragebogen
FF476
Fragment
FF15
Fragmentierung
FF588
Frau der Frauen
FF53
Freier Wille
FF478
Freiheit
FF129
FF570
Fremdsein
FF261
Freundschaft
FF471
FF490
Frontal
FF65
FF199
Frühgeburt
FF60
Furcht
FF54
Furz
FF488
G
Garten
FF388
Geborgenheitsästhetik
FF158
Gedächtnis
FF166
Gedankenlosigkeit
FF545
Gedicht
FF50
FF153
FF198
FF406
FF414
Gefangenschaft
FF160
FF178
FF179
Gehen
FF104
FF105
Geist
FF23
FF442
Geld
FF504
Gemeinschaft
FF439
FF489
Genuss
FF14
FF162
Geschlechteridentität
FF376
Gesellschaft
FF344
FF461
FF584
Gesetz
FF266
FF328
Gesicht
FF57
FF291
Gespräch
FF176
Gewalt
(siehe auch Aggression)
FF531
Glaube
FF249
Gleichheit
FF528
Globalisierung
FF278
FF353
Göttlicher Einfluss
FF112
Graue Schmiere
(grey goo)
FF487
Grenze
FF1
FF51
FF69
Grundkonzept
FF205
FF272
FF391
Gut und Böse
FF51
FF393
H
Habitus
FF94
Halbbananen
FF243
Hand
FF308
FF458
FF569
FF578
Handlungsmotivation
FF446
Handschrift
FF208
Handwerk
FF78
FF208
FF308
FF510
Hannya Maske
FF510
Happening
FF369
FF382
Haushalt
FF557
Haut
FF563
Herrschaft
FF171
FF312
Hingabe
FF574
Hinrichtung
FF378
Höflichkeit
FF479
Höhlengleichnis
FF29
Humor
FF100
FF191
FF236
FF522
FF527
FF577
FF594
Hündchen
FF539
I
Ich
FF18
FF61_1
FF70
FF83
FF313
FF570
Ichbildung
FF25
Ideale
FF117
Identität
FF18
FF61_2
FF393
FF516
Idioten
FF120
FF506
FF544
Ignoranz
FF485
Ikone
FF31
Ikonizität
FF142
Ikonoklasmus
FF523
Illusion
FF269
FF410
FF429
FF491
Image
FF366_1
Imagination
FF387
Impuls Kunst
FF409
FF410
FF412
Indeterminiertheit
FF150
Information
FF234
Insel
FF39
FF146
Interaktion
FF393
Intersubjektivität
FF393
Intuition
FF276
FF287
FF554
Irrläufer
FF496
K
Kämpfen
FF311
FF362
Kampfflieger
FF30
Kapitalismus
FF277
FF342
FF461
FF485
FF489
FF588
Kartographie
FF38
Kind
FF50
FF411
Kino
FF259
FF377
FF392
Klang
FF113
FF161
FF162
FF163
FF350
Klarheit
FF95
Klärungsarbeit
FF107
Klassenunterschied
FF41
Klischee
FF354
FF544
FF545
FF593
Knoten
FF18
FF141
FF396
Koan
FF463
Komik
FF6
FF100
FF252
FF253
Kommunikation
FF112
FF116
FF149
FF163
FF421
FF548
FF588
Komplexität
FF368
Kongo
FF485
Konstruktion
FF21
FF550
Konstruktivismus
FF221
FF552
Kontext
FF87
Kontrolle
FF219
FF316
FF457
FF493
FF584
FF588
FF592
Kontrollstaat
FF316
Konzentrationslager
FF379
FF389
Kooperation
FF502
Kopfkissen
FF395
Körper
FF17
FF25
FF70
FF114
FF115
FF310
FF376
Körperabsenz
FF377
Körperbewusstsein
FF359
Körperschema
FF331
Körper und Bild
FF429
FF449
Körper und Politik
FF130
FF196
Körperwissen
FF204
Korruption
FF326
Kraft
FF95
Kräfteverhältnisse
FF551
Kränkung
FF206
Kreativer Impuls
FF492
Kreativität
FF123
FF207
FF279
FF312
FF369
FF381
FF410
FF493
Kreuzung
FF339
Kuchenbacken
FF79
Kult
FF102
Kultur
FF124
FF413
FF422
FF560
FF561
Kulturbetrieb
FF590
Kulturgeschichte
FF387
Kultur und Politik
FF201
Kulturelle Konstruktion
FF376
Kulturpessimismus
FF559
Kulturtheorie
FF217
Kunst
FF26
FF93
FF102
FF144
FF320
FF405
FF422
FF454
FF491
FF503
FF504
FF518
FF529
FF560
FF583
Kunstfrau
FF431
Künstler
FF409
FF438
Künstlerisches Feld
FF314
FF473
Kunst-Politik
FF98
Kunst politisch
FF369
Kunstsinn
FF112
FF534
FF540
Kunstsprache
FF231
Kunst und Leben
FF382
Kunst und Regression
FF432
Kunst und Wirklichkeit
FF187
FF191
Künstler-Forscher
FF80
Kuriositäten
FF462
Kuss
FF74
Kybernetik
FF16
FF588
L
Lachen
FF252
Landschaft
FF57
Leben
FF146
FF279
FF370
Lebenskraft
FF223
FF312
Leere
FF244
FF403
FF457
FF474
FF510
FF511
FF527
Leerstelle
FF67
Lehren
FF528
Leib
FF96
FF331
FF442
Lernen
FF472
FF528
FF537
FF592
Lernen am Modell
FF477
Licht
FF168
FF459
FF512
Liebe
FF7
FF27
FF261
FF338
FF393
FF400
FF504
FF571
FF582
Linie
FF34
FF48
FF265
FF455
FF505
FF525
FF529
Linkssein
FF547
Lissabon-Strategie
FF353
Liste
FF92
Logik
FF265
FF358
M
Macht
FF5
FF14
FF108
FF309
FF316
Malerei
FF340
Malerwettstreit
FF34
Männer
FF343
FF431
Märchen
FF319
Massenmord
FF486
Materia prima
FF336
Mathematik
FF66
Medien Gleichwertigkeit
FF430
Medienkritik
FF108
Medium
FF25
FF114
FF294
FF387
FF392
FF459
Medium und Körper
FF427
Meinen
FF95
Meisterwerk
FF454
Membran
FF279
Mensch-Maschine
FF16
FF17
Menschenbild
FF16
FF374
FF461
FF489
Menschheit, Menschenrechte
FF490
Methode
FF161
Miniatur
FF558
Mistviech
FF507
Mnemosyne Atlas
FF424
FF553
FF560
Mobilität
FF25
Modell
FF18
FF55
FF205
FF387
FF552
FF562
Montage
FF366_2
FF424
FF560
FF584
Musik
FF113
FF161
FF162
FF163
FF576
Mutanten
FF362
Mutter
FF261
FF262
FF263
Mysterium
FF330
Mystik
FF233_1
Mythisches Signal
FF483
N
Nachahmung
FF354
Nächste Gesellschaft
FF583
Nacktheit
FF372
Naivität
FF392
FF470
Nanomedizin
FF487
Narziss
FF429
Natur
FF313
FF388
Naturästhetik
FF292
FF293
FF294
Naturwissenschaft
FF282
Netz
FF18
Netzwerk
FF279
FF415
FF583
Neuordnung
FF320
Nichtentwicklung
FF588
Nicht-Mögen
FF162
Nicht-Wissen
FF161
Nichts
FF6
FF47
FF82
FF161
FF162
FF239
FF510
FF541
Nomaden
FF312
FF351
FF406
Normalität
FF196
Notwendigkeit
FF129
O
Oberfläche
FF70
FF563
Objekt-Subjekt Beziehung
FF493
Ökonomie
FF277
Ordnung
FF3
FF39
FF40
FF44
FF146
FF226
FF354
FF560
FF589
Organismus
FF106
organloser Körper (oK)
FF17
FF22
Orientierung
FF19
FF560
Ort
FF406
P
Paradigmawechsel
FF31
Paradox
FF212
FF214
Persönlichkeit
FF23
Perspektive
FF391
Perversion
FF545
Phantasie
FF493
Philosoph
FF107
FF228_1
Philosophie
FF56
FF96
FF178
FF179
FF351
FF511
FF556
Pluralität
FF351
Poesie
FF4
FF12
FF37
FF77
FF101
FF161
FF241
FF340
FF383
FF385
FF386
FF438
FF543
Poetik
FF278
FF392
Polarität
FF391
Politik
FF69
FF73
FF77
FF353
FF485
Politik der Zeichnung
FF406
Politische Ökonomie
FF460
Pornographie
FF373
Posthumanität
FF342
FF487
Praxis
FF2
FF119_2
Prägung
FF65
FF516
Programm
FF255
Programmschrift
FF118
Psychiatrie
FF26
Psychoanalyse
FF9
FF69
FF189
FF206
FF217
FF223
FF351
FF409
Psychose
FF26
Pygmalion
FF431
Q
Qualität
FF282
R
Radikal Böse
FF397
Rand
FF39
FF314
FF527
FF560
Rätsel
FF402
Raum
FF37
FF45
FF242
Ready-made
FF482
Realismus
FF345
Realität
FF21
FF49
FF114
FF194
FF205
FF223
FF330
FF393
FF420
FF491
FF550
FF585
Realität-Wirklichkeit
FF365
Regeln
FF165
Regression
FF125
FF206
FF207
FF432
FF435
Relation
FF324
FF416
FF520
FF536
Religion
FF102
FF170
FF172
FF289
FF413
FF432
FF439
FF491
FF518
FF560
FF561
Repräsentation
FF348
FF427
FF476
Représentation
FF428
Resonanz
FF475
FF476
Revolte
FF274
Revolutionär-
Werden
FF547
Rezepte
FF135
FF136
Reziprozität
FF25
FF108
Rhizom
FF10
FF351
Rhythmus
FF148
FF440
FF532
FF560
Risse
FF509
Ritual
FF439
FF560
Rivalität
FF588
Roboter
FF117
FF450
Rolling Stones
FF157
Rosinen
FF79
Rückseite
FF155
S
Sammeln
FF216
FF462
Säugling
FF71
FF296
FF297
FF393
FF410
Schamkultur
FF371
Schatten
FF162
FF400
FF429
FF512
FF513
Scheitern
FF511
FF540
FF544
FF547
Scheuklappen
FF163
Schirm
FF354
FF407
Schlampigkeit
FF555
Schlussfolgerungen
FF544
Schnecke
FF85
Schönheit
FF53
FF381
Schreiben
FF5
FF514
Schuld-Kultur
FF413
Schule
FF568
Schwerelosigkeit
FF106
Schwer krank
FF499
Seelenkulturprogramm
FF384
Sehen
FF21
FF320
Sehnsucht
FF125
Seinsvergessenheit
FF63
Selbst
FF393
FF476
Selbstbeobachtung
FF89
FF230
Selbstorganisation
FF279
FF478
Selbstverantwortung
FF511
Sexualität
FF393
FF435
Sicherheit
FF323
Sinn
FF49
FF194
FF490
Sinnlosigkeit
FF54
FF137
FF149
FF287
Sintflut
FF497
Sisyphos
FF500
Smartguide-Zahnbürste
FF595
Sowohl als auch
FF96
Spiegel
FF346
FF347
Spiegelbild
FF61_2
FF429
Spiegelneuronen
FF475
Spiegelstadium
FF61_1
FF206
Spiegelung
FF65
Spiel
FF382
FF387
FF394
FF410
FF491
FF492
FF494
FF508
FF569
Sprache
FF1
FF11
FF84
FF90
FF127
FF244
FF386
FF392
FF575
Spur
FF40
FF228_2
FF278
FF283
FF359
FF519
Staat
FF109
Stein der Weisen
FF336
Sterblichkeit
FF412
Stiefelreiter
FF97
Stille
FF47
FF113
FF161
FF162
FF163
FF388
Stimme
FF445
Strategie
FF15
FF22
FF122
FF336
FF593
Stress
FF323
Stringtheorie
FF401
Struktur
FF161
FF591
Strukturalismus
FF55
Stummes Wissen
FF554
Subjektivität
FF281
FF296
FF297
Sublimation
FF147
FF381
FF409
FF410
Subversive politische Geste
FF479
System
FF49
FF194
FF223
FF279
FF535_2
Systembeobachter
FF43
Systemtheorie
FF44
T
Tasten
FF308
FF441
Tausch
FF460
Täuschung
FF333
Technik
FF63
FF163
FF390
Technikgeschichte
FF417
Technologie
FF584
Technonatur
FF292
FF293
FF294
Territorium
FF312
Text
FF363
FF387
Theorie
FF46
FF265
FF399
Tiere und Musik
FF566
Tod
FF149
FF153
FF431
Tradition
FF176
Transformation
FF142
Transhumane Welt
FF487
Traum
FF380
Trennung
FF393
FF410
FF494
FF530
FF561
Trieb
FF59
FF393
Turingmaschine
FF591
Turing-Test
FF450
U
Üben
FF542
Übergang
FF423
FF437
FF579
Übergangsobjekt
FF394
FF410
FF491
FF523
Überschuss
FF142
FF190
Überwachung
FF484
Unmöglich-Mögliche
FF490
Unordnung
FF39
Unrecht
FF26
Unruhe
FF219
Unsinn
FF91
FF179
FF233_2
FF253
FF274
FF507
FF534
FF580
FF596
Unterhaltung
FF143
Unterwerfung
FF130
Urbanismus
FF586
Urhorde
FF171
Ur-Meer
FF125
Ursprung
FF521
V
Vater
FF171
FF261
Vatermord
FF378
FF413
Vaterunser
FF597
Verbergen
FF373
FF407
Verbildlichung
FF365
Verbrennen
FF68
Verfahren der Kunst
FF320
Verfremdung
FF119_1
FF242
FF320
FF470
Vergebung
FF287
Verlassenheit
FF403
Vermittlung
FF21
FF348
Verrücktsein
FF26
FF348
FF493
FF550
Verschiebung
FF405
Verschwinden
FF52
Verstehen
FF95
FF303
Verwandlung
FF284
FF336
FF392
Virtuelle Realität
FF30
FF115
FF204
Vision
FF16
FF17
FF354
Vogel
FF425
Vorahnung
FF300
Vorstellung
FF324
Vorurteile
FF176
Voyeurismus
FF369
W
Waffe
FF109
FF352
FF373
FF531
Wagnis
FF356
Wahnsinn
FF594
Wahrheit
FF325
FF535_1
FF550
FF552
Wahrnehmung
FF9
FF21
FF25
FF73
FF87
FF89
FF109
FF119
FF123
FF124
FF158
FF177
FF222
FF294
FF299
FF306
FF324
FF331
FF359
FF456
FF476
FF547
Wahrnehmungsaktivität
FF334
FF427
Wahrnehmungsmodell
FF332
FF426
FF447
FF501
FF530
FF536
FF547
Warencharakter
FF342
FF461
Warlords
FF485
Weg der Namen
FF592
Weltorganisation
der Menschheit
FF353
Weltschau
FF36
FF317
FF387
Weltsicht
FF361
FF412
Weltverbesserung
FF483
Werkzeug (-Kiste)
FF538
«Wer spricht?»
«wer stirbt?»
FF62
Wertedebatte
FF342
FF398
Western
FF286
Wettstreit Zeuxis
FF433
Widerspruch
FF55
FF124
FF288
Widerstand
FF312
FF393
FF330
Wiederholung
FF7
FF385
FF386
FF448
FF472
FF564
Wilde
FF371
Wildnis
FF124
Wirklichkeit
FF21
FF90
FF187
FF192
FF205
FF329
FF330
FF348
F526
FF536
FF542
FF550
Wissen
FF95
FF320
FF467
FF554
Wissenschaft
FF12
FF281
FF507
Witz
FF110
FF126
FF218
FF273
FF274
FF335
FF453
FF465
FF480
FF488
FF506
FF573
Wohlsein
FF37
Wortsalat
FF248
Z
Zeichenunterricht
FF27_2
Zeichnung
FF27_1
FF392
FF400
FF406
FF455
FF529
FF569
Zeigen
FF373
FF407
FF502
Zeit
FF298
FF370
FF391
Zelle
FF279
Zen
FF175
FF270
FF288
FF388
Zerstörung
FF166
FF369
FF415
Zerstörung
und Neuaufbau
FF432
Zettelkasten
FF42
Zitat
FF164
FF215
FF229
FF363
FF364
FF366_2
FF419
FF424
Zittern
FF54
Zivilisation
FF371
FF390
Zufall
FF175
Zukunft
FF362
Zurückweisung
FF549
Zusammenbruch
FF351
Zusammensein
FF406
Zweifel
FF54
FF64
Zwischen
FF339
FF527
FF560
Zwischenmenschliche
Beziehung
FF40
FF393
FF475
FF477
FF531
|
|
NAMENSREGISTER FF
A
Abulafia Abraham
FF592
Agamben Giorgio
FF316
FF514
al-Haitham Ibn
FF456
Altmeyer Martin
FF393
Améry Jean
FF379
Ammann Jean-Christophe
FF345
Anzieu Didier
FF69
FF70
FF71
FF72
Arendt Hannah
FF326
FF397
FF545
Artaud Antonin
FF82
FF587
B
Bachelard Gaston
FF37
FF557
FF558
Badiou Alain
FF368
FF405
FF406
Baecker Dirk
FF583
Balázs Béla
FF137
Bandel Jan-Frederik
FF215
Bärfuss Lukas
FF520
Barnes Julian
FF169
Barthes Roland
FF1
FF28
FF363
FF458
Bataille Georges
FF68
FF86
FF277
FF467
Bauer Joachim
FF475
FF476
FF477
FF478
FF531
Beckett Samuel
FF105
FF124
FF251
FF280
FF514
FF540
FF541
FF575
Belting Hans
FF427
FF428
FF429
FF449
FF456
FF457
Benjamin Jessica
FF59
FF171
Benjamin Walter
FF200
FF585
Benn Gottfried
FF436
Berger John
FF159
Bergson Henri
FF252
Bernhard Thomas
FF104
FF229
FF230
FF302
Bichsel Peter
FF337
Bindé Jérôme
FF260
Bippus Elke
FF589
Blomberg Katja
FF549
Blumenberg Hans
FF160
FF178
FF179
Boehm Gottfried
FF142
FF147
FF190
Boetti Alighiero
FF58
Böhme Gernot
FF173
FF187
FF247
FF365
Böhme Hartmut
FF291
FF292
FF293
FF294
FF411
FF413
FF415
FF416
FF417
FF418
FF559
FF560
FF561
FF562
Böhme Jakob
FF330
Bolaño Roberto
FF482
FF500
Boltanski Christian
FF423
Bolz Norbert
FF533
Borges Jorge Luis
FF38
FF298
FF299
FF544_1
Bourdieu Pierre
FF94
Bourgeois Louise
FF402
FF403
FF549
Bredekamp Horst
FF217
FF367
Breidbach Olaf
FF501
Breitwieser Sabine
FF369
Brodsky Joseph
FF13
FF383
Bronfen Elisabeth
FF376
Bruno Giordano
FF289
Buber Martin
FF250
Buchloh Benjamin H. D.
FF424
Burckhardt Jakob
FF81
Burckhardt Lucius
FF193
Bürger Peter
FF83
FF394
Burroughs William S.
FF582
Büttner Jean-Martin
FF594
Byatt Antonia S.
FF532
C
Cage John
FF47
FF112
FF113
FF161
FF162
FF163
FF167
FF175
FF258
FF566
FF580
Callinicos Alex
FF312
Calvino Italo
FF48
Camnitzer Luis
FF348
Capra Fritjof
FF279
FF281
Cărtărescu Mircea
FF438
Celan Paul
FF513
Charles Daniel
FF580
Charms Daniil
FF6
Cioran Emil M.
FF148
Cixous Hélène
FF14
Coppens Yves
FF522
Cueva Mateo
FF487
D
Dany Hans-Christian
FF588
Daten Dandy
FF106
da Vinci Leonardo
FF381
de Chirico Giorgio
FF300
de Spinoza Baruch
FF512
Debord Guy
FF268
FF290
Deleuze Gilles,
Guattari Félix
FF10
FF22
FF57
FF354
Deleuze Gilles
FF10
FF22
FF57
FF351
FF354
FF472
FF537
FF547
FF548
FF551
FF567
FF568
FF575
FF577
FF580
FF593
Derrida Jacques
FF228
FF489
FF490
Devi Mahasweta
FF498
DiFranco Ani
FF352
Dostojewski
Fjodor Michailowitsch
FF539
Dotzler Bernhard
FF459
Dr. Monique RT.
FF238
Duchamp Marcel
FF124
FF241
FF482
Duerr Hans Peter
FF371
Dufour Dany-Robert
FF342
Dumas Marlene
FF373
FF529
Dworkin Andrea
FF159
E
Eco Umberto
FF2
FF49
FF55
FF62
FF84
FF119_1
FF119_2
FF188
FF194
FF332
Empire Alec
FF219
Eno Brian
FF574
F
Federle Helmut
FF172
Federman Raymond
FF36
Feldmann Raymond
FF317
Ferenczi Sándor
FF125
FF435
Feuerbach Ludwig
FF269
Feyerabend Paul
FF571
Fielding Henry
FF360
Filliou Robert
FF93
FF503
Fischer-Lichte Erika
FF439
FF440
FF441
FF442
FF443
FF444
FF445
FF446
Flaubert Gustave
FF544
Flusser Vilém
FF16
FF18
FF23
FF149
FF248
FF249
FF387
Focillon Henri
FF569
Forsythe William
FF359
Fosse Jon
FF235
Foucault Michel
FF3
FF9
FF52
FF121
FF130
FF131
FF254
FF309
FF312
FF347
FF378
FF514
Frankl Viktor
FF389
Freud Sigmund
FF59
FF70
FF170
FF206
FF217
FF220
FF263
FF273
FF274
FF275
FF301
FF381
FF394
FF409
FF413
FF469
FF492
Frey Patrick
FF233_1
Friedlander Lee
FF349
Frisch Max
FF138
FF508
Fromm Erich
FF288
FF333
G
Gadamer Hans-Georg
FF176
Gaddis William
FF143
Gahse Zsuzsanna
FF138
García Lorca Federico
FF111
Gardner Belinda Grace
FF348
Gebauer Gunter
FF196
Gebrüder Grimm
FF319
Gebser Jean
FF150
FF272
FF391
FF521
Geimer Peter
FF407
Genazino Wilhelm
FF473
Genet Jean
FF186
Gerz Jochen
FF144
Giacometti Alberto
FF185
FF186
Glasmeier Michael
FF27
FF215
FF400
FF472
FF473
FF503
FF540
FF541
FF542
FF543
FF571
Glissant Édouard
FF538
Gnam Andrea
FF579
Godard Jean-Luc
FF57
FF98
FF195
FF259
FF266
FF366
FF422
Gombrowicz Witold Marian
FF41
Green Renée
FF589
Greenspan Alan
FF399
Gregory R. L.
FF306
Groys Boris
FF314
FF315
Gruen Arno
FF261
FF262
FF263
Grünbein Durs
FF153
Guédiguian Robert
FF372
Gysi Gregor
FF573
H
Hall Stuart
FF344
Handke Peter
FF437
Hardt Michael,
Negri Antonio
FF311
FF352
Haubensak Edu
FF576
Hausenstein Wilhelm
FF305
Hauser Susanne
FF563
Haustein Lydia
FF63
Heidegger Martin
FF474
Heraklit
FF295
Hersch Jeanne
FF511
Herzka Heinz Stefan
FF256
Herzog Andres
FF586
Herzog Jacques
FF164
Hess Nicole
FF266
Hessler Martina
FF466
Hoffmann Christine
FF540
Hohl Ludwig
FF174
Hölderlin Friedrich
FF246
Houellebecq Michel
FF234
Huber Thomas
FF199
Huizinga Johan
FF515
Hunger-Bühler Robert
FF506
Hürlimann Thomas
FF124
Hüther Gerald
FF323
I
Inoue Yasushi
FF227
Issa
FF322
J
Jandl Paul
FF231
Jankélévitch Vladimir
FF287
Janus Ludwig
FF60
FF432
FF435
James Henry
FF145
Jarman Derek
FF224
Jones Steve
FF243
Joyce James
FF597
Jünger Ernst
FF102
K
Kabakov Ilya
FF314
FF315
Kaeser Eduard
FF154
Kafka Franz
FF184
FF328
FF375
FF499
Kalberer Guido
FF351
FF502
Kant Immanuel
FF578
Kantor Tadeusz
FF329
Kaprow Allan
FF382
Kegan Robert
FF220
FF221
FF222
FF223
FF225
Kehlmann Daniel
FF380
Keller Gottfried
FF579
Kemp Wolfgang
FF424
Kennedy A. L.
FF504
Keshniz Boris
FF22
FF122
FF140
FF147
FF203
FF204
FF205
FF206
FF207
FF208
FF209
FF210
FF211
FF212
FF213
FF214
FF509
FF523
Khayyām Omar
FF325
Kierkegaard Søren
FF54
FF572
Kilcher Andreas B.
FF592
King Martin Luther
FF464
Klossowski de Rola Stanislas
FF336
Kluge Alexander
FF236
FF460
Knott Marie Luise
FF545
Kobialka Michal
FF329
Kofman Sarah
FF5
FF11
Köhler Andrea
FF361
Köhler Barbara
FF197
FF198
Kohler Georg
FF469
Koolhaas Rem
FF586
Krämer Sybille
FF505
FF519
Krasznahorkai László
FF510
Kruse Christiane
FF431
Kuiper Piet C.
FF182
FF183
Kunz Hans
FF412
Kurzmeyer Roman
FF454
FF455
L
Lacan Jacques
FF61
FF147
FF206
FF341
Lachenmann Helmut
FF518
Laing R. D.
FF282
Lammert Angela
FF553
Langkau Julia
FF313
Langten C.
FF12
Larratt-Smith Philip
FF402
FF403
Latour Bruno
FF141
FF271
FF369
FF523
Lebensztejn Jean-Claude
FF125
FF126
Leibniz Gottfried Wilhelm
FF24
Leroi-Gourhan André
FF417
Lévi-Strauss Claude
FF318
Levinas Emmanuel
FF40
Lichtenberg
FF85
Liebrand Claudia
FF286
Löpfe Philipp
FF450
Lötscher Christine
FF385
Luhmann Niklas
FF42
FF43
FF44
FF420
M
Mach Ernst
FF416
Maharshi Ramana
FF526
FF570
Malewitsch Kasimir
FF118
Mann Thomas
FF183
Manovich Lev
FF363
Marinetti Filippo Tommaso
FF17_1
Märkli Peter
FF305
Martin Robert
FF19
Marx Karl
FF290
Mayer Helmut
FF107
McBurney Simon
FF550
McCulloch Warren
FF117
McLuhan Marshall
FF139
FF459
Meier Gerhard
FF50
FF65
FF408
Meier Marco
FF96
Menke Christoph
FF228_1
Merleau-Ponty Maurice
FF331
FF339
FF416
Mersch Dieter
FF466
Mersmann Birgit
FF433
FF434
Metzger Gustav
FF368
FF369
Metzler Beat
FF581
Meyer Eva
FF395
FF396
FF397
Meyer Torsten
FF584
Miller Henry
FF8
Mondzain Marie-José
FF407
Montalbán Vázquez Manuel
FF168
Monty Python
FF594
Morozov Evgeny
FF595
Morris William
FF311
Müllenbach Thomas
FF355
FF357
Müller Alois
FF228_2
Müller Herta
FF244
Murakami Haruki
FF133
Muschg Adolf
FF453
Musil Robert
FF137
FF535_1
N
Nabokov Vladimir
FF100
Nancy Jean-Luc
FF567
Nauman Bruce
FF80
FF180
FF232
FF233
FF540
FF541
Negri Antonio
FF312
Nesbit Molly
FF265
Nietzsche Friedrich
FF20
FF35
FF114
Nievergelt Jürg
FF276
Nuhr Dieter
FF596
O
Obrist Hans Ulrich
FF538
Ödipus
FF171_2
O’Doherty Brian
FF242
Ott Michaela
FF585
Otto Gunter
FF334
Ovid
FF60_2
FF202
FF285
FF431
FF497
P
Pagel Gerda
FF61
Pamuk Orhan
FF327
FF340
Parnet Claire
FF547
FF548
Pascal Blaise
FF408
Pasolini Pier Paolo
FF392
Peez Georg
FF409
FF409
Penrose Roger
FF66
Perec Georges
FF524
FF525
Pessoa Fernando
FF239
FF283
FF284
FF398
Petrella Riccardo
FF353
Piaget Jean
FF55
FF150
FF205
FF223
FF334
FF502
Pirsig Robert M.
FF270
Platel Alain
FF304
Platon
FF29
Plinius
FF27
FF27_2
FF34
FF400
FF433
Poincaré Henri
FF447
FF452
Pöppel Ernst
FF496
FF516
Poschardt Ulf
FF364
Prince Richard
FF110
FF218
FF335
Probst Jörg
FF569
Puschkin Alexander
FF236
Pynchon Thomas
FF463
Q
Queneau Raymond
FF544_2
R
Rancière Jacques
FF528
Rattemeyer Christian
FF426
Reck Hans Ulrich
FF166
Reiche Reimut
FF384
Rheinberger Hans-Jörg
FF554
FF555
FF556
FF564
Rheingold Howard
FF30
Rilke Rainer Maria
FF546
Rimbaud Arthur
FF4
Ripplinger Stefan
FF534
Roeck Bernd
FF53
Rolling Stones
FF157
Ronner Petra
FF158
Rosset Clément
FF251
FF252
FF253
Roth Dieter
FF91
FF92
S
Salinger J. D.
FF358
Saner Hans
FF412
FF536
Saramago José
FF307
FF308
Satie Erik
FF566
Sauvagnargues Anne
FF551
Scarpetta Guy
FF422
Schaarschmidt-Richter Irmtraud
FF388
Schérer René
FF568
Schiesser Giaco
FF319
FF321
Schlegel Friedrich
FF535_2
Schlumpf Hans-Ulrich
FF468
Schmid Ulrich M.
FF383
Schmidt Hans-Peter
FF289
Schmidt Siegfried J.
FF21
FF420
FF421
Schmidt-Burkhardt Astrit
FF467
Schubbach Arno
FF34
Schulte Joachim
FF46
FF51
FF56
FF507
Sebald W. G.
FF370
FF374
FF375
FF377
FF379
Seibt Constantin
FF517
Seidel Helmut
FF512
Sennett Richard
FF189
FF578
Serres Michel
FF40
Sève Lucien
FF461
Seward Keith
FF165
Shakespeare William
FF120
FF506
Shōnagon Sei
FF395
Singer Wolf
FF324
Sisyphos
FF500
Sklovskij Viktor Borisovich
FF320
Sloterdijk Peter
FF73
FF123
FF390
Smithson Robert
FF226
Sofri Adriano
FF565
Sokrates
FF515
Speicher Christian
FF401
Spivak Gayatri Chakravorty
FF77
Stahel Urs
FF78
Stange Raimar
FF310
Steiger Bruno
FF241
Stein Gertrude
FF7
FF33
FF95
FF385
FF386
FF396
FF448
Stein Peter
FF470
Steiner Rudolf
FF425
Stelarc
FF17_2
Stenger Christiane
FF404
Stern Daniel N.
FF296
FF297
FF298
FF299
Sterne Laurence
FF67
FF525
Steudler Sandro
FF535_2
Stifter Adalbert
FF101
Stiles Kristine
FF369
Stoichiţă Victor I.
FF541
Strauss Botho
FF201
Suzuki Teitaro
FF288
FF333
Szymborska Wislawa
FF76
T
Tabori George
FF338
Tagore Rabindranath
FF411
Tassaux Gilbert
FF414
Tatarka Dominik
FF103
Tenney James
FF576
Thomä Helmut
FF393
Tillman Lynne
FF75
Toussaint Jean-Philippe
FF356
Trabant Jürgen
FF332
Tschuang-Tse
FF250
Tse-tung Mao
FF119_2
Turing Alan
FF255
U
Ugrešić Dubravka
FF362
Ursprung Philip
FF382
Utzni Sebastian
FF193
V
Vaihinger Hans
FF552
Valentin Karl
FF191
FF465
Vargas Milton
FF248
FF249
Vetsch Florian
FF582
Virilio Paul
FF109
FF527
von Foerster Heinz
FF33
FF127
FF128
FF129
FF155
FF156
FF254
FF267
FF389
FF447
FF530
von Goethe Johann Wolfgang
FF99
von Hippo Augustinus
FF507
von Matt Peter
FF97
FF120
FF483
FF484
FF499
FF513
von Weizsäcker
Carl Friedrich
FF420
Vuarnet Jean-Noël
FF68
W
Waldenfels Bernhard
FF339
Walker Aldo
FF419
FF454
FF455
Warburg Aby M.
FF217
FF424
FF553
FF559
FF560
FF561
FF562
Warning Rainer
FF544_3
Weibel Peter
FF430
Welsch Wolfgang
FF9
Wenzel Uwe Justus
FF572
Wiener Oswald
FF87
FF88
FF89
FF90
FF590
Wilde Oscar
FF237
Winnicott D. W.
FF71
FF262
FF394
FF410
FF411
FF491
FF492
FF493
FF494
Winzen Matthias
FF216
FF462
Wirth Jean
FF264
Wittgenstein Ludwig
FF9
FF15
FF46
FF51
FF56
FF79
FF107
FF134
FF160
FF179
FF180
FF233_1
FF233_2
FF303
FF419
FF507
Wölfli Adolf
FF26
FF74
Wrangham Richard, Peterson Dale
FF257
Wulf Christoph
FF196
Wyss Beat
FF245
Y
Yoko Tawada
FF152
Z
Zaloscer Hilde
FF31
FF32
FF45
Zbinden Rolf
FF181
Zielinski Siegfried
FF277
FF278
Zimmerlin Alfred
FF350
Žižek Slavoj
FF405
FF471
FF474
FF479
FF480
FF481
FF482
FF485
FF486
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